Mythologisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Lucifer (Phosphoros) - der Morgenstern
Bisher hatten wir Lucifera und Phosphoros nur als Beinamen von Gottheiten kenngelernt. Phosphoros (= Lichtträger, lat. Lucifer) ist ein Beiname mehrerer Gottheiten. Er findet sich bei Luna, Artemis, Hekate, Eos, Helios, Hemera, Persephone und Apollo. Aber sie treten auch als selbständige Eigennamen auf. Damit wollen wir uns jetzt beschäftigen.
Lucifer (griech. Phosphoros, auch Eosphoros) war der Morgenstern, und damit auch der Name des Planeten Venus. Ursprünglich aber war es der Eosphoros, der der Eos/Aurora auf einem weißen Pferd voranzog. Das zeigt, daß mit ihm der Morgenstern gemeint war. Phosphoros tritt erst spät auf und verdrängt, vielleicht durch den Einfluß des römischen Lucifer, den Eosphoros. Hesiod nennt ihn Phaeton, und er sei der Sohn der Eos und des Kephalos, darf aber nicht mit dem bekannten Sohn des Helios/Sol verwechselt werden, der der Sonne zu nahe kam. Erwähnt wurde er bereits bei Homer (Il. 2, 222; Od. 1, 93) und war dort der Vorbote der Sonne.
Auf dem abgebildeten apulischen rotfigurigen Krater, spät-klassisch, 4.Jhdt. n.Chr., heute in der Antikensammlung München, sehen wir die Götter Helios, Eos und Eosphoros - Sonne, Morgendämmerung und Morgenstern - auf ihrer Tagesprozession. Eosphoros ist der geflügelte Jüngling ganz rechts, gekrönt mit einer glänzenden Aureole. Helios und Eos lenken ihre Quadriaga und sind gekrönt mit der Sonnenaureole und der Aureole des Morgenlichts. Unter ihnen Fisch und Delphin, als Zeichen, daß sie aus dem Okeanos emporgestiegen sind (theoi.com).
Das Gegenstück des Phosphoros war Hesperos, der Abendstern, der auf einem schwarzem Pferd ging, wobei wir heute wissen, daß es sich bei Morgenstern und Abendstern um denselben Planeten Venus handelt.
Mythologie:
Später gibt es auch eine Mythologie zu Phosphoros. Daß er (nach Hesiod) Sohn der Eos gewesen sein soll, ist etwas befremdlich, da er doch der Eos vorausgeht. Er soll auch der Sohn des Astraios gewesen sein, des Sternenhimmels, und morgens die Sterne vom Himmel verjagen. Da er jetzt als Persönlichkeit aufgefaßt wird, erhält er auch eine Familie: Seine Frau war Kleoboia von Thorikos in Attika. Sie gebar ihm Philonis, die später die Mutter des Philammon wurde. Auch Stilbe, eine Geliebte des Hermes, soll Tochter des Eosphoros gewesen sein. Er gilt auch als Vater des Keyx. Nach Ovid ist er der Vater des trachinischen Keyx, der nicht mit dem vorigen identisch ist, und des Daedalion. Er hat eine enge Beziehung zu Aphrodite, die manchmal auch als Morgenstern aufgefaßt wird, ist dann aber wohl eher der Abendstern, der Stern der Liebenden (Roscher). Es wird erzählt, daß Aphrodite den Phaethon wegen seiner Schönheit entführt haben soll und ihn zum nächtlichen Hüter ihrer Tempel bestellt habe (so auch Pausanias 1, 3, 1). Das soll wohl das nächtliche Verschwinden des Morgensterns erklären. Es wird auch erzählt von einem Schönheitswettbewerb zwischen ihm und Aphrodite.
Christentum:
Luzifer machte im Christentum eine gewaltige Entwicklung durch. Zunächst war er als Morgenstern ein Symbol des lichtbringenden Christus, also überaus positiv besetzt. Er findet sich sogar als christlicher Taufname, z.B. bei Bischof Lucifer von Caralis (+351), einem vehementen Vertreter des nikäischen Glaubens. Später hat sich das ins genaue Gegenteil geändert: Er wurde zum Namen für den Teufel, also für das Böse schlechthin. Die Ursache dafür war wohl die falsche Auslegung einer Bibelstelle bei Jesaja 14, 12 und 15 durch den Kirchenvater Hieronymus (347-420), wo er ihn als Satan interpretiert. Der Text heißt in meiner Bibelausgabe von 1927: "Wie bist du vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern! Wie bist du zur Erde gefällt, der du die Heiden schwächtest!", "Ja, zur Hölle fährst du, zur tiefsten Grube!"
Gemeint damit war aber tatsächlich der König von Babylon, der Weltherrscher, der sich über alles erheben wollte und vernichtet wurde. Er eignete sich damit wunderbar zum Gegenspieler von Christus. So wurde aus ihm Luzifer, der Engel, der sich gegen Gott auflehnte und gestürzt wurde.
Die römische Mythologie kannte keinen Teufel, eben-sowenig das Judentum oder das Frühchristentum. Der Teufel in unserem Sinn stammt aus der etruskischen Religion, wo es als Vorbild Vetis, einen zerstörerischen Unterweltsgott gab.
Das nächste Bild zeigt einen Holzstich von Gustave Dore, Der Fall des Luzifer, 1866, eine Illustration aus Miltons,Verlorenes Paradies. In seiner Haltung an den Felsen geklammert erinnert Luzifer hier an die tragische Gestalt des Gefesselten Prometheus.
Quellen:
(1) Die Bibel, Altes Testament
(2) Homer, Ilias
(3) Homer, Odyssee
(4) Hesiod, Theogonie
(5) Apollodor, Bibliotheke
(6) Homerische Hymnen
(7) Pindar, Oden
(8) Pausanias, Periegesis
(9) Ovid, Metamorphosen
(10) Cicero, De natura deorum
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (auch online)
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon (auch online)
(3) Ernst Siecke, Hermes - Der Mondgott, Forgottenbooks
(4) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
(5) Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
(6) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) theoi.com
(2) Wikipedia
(3) https://en.wikipedia.org/wiki/Parabiago_Plate
Mit freundlichem Gruß
Bisher hatten wir Lucifera und Phosphoros nur als Beinamen von Gottheiten kenngelernt. Phosphoros (= Lichtträger, lat. Lucifer) ist ein Beiname mehrerer Gottheiten. Er findet sich bei Luna, Artemis, Hekate, Eos, Helios, Hemera, Persephone und Apollo. Aber sie treten auch als selbständige Eigennamen auf. Damit wollen wir uns jetzt beschäftigen.
Lucifer (griech. Phosphoros, auch Eosphoros) war der Morgenstern, und damit auch der Name des Planeten Venus. Ursprünglich aber war es der Eosphoros, der der Eos/Aurora auf einem weißen Pferd voranzog. Das zeigt, daß mit ihm der Morgenstern gemeint war. Phosphoros tritt erst spät auf und verdrängt, vielleicht durch den Einfluß des römischen Lucifer, den Eosphoros. Hesiod nennt ihn Phaeton, und er sei der Sohn der Eos und des Kephalos, darf aber nicht mit dem bekannten Sohn des Helios/Sol verwechselt werden, der der Sonne zu nahe kam. Erwähnt wurde er bereits bei Homer (Il. 2, 222; Od. 1, 93) und war dort der Vorbote der Sonne.
Auf dem abgebildeten apulischen rotfigurigen Krater, spät-klassisch, 4.Jhdt. n.Chr., heute in der Antikensammlung München, sehen wir die Götter Helios, Eos und Eosphoros - Sonne, Morgendämmerung und Morgenstern - auf ihrer Tagesprozession. Eosphoros ist der geflügelte Jüngling ganz rechts, gekrönt mit einer glänzenden Aureole. Helios und Eos lenken ihre Quadriaga und sind gekrönt mit der Sonnenaureole und der Aureole des Morgenlichts. Unter ihnen Fisch und Delphin, als Zeichen, daß sie aus dem Okeanos emporgestiegen sind (theoi.com).
Das Gegenstück des Phosphoros war Hesperos, der Abendstern, der auf einem schwarzem Pferd ging, wobei wir heute wissen, daß es sich bei Morgenstern und Abendstern um denselben Planeten Venus handelt.
Mythologie:
Später gibt es auch eine Mythologie zu Phosphoros. Daß er (nach Hesiod) Sohn der Eos gewesen sein soll, ist etwas befremdlich, da er doch der Eos vorausgeht. Er soll auch der Sohn des Astraios gewesen sein, des Sternenhimmels, und morgens die Sterne vom Himmel verjagen. Da er jetzt als Persönlichkeit aufgefaßt wird, erhält er auch eine Familie: Seine Frau war Kleoboia von Thorikos in Attika. Sie gebar ihm Philonis, die später die Mutter des Philammon wurde. Auch Stilbe, eine Geliebte des Hermes, soll Tochter des Eosphoros gewesen sein. Er gilt auch als Vater des Keyx. Nach Ovid ist er der Vater des trachinischen Keyx, der nicht mit dem vorigen identisch ist, und des Daedalion. Er hat eine enge Beziehung zu Aphrodite, die manchmal auch als Morgenstern aufgefaßt wird, ist dann aber wohl eher der Abendstern, der Stern der Liebenden (Roscher). Es wird erzählt, daß Aphrodite den Phaethon wegen seiner Schönheit entführt haben soll und ihn zum nächtlichen Hüter ihrer Tempel bestellt habe (so auch Pausanias 1, 3, 1). Das soll wohl das nächtliche Verschwinden des Morgensterns erklären. Es wird auch erzählt von einem Schönheitswettbewerb zwischen ihm und Aphrodite.
Christentum:
Luzifer machte im Christentum eine gewaltige Entwicklung durch. Zunächst war er als Morgenstern ein Symbol des lichtbringenden Christus, also überaus positiv besetzt. Er findet sich sogar als christlicher Taufname, z.B. bei Bischof Lucifer von Caralis (+351), einem vehementen Vertreter des nikäischen Glaubens. Später hat sich das ins genaue Gegenteil geändert: Er wurde zum Namen für den Teufel, also für das Böse schlechthin. Die Ursache dafür war wohl die falsche Auslegung einer Bibelstelle bei Jesaja 14, 12 und 15 durch den Kirchenvater Hieronymus (347-420), wo er ihn als Satan interpretiert. Der Text heißt in meiner Bibelausgabe von 1927: "Wie bist du vom Himmel gefallen, du schöner Morgenstern! Wie bist du zur Erde gefällt, der du die Heiden schwächtest!", "Ja, zur Hölle fährst du, zur tiefsten Grube!"
Gemeint damit war aber tatsächlich der König von Babylon, der Weltherrscher, der sich über alles erheben wollte und vernichtet wurde. Er eignete sich damit wunderbar zum Gegenspieler von Christus. So wurde aus ihm Luzifer, der Engel, der sich gegen Gott auflehnte und gestürzt wurde.
Die römische Mythologie kannte keinen Teufel, eben-sowenig das Judentum oder das Frühchristentum. Der Teufel in unserem Sinn stammt aus der etruskischen Religion, wo es als Vorbild Vetis, einen zerstörerischen Unterweltsgott gab.
Das nächste Bild zeigt einen Holzstich von Gustave Dore, Der Fall des Luzifer, 1866, eine Illustration aus Miltons,Verlorenes Paradies. In seiner Haltung an den Felsen geklammert erinnert Luzifer hier an die tragische Gestalt des Gefesselten Prometheus.
Quellen:
(1) Die Bibel, Altes Testament
(2) Homer, Ilias
(3) Homer, Odyssee
(4) Hesiod, Theogonie
(5) Apollodor, Bibliotheke
(6) Homerische Hymnen
(7) Pindar, Oden
(8) Pausanias, Periegesis
(9) Ovid, Metamorphosen
(10) Cicero, De natura deorum
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (auch online)
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon (auch online)
(3) Ernst Siecke, Hermes - Der Mondgott, Forgottenbooks
(4) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
(5) Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
(6) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) theoi.com
(2) Wikipedia
(3) https://en.wikipedia.org/wiki/Parabiago_Plate
Mit freundlichem Gruß
Zuletzt geändert von Peter43 am Do 12.03.20 21:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Inhaltsverzeichnis ans Ende verschoben!
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Ein schöner Artikel über die Luna; gefällt mir sehr gut, vielen Dank. Sie ist mW auch auf den ersten Bigaten der römischen Republik abgebildet, ehe sie das "Ruder" an Victoria abgeben musste.
Grüsse
Rainer
Grüsse
Rainer
Erlaube mir bitte noch eine kurze Anmerkung. Die unter 2. gezeigte Münze zeigt ja auch eine Diana Lucifera. Diese wird zwar mit der Luna Lucifera assimiliert, bleibt jedoch eine eigenständige Gottheit, und sie ist auch nie mit der Mondsichel abgebildet. Es gibt sogar Heiligtümer, die beide zeigen - siehe CIL 3224 ( https://arachne.uni-koeln.de/arachne/in ... er]=350069 )
Alles, was wir hören, ist eine Meinung, nicht ein Faktum. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit. (Marcus Aurelius)
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Hallo Perinawa!
Herzlichen Dank für diesen Hinweis. Ich werde ihm nachgehen.
Jochen
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Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Elagabal - Der Sonnengott von Emesa
Der römische Kaiser Elagabal (218-222) hieß eigentlich Varius Avitus Bassianus und erhielt als Kaiser den Namen Marcus Aurelius Antoninus. Elagabal oder Heliogabal wurde er erst viel später genannt. Elagabal war tatsächlich aber der Name des von ihm verehrten Gottes, des Sonnengottes von Emesa, dem heutigen Homs in Syrien. Um diese beiden zu unterscheiden, werde ich hier den Kaiser immer Antoninus nennen. Mit Elagabal ist also immer der Sonnengott gemeint!
In diesem Artikel möchte ich darstellen, woher Elagabal kommt und in welche kulturelle Landschaft er einzuordnen ist.
1. Münze: Der Heilige Stein von Emesa
Syrien, Emesa, Antoninus Pius, 138-161
AE 23, 10.19g, 180°
geprägt 138/9 (RY 1)
Av.: [AVT KAI TI] AIΛ A[NTO - NEINOC CEB EVC] Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: EMI - [C]HNΩN
Adler mit geschlossenen Flügeln n.r. auf dem Heiligen Stein von Emesa stehend, Kopf mit Kranz im Schnabel n.l., [Stein dekoriert mit Stern in der Mitte oben und je einer Kugel li. und re.]
im re. Feld A (RY 1)
Ref.: BMC 1; SNG Copenhagen 307; RPC IV online temp 5782
Fast SS, schwarzgrüne Patina mit hellgrünen Lichtern
Anmerkungen:
Dies ist die einzige vorseverische Münze mit dem Heiligen Stein von Emesa. Der Stein selbst wurde von Antoninus nach Rom gebracht und kehrte nach seinem Tod wieder nach Emesa zurück. Daß dies der Stein in der Kaaba in Mekka ist, ist nur ein Gerücht.
Etymologie:
Der Name Elagabal setzt sich zusammen aus dem aramäischen Wort 'LH = ilaha (Gott) und GBL = gabal (Berg), was "Gott Berg" heißt, nicht "Gott des Berges", weil ilaha im Status emphaticus vorliegt und nicht im Status constructus (Jean Starcky). Dies ist ein feiner, aber nicht unbedeutender Unterschied. Das Wort für Berg ist uns auch aus dem Arabischen bekannt, z.B. bei Dschabal al-Tariq, (Berg des Tarik), dem Namen für Gibraltar. Allerdings war der Berg bei Emesa nur etwa 30m hoch!
Mythologie:
Elagabal war zunächst ein lokaler Berggott von Emesa am Orontes, wie es so viele im Vorderen Orient gab. Aber schon früh schwang bei ihm durch seinen solaren Charakter auch ein Anspruch auf Universalität mit, wie es den semitischen Baalim eigen war.
Mit zwei weiblichen Astralgottheiten bildete Elagabal eine Trias. Solche Triaden waren in Syrien und Mesopotamien nicht unüblich. Seine weiblichen Gemahlinnen waren Juno Caelestis und Pallas. Dabei stellte Juno Caelestis=Tannit=Urania die Mondgöttin vor und Pallas als Aphrodite=Astarte=Atargatis als Venusstern die arabische Al-Uzza. Als Athena Allath war sie auch die arabische Mondgöttin.
Den solaren Charakter hatte Elagabal gemeinsam mit dem ostsemitischen Sonnengott Shamash aus Mesopotamien, der auch auf Münzen der Severer in Emesa abgebildet wurde. Unter dessen Einfluß geriet auch später der Kult des Elagabal.
Verehrt wurde Elagabal nicht anthropomorph (in Menschengestalt), wie es in den westlichen Religionen üblich war, sondern anikonisch in Gestalt eines schwarzen Steines in konischer Form, eines Baetyls (von semitisch bet el = Haus Gottes), der wohl ein Meteorit gewesen ist. Berggötter waren in Anatolien, Syrien und Palästina bereits bekannt seit den Zeiten der Hethiter. Geschmückt war er oben, wie wir es von Münzen wissen, mit einem Adler, als Zeichen des höchsten Gottes, wie es auch bei Jupiter der Fall war.
Vieles weist auf einen Ursprung aus Arabien hin. Z.B. hat er das baetylische Format seines schwarzen Steins gemeinsam mit dem ebenfalls solaren Dusares von Petra. Die Priesterfürsten von Emesa tragen arabische Namen: Azisos, Soaemus, Samsigeramus (Strabo), wie auch später die weiblichen Mitglieder der severischen Dynastie Maesa, Soaemias und Mammaea.
Nach Herodian war die Verehrung des Elagabal nicht nur ein lokales Phänomen in Emesa, sondern war auch bekannt von anderen Plätzen in Syrien. Opfer wurden von allen Einwohnern der umliegenden Gegenden nach Emesa gebracht, das dadurch immer reicher wurde. Man nimmt an, daß der Kult des Elagabal der Hauptkult von Syrien war und daß Emesa sein religiöses Zentrum bildete. Interessant ist, daß der Kult des Elagabal schon lange vor Antoninus im römischen Reich verbreitet war. So wurde in Augsburg im damaligen Raetien eine Stele von 196 v.Chr. gefunden, die dem Sonnengott Elagabal geweiht war, und eine andere für den Sonnengott Elagabal und Minerva in Woerden/Niederlande, dem damaligen Laurium in Germania inferior, also vom anderen Ende der Welt. Diese stammt aus der Zeit des Antoninus Pius, was gut zu unserer Münze paßt.
Von den Tempeln auf dem Berg bei Emesa ist heute nichts mehr zu sehen. Und die Stadt selbst, das heutige Homs, ein UNESCO-Weltkulturerbe. ist durch den langen Bürgerkrieg in Syrien fast völlig zerstört worden.
Elagabal in Rom
Nachdem Antoninus im Mai 2018 von seinen Soldaten zum Kaiser erhoben worden war, machte er sich nach seinem Sieg über Macrinus auf den Weg nach Rom. Er benutzte den Landweg, überwinterte in Nicomedia und führte den Heiligen Stein mit sich. Im Spätsommer 219 erreichte er Rom. Da er bereits im März 222 ermordet wurde, war er insgesamt nur 2 1/2 Jahre in Rom. Von seinem prunkvollen Einzug in Rom kennen wir Schilderungen Der Heilige Stein des Elagabal wurde auf einem Wagen von Pferden gezogen. Antoninus in weißem Priestergewand ging rückwärts vor ihnen her, damit er seinen Gott nicht aus dem Blick verlor. Für die Römer ein ungewohnter Anblick.
Gleich nach seiner Ankunft machte er Elagabal zum höchsten Gott des römischen Pantheons. Er ließ zwei Tempel für Elagabal bauen. Einen, das Elagabalium, auf dem Palatin im Bereich der kaiserlichen Gärten, von dem heute noch Reste zu sehen sind, und einen zweiten außerhalb der Stadt im heutigen Trastevere. Zur Ausschmückung seines neuen Tempels wurden die heiligsten Reliquien der römschen Religion von ihren eigentlichen Standorten in das Elagabalium überführt, das Standbild der Großen Mutter, das Feuer der Vesta, die Schilde der Salier und das Palladium. Es sollte keinen Kult geben außerhalb der Priesterschaft des Elagabal, alle anderen Gottheiten seien nur die Diener seines Gottes. Herodian schreibt, daß Antoninus die Senatoren zwang, ihm zuzuschauen, während er zum Klang der Trommeln und Zymbeln um den Altar des Elagabal tanzte.
(wird fortgesetzt)
Der römische Kaiser Elagabal (218-222) hieß eigentlich Varius Avitus Bassianus und erhielt als Kaiser den Namen Marcus Aurelius Antoninus. Elagabal oder Heliogabal wurde er erst viel später genannt. Elagabal war tatsächlich aber der Name des von ihm verehrten Gottes, des Sonnengottes von Emesa, dem heutigen Homs in Syrien. Um diese beiden zu unterscheiden, werde ich hier den Kaiser immer Antoninus nennen. Mit Elagabal ist also immer der Sonnengott gemeint!
In diesem Artikel möchte ich darstellen, woher Elagabal kommt und in welche kulturelle Landschaft er einzuordnen ist.
1. Münze: Der Heilige Stein von Emesa
Syrien, Emesa, Antoninus Pius, 138-161
AE 23, 10.19g, 180°
geprägt 138/9 (RY 1)
Av.: [AVT KAI TI] AIΛ A[NTO - NEINOC CEB EVC] Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: EMI - [C]HNΩN
Adler mit geschlossenen Flügeln n.r. auf dem Heiligen Stein von Emesa stehend, Kopf mit Kranz im Schnabel n.l., [Stein dekoriert mit Stern in der Mitte oben und je einer Kugel li. und re.]
im re. Feld A (RY 1)
Ref.: BMC 1; SNG Copenhagen 307; RPC IV online temp 5782
Fast SS, schwarzgrüne Patina mit hellgrünen Lichtern
Anmerkungen:
Dies ist die einzige vorseverische Münze mit dem Heiligen Stein von Emesa. Der Stein selbst wurde von Antoninus nach Rom gebracht und kehrte nach seinem Tod wieder nach Emesa zurück. Daß dies der Stein in der Kaaba in Mekka ist, ist nur ein Gerücht.
Etymologie:
Der Name Elagabal setzt sich zusammen aus dem aramäischen Wort 'LH = ilaha (Gott) und GBL = gabal (Berg), was "Gott Berg" heißt, nicht "Gott des Berges", weil ilaha im Status emphaticus vorliegt und nicht im Status constructus (Jean Starcky). Dies ist ein feiner, aber nicht unbedeutender Unterschied. Das Wort für Berg ist uns auch aus dem Arabischen bekannt, z.B. bei Dschabal al-Tariq, (Berg des Tarik), dem Namen für Gibraltar. Allerdings war der Berg bei Emesa nur etwa 30m hoch!
Mythologie:
Elagabal war zunächst ein lokaler Berggott von Emesa am Orontes, wie es so viele im Vorderen Orient gab. Aber schon früh schwang bei ihm durch seinen solaren Charakter auch ein Anspruch auf Universalität mit, wie es den semitischen Baalim eigen war.
Mit zwei weiblichen Astralgottheiten bildete Elagabal eine Trias. Solche Triaden waren in Syrien und Mesopotamien nicht unüblich. Seine weiblichen Gemahlinnen waren Juno Caelestis und Pallas. Dabei stellte Juno Caelestis=Tannit=Urania die Mondgöttin vor und Pallas als Aphrodite=Astarte=Atargatis als Venusstern die arabische Al-Uzza. Als Athena Allath war sie auch die arabische Mondgöttin.
Den solaren Charakter hatte Elagabal gemeinsam mit dem ostsemitischen Sonnengott Shamash aus Mesopotamien, der auch auf Münzen der Severer in Emesa abgebildet wurde. Unter dessen Einfluß geriet auch später der Kult des Elagabal.
Verehrt wurde Elagabal nicht anthropomorph (in Menschengestalt), wie es in den westlichen Religionen üblich war, sondern anikonisch in Gestalt eines schwarzen Steines in konischer Form, eines Baetyls (von semitisch bet el = Haus Gottes), der wohl ein Meteorit gewesen ist. Berggötter waren in Anatolien, Syrien und Palästina bereits bekannt seit den Zeiten der Hethiter. Geschmückt war er oben, wie wir es von Münzen wissen, mit einem Adler, als Zeichen des höchsten Gottes, wie es auch bei Jupiter der Fall war.
Vieles weist auf einen Ursprung aus Arabien hin. Z.B. hat er das baetylische Format seines schwarzen Steins gemeinsam mit dem ebenfalls solaren Dusares von Petra. Die Priesterfürsten von Emesa tragen arabische Namen: Azisos, Soaemus, Samsigeramus (Strabo), wie auch später die weiblichen Mitglieder der severischen Dynastie Maesa, Soaemias und Mammaea.
Nach Herodian war die Verehrung des Elagabal nicht nur ein lokales Phänomen in Emesa, sondern war auch bekannt von anderen Plätzen in Syrien. Opfer wurden von allen Einwohnern der umliegenden Gegenden nach Emesa gebracht, das dadurch immer reicher wurde. Man nimmt an, daß der Kult des Elagabal der Hauptkult von Syrien war und daß Emesa sein religiöses Zentrum bildete. Interessant ist, daß der Kult des Elagabal schon lange vor Antoninus im römischen Reich verbreitet war. So wurde in Augsburg im damaligen Raetien eine Stele von 196 v.Chr. gefunden, die dem Sonnengott Elagabal geweiht war, und eine andere für den Sonnengott Elagabal und Minerva in Woerden/Niederlande, dem damaligen Laurium in Germania inferior, also vom anderen Ende der Welt. Diese stammt aus der Zeit des Antoninus Pius, was gut zu unserer Münze paßt.
Von den Tempeln auf dem Berg bei Emesa ist heute nichts mehr zu sehen. Und die Stadt selbst, das heutige Homs, ein UNESCO-Weltkulturerbe. ist durch den langen Bürgerkrieg in Syrien fast völlig zerstört worden.
Elagabal in Rom
Nachdem Antoninus im Mai 2018 von seinen Soldaten zum Kaiser erhoben worden war, machte er sich nach seinem Sieg über Macrinus auf den Weg nach Rom. Er benutzte den Landweg, überwinterte in Nicomedia und führte den Heiligen Stein mit sich. Im Spätsommer 219 erreichte er Rom. Da er bereits im März 222 ermordet wurde, war er insgesamt nur 2 1/2 Jahre in Rom. Von seinem prunkvollen Einzug in Rom kennen wir Schilderungen Der Heilige Stein des Elagabal wurde auf einem Wagen von Pferden gezogen. Antoninus in weißem Priestergewand ging rückwärts vor ihnen her, damit er seinen Gott nicht aus dem Blick verlor. Für die Römer ein ungewohnter Anblick.
Gleich nach seiner Ankunft machte er Elagabal zum höchsten Gott des römischen Pantheons. Er ließ zwei Tempel für Elagabal bauen. Einen, das Elagabalium, auf dem Palatin im Bereich der kaiserlichen Gärten, von dem heute noch Reste zu sehen sind, und einen zweiten außerhalb der Stadt im heutigen Trastevere. Zur Ausschmückung seines neuen Tempels wurden die heiligsten Reliquien der römschen Religion von ihren eigentlichen Standorten in das Elagabalium überführt, das Standbild der Großen Mutter, das Feuer der Vesta, die Schilde der Salier und das Palladium. Es sollte keinen Kult geben außerhalb der Priesterschaft des Elagabal, alle anderen Gottheiten seien nur die Diener seines Gottes. Herodian schreibt, daß Antoninus die Senatoren zwang, ihm zuzuschauen, während er zum Klang der Trommeln und Zymbeln um den Altar des Elagabal tanzte.
(wird fortgesetzt)
- Dateianhänge
Omnes vulnerant, ultima necat.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
(Fortsetzung)
2. Münze: Antoninus beim Opfern
Antoninus, 218 - 220
AR - Denar, 3.51g, 18mm
Rom 220 - 222
Av.: IMP ANTONINVS PIVS AVG
Büste, drapiert, belorbeert, n.r., mit "Horn" auf der Stirn
Rv.: INVICTVS SACERDOS AVG
Antoninus in syrischer Priesterkleidung n.l. stehend, hält in der vorgestreckten re. Hand
Patera über brennenden Altar und Keule in der li. Hand; hinter dem Altar ein liegender Bulle
im oberen li, Feld ein Stern
Ref.: RIC IV, 88; C. 61
fast VZ
Anmerkungen:
Antoninus trägt hier parthische Hosen und eine langärmelige kurze Tunika mit einer dekorativen goßen Schnalle vor dem Bauch, dazu Chlamys und kaiserliches Diadem. Wegen dieser Tracht wird er bei Dio "der Assyrer" genannt! Aber insgesamt war dies eher eine Annäherung an römische Sitten. Seine Kleidung ist anders als die syrische und dort nicht bekannt. Dirven meint, dies sei eine Annäherung an Caracallas germanische Kleidung und der Versuch sich den Truppen vertrauter zu machen und von den militärischen Siegen seines Vaters zu profitieren. Auch der Bulle ist nicht ungewöhnlich
Der Stern im Feld soll wohl den göttlichen Status des Antoninus anzeigen und seine Zugehörigkeit zur domus divina. Curtis Clay: Es sei Zeichen für die Münzstätte Rom
Da ein oberer Strahl des Stern deutlich länger ist, wird er auch interpretiert als Halleyscher Komet, der 220 in Rom sichtbar gewesen sein muß.
Elke Krengel interpretiert das "Horn" als getrockneten Stierpenis als Zeichen der Kraft und Stärke. Diese Interpretation ist aber nicht unumstritten. Anfang 222 verschwindet das "Horn" wieder von den Münzen, wohl weil die Soldaten zu murren begannen.
Zur Sommersonnenwende ließ er ein großes Fest feiern, daß bei den Massen sehr beliebt war, weil z.B. großzügig Speisen verteilt wurden. Während diese Festes wurde Elagabal auf einen Wagen gesetzt, geschmückt mit Gold und Juwelen, und quer durch die Stadt in einer pompösen Prozession zum Vorstadttempel außerhalb der Stadt gebracht. Dabei wurden Geschenke in die Menge geworfen. Antoninus ging wie immer rückwärts vor dem Wagen einher. Mehrere Offiziere paßten auf, daß er dabei nicht stolperte. Anschließend wurden von Türmen, die er errichtet hatte, Gefäße aus Gold und Silber, Kleidungen und Tücher auf den Mob geworfen. Der eigentliche Sinn dieses Umzuges ist bis heute nicht geklärt. Vielleicht war ein Grund, daß in diesen Stadtteilen viele syrische Bürger wohnten.
Die Heiligen Hochzeiten
Die Heilige Hochzeit ('ιερος γαμος) war in orientalischen Religionen weit verbreitet. Bei den Handlungen des Antoninus in Rom sollte man wissen, daß es sich dabei um gespiegelte Vorgänge in seinem Pantheon handelte. Damit ist gemeint, daß, wenn Antoninus eine Vestapriesterin heiratete, es tatsächlich um die Vermählung seines Sonnengottes Elagabal mit der römischen Göttin Vesta ging. Er selbst war aber nie die Inkarnation seines Gottes. Diese Hochzeiten waren für die Römer sehr ungewöhnliche Ereignisse.
Als erstes heiratete Antoninus Julia Paula. Das ging wohl auf den Clan von Emesa unter seiner Mutter Julia Maesa zurück und wird als Versuch angesehen, ihn mit der römischen Aristokratie zu verbinden. Allerdings verstieß er sie wieder, weil sie ein körperliches Mal besaß, was sich nicht mit seiner Vorstellung von Göttlichkeit vertrug. Außerdem hatte er eigene Vorstellungen von einer Ehe, die der Verbreitung seines Glaubens dienen mußte.
Und das führte ihn zu Aquila Severa, der obersten Vestapriesterin. Durch eine Hochzeit mit ihr wollte er eine Verbindung seines Elagabalkults mit dem der Vesta, dem heiligsten Kult Roms, herstellen. Zudem sollten aus dieser Ehe göttliche Kinder hervorgehen, mit denen Antoninus eine göttliche Dynastie gründen wollte. Diese Hochzeit fand parallel statt zu der Hochzeit des Elagabal mit Athena, die nach Halsberghe aber aus dem Mißverständnis heraus entstand, daß Antoninus das Palladium für Vesta hielt, weil es im Vestatempel aufbewahrt wurde. Seine Hochzeit mit der obersten Vestalin erregte große Unruhe in Rom, da die Vestalinnen als Jungfrauen für unantastbar galten, so daß Julia Maesa ihn überzeugte. seine Verbindung und die des Elagabal wieder zu lösen.
Daraufhin heiratete er Annia Faustina, eine Nachfahrin des Marcus Aurelius. Das hatte den Vorteil, daß eine echte Verbindung der Severer zu den Antoninen geschaffen wurde und insbesondere zu dem beliebten Philosophenkaiser Marcus Aurelius. Kinder aus dieser Ehe hätten einen starken dynastischen Anspruch auf den Thron gehabt. Parallel zu dieser Hochzeit veheiratete er Elagabal mit Urania, die er aus Karthago hatte holen lassen und die als Mondgöttin zusammen mit Elagabal als Sonnengott Ausdruck der göttlichen Harmonie sein sollte.
Aber Annia Faustina entsprach nicht seinen Ambitionen. Er ließ sich scheiden und holte Aquilia Severa zurück. Seine religiösen Überzeugungen hatten gesiegt!
Zusammenfassung
Antoninus hatte das Glück, in einer ziemlich friedlichen Zeit geherscht zu haben. Es gab keine kriegerischen Verwicklungen und die Beamten des Reiches arbeiteten gewohnt routiniert bei der Verwaltung des Reiches und der Erhaltung der Infrastruktur. Als Kaiser war er eigentlich nie tätig. Diese Aufgabe hatten seine weiblichen Verwandten übernommen Er sah sich als Hoher Priester seines Gottes Elagabal, dem er globale Anerkennung als oberster Gott verschaffen wollte. Aus einem lokalen syrischen Kult sollte eine umfassende Weltreligion werden. Dabei handelte es sich aber nicht um einen Monotheismus, wie einige fälschlich annehmen (z.B. Gaston Halsberghe). Andere Gottheiten gab es auch unter Elagabal, eben nur als eine Art von Dienern und unter ihm stehend. So ist er kein Vorläufer des Christentums.
Im März 222 wurde Antoninus von seinen Prätorianern ermordet, nachdem er versucht hatte, sich in einer Latrine zu verstecken. Sein Cousin und Adoptivsohn Severus Alexander wurde sein Nachfolger. Sofort nach seiner Erhebung stellte Alexander die alten Verhälnisse wieder her. Die Reliquien des Elagabaliums wurden zurück an ihre alten Standorte gebracht und der Tempel umgewidmet dem Jupiter Ultor, dem Rächer. Ein überzeugender Name! Den Heiligen Stein des Elagabal ließ er wieder nach Emesa zurückbringen. Damit war der Spuk beendet. Man sieht, wohin religiöser Fanatismus führen kann!
Es wird berichtet, daß Aurelian nach seinem Sieg über Zenobia von Palmyra (272) am Altar des Sonnengotts dem Elagabal Opfer dargebracht habe. Diese Huldigung galt aber weniger dem schwarzen Stein, sondern seiner eigenen Idee eines universalen und übernationalen Sol invictus (Pauly).
Hinzugefügt habe ich die folgende Bilder
(1) Bild der Münze #1: Der Heilige Stein
(2) Photo der Stele aus Augsburg
(3) Photo des "Elagabaliums" auf der heutigen Vigna Barberini
(4) Bild der Münze #2; Antoninus beim Opfern
(5) Bild einer Tetradrachme mit dem Bild der Aphrodite Urania:
Sicolopunier, 320-313 v. Chr, Jenkins III, 271; Künker. €180.000.-
Quellen:
(1) Cassius Dio, Römische Geschichte
(2) Herodian, Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel
(3) Historia Augusta
Sekundärliteratur:
(1) RIC
(2) BMCR
(3) Artaud, A., Heliogabale ou l'anarchiste couronne, 1943
(4) Dirven, L., The emperor's new clothes: a note on Elagabalus' priestley dress, 2007
(5) Halsberghe, G.H., The Cult of Sol Invictus, 1972
(6) Martin Icks, The Crimes of Elagabalus, I.B.Tsuris 2013
(5) Der Kleine Pauly
(7) Dietmar Kienast, Römische Kaisertabellen, 1990
(8) Elke Krengel, Das sogenannte "Horn" des Elagabal - Die Spitze eines Stierpenis. Eine Umdeutung als Ergebnis fachübergreifender Forschung, 1997
Online-Quellen:
(1) Livius.org
(2) Halley's Comet: A Visual Record on Coins of Elagabalus, 2020, unter
https://nnpsymposium.org/exhibit-hall/f ... elagabalus
(3) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
2. Münze: Antoninus beim Opfern
Antoninus, 218 - 220
AR - Denar, 3.51g, 18mm
Rom 220 - 222
Av.: IMP ANTONINVS PIVS AVG
Büste, drapiert, belorbeert, n.r., mit "Horn" auf der Stirn
Rv.: INVICTVS SACERDOS AVG
Antoninus in syrischer Priesterkleidung n.l. stehend, hält in der vorgestreckten re. Hand
Patera über brennenden Altar und Keule in der li. Hand; hinter dem Altar ein liegender Bulle
im oberen li, Feld ein Stern
Ref.: RIC IV, 88; C. 61
fast VZ
Anmerkungen:
Antoninus trägt hier parthische Hosen und eine langärmelige kurze Tunika mit einer dekorativen goßen Schnalle vor dem Bauch, dazu Chlamys und kaiserliches Diadem. Wegen dieser Tracht wird er bei Dio "der Assyrer" genannt! Aber insgesamt war dies eher eine Annäherung an römische Sitten. Seine Kleidung ist anders als die syrische und dort nicht bekannt. Dirven meint, dies sei eine Annäherung an Caracallas germanische Kleidung und der Versuch sich den Truppen vertrauter zu machen und von den militärischen Siegen seines Vaters zu profitieren. Auch der Bulle ist nicht ungewöhnlich
Der Stern im Feld soll wohl den göttlichen Status des Antoninus anzeigen und seine Zugehörigkeit zur domus divina. Curtis Clay: Es sei Zeichen für die Münzstätte Rom
Da ein oberer Strahl des Stern deutlich länger ist, wird er auch interpretiert als Halleyscher Komet, der 220 in Rom sichtbar gewesen sein muß.
Elke Krengel interpretiert das "Horn" als getrockneten Stierpenis als Zeichen der Kraft und Stärke. Diese Interpretation ist aber nicht unumstritten. Anfang 222 verschwindet das "Horn" wieder von den Münzen, wohl weil die Soldaten zu murren begannen.
Zur Sommersonnenwende ließ er ein großes Fest feiern, daß bei den Massen sehr beliebt war, weil z.B. großzügig Speisen verteilt wurden. Während diese Festes wurde Elagabal auf einen Wagen gesetzt, geschmückt mit Gold und Juwelen, und quer durch die Stadt in einer pompösen Prozession zum Vorstadttempel außerhalb der Stadt gebracht. Dabei wurden Geschenke in die Menge geworfen. Antoninus ging wie immer rückwärts vor dem Wagen einher. Mehrere Offiziere paßten auf, daß er dabei nicht stolperte. Anschließend wurden von Türmen, die er errichtet hatte, Gefäße aus Gold und Silber, Kleidungen und Tücher auf den Mob geworfen. Der eigentliche Sinn dieses Umzuges ist bis heute nicht geklärt. Vielleicht war ein Grund, daß in diesen Stadtteilen viele syrische Bürger wohnten.
Die Heiligen Hochzeiten
Die Heilige Hochzeit ('ιερος γαμος) war in orientalischen Religionen weit verbreitet. Bei den Handlungen des Antoninus in Rom sollte man wissen, daß es sich dabei um gespiegelte Vorgänge in seinem Pantheon handelte. Damit ist gemeint, daß, wenn Antoninus eine Vestapriesterin heiratete, es tatsächlich um die Vermählung seines Sonnengottes Elagabal mit der römischen Göttin Vesta ging. Er selbst war aber nie die Inkarnation seines Gottes. Diese Hochzeiten waren für die Römer sehr ungewöhnliche Ereignisse.
Als erstes heiratete Antoninus Julia Paula. Das ging wohl auf den Clan von Emesa unter seiner Mutter Julia Maesa zurück und wird als Versuch angesehen, ihn mit der römischen Aristokratie zu verbinden. Allerdings verstieß er sie wieder, weil sie ein körperliches Mal besaß, was sich nicht mit seiner Vorstellung von Göttlichkeit vertrug. Außerdem hatte er eigene Vorstellungen von einer Ehe, die der Verbreitung seines Glaubens dienen mußte.
Und das führte ihn zu Aquila Severa, der obersten Vestapriesterin. Durch eine Hochzeit mit ihr wollte er eine Verbindung seines Elagabalkults mit dem der Vesta, dem heiligsten Kult Roms, herstellen. Zudem sollten aus dieser Ehe göttliche Kinder hervorgehen, mit denen Antoninus eine göttliche Dynastie gründen wollte. Diese Hochzeit fand parallel statt zu der Hochzeit des Elagabal mit Athena, die nach Halsberghe aber aus dem Mißverständnis heraus entstand, daß Antoninus das Palladium für Vesta hielt, weil es im Vestatempel aufbewahrt wurde. Seine Hochzeit mit der obersten Vestalin erregte große Unruhe in Rom, da die Vestalinnen als Jungfrauen für unantastbar galten, so daß Julia Maesa ihn überzeugte. seine Verbindung und die des Elagabal wieder zu lösen.
Daraufhin heiratete er Annia Faustina, eine Nachfahrin des Marcus Aurelius. Das hatte den Vorteil, daß eine echte Verbindung der Severer zu den Antoninen geschaffen wurde und insbesondere zu dem beliebten Philosophenkaiser Marcus Aurelius. Kinder aus dieser Ehe hätten einen starken dynastischen Anspruch auf den Thron gehabt. Parallel zu dieser Hochzeit veheiratete er Elagabal mit Urania, die er aus Karthago hatte holen lassen und die als Mondgöttin zusammen mit Elagabal als Sonnengott Ausdruck der göttlichen Harmonie sein sollte.
Aber Annia Faustina entsprach nicht seinen Ambitionen. Er ließ sich scheiden und holte Aquilia Severa zurück. Seine religiösen Überzeugungen hatten gesiegt!
Zusammenfassung
Antoninus hatte das Glück, in einer ziemlich friedlichen Zeit geherscht zu haben. Es gab keine kriegerischen Verwicklungen und die Beamten des Reiches arbeiteten gewohnt routiniert bei der Verwaltung des Reiches und der Erhaltung der Infrastruktur. Als Kaiser war er eigentlich nie tätig. Diese Aufgabe hatten seine weiblichen Verwandten übernommen Er sah sich als Hoher Priester seines Gottes Elagabal, dem er globale Anerkennung als oberster Gott verschaffen wollte. Aus einem lokalen syrischen Kult sollte eine umfassende Weltreligion werden. Dabei handelte es sich aber nicht um einen Monotheismus, wie einige fälschlich annehmen (z.B. Gaston Halsberghe). Andere Gottheiten gab es auch unter Elagabal, eben nur als eine Art von Dienern und unter ihm stehend. So ist er kein Vorläufer des Christentums.
Im März 222 wurde Antoninus von seinen Prätorianern ermordet, nachdem er versucht hatte, sich in einer Latrine zu verstecken. Sein Cousin und Adoptivsohn Severus Alexander wurde sein Nachfolger. Sofort nach seiner Erhebung stellte Alexander die alten Verhälnisse wieder her. Die Reliquien des Elagabaliums wurden zurück an ihre alten Standorte gebracht und der Tempel umgewidmet dem Jupiter Ultor, dem Rächer. Ein überzeugender Name! Den Heiligen Stein des Elagabal ließ er wieder nach Emesa zurückbringen. Damit war der Spuk beendet. Man sieht, wohin religiöser Fanatismus führen kann!
Es wird berichtet, daß Aurelian nach seinem Sieg über Zenobia von Palmyra (272) am Altar des Sonnengotts dem Elagabal Opfer dargebracht habe. Diese Huldigung galt aber weniger dem schwarzen Stein, sondern seiner eigenen Idee eines universalen und übernationalen Sol invictus (Pauly).
Hinzugefügt habe ich die folgende Bilder
(1) Bild der Münze #1: Der Heilige Stein
(2) Photo der Stele aus Augsburg
(3) Photo des "Elagabaliums" auf der heutigen Vigna Barberini
(4) Bild der Münze #2; Antoninus beim Opfern
(5) Bild einer Tetradrachme mit dem Bild der Aphrodite Urania:
Sicolopunier, 320-313 v. Chr, Jenkins III, 271; Künker. €180.000.-
Quellen:
(1) Cassius Dio, Römische Geschichte
(2) Herodian, Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel
(3) Historia Augusta
Sekundärliteratur:
(1) RIC
(2) BMCR
(3) Artaud, A., Heliogabale ou l'anarchiste couronne, 1943
(4) Dirven, L., The emperor's new clothes: a note on Elagabalus' priestley dress, 2007
(5) Halsberghe, G.H., The Cult of Sol Invictus, 1972
(6) Martin Icks, The Crimes of Elagabalus, I.B.Tsuris 2013
(5) Der Kleine Pauly
(7) Dietmar Kienast, Römische Kaisertabellen, 1990
(8) Elke Krengel, Das sogenannte "Horn" des Elagabal - Die Spitze eines Stierpenis. Eine Umdeutung als Ergebnis fachübergreifender Forschung, 1997
Online-Quellen:
(1) Livius.org
(2) Halley's Comet: A Visual Record on Coins of Elagabalus, 2020, unter
https://nnpsymposium.org/exhibit-hall/f ... elagabalus
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Mit freundlichem Gruß
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Vielen Dank für die erschöpfende Vertiefung eines jedenfalls für mich sehr interessanten Themas/Kaisers.
Grüsse
Rainer
Wo ist denn das schöne Stück?
Grüsse
Rainer
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- Peter43
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Ja, wo wird er geblieben sein? Trotz ex- und intensiver Suche habe ich darüber nichts finden können.
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Sorry Jochen, da hatte ich mich wohl geirrt. Ich dachte, du hättest den Denaren mal vorgestellt, aber das war wohl Horst.
Grüsse
Rainer
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Ich glaube,
Rainer wollte den hier sehen: https://www.coinarchives.com/a/openlink ... 68b95ad350
Schöne Grüße,
MR
Rainer wollte den hier sehen: https://www.coinarchives.com/a/openlink ... 68b95ad350
Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Ah, sorry, bin schon wieder zu langsam...
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Hallo Perinawa!
Da habe ich Dich mißverstanden. Unter "gutem Stück" hatte ich nicht den Denar verstanden, sondern den Heiligen Stein von Emesa. Und von dessen Verbleib habe ich nicht das Mindeste finden können.
Jochen
Da habe ich Dich mißverstanden. Unter "gutem Stück" hatte ich nicht den Denar verstanden, sondern den Heiligen Stein von Emesa. Und von dessen Verbleib habe ich nicht das Mindeste finden können.
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- Peter43
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Demeter
Demeter war eine der bedeutendsten Göttinnen der griechischen Antike. Und so gehört sie verständlicherweise auch zu den am häufigsten auf Münzen abgebildeten Gottheiten. Ihre Darstellung hat mich schon lange interessiert.
Zu ihren Standardattributen gehören immer die Getreideähren in der Hand, oft zusammen mit einem Mohnkopf, und einer brennende Fackel, manchmal auch 2 Fackeln. Die Fackel kann von einer Schlange umwunden sein. Seltener kommt sie vor mit einer zusätzlichen Cista mystica, aus der sich eine Schlange emporhebt. Es gibt aber auch Abbildungen, auf denen sie mit Fackeln in der Hand auf einer Biga fährt, die von geflügelten Schlangen gezogen wird. Oft ist sie verschleiert, wie es sich für eine der ehrwürdigsten Göttinnen gehört. Manchmal trägt sie einen Kalathos, aber nicht immer.
Münze #1:
Moesia inferior,Nikopolis ad Istrum, Diadumenian, 217-218
AE 27, 13.88g, 0°
geprägt unter dem Statthalter Statius Longinus
Av.: M OΠEΛ ΔIAΔOV - MENIANOC K
Büste, drapiert und cürassiert, von vorne gesehen, barhäuptig, n.r.
Rv.: VΠ CTA ΛONΓINOV NIKOΠOΛITΩN ΠPOC / IC
Demeter, in langer Gewand und Mantel, verschleiert, frontal stehend, n.l. blickend, stützt
sich mit der erhobenen li. Hand auf lange, brennende Fackel, um die sich eine Schlange
windet und hält in der vorgestreckten Rechten Getreideähren über eine cista mystica mit
geöffnetem Deckel, aus der sich eine zweite Schlange erhebt.
Ref.: a) nicht in AMNG:
Rv. AMNG I/1, 1836
b) Varbanov 3722
c) Hristova/Hoeft/Jekov (2020) No. 8.25.5.4 (stempelgleich)
selten, fast SS, dunkelgrüne Patina
Etymologie:
Schon die Antike erkannte in ihrem Namen ein Kompositum, dessen zweiter Teil μητερ (griech. = Mutter) ist. Das erste Element ist bis heute nicht einhellig geklärt. Diskutiert wird natürlich γη- = Erde (so besonders die Orphiker), so daß sie dann die Erdmutter wäre (Pauly). Es ist möglich, daß Demeter bereits in Linear A erscheint als da-ma-te.
Mythologie:
Demeter war die Tochter des Uranos und seiner Schwester Rhea. Wie alle seine Kinder wurde auch sie nach ihrer Geburt von Uranos gefressen, aber wieder ausgespien, als Metis ihm ein Brechmittel gab. Sie galt als Göttin des Feldes und der Früchte, insbesondere des Getreides. Zunächst wuchs das Getreide unter den a-deren Gräsern und Kräutern und war den Menschen unbekannt. Sie brachte ihnen bei, es zu sammeln und aufzubewahren, es auszusäen und Brot daraus zu backen. Vorher hatten sich die Menschen nur von Eicheln ernährt (Vergil, Georgica). Nach einigen soll dies in Ägypten, nach anderen bei den Athenern oder in Sizilien geschehen sein. Ägypten galt bei den Griechen als ältestes Land der Welt und Quelle alles Wissens, Sizilien war in der Antike ein bedeutender Getreidelieferant .
In den Orphischen Hymnen wird erzählt, daß sie auch das Pflügen mit Ochsen erfunden haben soll. Nach Kallimachos und Diodoros Siculus soll sie die Erfinderin der Gesetze gewesen sein und habe die Menschen angehalten, das Eigentum anderer zu achten. Deshalb trug sie im Griechischen auch den Namen thesmophoros = Trägerin der Gesetze.
Wegen ihrer Schönheit verliebte sich ihr Bruder Zeus in sie und zeugte mit ihr die Persephone. Auch ihr Bruder Poseidon begehrte sie. Sie versuchte, ihm zu entkommen, indem sie sich in ein Pferd verwandelte und unter die Pferdeherde des Onkios in Arkadien mengte. Aber sie hatte keinen Erfolg. Poseidon erkannte sie trotzdem, verwandelte sich ebenfalls in ein Pferd und zeugte mit ihr den berühmten schwarzmähnigen Hengst Areion und eine Tochter. Als deren Name wird manchmal Despoina oder Hera genannt. Aber ihr tatsächlicher Name durfte außerhalb der Mysterien nicht genannt werden (Apollodor; Pausanias).
Diese Untat betrübte sie so sehr, daß sie sich in schwarze Kleider hüllte, die anderen Götter mied, und sich endlich in eine Höhle zurückzog. Sie kümmerte sich nicht mehr um das Getreide, alles verdorrte, und Mensch und Vieh begannen zu leiden und vor Hunger zu sterben. Niemand wußte, wo sie war, bis Pan, der überall herumstreifte, sie in Arkadien entdeckte und dies dem Zeus meldete. Zeus schickte die Parzen zu ihr, und diesen gelang es, Demeter wieder unzustimmen.
Demeter selbst hingegen liebte über alles den Jasion, einen Sohn des Zeus und der Elektra. Ihm gebar sie den Plutos, den Gott des Reichtums und des Wohlstands. Die Eifersucht des Zeus aber war so groß, daß er den Jasion mit einem Blitz erschlug.
Die Geschichte der Entführung der Persephone durch Hades habe ich bereits ausführlich erzählt. Zu den anderen bekannten Mythologien der Demeter gehört noch die Geschichte des Triptolemos, des ältesten Sohns des Keleus in Eleusis, dem sie ihre Schlangenbiga gab, damit er den Gebrauch des Getreides über die Welt verbreiten sollte. Zu dieser Geschichte gehört die folgende Münze (Beide Geschichten finden sich übrigens in meinem ersten Mythologieband von 2017).
Münze #2
Kilikien, Kelenderis, Elagabal, 218-222
AE 22, 6.16g, 330°
Av.: M(?) AVP AN - TΩNINOC (beide N's retrograd)
Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: K - E - [ΛE]NΔEPITΩN (beide N's retrograd)
Demeter mit Fackel in der erhobenen re. Hand in einer Biga, die von zwei geflügelten
Schlangen gezogen wird, n.r. fahrend
Ref.: SNG Levante 548 (stempelgleich); SNG von Aulock 5650
selten, gutes SS, außergewöhnlicher Stil
Pedigree:
ex Hirsch Auktion 168 (1990), Lot 729
ex Gorny & Mosch Auktion 108 (2001), Lot 1525
ex. Münzen und Medaillen Auktion 20 (2006), Lot 233
Bemerkung:
Hier fährt Demeter in der Schlangenbiga, die sie später dem Triptolemos geschenkt hat.
Hatte ihr jemand bei der Suche nach Persephone geholfen, wurde er von Demeter belohnt. Dem Phytalos gab sie aus Dank den Zweig eines Feigenbaums und lehrte ihn, wie er ihn pflanzen und züchten sollte. Dem Pandareios verlieh sie die Gabe, soviel zu essen, wie er wollte, ohne daß es ihm schadete. Andererseits rächte sie sich an denen, die ihr nicht geholfen hatten. Dem Askalabos, der sie verspottet hatte, als sie durstig aus einem Napf trank, schüttete sie den Rest des mit Gerstengraupen versetzten Wassers (kykeon) ins Gesicht und verwandelte ihn so in eine gefleckte Eidechse (griech. askalabotes). Lynkos, König der Skythen, der Triptolemos hinrichten lassen wollte, verwandelte sie verwandelte sie in einen Luchs (griech. lynkos). Erysichthon, der einen ihr geweihten Wald umhauen ließ, gab sie unstillbaren Hunger, so daß er schließlich sich selbst anfraß. Acheron, der verraten hatte, daß Persephone einige Granatapfelkörner gegessen hatte, weswegen sie in der Unterwelt bleiben mußte, verwandelte sie in eine Nachteule. Nach anderen habe sie ihm einen ungeheuren Stein um den Hals gehängt.
Hintergrund:
Nach Pauly war sie eine Sonderform der Erdgöttin mit starker Betonung des agrarischen Aspekts. Das Verstecken in einer Höhle, die Entführung ihrer Tochter in die Unterwelt und die mit ihr verknüpften Schlangen zeigen, daß eine Verbindung zu den chthonischen (Unterwelt-)Göttern bestand. Aber im Gegensatz zu den anderen Unterweltgöttern war sie eher friedlich und nicht bedrohend.
Sie war eine Erntegöttin mit weizenblondem Haar (Ilias). Die Bauern beteten zu ihr um gute Ernten. Auf Kreta hieß "ernten" sogar "der Demeter huldigen". Der Ursprung ihrer komplexen Gestalt war wahrscheinlich Thessalien mit einer Verbindung zu der pelasgischen Dos = Pheraia. Dafür spricht auch ihre Verbindung zu Iasion und Plutos. Das waren keine Korndämonen, sonder chthonische Heilheroen (Pauly).
Nach einigen sei sie einst eine Königin auf Sizilien gewesen, deren Tochter von einem Seeräuber entführt worden sei, der sie dem Pluto gebracht habe. Auf Sizi-lien, der Kornkammer der Antike, gab es eine richtige Demeter-Religion, die so wie die Mutter in Perse-phone/Kore das Hinschwinden der Pflanzenwelt be-klagte. Mit dem Sammeln der Kore-Blumen auf den Wiesen wurden an das Wiederaufblühen der Natur im Frühjahr Hoffnungen an Unsterblichkeit geknüpft. Dies drückte sich auch aus in dem Gleichgewicht zwischen der chthonischen und der epichthonischen Natur der Korn. und Unterweltsgöttin Demeter selbst. Von christ-licher Seite, wie etwa von Augustinus, wurde der mit Demeter verbundene Gedanke eines zyklischen Schö-pfungsgeschehens vehement abgelehnt, da es gegen ihren eschatologischen Gedanken verstieß, daß die Ge-schichte auf ein Ziel ausgerichtet ist..
Zum mystischen Saatgut der Demeter als Lenkerin der Wiedergeburt gehörten aber nicht nur die Körner des Feldes, sondern auch die Scharen der Toten! So gehör-ten zu ihrem eleusinischen Gefolge nicht nur Agrardämonen wie Dysaules und Kulturheroen wie Triptolemos, sondern auch infernale Wesen wie Baubo und Daeira. In der Theologie der Orphik ist sie verschmolzen mit der Magna Mater, zu der auch Kabiren und idäische Daktylen gehören.
Feste der Demeter:
Die wichtigste Kultstätte der Demeter befand sich in Eleusis, wo auch ein Eingang zur Unterwelt gewesen sein soll. Die Eleusinischen Mysterien fanden alljährlich zu ihren Ehren statt. Aber mit der Verbreitung des Christentums verlor der Kult von Eleusis an Bedeutung. Nach einem Versuch des Kaisers Julian II. Apostata die Mysterien wiederzubeleben, ließ Kaiser Theodosius I. 392 den Tempel schließen. Vier Jahre später wurde der Tempel von Eleusis durch die Westgoten unter Alarich I. endgültig zerstört.
Münze #3
Thrakien, Anchialos, Gordian III., 238-244
AE 25, 9.8g, 24.74mm, 225°
sogenannter "Dreier"
Av.: AVT K M ANT ΓOPΔIANOC AVΓ
Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: AΓXIAΛ - EΩN
Demeter, reich drapiert und verschleiert, n.l. auf einem Korb sitzend (cista mystica), hält in
der vorgestreckten re. Hand Getreideähren und Mohn und in der erhobenen li. Hand lange
Fackel.
Ref.: AMNG II, 641 var. (3 Ex., 1, 2 in Berlin, 3 in Sofia), Av. (1) Berlin, Rv. (3) Sofia
selten, fast SS
Bemerkung:
Hier ist Demeter sitzend dargestellt wie in Knidos (si-he weiter unten), aber auf einer Cista mystica, und hat damit eine Beziehung zu den Eleusinischen Mysterien.
In Griechenland gab es die Thesmophorien, ein 10 Tage dauerndes Fest zu Ehren der Demeter. An diesem Fest durften nur Frauen teilnehmen. Aristophanes treibt in seiner Komödie "Thesmophoriazusai", 411 v.Chr., seinen Spott mit diesem Fest: Er läßt Euripides und dessen Schwager verkleidet in Frauenkleidern sich unter die Feiernden mischen, was Gelegenheit zu derben Späßen gibt. Von Alkibiades ist bekannt, daß er einige Jahre vorher, 415, zusammen mit seinen Genossen dieses Fest nachgeäfft hatte. Er hatte sich dabei als Hohepriester verkleidet, ein anderer hatte den Fackelträger gespielt. Das führte zu dem berühmten Prozeß gegen ihn und zu seiner Absetzung als Oberbefehlshaber des Feldzugs nach Sizilien (sog Hermenfrevel)
Kunstgeschichte:
Ein beliebtes Thema in der Antike war die Entführung der Persephone durch Hades, Bilder ihres Aufenthalts in der Unterwelt und ihrer Rückkehr. Auch Triptolemos findet sich häufig. Aber Motive aus der anderen Demetermythologie finden sich nur selten. Hier ist eine dieser selteneren Darstellungen:
Demeter auf einem Thron sitzend streckt ihre Hand zu Metaneira aus, die vor ihr sitzt und ihr 3 Weizenähren reicht. Detail von einer apulischen rotfigurigen Hydria, ca. 340 v.Chr, die dem Varese-Maler zugeschrieben wird. Heute im Alten Museum des Nationalmuseums in Berlin. Metaneira, die Mutter des Triptolemos, nahm Demeter freundlich auf, als sie nach Attika kam.
Aus der Antike sind Reliefs mit Triptolemos und Statuen der Demeter bekannt, so die sitzende Statue von Knidos. Hier ist Demeter dargestellt in heiterer, zeitloser Haltung, die ihre mütterliche Rolle im Pantheon der 12 olympischen Götter unterstreicht. In Knidos wurde sie zusammen mit Hades und anderen Unterweltgöttern sowie ihrer Tochter Persephone verehrt. Die Marmorstatue stammt aus dem Jahre 350 v.Chr. und befindet sich heute im Britischen Museum.
Mythologische Darstellungen der Demeter gibt es dagegen, wie bereits erwähnt, in der Antike wenig. Das änderte sich in der Neuzeit. Einige Beispiele: Das Deckengemälde von Giovanni die Udine aus der Villa Farnesina in Rom (1511/12) zeigt Venus, Hera und Demeter.
Im Triumphwagen wird Demeter/Ceres oft dargestellt zur Feier von Glück und Wohlstand. Mit Pan und Nymphen malte sie Rubens. Auch die Devise des Terenz „Sine Cerere et Libero friget Venus“ (= Ohne Früchte und Wein friert Venus) diente als Vorlagen für Embleme und Gemälde.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Hesiod, Theogonie
(3) Vergil, Georgica
(4) Ovid, Ars amatoria
(5) Callimachos, Hymnen
(6) Apollodoros, Bibliotheke
(7) Diodorus Siculus, Bibliotheke
(8) Pausanias, Reisen in Griechenland
Sekundärliteratur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Röscher, Lexikon der Mythologie
(3) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
(4) Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
(5) Der Kleine Pauly
(6) Reclams Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst
(7) Hans-Joachim Hoeft, Münzen und antike Mythologie - Reise in ein fernes Land, 2017
Online-Quellen
(1) theoi.com
(2) en.wikipedia.org/wiki/Demeter_of_Knidos
(3) sammlung.theologie.uni-halle.de/demeter/
(3) Wikipedia
Mit freundlichen Grüßen
Demeter war eine der bedeutendsten Göttinnen der griechischen Antike. Und so gehört sie verständlicherweise auch zu den am häufigsten auf Münzen abgebildeten Gottheiten. Ihre Darstellung hat mich schon lange interessiert.
Zu ihren Standardattributen gehören immer die Getreideähren in der Hand, oft zusammen mit einem Mohnkopf, und einer brennende Fackel, manchmal auch 2 Fackeln. Die Fackel kann von einer Schlange umwunden sein. Seltener kommt sie vor mit einer zusätzlichen Cista mystica, aus der sich eine Schlange emporhebt. Es gibt aber auch Abbildungen, auf denen sie mit Fackeln in der Hand auf einer Biga fährt, die von geflügelten Schlangen gezogen wird. Oft ist sie verschleiert, wie es sich für eine der ehrwürdigsten Göttinnen gehört. Manchmal trägt sie einen Kalathos, aber nicht immer.
Münze #1:
Moesia inferior,Nikopolis ad Istrum, Diadumenian, 217-218
AE 27, 13.88g, 0°
geprägt unter dem Statthalter Statius Longinus
Av.: M OΠEΛ ΔIAΔOV - MENIANOC K
Büste, drapiert und cürassiert, von vorne gesehen, barhäuptig, n.r.
Rv.: VΠ CTA ΛONΓINOV NIKOΠOΛITΩN ΠPOC / IC
Demeter, in langer Gewand und Mantel, verschleiert, frontal stehend, n.l. blickend, stützt
sich mit der erhobenen li. Hand auf lange, brennende Fackel, um die sich eine Schlange
windet und hält in der vorgestreckten Rechten Getreideähren über eine cista mystica mit
geöffnetem Deckel, aus der sich eine zweite Schlange erhebt.
Ref.: a) nicht in AMNG:
Rv. AMNG I/1, 1836
b) Varbanov 3722
c) Hristova/Hoeft/Jekov (2020) No. 8.25.5.4 (stempelgleich)
selten, fast SS, dunkelgrüne Patina
Etymologie:
Schon die Antike erkannte in ihrem Namen ein Kompositum, dessen zweiter Teil μητερ (griech. = Mutter) ist. Das erste Element ist bis heute nicht einhellig geklärt. Diskutiert wird natürlich γη- = Erde (so besonders die Orphiker), so daß sie dann die Erdmutter wäre (Pauly). Es ist möglich, daß Demeter bereits in Linear A erscheint als da-ma-te.
Mythologie:
Demeter war die Tochter des Uranos und seiner Schwester Rhea. Wie alle seine Kinder wurde auch sie nach ihrer Geburt von Uranos gefressen, aber wieder ausgespien, als Metis ihm ein Brechmittel gab. Sie galt als Göttin des Feldes und der Früchte, insbesondere des Getreides. Zunächst wuchs das Getreide unter den a-deren Gräsern und Kräutern und war den Menschen unbekannt. Sie brachte ihnen bei, es zu sammeln und aufzubewahren, es auszusäen und Brot daraus zu backen. Vorher hatten sich die Menschen nur von Eicheln ernährt (Vergil, Georgica). Nach einigen soll dies in Ägypten, nach anderen bei den Athenern oder in Sizilien geschehen sein. Ägypten galt bei den Griechen als ältestes Land der Welt und Quelle alles Wissens, Sizilien war in der Antike ein bedeutender Getreidelieferant .
In den Orphischen Hymnen wird erzählt, daß sie auch das Pflügen mit Ochsen erfunden haben soll. Nach Kallimachos und Diodoros Siculus soll sie die Erfinderin der Gesetze gewesen sein und habe die Menschen angehalten, das Eigentum anderer zu achten. Deshalb trug sie im Griechischen auch den Namen thesmophoros = Trägerin der Gesetze.
Wegen ihrer Schönheit verliebte sich ihr Bruder Zeus in sie und zeugte mit ihr die Persephone. Auch ihr Bruder Poseidon begehrte sie. Sie versuchte, ihm zu entkommen, indem sie sich in ein Pferd verwandelte und unter die Pferdeherde des Onkios in Arkadien mengte. Aber sie hatte keinen Erfolg. Poseidon erkannte sie trotzdem, verwandelte sich ebenfalls in ein Pferd und zeugte mit ihr den berühmten schwarzmähnigen Hengst Areion und eine Tochter. Als deren Name wird manchmal Despoina oder Hera genannt. Aber ihr tatsächlicher Name durfte außerhalb der Mysterien nicht genannt werden (Apollodor; Pausanias).
Diese Untat betrübte sie so sehr, daß sie sich in schwarze Kleider hüllte, die anderen Götter mied, und sich endlich in eine Höhle zurückzog. Sie kümmerte sich nicht mehr um das Getreide, alles verdorrte, und Mensch und Vieh begannen zu leiden und vor Hunger zu sterben. Niemand wußte, wo sie war, bis Pan, der überall herumstreifte, sie in Arkadien entdeckte und dies dem Zeus meldete. Zeus schickte die Parzen zu ihr, und diesen gelang es, Demeter wieder unzustimmen.
Demeter selbst hingegen liebte über alles den Jasion, einen Sohn des Zeus und der Elektra. Ihm gebar sie den Plutos, den Gott des Reichtums und des Wohlstands. Die Eifersucht des Zeus aber war so groß, daß er den Jasion mit einem Blitz erschlug.
Die Geschichte der Entführung der Persephone durch Hades habe ich bereits ausführlich erzählt. Zu den anderen bekannten Mythologien der Demeter gehört noch die Geschichte des Triptolemos, des ältesten Sohns des Keleus in Eleusis, dem sie ihre Schlangenbiga gab, damit er den Gebrauch des Getreides über die Welt verbreiten sollte. Zu dieser Geschichte gehört die folgende Münze (Beide Geschichten finden sich übrigens in meinem ersten Mythologieband von 2017).
Münze #2
Kilikien, Kelenderis, Elagabal, 218-222
AE 22, 6.16g, 330°
Av.: M(?) AVP AN - TΩNINOC (beide N's retrograd)
Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: K - E - [ΛE]NΔEPITΩN (beide N's retrograd)
Demeter mit Fackel in der erhobenen re. Hand in einer Biga, die von zwei geflügelten
Schlangen gezogen wird, n.r. fahrend
Ref.: SNG Levante 548 (stempelgleich); SNG von Aulock 5650
selten, gutes SS, außergewöhnlicher Stil
Pedigree:
ex Hirsch Auktion 168 (1990), Lot 729
ex Gorny & Mosch Auktion 108 (2001), Lot 1525
ex. Münzen und Medaillen Auktion 20 (2006), Lot 233
Bemerkung:
Hier fährt Demeter in der Schlangenbiga, die sie später dem Triptolemos geschenkt hat.
Hatte ihr jemand bei der Suche nach Persephone geholfen, wurde er von Demeter belohnt. Dem Phytalos gab sie aus Dank den Zweig eines Feigenbaums und lehrte ihn, wie er ihn pflanzen und züchten sollte. Dem Pandareios verlieh sie die Gabe, soviel zu essen, wie er wollte, ohne daß es ihm schadete. Andererseits rächte sie sich an denen, die ihr nicht geholfen hatten. Dem Askalabos, der sie verspottet hatte, als sie durstig aus einem Napf trank, schüttete sie den Rest des mit Gerstengraupen versetzten Wassers (kykeon) ins Gesicht und verwandelte ihn so in eine gefleckte Eidechse (griech. askalabotes). Lynkos, König der Skythen, der Triptolemos hinrichten lassen wollte, verwandelte sie verwandelte sie in einen Luchs (griech. lynkos). Erysichthon, der einen ihr geweihten Wald umhauen ließ, gab sie unstillbaren Hunger, so daß er schließlich sich selbst anfraß. Acheron, der verraten hatte, daß Persephone einige Granatapfelkörner gegessen hatte, weswegen sie in der Unterwelt bleiben mußte, verwandelte sie in eine Nachteule. Nach anderen habe sie ihm einen ungeheuren Stein um den Hals gehängt.
Hintergrund:
Nach Pauly war sie eine Sonderform der Erdgöttin mit starker Betonung des agrarischen Aspekts. Das Verstecken in einer Höhle, die Entführung ihrer Tochter in die Unterwelt und die mit ihr verknüpften Schlangen zeigen, daß eine Verbindung zu den chthonischen (Unterwelt-)Göttern bestand. Aber im Gegensatz zu den anderen Unterweltgöttern war sie eher friedlich und nicht bedrohend.
Sie war eine Erntegöttin mit weizenblondem Haar (Ilias). Die Bauern beteten zu ihr um gute Ernten. Auf Kreta hieß "ernten" sogar "der Demeter huldigen". Der Ursprung ihrer komplexen Gestalt war wahrscheinlich Thessalien mit einer Verbindung zu der pelasgischen Dos = Pheraia. Dafür spricht auch ihre Verbindung zu Iasion und Plutos. Das waren keine Korndämonen, sonder chthonische Heilheroen (Pauly).
Nach einigen sei sie einst eine Königin auf Sizilien gewesen, deren Tochter von einem Seeräuber entführt worden sei, der sie dem Pluto gebracht habe. Auf Sizi-lien, der Kornkammer der Antike, gab es eine richtige Demeter-Religion, die so wie die Mutter in Perse-phone/Kore das Hinschwinden der Pflanzenwelt be-klagte. Mit dem Sammeln der Kore-Blumen auf den Wiesen wurden an das Wiederaufblühen der Natur im Frühjahr Hoffnungen an Unsterblichkeit geknüpft. Dies drückte sich auch aus in dem Gleichgewicht zwischen der chthonischen und der epichthonischen Natur der Korn. und Unterweltsgöttin Demeter selbst. Von christ-licher Seite, wie etwa von Augustinus, wurde der mit Demeter verbundene Gedanke eines zyklischen Schö-pfungsgeschehens vehement abgelehnt, da es gegen ihren eschatologischen Gedanken verstieß, daß die Ge-schichte auf ein Ziel ausgerichtet ist..
Zum mystischen Saatgut der Demeter als Lenkerin der Wiedergeburt gehörten aber nicht nur die Körner des Feldes, sondern auch die Scharen der Toten! So gehör-ten zu ihrem eleusinischen Gefolge nicht nur Agrardämonen wie Dysaules und Kulturheroen wie Triptolemos, sondern auch infernale Wesen wie Baubo und Daeira. In der Theologie der Orphik ist sie verschmolzen mit der Magna Mater, zu der auch Kabiren und idäische Daktylen gehören.
Feste der Demeter:
Die wichtigste Kultstätte der Demeter befand sich in Eleusis, wo auch ein Eingang zur Unterwelt gewesen sein soll. Die Eleusinischen Mysterien fanden alljährlich zu ihren Ehren statt. Aber mit der Verbreitung des Christentums verlor der Kult von Eleusis an Bedeutung. Nach einem Versuch des Kaisers Julian II. Apostata die Mysterien wiederzubeleben, ließ Kaiser Theodosius I. 392 den Tempel schließen. Vier Jahre später wurde der Tempel von Eleusis durch die Westgoten unter Alarich I. endgültig zerstört.
Münze #3
Thrakien, Anchialos, Gordian III., 238-244
AE 25, 9.8g, 24.74mm, 225°
sogenannter "Dreier"
Av.: AVT K M ANT ΓOPΔIANOC AVΓ
Belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: AΓXIAΛ - EΩN
Demeter, reich drapiert und verschleiert, n.l. auf einem Korb sitzend (cista mystica), hält in
der vorgestreckten re. Hand Getreideähren und Mohn und in der erhobenen li. Hand lange
Fackel.
Ref.: AMNG II, 641 var. (3 Ex., 1, 2 in Berlin, 3 in Sofia), Av. (1) Berlin, Rv. (3) Sofia
selten, fast SS
Bemerkung:
Hier ist Demeter sitzend dargestellt wie in Knidos (si-he weiter unten), aber auf einer Cista mystica, und hat damit eine Beziehung zu den Eleusinischen Mysterien.
In Griechenland gab es die Thesmophorien, ein 10 Tage dauerndes Fest zu Ehren der Demeter. An diesem Fest durften nur Frauen teilnehmen. Aristophanes treibt in seiner Komödie "Thesmophoriazusai", 411 v.Chr., seinen Spott mit diesem Fest: Er läßt Euripides und dessen Schwager verkleidet in Frauenkleidern sich unter die Feiernden mischen, was Gelegenheit zu derben Späßen gibt. Von Alkibiades ist bekannt, daß er einige Jahre vorher, 415, zusammen mit seinen Genossen dieses Fest nachgeäfft hatte. Er hatte sich dabei als Hohepriester verkleidet, ein anderer hatte den Fackelträger gespielt. Das führte zu dem berühmten Prozeß gegen ihn und zu seiner Absetzung als Oberbefehlshaber des Feldzugs nach Sizilien (sog Hermenfrevel)
Kunstgeschichte:
Ein beliebtes Thema in der Antike war die Entführung der Persephone durch Hades, Bilder ihres Aufenthalts in der Unterwelt und ihrer Rückkehr. Auch Triptolemos findet sich häufig. Aber Motive aus der anderen Demetermythologie finden sich nur selten. Hier ist eine dieser selteneren Darstellungen:
Demeter auf einem Thron sitzend streckt ihre Hand zu Metaneira aus, die vor ihr sitzt und ihr 3 Weizenähren reicht. Detail von einer apulischen rotfigurigen Hydria, ca. 340 v.Chr, die dem Varese-Maler zugeschrieben wird. Heute im Alten Museum des Nationalmuseums in Berlin. Metaneira, die Mutter des Triptolemos, nahm Demeter freundlich auf, als sie nach Attika kam.
Aus der Antike sind Reliefs mit Triptolemos und Statuen der Demeter bekannt, so die sitzende Statue von Knidos. Hier ist Demeter dargestellt in heiterer, zeitloser Haltung, die ihre mütterliche Rolle im Pantheon der 12 olympischen Götter unterstreicht. In Knidos wurde sie zusammen mit Hades und anderen Unterweltgöttern sowie ihrer Tochter Persephone verehrt. Die Marmorstatue stammt aus dem Jahre 350 v.Chr. und befindet sich heute im Britischen Museum.
Mythologische Darstellungen der Demeter gibt es dagegen, wie bereits erwähnt, in der Antike wenig. Das änderte sich in der Neuzeit. Einige Beispiele: Das Deckengemälde von Giovanni die Udine aus der Villa Farnesina in Rom (1511/12) zeigt Venus, Hera und Demeter.
Im Triumphwagen wird Demeter/Ceres oft dargestellt zur Feier von Glück und Wohlstand. Mit Pan und Nymphen malte sie Rubens. Auch die Devise des Terenz „Sine Cerere et Libero friget Venus“ (= Ohne Früchte und Wein friert Venus) diente als Vorlagen für Embleme und Gemälde.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Hesiod, Theogonie
(3) Vergil, Georgica
(4) Ovid, Ars amatoria
(5) Callimachos, Hymnen
(6) Apollodoros, Bibliotheke
(7) Diodorus Siculus, Bibliotheke
(8) Pausanias, Reisen in Griechenland
Sekundärliteratur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Röscher, Lexikon der Mythologie
(3) Karl Kerenyi, Die Mythologie der Griechen
(4) Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie
(5) Der Kleine Pauly
(6) Reclams Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst
(7) Hans-Joachim Hoeft, Münzen und antike Mythologie - Reise in ein fernes Land, 2017
Online-Quellen
(1) theoi.com
(2) en.wikipedia.org/wiki/Demeter_of_Knidos
(3) sammlung.theologie.uni-halle.de/demeter/
(3) Wikipedia
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