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Einseitig geprägt
Verfasst: Mo 28.08.06 13:38
von heku
Hallo,
Ein ungereinigter Römer, nur dünn verkrustet, sah folgendermaßen aus:
-Vorderseite scheinbar völlig glatt, nichts zu erkennen
-Rückseite mit dem Motiv "Kaiser erhält von Soldat Victoria", schlechte Erhaltung, Kruste mitsamt Patina an mehreren Stellen nicht mehr vorhanden; also ein ziemlich hoffnungsloses Stück.
Hier habe ich mit EDTA bis aufs Metall gereinigt. Zum Vorschein kam ein einseitig geprägtes Stück. Mich verblüfft: Auf der Vorderseite ist das Rückseitenmotiv vertieft zu erkennen. Das kann doch eigentlich nur funktionieren, wenn anstelle des Vorderseitenstempels ein positiver Rückseitenstempel auflag, und das erscheint mir unwahrscheinlich.
Habt Ihr eine plausible Erklärung?
Danke für Eure Antworten
Viele Grüße
Hermann
Verfasst: Mo 28.08.06 13:45
von Peter43
Das kommt doch immer dann vor, wenn eine bereits geprägte Münze auf dem Stempelstock liegen bleibt. Dann erhält die nächste Münze oben die übliche positve Rückseite, und unten das Spiegelbild von der liegengebliebenen Münze.
Interessant auf jeden Fall!
Mfg
Verfasst: Mo 28.08.06 13:55
von heku
Danke Peter43,
stimmt natürlich, hab ich mal wieder viel zu kompliziert gedacht. Wie schätzt Ihr solche Stücke denn ein: interessante Bereicherung der Sammlung oder nicht vollwertige Kuriosität.
Viele Grüße
Hermann
Verfasst: Mo 28.08.06 14:04
von Pscipio
Auf jeden Fall sammelwert, zumal Rückseiten-"Brockages" (so der englische Fachausdruck) viel seltener als Vorderseiten-"Brockages" sind. Es gibt Leute, die sammeln nur solche Münzen!
Im Anhang eine solche Vorderseitenfehlprägung aus meiner Sammlung.
Gruss, Pscipio
Verfasst: Mo 28.08.06 15:07
von Karsten
heku hat geschrieben:Wie schätzt Ihr solche Stücke denn ein: interessante Bereicherung der Sammlung oder nicht vollwertige Kuriosität.
Hermann
Ein muss fuer jede Sammlung die nicht nur die 0815-Norm erfuellt, sondern auch durch individualitaet glaenzt !
Verfasst: Di 29.08.06 20:16
von heku
Danke Pscipio (schönes Stück zeigst Du uns da) und Karsten für den Zuspruch.
Nach rund 8 Jahren Pause beim Sammeln sind habe ich jetzt mit ungereinigten Römern wieder angefangen. Und wenn ein solches Stück wie oben auftaucht, dann freue ich mich königlich. Ich werd es in meine "gute" Sammlung aufnehmen.
Ich hab mich davon gelöst, dass eine Münze bestens erhalten und wertvoll sein muss. Ich betrachte heute auch die gering erhaltenen als Zeitzeugen einer längst vergangenen Kuktur und beachtenswert, deshalb auch der große Spass beim Reinigen; auch wenn bei vielen Stücken nur gering erhalten rauskommt.
Und wenn ich mir ein Stück beim Händler kaufe, dann nicht mehr nach einem Sammelplan wie "alle Motive vom Probus" sondern einfach was mir nach dem Bauchgefühl gefällt.
Da ich mich freiwillig eh nie von meiner Sammlung trennen will, ist mir ein materieller Wertzuwachs gleichgültig geworden.
Und damit bin ich jetzt glücklicher als in den 10 Jahren in denen ich im selbstgemachten Zwang versuchte, möglichst viele verschiedene Kaiser zusammenzubekommen.
Viele Grüße
Hermann
Verfasst: Di 29.08.06 20:58
von Gratianus
"deutscher"Fachausdruck: "inkuse Münze"
In der neuesten Ausgabe des Numismatischen Nachrichtenblattes (Ausgabe September 2006) ist ein guter Artikel über Inkuse Verprägungen auf antiken Münzen von Fritz Reiff. (Seiten 387 - 390)
Verfasst: Di 29.08.06 21:50
von Pscipio
Der Ausdruck "inkuse Münze" beschreibt aber nur, dass die Münze ein Inkusum hat, nicht jedoch, dass dieses Inkusum von einer Fehlprägung herrührt. So weisen beispielsweise viele der griechischen Silberprägungen aus der Magna Graeca auf der Rückseite ein Inkusum auf, es sind dies aber natürlich keine Fehlprägungen. Daher verwende ich den englischen Ausdruck "brockage", denn dieser bezieht sich ausschliesslich auf Fehlprägungen.
Gruss, Pscipio
Verfasst: Mi 30.08.06 04:52
von Marc
heku, du wirst sehen, so macht Sammeln viel mehr Spaß
Ich habe eine ähnliche Entwicklung durchgemacht. Wenn man erst mal so weit ist, das Erhaltung zweitrangig ist, beim Wert nur noch der Ankaufswert wichtig ist, und für die Sammlung nur noch die Stücke die man angeboten bekommt wichtig sind, dann macht das Sammeln erst richtig Spaß. Denn man ist die künstlich geschaffen Zwänge los.
Wir lassen uns von selbsternannten Gurus viel zu sehr vorschreiben wie eine Sammlung auszusehen hat. Warum soll Geld nicht auch Gebrauchsspuren haben ? Warum brauche ich alle seltenen Typen, auch wenn sie ja grad deshalb als Geld kaum eine Rolle spielten ?
Grüße von einem Seelenverwandten bei der Einstellung zum Sammeln
