Beteiligung der Kaiser an der Motivauswahl auf Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » Fr 23.09.05 07:56

@scharfnasius

Zu vergleichbaren Schlüssen kommt auch Reinhard Wolters in "Tam diu Germania vincitur" (der Seufzer des Tacitus " So lange wird Germanien schon besiegt") über die Germanensieg-Propaganda bis zum Ende des 1. Jh. AD. Man darf durchaus von Propaganda sprechen.

Gruß klaupo

Benutzeravatar
chinamul
Beiträge: 6055
Registriert: Di 30.03.04 17:05
Wohnort: irgendwo in S-H
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 78 Mal

Beitrag von chinamul » Fr 23.09.05 10:24

Zu den vorangegangenen Postings erlaube ich mir zwei Bemerkungen:

Zunächst ein Philologicum: Es ist strenggenommen wohl nicht zulässig, aus einem Kitharoëden einfach einen Kitharöden zu machen. Das o und das e bilden gesprochen im Griechischen wie im Lateinischen gemeinsam einen Diphthong ("Zweilaut") und nicht etwa einen Umlaut. Das ist im übrigen auch - was nicht alle Mediziner zu wissen scheinen - bei der Diarrhoë und der Apnoë (unsere Autos laufen auf Pneus und nicht auf Pnös!) der Fall. oe und ae wurden eben getrennt gesprochen, ("oe" wie "eu", "ae" wie "ei") wie sonst hätte aus Caesar unser "Kaiser" werden können? Bei poeta hat es doch auch geklappt, wodurch uns die Schreibung Pöt erspart geblieben ist!

Ich verstehe die Phobie gegenüber dem Wort Propaganda nicht ganz. Wir dürfen uns doch nicht den Gebrauch von bestimmten Begriffen nicht von denjenigen aus dem Mund nehmen lassen, die damit Schindluder getrieben haben. Wollten wir alle Wörter, die im "Dritten Reich" durch entsprechenden Gebrauch mit negativen Konnotationen aufgeladen wurden, aus der deutschen Sprache verbannen, (Autobahn, Arbeitsdienst, Lagerleitung, Parteitag, Volk u.s.w.), würden unsere Lexika erheblich ausgedünnt werden. "Political correctness" ist sicher eine wünschenswerte Sache, aber ich wehre mich gegen euphemistische Sprachregelungen, die aufgrund eines vorauseilenden Gehorsams gegenüber dem "Zeitgeist" entstanden sind. Das "Fräulein" und der "Lehrling" etwa, um nur zwei von vielen Beispielen zu nennen, wurden nach dem Motto "Sprache schafft Bewußtsein" aus dem Deutschen getilgt. Daß das gar nicht oder nur oberflächlich klappt, hat sich am Beispiel der DDR gezeigt. Natürlich ist es nichts als Propaganda in Reinkultur, wenn angesichts verworrener und katastrophaler Verhältnisse im Reich auf Münzen "die Wiederherstellung glücklicher Zeiten" oder die "Eintracht der Augusti" beschworen wird.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 13032
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 205 Mal
Danksagung erhalten: 1920 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Fr 23.09.05 12:36

@Chinamul:

Auszug aus dem Fremdwörter-Duden:
Ki|tha|rö|de* der; -n, -n <aus gleichbed. gr. kitharōidós>: Kitharaspieler u. zugleich Sänger im antiken Griechenland.

Auszug aus Meyers Enzyklopädischem Lexikon (1980!):
Kitharöde, der [lat. citharoedus < griech. kitharodos]

Und bevor Du über den Duden herfällst - z.T. auch zurecht, wenn Du an die neue Schreibweise von Hämorrhoiden als Hämoriden denkst - hier Auszüge aus meinem Gemoll:
(1) KIΘAP-AOIΔOΣ, Zitherspieler, der zu seinem Zitherspiel singt
(2) KIΘAP-ΩΔOΣ, Zitherspieler, der zu seinem Zitherspiel singt
(3) KIΘAP-ΩΔIA, Zitherspiel mit Gesang
(4) KIΘAP-ΩΔEΩ, zur Zither singen

Bei den Wörtern (2) und (3) und (4) ist das Omega mit einem iota subscriptum versehen. Das bedeutet, daß bereits zu dieser Zeit kein Diphthong gesprochen wurde!

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

Benutzeravatar
chinamul
Beiträge: 6055
Registriert: Di 30.03.04 17:05
Wohnort: irgendwo in S-H
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 78 Mal

Beitrag von chinamul » Fr 23.09.05 23:41

Peter43 hat geschrieben: Bei den Wörtern (2) und (3) und (4) ist das Omega mit einem iota subscriptum versehen. Das bedeutet, daß bereits zu dieser Zeit kein Diphthong gesprochen wurde!
Selbst wenn der Diphthong tatsächlich durch Elision geschlichtet wurde, so konnte daraus aber schwerlich ein gesprochenes Ö werden.
Was nun das iota subscriptum bei langgesprochenen Stammvokalen anbetrifft, so ist es eben doch ein Zeichen dafür, daß hier ein Diphthong vorliegt, wenn auch mit einem eher schwachen i-Anteil. Insofern ist die Diärese, mit der ich den Kitharoeden versehen habe, zugegebenermaßen nicht korrekt, denn sie besagt, daß dann nicht ein Diphthong zu sprechen ist, sondern sogar zwei getrennte Vokale. Ich wollte aber verdeutlichen, daß die Buchstabenkombination oe nicht wie der Notbehelf zur Wiedergabe des deutschen ö etwa auf einer englischen Schreibmaschine angesehen werden darf. Insofern können mich weder der Duden noch der Meyer überzeugen. Sie führen eben lediglich deskriptiv - wie einer demokratischen Gesellschaft auch durchaus angemessen - die heute üblich gewordene, aber dennoch sprachgeschichtlich zweifelhafte Schreibweise mit der daraus resultierenden ebenso zweifelhaften Aussprache an.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

klaupo
Beiträge: 3654
Registriert: Mi 28.05.03 23:13
Wohnort: NRW
Hat sich bedankt: 11 Mal
Danksagung erhalten: 282 Mal

Beitrag von klaupo » Sa 24.09.05 00:30

@chinamul

Ich möchte dir zustimmen, denn ich habe gelernt, daß - kurz gesagt - ein Graphem keinen verbindlichen Rückschluß auf das dargestellte Phonem zuläßt.

Gruß klaupo

Benutzeravatar
Peter43
Beiträge: 13032
Registriert: Mi 11.08.04 02:01
Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
Hat sich bedankt: 205 Mal
Danksagung erhalten: 1920 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Peter43 » Sa 24.09.05 13:31

Lieber Chinamul!

Ich muß noch einmal auf auf dieses Aussprache- bzw. orthographische Problem zurückkommen, auch wenn ich vielleicht als uneinsichtig oder rechthaberisch dastehen werde. Das Wort 'Kitharöde' ist genauso gebildet worden wie die 'Tragödie'. Diese ist lat. 'tragoedia' und kommt vom griech. 'TPAΓ - ΩΔIA', ebenfalls mit einem subscriptierten Iota unter dem Omega. Also kein Unterschied zur Geschichte des 'Kitharöden'! Niemand aber würde auf den Gedanken kommen, deshalb Tragödie als Tragoedie zu schreiben oder gar wie Trago-edia auszusprechen! Und dann gibt es noch den wichtigen Grundsatz, gleiche Fälle auch gleich zu behandeln!

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Lucius Aelius und 15 Gäste