Neues Rätsel!

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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divus
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Beitrag von divus » So 03.09.06 04:04

Hallo Peter43,

ich wollte nochmal den interessanten Gedanken nach dem "Warum?" aufgreifen.

...also ich weiss es nicht und spekuliere mal drauf los. Kann sein, dass ich jetzt Blödsinn rede, aber ich stelle mal eine These auf:
Ich denke, es geht wohl um Legitimation und um eine breitere politische Machtbasis der jeweiligen Gatten, wenn ausgerechnet in dieser Zeit die Ehefrauen der "Spitzenpolitiker" verstärkt ins Licht der Öffentlichkeit rücken - oder gerückt werden..
Nach den ganzen Bürgerkriegen und dem Kampf um das Erbe Caesars waren ja nun plötzlich recht junge und aus traditioneller römischer (senatorischer) Sicht eher "unerfahrene" - und daher eigentlich für so hohe Verantwortlichkeiten/Ämter unterqualifizierte Männer - an der Spitze des Staates. Solche "Newcomer" als absolute Machthaber konnten vom damals durchaus noch recht selbstbewußten "alten Adel" nur aufgrund der realen Machtverhältnisse (Militär) zwar geduldet, aber nie wirklich vollkommen akzeptiert werden.
Fulvia dagegen war hochangesehen - sie war die Erbin der Gracchen. Sie brachte eine bedeutende politische Klientel mit in die Ehe und darüber hinaus sicherlich große Sympathien und vielleicht sogar treue Gefolgsmänner unter den Senatoren. Die Ehe war also ein sehr geschickter politischer Zug des Marcus Antonius und verbreiterte seine Machtbasis in Rom erheblich.
Ein guter Grund für Marcus Antonius, dieser factio entgegenzukommen und durch kleine Privilegien (dort, wo es nicht wirklich weh tut) bei Laune und loyal zu halten, indem er die Repräsentantin dieser "Wählergruppe" - Fulvia - in der Öffentlichkeit entprechend ihres politischen Einflusses herausstellte.
In diesem Zusammenhang berücksichtigte er seine Frau (und "Aushängeschild der kleineren Koalitionspartei") Fulvia natürlich auch in den staatlichen Medien - wie den Münzen. Natürlich aber nur so weit, wie es die allgemeine "politische Moral" zuließ. Münzen mit dem expliziten Namen zum Portrait der Fulvia wären wohl noch zu weit gegangen.

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » So 03.09.06 12:58

Danke für Deinen fundierten Beitrag! In die Richtung hatte ich auch gedacht. Allerdings waren diese Frauen nicht nur 'Aushängeschilder', sondern sie betrieben auch eine eigene Politik, oft sogar im Gegensatz zu ihren berühmten Männern. Dies ist gerade im Fall der Fulvia offensichtlich, die den Konflikt mit Octavian auf die Spitze trieb.

Und der Einfluß der Livia auf die Politik des Augustus darf nicht unterschätzt werden.

MfG
Omnes vulnerant, ultima necat.

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divus
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Beitrag von divus » So 03.09.06 19:04

Hallo Peter43,

ich finde es immer interessant, die Gedanken mal laufen zu lassen, ohne gleich jedes Wort mit einer Fußnote belegen zu müssen. Und Assoziationen sind ja oft - und im Kollektiv sowieso, wie sich hier oftmal schon zeigte - sehr fruchtbar.

Ich möchte den Gedanken nochmal weiterspinnen.

Ich denke auch, dass die Damen durchaus selbstbeswußt erzogen wurden und auch so auftraten, und sich ihrer politischen Macht (Klientel) voll im Klaren waren.
Allerdings bin ich immer sehr skeptisch, wenn unsere senatorischen Geschichtsschreiber immer wieder gerne gewisse Kräfte oder Bewegungen der römischen Politik den Frauen zuschreiben wollen. Das war schon immer eine effektive Form der verbalen Diffamierung, nach dem Motto, "da kann ja nur eine Frau dahinterstecken", oder als künstlich aufgebauschter Gegensatz "römisch gegen weiblich", das Männliche versus das Weibliche.
Und selbst wenn, wie wohl im Falle der Fulvia, eine scheinbar gegensätzliche Politik zur "offiziellen" Linie des Gatten belegbar sein sollte, dann war auch das wiederum hundertprozentig eben die Politik des Antonius und nur dem Scheine nach gegensätzlich (und entweder schlecht getarnt, oder absichtlich schlecht getarnt, um den Gegner noch mehr zu verwirren).
Ich denke, dass jeder Machthaber, egal wann und wo, von seinem privaten Umfeld (Partner) beeinflußt wird. Das ist ja nur menschlich und ganz normal. Aber ich glaube, dass das, was die Überlieferung als eigenständige Politik der Ehefrauen bezeichnet, am Ende immer die Politik des Gatten war.

Ich hoffe jetzt, die Damen nehmen mir das nicht übel... ;)

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » So 03.09.06 19:40

divus hat geschrieben:

Aber ich glaube, dass das, was die Überlieferung als eigenständige Politik der Ehefrauen bezeichnet, am Ende immer die Politik des Gatten war.

na, da gibt's aber ja wohl diverse aussnahmen, wenn ich so an die gattenmorde denke, wo die frauen im eigenen interesse oder wenigstens im interesse ihrer kinder handelten! (und das war ja wohl nicht die politik des gatten :wink: )
grüsse
frank

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divus
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Beitrag von divus » So 03.09.06 21:47

Hallo beachcomber,

jaja... Mütter sind nochmal ein ganz anderes Kapitel... ;-)

Aber im Ernst, bei den Römern, an welche Gattenmorde hast du da gedacht?

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Beitrag von beachcomber » So 03.09.06 21:59

hallo divus,
wie ich mich dunkel erinnere, hat agrippina II ihren gatten claudius vergiftet, um danach die regierungsgeschäfte für ihren sohn nero zu übernehmen, und später dann von demselben wegen des gasttenmordes hingerichtet wurde.
auch livia soll bei tod des augustus ihre hand im spiel gehabt haben um ihren sohn tiberius an die macht zu bringen. ( obwohl diese geschichte von vielen bezweifelt wird).
ausserdem gibt's ja auch noch iulia maesa, die geschickt ihre beiden töchter und deren kinder an die macht gebracht hat, also frauen waren sicher auch aktiv in roms geschichte tätig!

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divus
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Beitrag von divus » So 03.09.06 22:12

ja klar, stimmt schon, vor allem Agrippina, richtig.
Ich wollte es ja auch nicht prinzipiell bezweifeln, dass Frauen auch Politik machten. Ich stehe nur den antiken Schriftstellern immer sehr (vielleicht zu) skeptisch gegenüber.
Die severischen Damen sind auch ein spannendes Thema. Hier wäre dann zu spekulieren, wie die Machtverhältnisse im Hause des Severus ausgesehen hätten, wenn Elagabal und Alexander erwachsene, "gestandene Männer" gewesen wären... Interessant, wie zielstrebig die Frauen die Machtpolitik fortführen, wenn die erwachsenen Männer fehlen oder zu schwach sind. Spontan denke ich gerade auch an die Spätantike, Theodosius II. und seine Aufpasserinnen, und andere...

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Beitrag von richard55-47 » So 03.09.06 22:45

Dass Agrippina ihren Gatten vergiftet hat, dürfte geschichtlich gesichert sein. Die Beweggründe Neros, seine Mutter umzubringen, waren andere. Sie wollte in seinem Namen in alle Ewigkeit regieren. Er war es satt und konnte nur durch ihren Tod zur eigenen Herrschaft finden. Er war auch nicht das leibliche Kind des Claudius, er war nur von diesem adoptiert, also Gründe der "Gerechtigkeit" trieben ihn nicht an. Claudius war ihm herzlich gleichgültig. Wenn er den Tod des Claudius hätte bestrafen lassen wollen, hätte er seine Mutter dem Richter überantwortet und nicht um die Ecke gebracht.
do ut des.

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El Che
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Beitrag von El Che » Mo 04.09.06 00:01

Hallihallo,

ich halte es nicht für ganz so gesichert, dass Frauen grundsätzlich die Politik ihres Gatten betrieben. Grund: Sie waren rechtlich oft gar nicht ihrem Mann verpflichtet (bzw. in der "Hand" ihres Gatten) - zumindest solange ihr eigener Vater noch lebte.
Die Römer kannten verschieden Formen der Ehe. Die sogenannte Manusehe, an die Divus wohl denkt, bei der die Frau "in die Hand" - will heißen in die volle Vormundschaft ihres Mannes übergingen war gegen Ende der Republik wohl nur noch sehr selten. Stattdessen blieben die Frauen unter der "Patria Potestas" ihres Vaters - und damit aber auch dessen Interessen (und den Interessen seiner Familie) verpflichtet.

Gerade wenn Ehen zunächst Bündnisse zweier mächtiger Familien besiegeln sollten, kann ich mir vorstellen, dass bei veränderter Gemengelage durchaus ein Widerspruch zwischen Interessen der Familie des Mannes und denen der Familie der Frau entstehen konnten...

Liebe Grüße,
Uli

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