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Häufigkeitsangaben im RIC

Verfasst: So 26.03.06 12:32
von pontifex72
Hallo,

wie steht Ihr eigentlich zu den Häufigkeitsangaben im RIC? Soweit ich weiss, haben sich die Autoren der RIC-Bände hierbei nicht auf Marktbeobachtungen sondern ausschließlich auf das Vorkommen der einzelnen Münzen in verschiedenen Museen gestützt. An sich ein kluges System. Eine Münze, die in jedem Museum vielfach vorhanden ist, kann eigentlich nicht selten sein, bzw. umgekehrt.

Nun ist seit Erstellung dieser Werke viel Zeit vergangen und gerade aus den ehemaligen Ostblockstaaten sind Unmengen von Münzen auf den Markt gekommen, ob immer auf legalem Weg, sei einmal dahingestellt. Es erscheint logisch, dass für Münzen, die in dieser Region geprägt wurden (z.B. Spätrömer aus Siscia, etc.), die RIC-Angaben nur noch Makulatur sein dürften. Andererseits sind mir aber auch schon öfters Ungereimtheiten aufgefallen, wo dieser Effekt keine große Rolle spielen dürfte, etwa bei Reichsprägungen der Severer.

Deshalb meine Frage: Wie sind Eure Erfahrungen, welche RIC-Bände geben das Vorkommen der aufgeführten Stücke auch aus heutiger Sicht noch relativ sinnvoll wieder und in welchen besteht eigentlich gar kein Bezug mehr?

Danke.

Grüße
Thomas

Verfasst: So 26.03.06 13:22
von n.......s
...als grober Richtwert kann diese Angabe im RIC sicher weiterhelfen -aber mehr auch nicht . Sicher werden Münzen , die damals schon als häufig galten durch "Funde" in Osteuropa nicht seltener geworden sein - vielleicht gibt es aber zahlreiche Münzen , die durch eben diese Funde gar nicht mehr so selten sind .
Gruß
Torsten

Verfasst: So 26.03.06 13:27
von chinamul
Hallo pontifex72!

Seltenheitsangaben sind für uns Sammler nur dann relevant, wenn sie sich auf die jeweilige Verfügbarkeit eines Stückes auf dem Markt beziehen. Alle anderen Maßstäbe sind rein akademisch.
Meine Beobachtungen der Angaben im RIC zeigen mir, daß sie oft reichlich praxisfern sind. Das kann auch insofern gar nicht verwundern, als die Kustoden der großen Sammlungen wohl auch nicht wie wir kleinen Sammler gezielt nach noch fehlenden Münzen fahnden, sondern nur gemeinsam und auch nur aufgrund der bei ihnen angehäuften großen Münzmengen die einigermaßen komplette Übersicht im RIC liefern können.
Zu den von Dir genannten neu hinzugekommenen Faktoren, die einen Einfluß auf die Häufigkeit bestimmter Münzen im Handel gehabt haben mögen, kommt noch der Aspekt wechselnder Vorlieben und Sammelmoden sowie unterschiedlicher Motivationen für das Sammeln (u. a. ein immer stärker werdendes Anlagedenken!) hinzu, der ebenfalls ein verfälschtes Bild vom tatsächlichen Aufkommen einzelner Münzen vermitteln dürfte.
Ich verlasse mich dabei mehr auf meine Beobachtungen auf Börsen und anhand von Auktions- und Lagerkatalogen. Eine von mir gesuchte Münze, auf die ich jahrelang warten muß, obwohl ich bei mehreren Händlern meinen Wunsch zu Protokoll gegeben habe, ist eben selten, ganz egal, wie der RIC sie einordnet. Das Gleiche gilt natürlich auch für das Gegenteil. Viele Münzen, die von Händlern aufgrund eines Seltenheitsprädikats im RIC zu Spitzenraritäten hochgejazzt werden, verlieren viel von ihrem Nimbus, wenn man sie auf jeder Börse gleich mehrfach erwerben könnte, wenn auch zu kaum gerechtfertigten Preisen. Beispiele dafür kennt wohl jeder erfahrene Sammler.

Gruß

chinamul

Verfasst: So 26.03.06 20:12
von pontifex72
Danke für die Beiträge.

@ Nephrurus: Genau so sehe ich es eigentlich auch, durch die osteuropäischen Funde werden extrem seltene Münzen sicher nicht häufig, aber ich habe z.B. sicherlich 15 Münzen in meinem Bestand, die der RIC als als "scarce" einstuft, über die ich aber im Internet ständig in großer Zahl stolpere ohne danach gesucht zu haben.

@ Chinamul: Das habe ich so noch gar nicht gesehen, ist aber irgendwie völlig einleuchtend. Die großen Sammlungen sind ganz sicher nach völlig anderen Gesichtspunkten zusammengestellt als die der kleinen Privatsammler, insofern können sie den Markt eigentlich nicht exakt wiedergeben.

Grüße
Thomas

Verfasst: So 26.03.06 22:44
von n.......s
...ganz ähnlich verhält es sich doch mit Wertangaben - so z.B. im Kampmann . Dort werden Münzen z.B. in "ss" mit 50 € angegeben - die auf dem Markt für diesen Preis einfach nicht zu haben ist . allerdings werden dort auch Münzen mit 100 € eingestuft - für die die meisten Sammler diesen Preis ganz sicher nicht zahlen , da diese Münze regelmäßig für 30-50 € angeboten wird .
Gruß
Torsten

Verfasst: So 26.03.06 23:21
von Homer J. Simpson
Die Seltenheitsangaben sind auch je nach RIC-Band sehr verschieden ernst zu nehmen. Wir haben neulich im US-Forum über einen Münztyp diskutiert (RIC VI Thessalonica 48, posthumer Follis des Galerius), den RIC als R5 bezeichnet (Unikum!) und nur aus Cohen zitiert, der wiederum nur "Musée transsylvanien" zitiert, also völlig nebulös und bis in die 60er Jahre in keiner der großen Sammlungen; aber mehrere Leute im Forum haben einen, und auf Coinarchives stehen 7 Exemplare. Also wirklich nur ein grober Anhalt!

Homer

Verfasst: Mo 27.03.06 13:37
von beachcomber
alles ziemlich richtig was hier so angemerkt wurde, aber eins bleibt doch noch festzuhalten, wenn durch die öffnung der länder des ehemaligen ostblocks und den massenhaften einsatz von metalldetektoren grosse mengen von (vor allem spät-) römern den markt überfluten, dann verändert sich natürlich die absolute zahl der bekannten (und unbekannten) münzen, aber der relative seltenheitsgrad der einzelnen münzen sollte gleich bleiben.
anders ausgedrückt, eine münze die im RIC mit r5 angegeben ist, ist mit sicherheit kein unikum mehr, aber trotzdem noch eine seltene münze!
grüsse
frank

Verfasst: Mo 27.03.06 20:01
von n.......s
...wenn es R5 gleich mehrfach gibt - wie definieren wir dann - die gerade in letzter Zeit häufiger auftretenden Münzen - die im RIC gar nicht beschrieben sind ??? Für mich sind die Angaben bezüglich Seltenheit ab ca. 2.Hälfte des 3.Jhd. stark überholt , denn aus dieser Epoche und später stammen Millionen von Fundmünzen insbesondere aus Osteuropa .
Gruß
Torsten

Verfasst: Mo 27.03.06 22:21
von beachcomber
r6 :) ?

Verfasst: Mo 27.03.06 22:34
von Homer J. Simpson
1. Eine R3-Münze aus RIC III ist viel seltener als eine R3-Münze aus RIC VII.
2. Innerhalb RIC VII ist eine R3-Münze aus Siscia viel häufiger aals eine R3-Münze aus Lugdunum.
3. Innerhalb RIC VII ist eine R3-Münze aus Siscia ist immer noch seltener als eine S-Münze aus Siscia.
Und wen wir eine Variante finden, die nicht in RIC VII steht, dann wissen wir, daß wir wahrscheinlich nicht viel Geld dafür kriegen, freuen uns aber trotzdem. Anbei die erste Bronzemünze von Constans als Caesar aus Thessalonica, die nicht aus Officina Delta kommt. Hat mich weniger als 5 Euro gekostet...

Homer