FEL TEMP REPARATIO
Verfasst: Mi 29.09.04 02:18
Hallo!
Beim Zurückblättern in diesem interessanten historischen Thread habe ich den Beitrag von chinamul gefunden über eine Münze von Constantius II. mit dem Schiffs-Typ. Natürlich springt einem der symbolische Gehalt der Rückseite ins Auge. Auch die Römer kannten schon den Begriff des Staatsschiffs, das durch schwierige Zeiten gesteuert werden mußte. Chinamul hat dies ausführlich und kenntnisreich ausgeführt.
Aber er gibt auch eine andere, konkretere Bedeutung. Die FEL TEMP REPARATIO Münzen bilden (mit einigen Ausnahmen, z.B. den Phönix-Typen) eine Serie von 4 Typen:
1. Kaiser steht auf Schiff, das von Victoria gesteuert wird
2. Soldat führt Barbaren aus einer Hütte
3. Soldat ersticht gestürzten Reiter
4. Kaiser mit 2 Gefangenen
Wenn man die Ausgabeorte dieser Typen sortiert nach der Menge der ausgegebenen Münzen, dann stellt man fest, daß sie 2 Gruppen bilden:
Eine westliche mit den Typen 1 und 2 und eine östliche mit den Typen 3 und 4. Die westliche gehört überwiegend zu Constans, die östliche zu Constantius II.
Daß der gestürzte Reiter ein Perser ist - zu erkennen an Haartracht und Kleidung - ist hinlänglich bekannt. Auch die 2 Gefangenen von Typ 4 sind augenscheinlich Perser. Nimmt man einmal an, daß sich diese Darstellungen auf konkrete Ereignisse beziehen, dann sind es Siege der Römer gegen die Perser. Ich kann hier aus Platzgründen nicht auf Einzelheiten eingehen, aber es kommt praktisch nur die Schlacht von Singara 344 n.Chr. in Frage, in der die Römer auch den sassanidischen Thronfolger gefangen nahmen. So sollte der gestürzte Reiter am ehesten diesen Thronfolger darstellen und der Soldat ist dann nicht irgendein Soldat , sondern der römische Kaiser. Auf diese Schlacht scheint sich dann auch der Typ mit den 2 Gefangenen zu beziehen.
Wenn diese beiden Typen die Erfolge des Constantius feiern, dann sollten die beiden anderen Typen Erfolge des Constans feiern.Typ 2 müßte dann zu einem Ereignis im Westen gehören. Und wir finden folgendes historische Ereignis: Im Jahr 342 schloß Constans mit den Franken einen Vertrag, der ihnen erlaubte sich in Taxandria (im heutigen Belgien) niederzulassen. Man sieht deutlich, daß der Barbar nicht aus der Hütte gezerrt wird, sondern eher friedlich geführt wird. Es war eine Art von Friedensvertrag.
Ebenso gehört der Schiffstyp zu Constans. Sucht man ein Ereignis im Westen, das mit einer Schiffsfahrt zusammengehört, findet man einen Feldzug des Constans gegen Britannien im Jahre 343. So liegt es nahe anzunehmen, daß dieser Typ den erfolgreichen Feldzug und die glückliche Rückkehr nach Gallien feiert (Von der symbolischen Bedeutung einmal abgesehen, die mit Sicherheit auch von den Römern so gesehen wurde).
Es gibt ein Panegyricum des Libanius, das diese Ereignisse so beschreibt, als ob er dabei diese 4 Münztypen vor sich liegen gehabt hat.
Dazu gibt es es einen interessanten Artikel von Konrad Kraft, Die Taten der Kaiser Constans und Constantius II., in Gesammelte Aufsätze zur antiken Geldgeschichte und Numismatik I, Darmstadt WBG 1978.
Von Zwerg habe ich am 18.5.05 einen Teil dieser Arbeit als Proseminarsarbeit bekommen. Wegen der Bedeutung dieses Themas, immerhin sind es ja mit die häufigsten Münzen des späten Römereichs, füge ich ihn hier an:
DIE TATEN DER KAISER CONSTANS UND CONSTANTIUS II. AUF IHREN MÜNZEN
Im Jahre 348 wurde unter der Herrschaft der Kaiser Constans (337-350) und Constantius II. (337-361) eine Reform des Münzsystems vorgenommen. Die Verwaltung gab neue, wertbeständige Bronzemünzen in drei verschiedenen Nominalen aus. Leider kennen wir die Namen dieser Nominale nicht. Allen Münzen war aber eines gemeinsam - die Rückseitenlegende lautete einheitlich FEL TEMP REPARATIO (Wiederherstellung der glücklichen Zeiten) und bezog sich eindeutig auf Roms elfhundertsten Geburtstag, der in diesem Jahr gefeiert wurde. Zu einem System gehört aber auch, daß die verschiedenen Werte eindeutig voneinander zu trennen sind. Die Verantwortlichen bestimmten, die Unterscheidung nicht anhand der Metalle und Gewichte, sondern durch die Münzbilder vorzunehmen. Die Bilder wurden gleichzeitig so gewählt, daß sie beide Kaiser als siegreiche Feldherren darstellten - überaus wichtig in jenen kriegerischen Zeiten.
Das große Nominal wog theoretisch 5,26g (60 dieser Münzen gingen auf ein römisches Pfund) mit einem Silbergehalt von 2,5 Prozent. Eine Rückseite zeigt den Kaiser mit Labarum (Standarte mit Christogramm) und Phönix. Er steht in einem Schiff, das von einer Victoria gesteuert wird. Im Jahre 342/343 besuchte Constans als letzter rechtmäßiger Kaiser Britannien und kämpfte am Hadrianswall, dem “englischen” Limes. Die Münzdarstellung kann nur diese Kanalüberquerung verdeutlichen. Die zweite Rückseite dieses Nominals zeigt einen Krieger, der einen mit seinem Pferd gestürzten Reiter niedersticht. Der Reiter wird durch seine Kopfbedeckung - die “phrygische Kappe” - eindeutig als Perser bzw. Sasanide gekennzeichnet. Dieses Volk war währen der gesamten Spätantike der gefährlichste Feind an der Ostgrenze des Reiches. Im Jahre 344 kam es zu einer großen Schlacht zwischen den Sasaniden und dem von Constantius II. geführten römischen Heer. Die Römer erlitten dabei eine ziemliche Schlappe, konnten aber den sasanidischen Kronprinzen gefangennehmen, der entgegen den Weisungen des Kaisers von römischen Soldaten erschlagen wurde. Die römische Propaganda münzte dieses Ereignis (im wahrsten Sinne dieses Wortes) zu einem Sieg um. Die Münze zeigt Constantius II., der den sasanidischen Kronprinzen ersticht.
Das zweite, etwas kleinere Nominal wog durchschnittlich 4,25g (72 dieser Münzen gingen auf ein römisches Pfund) mit einem Silbergehalt von 1 Prozent. Das Bild des Kaisers auf der Vorderseite ist nach links gewendet, die rechte Hand hält einen Globus. Hier zeigt eine Rückseite einen gepanzerten Krieger mit Helm und Lanze, der einen Mann aus einer Hütte führt, die mit einem Baum beschattet ist. Auch dieses Bild muß ein historisches Ereignis wiedergeben. Wahrscheinlich bezieht es sich auf die Ansiedlung fränkischer Stammesteile in Toxandrien, einem Gebiet südlich des Unterlaufs der Maas. Der römische Kaiser führt den demütig und kleinen Franken aus seiner schäbigen Hütte in eine bessere Zukunft. Das entsprechende Bild der anderen Münze zeigt einen römischen Kaiser mit Diadem und Panzer. Er hält das Labarum, zu seinen Füßen sind zwei Gefangene. Die Darstellung ist so allgemein gehalten, daß ein Bezug zu einem bestimmten Ereignis bisher nicht möglich war. Da die Gefangenen aber eine orientalische Kopfbedeckung tragen, muß das Ereignis im Osten zu suchen sein. Die von den Münzen wiedergegebenen Ereignisse sind somit gleichmäßig auf den Kaiser des Westens (Constans) und des Ostens (Constantius II.) verteilt.
Das kleine Nominal der neuen Münzserie trug nur ein Bild, den Phönix auf einem Globus oder einem Berg. Der nach der Selbstverbrennung aus seiner eigenen Asche wiedererstehende Wundervogel war und ist das Symbol der Ewigkeit.
Mt freundlichen Grüßen
Beim Zurückblättern in diesem interessanten historischen Thread habe ich den Beitrag von chinamul gefunden über eine Münze von Constantius II. mit dem Schiffs-Typ. Natürlich springt einem der symbolische Gehalt der Rückseite ins Auge. Auch die Römer kannten schon den Begriff des Staatsschiffs, das durch schwierige Zeiten gesteuert werden mußte. Chinamul hat dies ausführlich und kenntnisreich ausgeführt.
Aber er gibt auch eine andere, konkretere Bedeutung. Die FEL TEMP REPARATIO Münzen bilden (mit einigen Ausnahmen, z.B. den Phönix-Typen) eine Serie von 4 Typen:
1. Kaiser steht auf Schiff, das von Victoria gesteuert wird
2. Soldat führt Barbaren aus einer Hütte
3. Soldat ersticht gestürzten Reiter
4. Kaiser mit 2 Gefangenen
Wenn man die Ausgabeorte dieser Typen sortiert nach der Menge der ausgegebenen Münzen, dann stellt man fest, daß sie 2 Gruppen bilden:
Eine westliche mit den Typen 1 und 2 und eine östliche mit den Typen 3 und 4. Die westliche gehört überwiegend zu Constans, die östliche zu Constantius II.
Daß der gestürzte Reiter ein Perser ist - zu erkennen an Haartracht und Kleidung - ist hinlänglich bekannt. Auch die 2 Gefangenen von Typ 4 sind augenscheinlich Perser. Nimmt man einmal an, daß sich diese Darstellungen auf konkrete Ereignisse beziehen, dann sind es Siege der Römer gegen die Perser. Ich kann hier aus Platzgründen nicht auf Einzelheiten eingehen, aber es kommt praktisch nur die Schlacht von Singara 344 n.Chr. in Frage, in der die Römer auch den sassanidischen Thronfolger gefangen nahmen. So sollte der gestürzte Reiter am ehesten diesen Thronfolger darstellen und der Soldat ist dann nicht irgendein Soldat , sondern der römische Kaiser. Auf diese Schlacht scheint sich dann auch der Typ mit den 2 Gefangenen zu beziehen.
Wenn diese beiden Typen die Erfolge des Constantius feiern, dann sollten die beiden anderen Typen Erfolge des Constans feiern.Typ 2 müßte dann zu einem Ereignis im Westen gehören. Und wir finden folgendes historische Ereignis: Im Jahr 342 schloß Constans mit den Franken einen Vertrag, der ihnen erlaubte sich in Taxandria (im heutigen Belgien) niederzulassen. Man sieht deutlich, daß der Barbar nicht aus der Hütte gezerrt wird, sondern eher friedlich geführt wird. Es war eine Art von Friedensvertrag.
Ebenso gehört der Schiffstyp zu Constans. Sucht man ein Ereignis im Westen, das mit einer Schiffsfahrt zusammengehört, findet man einen Feldzug des Constans gegen Britannien im Jahre 343. So liegt es nahe anzunehmen, daß dieser Typ den erfolgreichen Feldzug und die glückliche Rückkehr nach Gallien feiert (Von der symbolischen Bedeutung einmal abgesehen, die mit Sicherheit auch von den Römern so gesehen wurde).
Es gibt ein Panegyricum des Libanius, das diese Ereignisse so beschreibt, als ob er dabei diese 4 Münztypen vor sich liegen gehabt hat.
Dazu gibt es es einen interessanten Artikel von Konrad Kraft, Die Taten der Kaiser Constans und Constantius II., in Gesammelte Aufsätze zur antiken Geldgeschichte und Numismatik I, Darmstadt WBG 1978.
Von Zwerg habe ich am 18.5.05 einen Teil dieser Arbeit als Proseminarsarbeit bekommen. Wegen der Bedeutung dieses Themas, immerhin sind es ja mit die häufigsten Münzen des späten Römereichs, füge ich ihn hier an:
DIE TATEN DER KAISER CONSTANS UND CONSTANTIUS II. AUF IHREN MÜNZEN
Im Jahre 348 wurde unter der Herrschaft der Kaiser Constans (337-350) und Constantius II. (337-361) eine Reform des Münzsystems vorgenommen. Die Verwaltung gab neue, wertbeständige Bronzemünzen in drei verschiedenen Nominalen aus. Leider kennen wir die Namen dieser Nominale nicht. Allen Münzen war aber eines gemeinsam - die Rückseitenlegende lautete einheitlich FEL TEMP REPARATIO (Wiederherstellung der glücklichen Zeiten) und bezog sich eindeutig auf Roms elfhundertsten Geburtstag, der in diesem Jahr gefeiert wurde. Zu einem System gehört aber auch, daß die verschiedenen Werte eindeutig voneinander zu trennen sind. Die Verantwortlichen bestimmten, die Unterscheidung nicht anhand der Metalle und Gewichte, sondern durch die Münzbilder vorzunehmen. Die Bilder wurden gleichzeitig so gewählt, daß sie beide Kaiser als siegreiche Feldherren darstellten - überaus wichtig in jenen kriegerischen Zeiten.
Das große Nominal wog theoretisch 5,26g (60 dieser Münzen gingen auf ein römisches Pfund) mit einem Silbergehalt von 2,5 Prozent. Eine Rückseite zeigt den Kaiser mit Labarum (Standarte mit Christogramm) und Phönix. Er steht in einem Schiff, das von einer Victoria gesteuert wird. Im Jahre 342/343 besuchte Constans als letzter rechtmäßiger Kaiser Britannien und kämpfte am Hadrianswall, dem “englischen” Limes. Die Münzdarstellung kann nur diese Kanalüberquerung verdeutlichen. Die zweite Rückseite dieses Nominals zeigt einen Krieger, der einen mit seinem Pferd gestürzten Reiter niedersticht. Der Reiter wird durch seine Kopfbedeckung - die “phrygische Kappe” - eindeutig als Perser bzw. Sasanide gekennzeichnet. Dieses Volk war währen der gesamten Spätantike der gefährlichste Feind an der Ostgrenze des Reiches. Im Jahre 344 kam es zu einer großen Schlacht zwischen den Sasaniden und dem von Constantius II. geführten römischen Heer. Die Römer erlitten dabei eine ziemliche Schlappe, konnten aber den sasanidischen Kronprinzen gefangennehmen, der entgegen den Weisungen des Kaisers von römischen Soldaten erschlagen wurde. Die römische Propaganda münzte dieses Ereignis (im wahrsten Sinne dieses Wortes) zu einem Sieg um. Die Münze zeigt Constantius II., der den sasanidischen Kronprinzen ersticht.
Das zweite, etwas kleinere Nominal wog durchschnittlich 4,25g (72 dieser Münzen gingen auf ein römisches Pfund) mit einem Silbergehalt von 1 Prozent. Das Bild des Kaisers auf der Vorderseite ist nach links gewendet, die rechte Hand hält einen Globus. Hier zeigt eine Rückseite einen gepanzerten Krieger mit Helm und Lanze, der einen Mann aus einer Hütte führt, die mit einem Baum beschattet ist. Auch dieses Bild muß ein historisches Ereignis wiedergeben. Wahrscheinlich bezieht es sich auf die Ansiedlung fränkischer Stammesteile in Toxandrien, einem Gebiet südlich des Unterlaufs der Maas. Der römische Kaiser führt den demütig und kleinen Franken aus seiner schäbigen Hütte in eine bessere Zukunft. Das entsprechende Bild der anderen Münze zeigt einen römischen Kaiser mit Diadem und Panzer. Er hält das Labarum, zu seinen Füßen sind zwei Gefangene. Die Darstellung ist so allgemein gehalten, daß ein Bezug zu einem bestimmten Ereignis bisher nicht möglich war. Da die Gefangenen aber eine orientalische Kopfbedeckung tragen, muß das Ereignis im Osten zu suchen sein. Die von den Münzen wiedergegebenen Ereignisse sind somit gleichmäßig auf den Kaiser des Westens (Constans) und des Ostens (Constantius II.) verteilt.
Das kleine Nominal der neuen Münzserie trug nur ein Bild, den Phönix auf einem Globus oder einem Berg. Der nach der Selbstverbrennung aus seiner eigenen Asche wiedererstehende Wundervogel war und ist das Symbol der Ewigkeit.
Mt freundlichen Grüßen