"Klang-Test" (engl. ring-test) für antike Silbermü

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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spätrömer
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"Klang-Test" (engl. ring-test) für antike Silbermü

Beitrag von spätrömer » Sa 23.09.06 22:30

Liebe Römer-Freunde,

als relativer Römer-Anfänger (3 Jahre Sammeln sind gegenüber Eurer Erfahrung wohl eher nix) und Neuling in diesem Forum eine vielleicht etwas kuriose Frage:

An verschiedenen Stellen im Internet habe ich gelesen, daß sich moderne Gußfälschungen römischer Silbermünzen durch ihren "Klang" beim Antippen mit anderem Metall von echten unterscheiden können. Das ist logisch, weil die lange Zeit, die antike Münzen schon haben, zur langsamen Kristallisation des Münzsilbers ausreicht - die dabei entstehenden Phasengrenzen zwischen einzelnen Kristalliten (bitte entschuldigt das Fachchinesisch) behindern die Schallausbreitung. Deshalb hat eine echte, antike Silbermünze einen rasch verhallenden, dumpfen Klang.

Eine moderne Gußfälschung, aber auch eine moderne bulgarische, geprägte Fälschung, hatte diese Zeit nicht. Der Schall breitet sich durch die Münze ungehindert aus. Deshalb hat sie einen länger anhaltenden, glockenhellen Klang.

Soweit die Theorie. Ich konnte das an einem Caracalla-Denar, den ich bei einem sonst seriösen ebay-Anbieter ersteigert hatte, gut nachvollziehen. Die Münze ist relativ auffällig kreisrund, hat einen an einigen Sellen befeilten Rand und eine porös wirkende Oberfläche. Für mich offenbar eine moderne Gußfälschung. Und tatsächlich: Sie klingt, wenn ich sie mit meinem Ehering anstoße, relativ lange glockenrein und hell nach. Fast alle anderen Denare und Antoniniane, die ich habe (sind bestimmt ein paar echte dabei....), tun dies nicht.

Aber dann gibt es noch ein paar Grenzfälle, wo die optischen und die akustischen Merkmale unklar sind. Ein Autor im Internet (wo, weiß ich nicht mehr) hatte allerdings geschrieben, er bevorzuge diesen Test ausschließlich für Münzen anderer Besitzer.... Die Kristallitgrenzen können theoretisch bei mechanischer Beanspruchung auch zum Bruch der Münze führen, aber so einfach scheint mir das auch wieder nicht - ist mir jedenfalls noch nie passiert.

Was halten die alten Hasen von diesem Phänomen?

Viele Grüße von spätrömer
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antoninus1
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Beitrag von antoninus1 » So 24.09.06 10:02

Ich habe gerade mal einen Test gemacht.
Ich habe meine wenigen griechischen Tetradrachmen zum Klingen angeregt, und tatsächlich, alle klingen recht matt und nur ganz kurz.
Dann habe ich eine moderne Fälschung (von der alle befragten Händlerexperten sie vom Ansehen her erst als echt einstuften und erst nach genauer Prüfung feststellten, dass sie modern sei) angeregt.

Und höre da: sie klingt ca. 3-4 Sekunden lang, im typischen hellen Silberklang.

Interessanterweise haben einige Sammlerkollegen und ich auch das beim Vorführen als Indiz für Echtheit angesehen.

Aber, wie Du erläuterst, ist es eher ein starker Hinweis auf eine moderne Fälschung aus Silber.

Ist es zwangsläufig, dass alle antiken Silbermünzen derart auskristallisieren oder könnte man auch welche finden, die noch (fast) unverändert sind?
Gruß,
antoninus1

n.......s
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Beitrag von n.......s » So 24.09.06 12:54

...auf Steinfussboden macht sich der Test gut...
Gruß
Torsten

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Peter43
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Beitrag von Peter43 » So 24.09.06 13:26

Klingt alles überzeugend! Nettes Wortspiel übrigens! Und wie steht es mit Bronzemünzen?
Omnes vulnerant, ultima necat.

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Beitrag von spätrömer » So 24.09.06 18:13

Hallo Peter 43,

bei Bronzemünzen kann es wegen der Patina eigentlich nicht funktionieren. Bei Gold kenne ich das Kristallisationsverhalten nicht. Eigentlich bin ich in der ganzen Sache eher unerfahren. Aber vielleicht findet sich im Forum noch jemand mit Ahnung auf diesem Gebiet?

Viele Grüße von spätrömer
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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Mo 25.09.06 21:03

nephrurus hat geschrieben:...auf Steinfussboden macht sich der Test gut...
Gruß
Torsten
Na, spätrömers Version mit dem Ehering als Klangpartner ist mir da doch sympathischer, zumindest solange ich eine Chance sehe, daß die Münze echt ist...

Homer
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Beitrag von n.......s » Mo 25.09.06 21:23

...nach vielen Jahren Ehe kann die Kombination aus Fussboden und Ehering durchaus Sinn machen ??? :lol:

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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Mo 25.09.06 21:42

Aber meinen Ehering muß ich doch nicht mehr testen, den kenne ich doch lange genug...? ;-)

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drakenumi1
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Klang - Test

Beitrag von drakenumi1 » So 10.12.06 13:58

Also, was die Herleitung eines Urteils über die Echtheit einer Silbermünze aus der Kristallgitterstruktur und dem Klangbild anbelangt, da würde ich doch sehr zur Vorsicht raten.
Ich habe auch mal solchen Westentaschenversuch mit etwa 20 Denaren verschiedener Zeitepochen und Silberantoninianen angestellt, darunter auch solche mit gröberen Schrötlingsfehlern am Rande, auch mit Rissen und dabei die unterschiedlichsten Ergebnisse erzielt, die sich keineswegs in ein reproduzierbares Beurteilungsschema einfügen!
Mich kann das eigentlich auch nicht verwundern, denn zunächst einmal ist der Grad der Kristallisation in sehr hohem Maße von der Werkstoffzusammensetzung des Münzmetalls abhängig. Spätestens seit Mommsen wissen wir, wie wild es da durcheinanderging und wieviele verschiedene Metalle da miteinander legiert wurden. Daß unterschiedliche Legierungen auch unterschiedliche Erweichung des Wekstoffes beim Vorglühen vor dem Prägen mit unkontrollierbaren Auswirkungen auf das Prägeverhalten im Zeitalter des Warmprägens (Rissbildung, ungenügende Ausprägung u.ä.) zur Folge hatte, sei nur nebenbei erwähnt. Und letztlich auch, daß diese Materialschwankungen sowie die Prägetemperatur wiederum den Grad der Gefügeverhärtung nach dem Prägeschlag in der Münze ausmachen, die wiederum gewünscht wurde, denn größere Härte macht weniger Verschleiß beim Umlauf der Münze.
Wir sehen also: Material, Grad der Verhärtung, Grad der Kristallisation, Form (Dicke, Durchmesser, Risse u. Kerben) beeinflussen auch das Klangbild bei der Fallprobe auf Stein (oder Anstoß - Probe an Eheringe), sodaß eine gewisse Skepsis bei der Beurteilung der Echtheit nur aus dem (noch dazu unbekannten) Grad der Kristallisation wohl am Platze ist.
Üblicherweise wird eine gegossene Münze weicher als eine geprägte sein, denn durch die fehlende Streckung des Materials bei der Prägung kann sie die Härte der letzteren nie erreichen.
Entgegen steht, daß auch gegossene Münz-Fälschungen durch Abschreckung aus dem heißen Zustand nach dem Prägen in den Zustand innerer Spannung versetzt werden können und damit ihr Klangbild verändern.
Zuletzt sei bemerkt, daß diese grundsätzlichen Betrachtungen auch für Kupfer-; Bronze-; und Messingmünzen Gültigkeit haben und
daß diese meine Auffassungen keinesfalls unanfechtbar sind, denn ich bin kein Werkstoff - Experte und schöpfe lediglich aus Kenntnissen früher besuchter Lehranstalten.
Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
(Baltzer von Platen/a. Rügen)

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Beitrag von spätrömer » So 10.12.06 21:33

Hallo drakenumi1,

ich kann Dir nur zustimmen und bedanke mich für die ausführlichen Erläuterungen. Als Chemiker, der werkstoffwissenschaftlich auch eher unterbelichtet ist, kann ich alles absolut nachvollziehen.

Meine Ursprungsfrage bezog sich auf einen im Internet gefundenen Kurzbeitrag. Statistisch gesehen - auch aus eigener Erfahrung -, würde ich letztlich folgende Schlußfolgerung ziehen:

In Anbetracht der Kristallisationsphänomene ist bei sehr alten Silbermünzen eher mit einem dumpfen Klang zu rechnen, bei neuzeitlich hergestellten eher mit einem hellen. Alle von Dir genannten Einflüsse können das Ergebnis verändern, so daß eine Einzelfallprüfung Unsinn wäre.

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Beitrag von antoninus1 » Mo 11.12.06 07:34

Könnte man aber sagen:
Eine Silbermünze, die deutlich silberhell klingt, kann nicht alt (>1800 Jahre) sein?
Gruß,
antoninus1

n.......s
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Beitrag von n.......s » Mo 11.12.06 11:48

...natürlich klingen nicht alle Münzen gleich ! Aber macht mal einen Test mit 100%igen Gussfälschungen und vergleicht dann mit echten Silberlingen - da gibt es definitiv Unterschiede .
Gruß
Torsten

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"Klang - Test"

Beitrag von drakenumi1 » Mo 11.12.06 13:19

Das hat man nun davon, wenn man sich in solche Diskussionen einmischt: Als mich meine Frau letzthin im Badezimmer auf den Fliesen hocken sah, als ich ( hochwissenschaftlich) mit etwa 2o versch. Münzen eine Klangprobe vollführte, hat sie sich wortlos und mit nachsichtigem Kopfschütteln wieder entfernt! Was mag nur in ihrem Kopf vorgegangen sein?? -
Aber Spaß beiseite: Beenden wir doch diese fruchtlose Diskussion. Mir scheint der erreichte Grad der Verwirrung ausreichend, um hier einen Schlußstrich zu ziehen:
Schauen wir doch mal auf die letzten 3 Beiträge:
- alte klingen eher dumpf (Meinung v. spätrömer)
- Gußfälschungen klingen dumpf (so will wohl nephrurus sagen)
Also sind alle dumpf klingenden falsch und Gußfälschungen??
- und warum sollte eine hell klingende nicht alt sein können? Ich glaube, gerade das hatte ich mit meinem Beitrag verständlich machen wollen.

Unterm Strich: Wer getraut sich, über einer Münze den Stab zu brechen (bitte nicht die Münze) und sie ins Kröpfchen und nicht ins Töpfchen zu legen, alleine aus dem doch soooo unsicheren Ergebnis einer Klangprobe heraus? Solcherart ins Kröpfchen beschiedene Stücke solltet Ihr bei mir abliefern, ich zahl' auch 'ne Prämie. Oder sagt mir, wo Eure Restmülltonne steht.
Ich erkläre es glatt heraus: "Klang - Test" - eine untaugliche Methode, weil viel zu unsicher !

Trotzdem freundschaftlichst: Euer drakenumi1
Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
(Baltzer von Platen/a. Rügen)

n.......s
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Re: "Klang - Test"

Beitrag von n.......s » Mo 11.12.06 13:32

[quote="drakenumi1"

Unterm Strich: Wer getraut sich, über einer Münze den Stab zu brechen (bitte nicht die Münze) und sie ins Kröpfchen und nicht ins Töpfchen zu legen, alleine aus dem doch soooo unsicheren Ergebnis einer Klangprobe heraus?

Trotzdem freundschaftlichst: Euer drakenumi1[/quote]

...davon kann ja wohl kaum die Rede sein !
Es gibt prinzipiell verschiedene Arten und Möglichkeiten , Münzen auf ihre Echtheit hin zu prüfen - der Klangtest ist hier sprichwörtlich nur ein Teil vom Ganzen ! Dieser Klangtest hat (zumindest in unserer Praxis) i.d.R. lediglich einen bestehenden Verdacht bestätigt .

Gruß
Torsten

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