Idila hat geschrieben: ↑Sa 02.10.21 12:36
Leitwolf, vielen Dank für deine Fotos und zusätzliche Erläuterung.
Weißt du, wo die Jubiläumsmünzen geprägt wurden? Habe in einem Buch aus dem 19. Jhd online gelesen, dass das Kloster Fulda und das geistliche Fürstentum 5 Anstalten gehabt haben sollen: Fulda, Hammelburg, Vacha, Salzungen und Herbstein, jeweils mit eigenem Münzmeister. Ob das mit den heutigen Kenntnissen übereinstimmt, weiß ich nicht.
Falls sie in Fulda geprägt wurden - was ich ja annehme, da der Nikolaus Dittmar in Fulda gewohnt hat - konnte ich nicht finden, wo das geschehen sein soll. Bis zum Spätmittelalter gab es die "alte Münz", die anstelle des heutigen Vonderau-Museums auf der Seite zur Schulstraße hin gestanden haben soll. Aber wo dann danach in Fulda Münzen geprägt wurden, konnte ich nirgends finden. Gab es dazu Hinweise bei der Ausstellung 2019?
Stimmt es, dass der große Golddukat das einzige Exemplar weltweit ist?
Hoffe, du siehst diesen Text und freue mich, falls du was dazu weißt und es mir erzählst.
Grüße, Idila
Die – neben Fulda – weiteren Prägestätten waren Hameln (bis 1259, Verkauf an das Bistum Minden), Gerstungen, evtl. auch Vacha (Salzungen und Herbstein werden wohl nur von
Herquet erwähnt, nicht von
Gaettens) und zwar tätig während der Zeit der Brakteaten (ca. 1150-1325); später auch Hammelburg und Vacha. Die einzige Prägestätte zur Barockzeit war direkt in Fulda.
Wo sich im Mittelalter die fürstäbtliche Münzstätte in Fulda befand, ist unbekannt.
Gaettens deutet an, dass die Münzstätte wohl in Verbindung mit der Goldschmiede-Werkstatt des Klosters stand.
Während der hessischen Besetzung Fuldas im Dreißigjährigen Krieg ließ der hessische Landgraf eine (temporäre?) Münzstätte im „Altenhof“ (heute: Wilhelmstraße – benannt nach Wilhelm von Oranien, dem ersten säkularen Herrscher Fuldas –, nahe Dom) errichten, wo ab 15. März 1633 Reichstaler geprägt wurden.
Bei der „Alte Müntz“ (Standort des heutigen städtischen Vonderau Museums in der Innenstadt), auf welche
Jestaedt Bezug nimmt, dürfte es laut
Sturm sich nicht (auch) um eine Münzstätte, sondern (nur) um das alte Rathaus gehandelt haben (im Sinne einer volkstümlichen Veränderung/Verkürzung des lateinischen Wortes „municipium“).
Peter hingegen tendiert im Katalog zur Jubiäumsaustellung 2019 eher in Jestaedts Richtung.
Ab ca. 1723 hat Fürstabt Konstantin von Buttlar eine neue Prägestätte einrichten lassen. Kleinmünzen (Kreuzer, Albus, Groschen) des Vorvorgängers Placidus von Droste (der Vorgänger Adalbert von Schleifras ließ keine Münzen prägen, aber den Fuldaer Dom erbauen) wurden 1679/80 in Hanau geprägt (Münzmeister Sebastian Müller), Taler/Dukaten in Augsburg. Ab 1723 wurden unter von Buttlar dann auch Kleinmünzen (Pfennig, 3 Pfennige usw.) geprägt, während es in den Jahren nach Amtsanstritt vornehmlich Schaugepräge und Dukaten waren.
Nach älterer Ansicht war Standort der Münze damals wohl bereits derjenige, an welchem ab 1737 das barocke Palais Buttlar mit u. a. eigenen Räumlichkeiten für die Münze errichtet wurde. Laut
Peter wurde die neue Prägestätte 1723 aber im (nicht weit entfernt liegenden) Schloss errichtet und zog erst 1739 an den genannten Standort in die neuen Räumlichkeiten. Runde Aussparungen im Boden/in der Räumlichkeit zeugen vom früheren Verwendungszweck als Prägestätte.
D.h. die Jubiläumsmünzen 1744 wurden wohl ebenfalls dort geprägt.
Das letzte Münzgebäude, das Palais Buttlar (heute ist in diesem Gebäudetrakt das Stadtarchiv), war sogar darauf ausgelegt, Pferde zum Betrieb der Maschinen zu nutzen. In den 1750er Jahren kam es zu einer Neueinrichtung der Prägestätte und unter Fürstbischof Adalbert von Walderdorff zur unrühmlichen, massenhaften Ausprägung von sog. Kriegssechsteln.
Zwischen 1728 und ca. 1760 galt Fulda als (eine) Kreismünzstätte des Oberrheinischen Kreises.
Bemerkenswert ist, dass die späten Dukaten (1779) unter dem vorletzten Fürstbischof Heinrich von Bibra und die vom Domkapitel veranlassten Sterbemünzen auf dessen Tod bzw. der Sedisvakanztaler 1788 nicht in Fulda, sondern in Nürnberg geprägt wurden. Das könnte bedeuten, dass damals die eigene Prägestätte nicht mehr bestand oder es an den erforderlichen sachlichen/handwerklichen Fähigkeiten fehlte. Laut
Klüßendorf (Pro Deo et Patria) sei der Münzbetrieb vor Ort um 1770 eingestellt worden, weil die Kleingeldproduktion kaum noch rentabel gewesen sei.
Die letzten Fuldaer Münzprägungen 1795/96 („Kontributionsmünzen“) vor Verlust der staatsrechtlichen Selbstständigkeit wurden dann wieder im insoweit reaktivierten Palais Buttlar hergestellt unter dem Münzmeister Ludwig van Hove (V H) mit Stempeln des Suhler Stempelschneiders Johann Veit Döll. Aufgrund der Qualität der Prägungen sann
Link darüber nach, dass die dortige(n) Spindelpresse(n) (Balancier) nicht allzu groß gewesen sei(en) und daher der Prägedruck für das hohe Relief zu gering.
Die Münzmaschinen aus Fulda gelangten 1812 durch Verkauf schließlich nach Frankfurt.
Quellen:
Gaettens, Richard; Das Geld- und Münzwesen der Abtei Fulda im Hochmittelalter [d. h. 1019-1249], Fulda 1957
Dr. Herquet, Lothar; Über einige merkwürdige Fuldaische Münzen aus dem Mittelalter, in: Buchonia, Zeitschrift für vaterländische Geschichte, Alterthumskunde, Geographie, Statistik und Topographie, Dr. Joseph Schneider (Hrsg.), Fulda 1826, S. 128 ff. <130>
Dr. Jestaedt, Aloys; Über die fürstliche Münze von Fulda, in Buchenblätter (Beilage der Fuldaer Zeitung für Heimatfreunde), 1974, S. 69
Klüßendorf, Niklot; Das Münzwesen des Hochstifts Fulda unter Adalbert II. von Walderdorff (1757-1759), in: Die von Walderdorff – Acht Jahrhunderte Wechselbeziehungen zwischen Region-Reich-Kirche und einem rheinischen Adelsgeschlecht, Friedhelm Jürgensmeier (Hrsg.), Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln 1998, S. 213-226
Klüßendorf, Niklot; PRO DEO ET PATRIA: Das Bischöfliche Tafelsilber und die Finanzen des Hochstifts Fulda im Ersten Koalitionskrieg, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 55 aus 2005, Hess. Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg 2006, S. 47-71 <53><60><66>
Klüßendorf, Niklot; Kleine Münz- und Geldgeschichte von Hessen in Mittelalter und Neuzeit, Marburg 2012, S. 125
Link, Eberhard; Warum sind die „Kontributions“-Taler von Fulda mit Porträt aus dem Jahre 1795 so, wie sie sind?, in: Geldgeschichtliche Nachrichten 2003 (Heft 214), S. 183 ff.
Peter, Johannes; Die Fuldaer Münzen des Mittelalters, in: Fulda handelt. Fulda prägt. 1000 Jahre Münz-, Markt- und Zollrecht, Vonderau Museum, Fulda 2019, S. 98 <103/104>
dito; Die Fuldaer Münzen und Medaillen der frühen Neuzeit, S. 240 <247/248>
Sturm, Erwin; War die „Alte Müntz“ in Fulda eine Münzstätte?, in: Buchenblätter (Beilage der Fuldaer Zeitung für Heimatfreunde), 1983, S. 43