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antike Fälschergussformen

Verfasst: Fr 25.08.06 13:47
von Pscipio
Zwei antike Fälschergussformen

Kürzlich habe ich einen interessanten Kauf getätigt: zwei antike Fälschergussformen. Gemäss dem Verkäufer, einem renommierten Antiquitäten- und Münzenhändler, stammen die beiden Stücke aus einem Fund aus England Ende der 80er-Jahre, in dem 400 dieser Gussformen gefunden wurden (durch einen mir bekannten britischen Sammler bestätigt). Ursprünglich bildeten diese, wie durch das doppelseitige Exemplar bezeugt, wohl einen Strang, abgeschlossen durch ein einseitiges Exemplar (siehe zweites Stück). Naturgemäss sind die einseitigen Gussformen deshalb viel seltener, auch wenn sie auf dem ersten Blick weniger eindrücklich erscheinen mögen.

Die Masse der beiden Gussformen:

- beidseitiges Exemplar: 32x28 mm bei einer maximalen Dicke von 8 mm. Gewicht: 6.54 g.
- einseitges Exemplar: 33x27 mm bei einer maximalen Dicke von 11 mm (inkl. Verkrustung). Gewicht: 7.45 g.

Man beachte das geringe Gewicht; gefertigt sind die beiden Stücke aus einem gipsartigen Material, welches wohl die Wärme beim Giessen besonders gut absorbierte.
Ich war mir zuerst nicht sicher, ob es sich um Fälschungen handeln könnte, aber nach dem Hinweis des Verkäufers auf die Herkunft, dem Echtheitsvotum meines britischen Sammlerfreundes (der Ende der 80er Jahre persönlich einige Stücke aus jenem Fund erwarb), sowie dem persönlichen Eindruck, den die Formen hinterlassen, bin ich mittlerweile von der Echtheit überzeugt.

Nun zur Beschreibung der Münzabdrücke in den Formen:

1. Exemplar:

Galerius Follis, 312 n. Chr., Alexandria.
Av: IMP C GAL VAL MAXIMINVS P F AVG, belorbeerter Kopf nach rechts.
Rev: GENIO AVGVSTI, Genius mit Modius auf Kopf und Chlamys über linker Schulter nach links stehend, hält Cornucopiae links und Serapiskopf rechts; X - A in Feldern.
Abschnitt: ALE.
RIC VI, Alexandria, 149b

2. Exemplar:

Galerius Follis.
Av: IMP C GAL VAL MAXIMINVS P F AVG, belorbeerter Kopf nach rechts.

Auf den Gussformen sind die Abdrücke natürlich inkus und seitenverkehrt. Bemerkenswert ist im Übrigen, dass auf einer in England gefundenen Fälschergussform der Abdruck einer Münze aus der Prägestätte Alexandria zu finden ist!

Für Kommentare und weitere Gedankengänge bin ich dankbar!

Gruss, Pscipio

PS: die Gussformen sind in echt etwas dünkler, und die Konturen etwas schärfer als auf den Fotos.

Verfasst: Fr 25.08.06 13:57
von Fridericus
Hochinteressante Stücke. Ich habe mal so eine Gussform in der Hand gehabt, die war auch sehr leicht. Anscheinend haben echte Münzen als Patrize (Matrize??) gedient. Und dabei ist für mich bemerkenswert, daß ein britischer Fälscher einen Follis aus Ägypten vorliegen hatte - ein wunderbarer Belegt für die "Durchmischung" der umlaufenden Münzen. Gibt es eigentliche Untersuchungen darüber, ob z.B. in Hortfunden aus Britannien viele Münzen aus nichtbritischen Münzstätten vorkommen?

Verfasst: Fr 25.08.06 14:47
von Zwerg
Ich kenne genau diese Fälscherformen aus der Mitte der 70er, fast ausnahmslos Mzst. Alexandria. Es war seinerzeit ein recht großer Posten, teil sogar zusammenhängende Stränge. Material war eindeutig Ton.

Vorder- und Rückseiten paßten oft nicht zueinander. Perfekt erhaltene Formen zeigen an der Seite eine Öffnung für den Guß.

Den FO England möchte ich in Zweifel ziehen, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

Beste Grüße
Zwerg

Verfasst: Fr 25.08.06 15:15
von antoninus1
So ein Stück habe ich auch einmal erworben.
Mir sagte man, der Fundort sei die Türkei.

Verfasst: Fr 25.08.06 18:17
von quisquam
Großartige Neuerwerbung, so etwas bereichert jede Sammlung!

Ich habe ein Bild angehängt, damit man sich den Vorgang des Gießens besser vorstellen kann. Bild 4 zeigt den Gussbaum, nachdem die Münzen abgeschlagen wurden.

Hat jemand schon mal Münzen gesehen, die offensichtlich mit solchen Formen gegossen wurden?

Grüße, Stefan

Verfasst: Fr 25.08.06 18:23
von helcaraxe
Was ich Unwissender mich frage:
Diese Folles waren doch aus Bronze. Mit welchem Material wurde dann von den Fälschern gearbeitet? Es muss doch billiger als Bronze gewesen sein, sonst hätte sich das doch nicht gelohnt, oder?

Verfasst: Fr 25.08.06 22:44
von Oettlalb
@helcaraxe: Wieso? Der Nominalwert von Scheidemünzen war und ist immer
schon höher als der Materialwert. Sonst würde sich ja auch die Ausgabe seitens
der offiziellen Stellen nicht lohnen; das Prägen kostet ja schließlich auch
etwas.

LG

Verfasst: Sa 26.08.06 10:24
von helcaraxe
Alles klar. Es war mir nicht bewusst, dass die Folles Scheidemünzen waren. Den Begriff kannte ich bis jetzt nur von moderenen Münzen.

Verfasst: So 27.08.06 11:42
von quisquam
Bemerkenswert ist im Übrigen, dass auf einer in England gefundenen Fälschergussform der Abdruck einer Münze aus der Prägestätte Alexandria zu finden ist!
Es müsste sich doch anhand stilistischer Merkmale feststellen lassen, ob auch eine oder gar beide abgeformte Vorderseiten von alexandrinischen Prägungen stammen? Ist dem so, dann erscheint mir England als Fundort äußerst unwahrscheinlich.

Im schon öfters von mir erwähnten "Antike Matallurgie und Münzprägung" von Moesta/Franke wird erwähnt, dass man aus Damery (Frankreich) etwa 3900 derart gegossene Münzen des Constans I. und Constantius II. kennt, alle mit Phoenix-Revers. Die meisten Münzen tragen die Münzmarke von Trier, einige die von Lugdunum und nur eine Münze die von Siscia. Soviel zum Thema "Durchmischung".

Sind die Ausfuhrbestimungen für Antiken in Ägypten möglicherweise sehr viel strenger als beispielsweise in England? Dies wäre eine Erklärung, warum ein Händler versucht sein könnte eine falsche Provenienz anzugeben.

Grüße, Stefan

Verfasst: So 27.08.06 11:43
von Pollio
Hallo Fridericus,

zu Deiner Frage nach der Durchmischung des Münzumlaufs: Ja, dazu hab ich mal etwas gelesen, und zwar in Richard Duncan-Jones' Buch über "Money and Government in the Roman Empire" (Cambridge 1994). Ziemlich brilliantes Buch übrigens! Wenn ich mich richtig erinnere, hat sich Duncan-Jones allerdings auf die frühe Kaiserzeit bezogen, und da zirkulierten natürlich keine ägyptischen Münzen in Britannien.

Gruß Pollio

Verfasst: So 27.08.06 11:59
von payler
Hallo Lars!

Hochinteressante Teil, nimmst du die nach Reichenau mit?

Verfasst: So 27.08.06 12:26
von Pscipio
quisquam hat geschrieben:Es müsste sich doch anhand stilistischer Merkmale feststellen lassen, ob auch eine oder gar beide abgeformte Vorderseiten von alexandrinischen Prägungen stammen?
Ich kenne mich mit Tetrarchenfolles leider nicht gut aus, aber vielleicht kann hier ja jemand anderes einspringen. Ich habe das Bild der doppelseitigen Form der Einfachheit halber mal umgedreht.
payler hat geschrieben:Hochinteressante Teil, nimmst du die nach Reichenau mit?
Du kannst dir die Stücke dann bei Roland anschauen; ich nehme sie mit.

Gruss, Pscipio

Verfasst: So 27.08.06 12:27
von payler
Super! :-)

Verfasst: So 27.08.06 20:30
von quisquam
Hallo Pscipio,

was ich erst jetzt gesehen habe: Im Gegensatz zu deiner Bestimmung haben die beiden Vorderseiten unterschiedliche Legenden, einmal mit MAXIMIANVS (Galerius) und einmal mit MAXIMINVS (Maximinus Daza)!

Um RIC VI Alexandria 149b wie von dir angegeben (allerdings Maximinus Daza) handelt es sich nur, wenn die Vorderseite des einseitigen Stückes und die Rückseite des zweiseitigen Stückes zusammengehören, was ja durchaus denkbar ist. Nicht sehr wahrscheinlich aber auch nicht unmöglich: Vielleicht besitzt du tatsächlich den Vorder- und Rückseitenabdruck derselben Münze (was meinen Neid ins Unendliche steigern würde!). In diesem Falle wäre es keine Überraschung, wenn auch der Vorderseiten-Abdruck in der einseitigen Form alexandrinisch ist.

Grüße, Stefan

Verfasst: So 27.08.06 20:56
von Pscipio
Hallo Stefan,

du hast recht, ich habe ein A übersehen. Damit ist es weder RIC VI, Alexandria, 149b, noch eine andere RIC-Nummer (jedenfalls soweit ich sehe), denn diese Rückseite gibt es nicht in Kombination mit einer IMP C GAL VAL MAXIMIANVS P F AVG-Vorderseite. Somit ist auch klar, dass es sich um Abdrücke zweier verschiedener Münzen handelt.

Hingegen würde die einseitige Form auf die Alexandria-Rückseite passen; was aber natürlich reine Spekulation wäre.

Danke für die Korrektur!

Gruss, Pscipio