Löcher auf Provinzialmünzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

curtislclay
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Beitrag von curtislclay » So 26.02.06 01:09

Zange ist ausgeschlossen, weil die Löcher auf beiden Seiten der Münze oft sich nicht genau gegenüberliegen, sondern merklich voneinander versetzt sind. Weder Zange noch Zainhaken können die konzentrischen Schleifspuren erklären.

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » So 26.02.06 01:10

Dann gibt es Münzen, auf denen keine Löcher zu sehen sind, sondern kleine Erhebungen!

Bei der 2. Münze sieht man diesen kleinen Knopf auf der Vs.

Bei der 1. Münze befindet sich dieser Knopf auf der Vs. zentral neben einem exzentrischen Loch. Bei der 3. Münze auf der Rs. auch in der Mitte, wieder neben einem deutlich exzentrischen Loch! Ob es da einen Zusammenhang gibt, weiß ich nicht, vermute es aber. Leider bin ich kein Fachmann für den Prägungsvorgang!

MfG
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odessos_gordianIII&tranquill_weber2667.jpg
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mesambria_gordian&tranquill_SNGFitz1560.jpg
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curtislclay
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Beitrag von curtislclay » So 26.02.06 01:29

Die erhobenen Punkte sind aber Vertiefungen im Stempel, mit denen die Stempelschneider den Mittelpunkt des Stempels markiert haben. Sie erscheinen in genau derselben Stellung auf jeder stempelgleichen Münze. Mit dem Zentrierloch und den konzentrischen Schleifspuren haben sie also überhaupt nichts zu tun.

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Beitrag von Peter43 » So 26.02.06 01:33

Curtis, ich habe diese erhobenen Punkte bei meinen Münzen immer dann gefunden, wenn das Loch deutlich exzentrisch ist!
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Beitrag von Peter43 » So 26.02.06 01:39

Dann gibt es auch innere Strukturen der Löcher. Interessant an diesen Strukturen ist, daß sie auch nach dem Prägevorgang noch erhalten geblieben sind!

#1 Es findet sich ein Kreuz im Loch auf der Vs., auch unter der Lupe (also
kein Photoartefakt!)
#2 Es findet sich in der Mitte des Loches auf der Vs. eine zentrale
Erhebung. Dies kommt öfter vor.
#3 Das Loch auf der Vs. ist abgestuft, d.h. in der Mitte ist es kreisförmig
tiefer als am Rand.

MfG
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nikopolis_elagabal_moushmov1397.jpg
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Beitrag von Zwerg » So 26.02.06 22:59

Zusammenfassend:
Das "Loch" hat etwas mit der Herstellung des Schrötlings zu tun und nichts mit der Prägung - oder???

Grüße
Zwerg
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Beitrag von Peter43 » So 26.02.06 23:18

Also ich muß leider sagen, daß ich davon noch nicht überzeugt bin. Dagegen sprechen meiner Meinung nach
1. die scharfen Kanten der Löcher
2. die z.T. extrem exentrische Lage der Löcher, und
3. sie kommen auch in den tiefen Flächen der Münzen vor, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben.
4. Warum kommen sie nicht bei imperialen Münzen vor?

MfG
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Beitrag von curtislclay » So 26.02.06 23:27

Ganz richtig. Ich habe bereits oben auf den Aufsatz verwiesen, der die scheinbar einzig mögliche Erklärung gibt: die Rohlingsoberfläche wurde auf beiden Seiten mit einer Art drehbarer Klinge abgeschabt. Vielleicht finde ich noch das genaue Zitat.
Im US-Forum habe ich nach "centration dimple" gesucht. Dort fand ich einen Link zu so einem Aufsatz, der aber nicht mehr aktuell ist.
Zuletzt geändert von curtislclay am Di 28.02.06 04:04, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Peter43 » Mo 27.02.06 21:31

Hallo!

Dieses Thema läßt mir, wie ihr seht, keine Ruhe! Heute habe ich diese Münzen einem Bekannten gezeigt, mit dem ich normalerweise nicht über Münzen diskutiere. Er ist Spezialist für das Verhalten von Werkstoffen. Beim ersten Blick auf die Löcher meinte er spontan, sie könnten nur durch die Prägung entstanden sein. Typisch dafür seien u.a. die zentralen Erhebungen, die sich bei Löchern mit exzentrischer Lage finden. Die kämen so zustande:
1) Der Stempel hat einen mehr oder weniger zentralen Dorn, nicht zur
Zentrierung, sondern dazu, daß der Stempel durch den Prägeschlag nicht
verrutscht. (Es kann sogar so sein, daß bei einem ersten vorsichtigen
Schlag nur die Spitze des Dorns in den Schrötling geschlagen wurde.)
2) Da dieser Dorn den Hauptdruck des Schlages auffangen mußte, wird er
sich schneller abnutzen als die übrige Stempelfläche.
3) Deshalb spricht einiges dafür, daß dieser Dorn auswechselbar war. Dazu
mußte in der Stempelfläche ein Loch vorgesehen sein, in das man den
neuen Dorn einsetzen konnte.
4) War der alte Dorn z.B. durch Abnutzung oder Abbrechen nutzlos
geworden, wurde er aus seinem Loch entfernt und durch einen neuen Dorn
ersetzt.
5) Ließ sich der ursprüngliche Dorn nicht ganz aus seinem Loch entfernen,
erhalten wir jetzt eine kleine zentrale Vertiefung im Stempel.
6) Will man weiter mit einem Dorn arbeiten, muß der neue Dorn leider an
einer anderen Stelle, also exzentrisch, in den Stempel geschlagen werden.
7) Und nach der Prägung sieht das Ergebnis dann genauso aus, wie wir es
auf den von mir gezeigten Münzen sehen: Eine kleine zentrale
Erhebung und daneben in einigem Abstand ein exzentrisches Loch!

Klingt überzeugend, nicht wahr? Mit rotierenden Messern kann man diese Erscheinung jedenfalls nicht erklären!

Was meint ihr denn zu den exzentrischen Löchern mit den zentralen Erhebungen?

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Beitrag von Zwerg » Mo 27.02.06 21:54

Überzeugt mich leider nicht.
Die kleinen Erhebungen in der Mitte des Stempels sind sicher Markierungen des Stempelschneiders zur Bestimmung des Mittelpunktes seines Stempels, ebenso wie schwache Trennungspunkte in Legenden als Anhalt für die Platzverteilung der Buchstaben. Eine Materialsammlung würde ebenso sicher belegen, daß es diese Markierungen auch in Ausgaben gibt, bei denen "Zentrierlöcher" nicht vorkommen.
3) Deshalb spricht einiges dafür, daß dieser Dorn auswechselbar war. Dazu mußte in der Stempelfläche ein Loch vorgesehen sein, in das man den
neuen Dorn einsetzen konnte.
Sollte dem so sein, müßte nach den Fluten aus dem Balkan mittlerweile mindesten eine Münze aufgetaucht sein, die ohne diesen "Dorn" geprägt wurde - dem ist meines Wissens nicht so.

Zentrierloch und Schrötlingsherstellung bedingen sich sicherlich, Frage ist nur wie?

Grüße
Zwerg

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Beitrag von Peter43 » Mo 27.02.06 21:58

Wo sind denn die ungeprägten geglätteten Schrötlinge mit ihren Löchern, die man nach den Fluten des Balkans hätte finden müssen? Ein solcher Fund und das Problem wäre gegessen!

Und wo bleibt die Erklärung für die exzentrischen Löcher?

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Beitrag von Pscipio » Mo 27.02.06 22:00

Auch diese Theorie muss doch bereits an der Tatsache scheitern, dass es immer wieder Münzen gibt, bei denen die Löcher trotz Stempelgleichheit an anderer Stelle erscheinen!
Nata vimpi curmi da.

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Beitrag von Zwerg » Mo 27.02.06 22:14

Sorry Peter
Es gibt gar keine Fluten von Schrötlingen - weder aus dem Balkan noch sonst-wo-her.
Wie Lars noch einmal bemerkt hat, scheitert Deine (man bemerke die neue/alte Rechtschreibung!) Theorie u.A. auch daran, daß bei stempelgleichen Münzen das Loch an anderer Stelle sitzt.
Das Loch hat sicherlich mit der Schrötlingsherstellung zu tun,

Grüße
Zwerg

Nachtrag
Aus Studentenzeiten vor Äonen kannte ich auch nur das "Zentrierloch", ohne daß sich irgendwer irgendwann jemals wirklich Gedanken gemacht hatte.
Die Frage hier ist: Verschwinden diese Überlegungen (auch die späteren) im Orkus, oder werden sie irgendwann einmal mit einer virtuellen wissenschaftlichen Fußnote zitierfähig?
Ich weiß, daß Publikationen im Netz mittlerweile in Seminararbeiten zitierfähig sind, wie sieht das mit Forumsdiskussionen aus?
Zuletzt geändert von Zwerg am Mo 27.02.06 22:56, insgesamt 2-mal geändert.

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Beitrag von curtislclay » Mo 27.02.06 22:30

Peters neue Theorie scheitert auch daran, dass sie die konzentrischen Schleifspuren nicht erklären kann.
Peter, warum brauchen die exzentrischen Löcher eine Erklärung? Der Arbeiter hat sein Werkzeug halt etwas schlampig angesetzt.

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Beitrag von beachcomber » Di 28.02.06 00:52

nachdem ich die theorien und vermutungen hier so verfolgt habe, scheint mir die erklärung mit der drehklinge zur schrötlingsvorbereitung die einzig logische zu sein.
allerdings stellt sich die frage warum soetwas nötig gewesen sein sollte, denn die reichsprägungen sind ja eindeutig auch prima ohne solche vorbereitung ausgekommen.
offensichtllich reicht ja der schlag eines stempels auch so aus, um eine eventuell nicht glatte schrötlingsoberfläche einzuebnen.
wäre es möglich, dass die zusammensetzung der in der provinz benutzten metallle eine andere war, die eine härtere oberfläche der schrötllinge entstehen liess? oder 'lebten' die stempel länger, wenn die schrötlingsoberflächen schon glatter waren, was in der provinz, mit vielleicht weniger stempelschneidern, wichtig war?

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