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Lindauer Pfennige bzw. Heller

Verfasst: So 31.12.23 16:20
von Dude_199
Hallo Zusammen,

ich habe eine Frage zu den Lindauer Pfennigen. Ich habe sechs Pfennige des Jahrgangs 1696 (Typ Nau 10) in meiner Sammlung. Dabei ist mir aufgefallen, dass fünf Stücke einen normal dicken Schrötling haben und je nach Schrötling (vorhandene Zainenden oder starke Korrosion) ein Gewicht zwischen 0,58g und 0,78g aufweisen. Das sechste Stück hat einen extrem dünnen Schrötling, eine fehlende Randbearbeitung und ist im Durchmesser auch etwas kleiner als die meisten anderen Stücke, das Gewicht des sechsten Stückes beträgt auch nur 0,35g.

Gleiche Auffälligkeit habe ich noch bei den Lindauer Pfennigen (Typ Nau 11) ohne Jahrgang. Dort liegt das Gewicht von acht Stücken zwischen 0,56g bis 0,81g. Zwei Stücke weisen ein Gewicht von 0,31g und 0,41g auf. Die Schrötlinge sind auch hier extrem dünn, weisen ebenfalls keine Randgestaltung auf und sind kleiner im Vergleich zu den anderen Stücken.

In dem Werk „Die Münzen vom Bodensee – Vollständiger Katalog der Prägungen bis 1800“, Herausgegeben von Marcel Rutishauser wird auf Seite 151 bei den Lindauer Pfennigen vermerkt, dass es sich bei dem Stück auf einem extrem dünnen Schrötling und ohne Randbearbeitung vermutlich um einen Heller oder Hälbling handelt. Den Autoren dieses Werkes ist der Hälbling jedoch nur für die Variante ohne Jahrgang bekannt.
Nun zu meiner eigentlichen Frage. Kennt jemand weiterführende Literatur oder weiß jemand ob es sich tatsächlich um Hälblinge bzw. Heller handelt. Falls es sich tatsächlich um Hälblinge handelt ist jemand auch der Hälbling für das Jahr 1696 bekannt.

Sollten Bilder benötigt werden kann ich diese bei Bedarf gerne nachreichen.

Ich bedanke mich im Voraus recht herzlich für eure Antworten und wünsche allen einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Viele Grüße
Dude

Re: Lindauer Pfennige bzw. Heller

Verfasst: So 31.12.23 17:11
von Numis-Student
Hallo Dude,

ich bin da überhaupt kein Spezialist, aber wenn in der Standardliteratur diese Kennzeichen (dünnerer Schrötling, keine Randbearbeitung und halbes Gewicht) für Prägungen dieser Zeitepoche bekannt sind, klingt es sehr plausibel, dass solche Hälblinge auch für andere Münztypen dieser Zeit auftauchen können.

Und ja, ich würde mich über ein Vergleichsbild Pfennig+Hälbling sehr freuen, weil ich mir unter der Randgestaltung/Randbearbeitung nichts vorstellen kann.

Schöne Grüße,
MR

Re: Lindauer Pfennige bzw. Heller

Verfasst: Do 11.01.24 19:14
von Dude_199
Hallo Numisstudent,

besten Dank für deine Antwort. Ich habe mir nochmals Elisabeth Nau, die Münzen der oberschwäbischen Reichsstätte angesehen. Ihr waren keine Hälblinge/Heller bekannt.

Anbei mal ein Pfennig von 1696 im Vergleich zum vermutlichen Hälbling/Heller

Stadt Lindau
Münzstätte: Lindau
Städtische Münze
Pfennig 1696
Av: Lindenbau mit fünf Blättern zwischen Jahreszahl 16-96. Darum feiner Perlkreis.
Rv: Einseitig
Gewicht: 0,77 g
Durchmesser: 13,8 mm
Literatur: Nau 10, Lebek 48, Rutishauser 234s.
Lindau 1696 Pfennig.JPG
Lindau 1696 Pfennig.JPG (8.58 KiB) 595 mal betrachtet
Stadt Lindau
Münzstätte: Lindau
Städtische Münze
Heller??? 1696 (Zeitgenössische Fälschung oder Heller???)
Av: Lindenbau mit fünf Blättern zwischen Jahreszahl 16-96.
Rv: Einseitig
Gewicht: 0,37 g
Durchmesser: 13 mm
Literatur: Nau 10 var., Lebek -, Rutishauser -.
Lindau 1696 HEller.JPG
Lindau 1696 HEller.JPG (8.64 KiB) 595 mal betrachtet
Ich hoffe man sieht die fehlende Randgestaltung auf den Bildern.

Ich würde mich freuen wenn noch jemanden weitere Exemplare oder Literatur hierzu bekannt wären.

Viele Grüße
Dude

Re: Lindauer Pfennige bzw. Heller

Verfasst: Do 11.01.24 19:55
von Lackland
Hallo Dude,

ich als Oberschwabe habe schon viele Lindauer Pfennige gesehen und bin der Meinung, dass Du hier ‚normale‘ Lindauer Pfennige hast. Natürlich ist die Randgestaltung beim zweiten Stück etwas ungewöhnlich und mag als leichte Variante durchgehen, aber sowohl Durchmesser als auch Gewicht sind im Rahmen der gewöhnlichen Pfennige. Von Heller können wir also meiner Ansicht nach leider nicht reden.

Hier zum Vergleich nochmals zwei Exemplare, die auch etwas leichter oder kleiner sind und nicht den ‚üblichen’ Rand aufweisen:
https://www.ma-shops.de/klein/item.php?id=14448
https://www.ma-shops.de/olding2/item.php?id=245158

Viele Grüße

Lackland

Re: Lindauer Pfennige bzw. Heller

Verfasst: Do 18.01.24 16:23
von QVINTVS
Grüß dich Dude,

rein von der Begrifflichkeit her gibt es um diese Zeit keine Hälblinge = Obole mehr. Da es sich hier um Kleingeld handelt wäre ich beim Gewicht nicht so streng. Möglicherweise hat sich hier jemand Kupfer-Messing beschafft oder der offizielle Schrötling ist einfach kleiner und dünner geworden, weil das Material fehlte oder gerade zu teuer war.

Im Einzelfall ist es schwer festzustellen, was der Grund dafür war. Es hätte sich auch um eine zeitgenössische Fälschung handeln können. Für den/die Fälscher wäre dabei allerdings nicht viel rübergekommen.

Lindau hatte keine Metallvorkommen die es ausbeuten konnte und war auf Zukauf angewiesen. Auch damals schon bestimmte der Markt den Preis und es kam immer wieder vor, wenn der jeweilige Metallpreis zu hoch war, dass dann nicht oder untergewichtig geprägt wurde. Bei Silber ließen die Prägeherren dann mehr Kupfer beimischen und schon war das Verhältnis wieder stimmig (zwischen Kosten und Münzgewinn). Die Kleinstgeldprägung dürfte aber fast immer ein Minusgeschäft gewesen sein. Arbeiten zu diesem Phänomen sind mir bisher nicht bekannt. Auch die Lindauer Verordnungen und Ratsbeschlüsse wären interessant, vielleicht gibt es dazu sogar einen Ratsbeschluss.

Re: Lindauer Pfennige bzw. Heller

Verfasst: Mo 22.01.24 22:38
von Dude_199
Hallo Lackland und QVINTVS,

ich danke euch recht herzlich für eure ausführlichen Antworten. Das Thema kam bei mir auch nur durch den Vermerk in der Sammlung Rutishauser hoch. Ich werde die Stücke dann als Pfennige ablegen.

Viele Grüße
Kristof