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Claudius-Sesterz?

Verfasst: So 24.07.05 02:01
von hjk
Hallo zusammen,

ich hab' da ein Teil, mit dem ich mich schon seit längerer Zeit rumquäle:

dem Anschein nach ein Sesterz des Claudius. Av. "TI CLAVDIVS CAESAR AVG P M TR P IMP PP", Rv. "NERO CLAVDIVS DRVSVS GERMAN IMP SC". Durchmesser 20,8 mm, Gewicht 20,8 g. Für mich sieht die Münze (abgesehen von dem Loch) absolut in Ordnung aus! Gibt es Hinweise, die gegen die Echtheit des Stückes sprechen würden ? Ich bin für jeden Kommentar dankbar! Also bitte . . .

Schönen Gruß aus Frankfurt
hjk :-)

Verfasst: So 24.07.05 02:23
von Peter43
Tscha, das ist so'ne Sache! Deine Münze sieht sehr hübsch aus! Aber wenn ich die Bilder vergleiche mit der Abbildung im BMCRE, dann sind da schon einige Unterschiede. Z.B. sind die P's im BMCRE alle offen, bei Dir aber geschlossen. Dann sieht das V von DIVVS im Avers anders aus. Es ähnelt mehr einem Y als einem V. Ich weiß aber nicht, ob das wichtige Unterschiede sind. Ich selbst halte die Münze eher für eine Kopie, kann aber nicht sagen warum! Vielleicht eine Becker-Kopie?

Mal sehn, was die Fachleute dazu sagen!

MfG

Verfasst: So 24.07.05 02:50
von Herr Sharif
@ hjk:

Du bist ausrücklich für jeden Kommentar dankbar (normalerweise traue ich mich ja nicht):

Ich bin nicht der Experte für Falschmünzerei. Allerdings würde ich sagen, daß diese Münze eine Fälschung ist.
Irgendwie sieht das Stück auf "alt" getrimmt aus. Portrait, Umschrift und Perlrand passen für mich erhaltungsmäßig nicht zusammen. Ich habe mir jetzt nur die Vorderseite angesehen.

Gruß, Sharif

Verfasst: So 24.07.05 09:16
von Pscipio
Ich stimme meinen Vorrednern zu, auch mir gefällt die Münze nicht. Die Schrift weist untypische Merkmale auf und wenn das Gewicht wirklich nur 20.8 g beträgt, ist die Münze bedenklich untergewichtig (den Durchmesser von 20.8 mm schaue ich mal als Schreibfehler an...), was bei einer solchen Erhaltung nicht durch Korrosion erklärbar wäre.

Übrigens ist der Stil der Darstellung ziemlich gut, die Münze sieht zwar etwas verschwommen aus, aber das könnte auch auf die Reinigung zurück zu führen sein. Dennoch bin ich hinsichtlich der Echtheit des Stückes skeptisch.

Gruss, Pscipio

Claudius Sesterz

Verfasst: So 24.07.05 09:51
von numisnumis
Hallo hjk

Echtheitsprüfungen lediglich über eine Photografie sind heikel und entbehren nicht einer gewissen Subjektivität. Eine exakte Verifizierung erlaubt deshalb nur eine Prüfung am originalen Objekt. So gesehen ist auch meine Beurteilung mit Vorsicht zu werten.

Die Münze vereinigt auch für mich mehr Indizien, die auf eine Nachprägung (ich weiss nicht, ob man von Fälschung sprechen kann) hinweisen. Stil, vor allem die Schrift, der Gesamteindruck sowie der eigenartig "perfekte" Perlkranz an mehreren Stellen lassen mich an der Echtheit zweifeln.

Als Vergleichstücke habe ich die beiden folgenden Münzen gefunden, die schön die Differenzen zu deinem Stück aufzeigen:

A)
Münzen & Medaillen AG Basel
Auction 93
Auction date: December 16th, 2003
Lot number: 103
Price realized: 1600 CHF (approx. 1,270 U.S. Dollars as of the auction date)
Lot description:


KAISERZEIT

CLAUDIUS, 41-54.

No.: 103

Schätzpreis/Estimate: CHF 2000.-

d=37 mm
Mit Nero Claudius Drusus, seinem Vater (†9 v. Chr.). Sesterz, 42-43. TI. CLAVDIVS. CAESAR. AVG. P. M. TR. P. IMP. P. P. Kopf mit L. n. r. Rv. NERO CLAVDIVS DRVSVS GERMAN IMP / S-C Triumph- und Ehrenbogen mit vier vorgelagerten Säulen und Torbogen mit Aedikula; darauf zwischen zwei Trophäen Reiterstatue, das Pferd steigend, der Reiter in militärischer Tracht hält Lanze in der erhobenen Rechten, die Zügel mit der Linken. 29,87 g. BN II, 102, 212. RIC 130, 114. C. 48. Von Kaenel, Claudius 138, 1834 (dieses Exemplar). Dunkle, olivgrüne Patina, auf dem Rv. etwas geglättet. Unbedeutender Kratzer auf Av.

Gutes sehr schön
Provenienz: Aus Slg. R. Carfrae sowie aus Auktion Sotheby, Wilkinson & Hodge, London 8.-11.7.1903, 53.

B)
Zlatko Plesa - Frankfurt
CLAUDIUS I. - Æ Sesterz
800.00EUR

Claudius I. 41 - 54 n. Chr. AE Sesterz, rom. TI CLAVDIVS CAESAR AVG P M TR P IMP P P, Kopf mit Lorbeerkranz n. r./ NERO CLAVDIVS DRVSVS GERMAN IMP S C, Bogenmonument mit einem speerschleudernden Reiter zwischen zwei Trophäen. RIC 114; BMC 188; C. 48. (37mm, 29,41 g) . SS

Gruss
numisnumis

Verfasst: So 24.07.05 10:05
von B.A.
Nach reichlicher Überlegung bin ich der Meinung, dass dieses Stück (anhand der Bilder) doch Echt ist/sein könnte.

Der geringe Durchmesser und das geringe Gewicht sprechen hingegen für eine Fälschung.

Wenn es aber wirklich eine Fälschung sein sollte, dann eine hervorragende, denn das charakteristische "M" auf den frühen römischen Münzen ist vortrefflich gelungen
:D
Auch der Stil der Münze entspricht einer Antiken Münze .....

Wie ihr seht, bin ich mit meiner Meinung sehr gespalten :D

Mfg
SCheibe

Verfasst: So 24.07.05 10:10
von klaupo
@peter43

Ein Becker ist es nicht. Eine Komplettserie der Beckerschen Fälschungen wurde bei Gorny 1984, Auktion Nr. 30 versteigert und im Bild dokumentiert. Dieser Katalog liegt mir vor. Das Stück erscheint mir aber als eine gefällige Arbeit und wäre durchaus als Paduaner denkbar, wenn ich mir das Vegleichsbeispiel des Pertinax in der aktuellen MR ansehe.

Gruß klaupo

Re: Claudius-Sesterz?

Verfasst: So 24.07.05 10:12
von Pscipio
hjk hat geschrieben:Durchmesser 20,8 mm, Gewicht 20,8 g.
Bin gespannt, ob sich diese Angaben bestätigen...

Verfasst: So 24.07.05 10:42
von hjk
Schon jetzt einmal herzlichen Dank für die zahlreichen Antworten! Gestern war's wohl doch schon ein bisschen spät: die 20,8 Gramm stimmen - aber der Durchmesser liegt natürlich bei 36 - 36,3 mm!

Schönen Gruß aus Frankfurt

hjk :-)

Verfasst: So 24.07.05 10:57
von Pscipio
20.8 g ist, wie schon erwähnt, viel zu wenig, das Stück müsste etwa 26-30 g wiegen. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Münze nicht antik ist. Ob ein Paduaner oder eine modernere Fälschung, vermag ich hingegen nicht zu beurteilen.

Gruss, Pscipio

Verfasst: So 24.07.05 19:33
von curtislclay
Das ist eine bekannte Fälschung, wahrscheinlich ein Paduaner. Man wird sie unter den Fälschungen in von Kaenels Buch über Claudius bestimmt finden, wahrscheinlich auch in Klawans' Buch über Paduaner. Ich kann die Bücher morgen im Büro einsehen.

Verfasst: So 24.07.05 23:25
von Peter43
@hjk:

Wenn Deine Münze wirklich ein Paduaner ist, dann ist es eine Fälschung aus der Renaissance. Diese Münzen werden von Spezialsammlern auch gesammelt. Sieht ja auch ganz nett aus. Man darf sie eben nur nicht als echt ausgeben. Das wäre dann kriminell und damit strafbar.

Mit freundlichem Gruß

Referenzstück - Claudius I Paduaner

Verfasst: Mo 25.07.05 11:10
von numisnumis
Hallo hjk

Bei der Durchsicht der "vente aux encheres publiques - 21. mai 2005" von Alain Briscadieu aus Bordaeaux/Fr habe ich das folgende Vergleichsstück gefunden.

Grüsse
numisnumis

Bildnachweis:
Katalog NUMISMATIQUE/21. mai 2005/ alain briscadieu Bordeauy - lot 170.

Verfasst: Mo 25.07.05 16:14
von curtislclay
hjks Stück ist Klawans, Imitations and Inventions of Roman Coins [Paduans], S. 40 Nr. 2 (stempelgleich).
Briscadieus Stück, von numisnumis herangezogen, ist ebendort, Nr. 1: gleicher Vs.Stempel, anderer Rs.Stempel.

Verfasst: Mo 25.07.05 17:42
von hjk
Hallo zusammen,

nochmals allerherzlichsten Dank für die vielen Antworten - insbesondere @numisnumis und @Curtis.. Wenn's ein Paduaner ist, hat der Anbieter im November letzten Jahres wenigstens nicht gelogen: "Sehr sehr alte Münzrarität" (ich finde auch Paduaner "sehr sehr alt" - wenngleich noch älter natürlich noch besser wäre :wink:). Und da der Preis auch nicht sehr hoch war (knapp 50€) will sich bei mir auch nachträglich kein Ärger einstellen. Im Gegenteil: der Anbieter hatte noch einen entsprechenden Caligula Sesterz ("AGRIPPINA DRVSILLA IVLIA") - den hätte ich auch gerne gekauft. Und (@Peter43): natürlich bleibt die Münze in meiner Sammlung (schon jetzt entsprechend gekennzeichnet): die Meisterschaft des Stempelschneiders soll erst mal ein Fälscher heutiger Zeit erreichen!

Nochmals herzlichen Dank @alle + schönen Gruß aus Frankfurt

hjk :-)