Die römische Concordia
Concordia ist ein altrömischer Tugendbegriff, wie Fides, Spes, Iustitia, Pax oder Libertas, der von den Römern personifiziert wurde.. Ursprünglich wurden diese Gottheiten nicht in Bildern oder Statuen verehrt. Die Vorstellung von Göttern in Menschengestalt haben die Römer erst von den Griechen und Etruskern übernommen.
Concordia ist die Personifikation der Eintracht und entspricht damit der griechischen Homonoia. Sie fördert und erhält die Eintracht und die Einheit der römischen Bürger. Im Unterschied zur griechischen Homonoia aber hat die römische Concordia immer einen engen Bezug zur Res publica.
Der erste Tempel (
Aedes) soll 367 v.Chr. von M. Furius Camillus am
clivus Capitolinus errichtet worden sein und das Ende der Ständekämpfe zwischen Patriziern und Plebejern symbolisieren. Die Versöhnung wurde 367 v. Chr. mit den Gesetzen des Gaius Licinius Stolo und des Lucius Sextus Lateranus abgeschlossen, den sog. Licinischen Gesetzen (
leges Liciniae Sextiae). In ihnen wurde die weitgehende politische Gleichberechtigung beider Stände festgelegt. Camillus hatte die Notwendigkeit einer Einigung erkannt und entscheidend zu diesen Gesetzen beigetragen.
Camillus, die erste historisch faßbare Gestalt der römischen Geschichte, war die bedeutendste Persönlichkeit im Rom des 4. Jh. Wegen seiner Erfolge gegen Veji, die Falisker und die Gallier galt er als "2. Gründer Roms". Ihm wurde aber auch vieles zugeschrieben, was historisch nicht wahr ist. Manches davon wurde bereits in der Antike angezweifelt (Livius). Es steht fest, daß er das römische Heer so organisiert hat, daß Rom damit die Vormachtstellung in Mittelitalien erreichen konnte. Aber der Bau des 1. Concordiatempel gehört leider zu den unbewiesenen Erzählungen. Baureste aus dieser Phase sind nicht erhalten.
Ein zweiter Tempel wurde 218 v. Chr. während einer Meuterei des Heeres beim Krieg gegen die Boier vom Praetor L. Manlius Vulso gelobt, nach der Beilegung des Aufstandes
in arce (der Burg) gebaut und am 5.2.216 geweiht (Livius).
Nach der blutigen Gracchenverfolgung, die mit der Ermordung der Gracchen endete, wurde von L. Opimius ein Tempel der Concordia in der Nähe des von Camillus gestifteten Heiligtums errichtet. Dieser Tempelbau wird oft als Erneuerung des Tempels des Camillus bezeichnet. Aber nach den Quellen kann es sich nur um einen neuen Tempel handeln.
Er war mit zahlreichen Kunstschätzen reich ausgestattet und hier tagte zeitweise der Senat. Hier hielt Cicero seine 4. Rede gegen Catilina.
Das Fest der Concordia wurde am 16. Januar gefeiert. Dieser galt nämlich als Gründungstag des 1. Tempels. Heute ist von diesem Tempel mit Ausnahme des Podiums nichts mehr erhalten. Selbst das Podium ist zum Teil unter einer Treppe, die zum Kapitol hinaufführt, verborgen.
Reste des Concordiatempels. Die drei Säulen links gehören zum Vespasiantempel, Vom Concordiatempel ist nur noch links hinter diesen Säulen das Podium erhalten.
Alle diese Tempel standen in der Nähe des Platzes, wo Romulus und Titus Tatius sich verbanden, als Römer und Sabiner sich verbündeten. Ein republikanischer Denar des L. Mussidius Longus von 42 v.Chr. zeigt den Schrein der Venus Cloacina (von lat.
cluere = reinigen). Der Kult der Cloacina spielte eine wichtige Rolle bei der Versöhnung der Sabiner mit den Römern. Auf der Vorderseite wird die Concordia noch verschleiert abgebildet. So erscheint hier die politische Concordia als Nebenform jener Bundesgöttin, die ihrerseits nichts anderes ist als eine Form der Venus (Roscher).
Mussidia 6b
Später schließt sich die gewöhnlich verschleierte Concordia der Venus Victrix an. Ein Denar des L. Vinicius (Vinicia 1a), ca. 54 v. Chr., mit der Venus Victrix auf der Rückseite, zeigt sie bereits mit einem Lorbeerkranz. Das Bild stammt von wildwinds.com
Berichtet wird, daß 164 v.Chr. der Censor Q. Marcius eine Concordiastatue öffentlich hatte aufstellen lassen. Diese wurde 154 vom Censor C. Cassius in die Curia gebracht. Als er die Curia aber gleichzeitig der Concordia widmen wollte, verhinderten die
Pontifices die Dedikation.
Nach dem Sieg des Iulius Caesars über Pompeius gelobte der Senat 44 einen Tempel der
Concordia Nova. Ob dieser Tempel tatsächlich verwirklicht wurde, ist ungewiß.
In der Kaiserzeit gehörte der Kult der Concordia zu den angesehensten überhaupt. Augustus errichtete 9 v.Chr. einen Altar, auf welchem am 30. März dem Ianus, der Salus, Concordia und Pax geopfert wurde. Livia weihte in der
porticus Livia 7 v. Chr. am 11. Juni ein Heiligtum der Concordia zur Ehre ihrer Ehe mit Augustus (Ovid). Tiberius gelobte in demselben Jahr die Erneuerung des von Camillus gestifteten Heiligtums und weihte ihn am 16. Jan. 12 n. Chr. anläßlich seines Triumphes über die Pannonier und Dalmatier, allerdings als Tempel der
Concordia Augusta. Das Bild der Göttin in diesem Tempel trug einen Lorbeerkranz. Noch in späterer Zeit restaurierte der Senat den Tempel
Nach der Entdeckung der Verschwörung des M. Libo 16 n. Chr. erhielt mit anderen Göttern auch Concordia reiche Geschenke
Auf Münzen erscheint die Legende Concordia Augusta zuerst unter Nero. Da wird sie abgebildet als eine sitzende Frau mit Patera in der vorgestreckten Rechten und mit einem Cornucopiae im li. Arm. Aber sie erscheint auch stehend und an einem Altar opfernd, wie hier bei Aquilia Severa (RIC IV/2, 226), der 2. und 4. Ehefrau des Elagabal.
Concordia ist in der Kaiserzeit hauptsächlich die Schutzgöttin der kaiserlichen Ehe und des kaiserlichen Hauses. Die Verbindung zweier Füllhörner im Arm der Göttin scheint auf die Verbindung der beiden Mitglieder des kaiserlichen Hauses bezogen werden zu müssen und den aus dem Ehebunde hervorgehenden Kindersegen (Roscher). Gerade im Arm der Concordia ist das Doppelcornucopiae ein stehendes Symbol geworden. Die auf die Ehe gesetzte Hoffnung wird ausgedrückt durch eine der Concordia beigestellte Statue der Spes, auf die sie zuweilen den linken Arm legt.
Sabina, RIC III, (Hadrian) 398
Die Kaiser loben auf den Münzen besonders oft die
Concordia exercitum und die
Concordia militum, dies außerordentlich häufig auf Münzen der späteren Kaiserzeit. Dies war eine Zeit, in der die Kaiser auf das Wohlwollen ihrer Soldaten angewiesen waren. Ihr Schicksal war von ihren Armeen abhängig. Diese setzten Kaiser ab und erhoben andere auf ihre Schilde. So war dies eher ein Wunsch, als die Beschreibung von Tatsachen. Nicht umsonst finden sich diese Legenden besonders häufig bei den Soldatenkaisern.
Die Standarddarstellung war Concordia militum mit je einem Feldzeichen in den Händen. Dies ist ein Antoninian des Probus (276-282), RIC V/2, 480
Die nächste Münze wurde von Aureolus unter Kaiser Postumus geprägt. Aureolus war unter Valerian
dux equitum, griff später Postumus an und nahm 268 n.Chr. selbst die Kaiserwürde an. Die Legende
Concordia Equitum sagt nichts anderes, als daß er von seiner Reitertruppe abhängig war und ein gutes Verhältnis zu ihr erhoffte. Bezeichnend ist die Fortuna auf der Rückseite, die ihm ebenfalls günstig gesonnen sein sollte. Am Ende dieses Jahres wurde er von seiner eigenen Prätorianergarde getötet.
Aureolus unter Postumus, RIC V/2, 373
Nach einer Vermutung von Hübner drückt der Ausdruck
Concordia Augusti die Eintracht des Kaisers mit dem Volke aus. Bei dem folgenden Solidus des Honorius mit der Legende
Concordia Avggg schwingt aber das Versprechen oder der Wunsch nach Eintracht der Kaiser untereinander mit. Diese war selbst unter Brüdern nicht selbstverständlich, wie wir aus der Zeit des Constantins wissen.
Honorius, RIC X, Arcadius 24
Außerhalb von Rom wurde Concordia vor allem in Spanien, Africa und Gallia cisalpina (Pauly).
Quellen:
(1) Plutarch
(2) Sallust, Historiae
(3) Livius, Ab urbe condita
(4) Sueton, Kaiserviten
(5) Cassius Dio, Römische Geschichte
(6) Ovid, Fasti
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wikipedia
Omnes vulnerant, ultima necat.