Aurelian As - ein Spitzenstueck?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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divus
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Beitrag von divus » Fr 10.11.06 18:02

@chinamul und @ zwerg

Eine interessante Paralleldiskussion!
Ich halte diese Spuren hier allerdings nicht für die konkreten Sägespuren, ich kann mir das rein technisch nicht vorstellen, wie solch parallele Linien beim mechanischen Sägen entstehen sollten.

Allerdings habe ich den Begriff "justieren" freilich falsch angewendet. Ich dachte nicht an ein Justieren im Sinne von Gewicht anpassen.
Ich denke, es geht hier lediglich um ein ungefähres Anpassen der frisch abgesägten Schrötlinge vor der Prägung auf Größe und Rundheit, nicht zuletzt um das Entgraten des Metallstückes, also eher um Gesichtspunkte im Sinne eines möglichst einheitlichen Erscheinungsbildes der Ausgaben.

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Beitrag von curtislclay » Fr 10.11.06 19:07

Meiner Meinung nach kommt es nicht in Frage, dass die Römer sich die enorme Mühe gemacht hätten, Münzschrötlinge von einer Stange abzusägen. Sollte da niemand daran gedacht haben, die Schrötlinge gleich in Münzgrösse auszugiessen?

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg » Fr 10.11.06 23:12

Ich kann für meine "Sägetheorie" keine Literaturstelle beibringen.

Es war zur Zeit meines Studiums irgendwie "Communis opinio", daß diese Technik ab und zu angewendet wurde.

Indizien waren die oft fast viereckigen Schrötlinge von Sesterzen im 2./3. Jh. (wie soll man die gießen) und eben diese Spuren, die man häufig auf Kleinasiaten sieht.

Deshalb habe ich so spontan meinen Beitrag oben verfasst.

Aber natürlich läßt sich darüber fleißig diskutieren. Sicher ist aber wohl, daß diese Spuren vor dem Prägen dem Schrrötling zugefügt wurden.

Grüße
Zwerg
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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Fr 10.11.06 23:27

Na, ich hätte gedacht, die viereckigen Sesterzen des 3. Jh. waren doch wahrscheinlich achtlos aus gehämmertem oder gewalztem Blech ausgeschnitten, oder?

Viele Grüße,

Homer
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Beitrag von divus » Sa 11.11.06 01:09

Hallo an alle!

Ich halte die "Säge-Theorie" für durchaus plausibel (und ich kenne sie irgendwie auch als communis opinio, zumindest eben für bestimmte Zeiten und bestimmte Gegenden, wenngleich ich nicht sagen kann, dass ich das mal irgendwo schriftlich formuliert gesehen hätte).

Ich sehe den großen Vorteil von Rohmaterial in Stangenform zunächst in der Transportierfähigkeit, und dann in der Flexibilität und Kosteneffizienz.

Die Erze müssen ja von den Bergwerken und Hütten erst noch zur Prägestätte gelangen. Stangen lassen sich nun enorm platzeffizient bündeln, lagern und wunderbar in unterschiedlichsten, sehr genau berechenbaren Einheiten auf den vielfältigsten Transportmitteln (vom Esel bis zum Schiff sozusagen) bewegen. Stangen lassen sich daher auch auf den verschiedensten Routen transportieren, was die Verfügbarkeit enorm erhöht. Stangen sind zu Kontrollzwecken sehr gut abzählbar und bei Bedarf sehr leicht in kleinere, abwägbare Einheiten teilbar.
Alternativ kann ich mir nur Barren vorstellen, wobei diese gegenüber den Stangen klare Nachteile in der Transportierfähigkeit haben. Bereits in den Metallhütten gegossene Schrötlinge hätten in Lagerung und Transportfähigkeit aus meiner Sicht überhaupt keine Vorteile gegenüber Stangen (oder Barren), im Gegenteil.

Wenn dann die einfach und effizient zu transportierenden Stangen in der Prägestätte angelangt sind, kann man sofort und ohne große Vorbereitungsphasen mit der Herstellung der Schrötlinge und damit mit dem Prägeprozess beginnen: Die einfach von der Stange abgeschnittenen Schrötlinge sind durch die Stangenform ja bereits rund (bzw. rund genug), und in nur einem einzigen Arbeitsgang hergestellt. Das Schmelzen und Gießen von Barren ist weit arbeitsintensiver.
Im Prägeprozess kann man dann sehr genau die konkret benötigte bzw. geplante Metallmenge verarbeiten (quasi auf den Schrötling genau). Man kann sehr kurzfristig und ohne großen Aufwand eine bei Bedarf benötigte Kleinmenge an Schrötlingen nachproduzieren, und man wird daher auch wenig Überschüsse herstellen. Im Falle einer Nachproduktion von Schrötlingen im kurzfristigen Bedarfsfall wird eine Wiederaufnahme des Gießverfahrens sicher immer zeitaufwendiger sein und bei Kleinstmengen kaum effizient. (Allerdings wird der Überschuß bei einer kaum unterbrochenen Prägetätigkeit vielleicht kaum eine Rolle gespielt haben.)

Kurz: Den wichtigsten Gesichtspunkt sehe ich nun eben darin, dass Stangen als Rohmaterial für Schrötlinge die schnelle und arbeitseffiziente Herstellung von Schrötlingen ermöglichen und in der Prägestätte den Prozess von Schmelzen (Energiekosten) und Gießen (Zeitfaktor) ersparen - und insofern für den wirtschaftlich effizienten Betrieb einer Prägestätte nur Vorteile haben. Metallstangen sind also aus meiner Sicht als Rohmaterial für die Schrötlinge nicht nur sehr plausibel, sondern auch besonders praktisch.

Aber damit bin ich natürlich überhaupt nicht der Ansicht, das dieses Verfahren immer und überall angewendet worden wäre. Das Gießen von Schrötlingen wird genauso praktiziert worden sein bzw. wurde auch genauso praktiziert. (Ich denke vor allem bei den Julio-Claudiern war dies wohl üblich, aber das weiß ich nicht bestimmt.)

Grüße
Philipp

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Beitrag von curtislclay » Sa 11.11.06 02:20

Jeder, der versucht hat, eine drei cm dicke Metallstange (Sesterzgrösse) mit einer Metallsäge durchzuschneiden, wird wohl einsehen müssen, dass dieses Verfahren für die Schrötlingsherstellung total unpassend ist! Man bräuchte da, schätze ich, mindestens zehn Minuten pro Schrötling.

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Beitrag von Zwerg » Sa 11.11.06 10:08

curtislclay hat geschrieben:Man bräuchte da, schätze ich, mindestens zehn Minuten pro Schrötling.
Genau darüber grübele ich jetzt nach meinem letzten posting. Ich kann mich noch an meine letzte Gardinenstange erinnern - und die war kein Vollguß! Außerdem ist meine Eisensäge sicherlich besser als eine römische.

Dann benötigt man aber bitte eine andere Erklärung für viereckige bzw. geraspelte Schrötlinge.

Grüße
ZWerg
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Beitrag von chinamul » Sa 11.11.06 11:20

Ich meine, die Erklärung für die bei Sesterzen des dritten Jahrhunderts immer häufiger zu beobachtenden eckigen Schrötlinge bereits geliefert zu haben. Diese können daher wohl aus der Diskussion ausscheiden.

http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... l&start=30
(dort scrollen bis "Eckige" Sesterze!)

Gruß

chinamul
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Beitrag von divus » Sa 11.11.06 16:54

Hallo zusammen!

Nun, also ich habe ja auch schon Metall gesägt und weiss, dass das wirklich kein Spass ist, also diese Arbeit...
Natürlich wäre das Sägen auch mit Arbeit, also Zeit und Energie verbunden. Selbstverständlich.

Wie lange so ein Arbeitsgang dann aber konkret dauern würde, ist für mich schwer abzuschätzen, es hängt doch vor allem von Kraft, Übung und Werkzeug ab.
Zudem denke ich nicht an kleine Ein-Hand-Sägen, sondern natürlich an große Doppelhandsägen, wie man sie vom Holzsägen ja auch kennt, also mind. zwei Arbeiter an einer Säge. Darüberhinaus kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Römer auch mechanische Sägen im Sinne von Kreissägen oder ähnliches bauen konnten. Aber da phantasiere ich jetzt natürlich völlig, also ich weiß über römische Metallverarbeitungstechniken eigentlich nichts.

@Chinamul, deine Erklärung für die eckigen Sesterzen halte ich für durchaus plausibel, aber eben auch nur für eine Erklärung. Ich finde, die Stange und die Säge ist auch und gerade bei den eckigen Sestertii noch nicht aus dem Spiel... ;)

Aber ich muss nochmals betonen, ich schließe weder das eine noch das andere aus. Ich halte nur die Stangen und das Sägen für eine ebenso praktikable wie praktische Verfahrensweise, die bestimmt Anwendung gefunden hat, die aber sicher nicht für die einzige Methode war - und vielleicht eben in der Sägearbeit gerade den entscheidenden Nachteil hat, der eine verhinderte, dass ausschließlich so produziert wurde. Aber ich habe bisher noch kein wirklich schlagendes Argument gehört, dass diese Theorie völlig widerlegen würde.

Grüße euch,
Philipp 8O

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Beitrag von divus » Sa 11.11.06 16:59

(...der smiley am Schluss ist ein Versehen und hat jetzt keine Aussage oder so...)

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Beitrag von beachcomber » Sa 11.11.06 17:04

hallo divus,
bei den 'viereckigen' sesterzen besteht wohl kein zweifel an chinamul's darstellung - ich habe mehrere sesterze wo man klar und deutlich die spuren des trenn-meissels sieht, und zwar häufig nicht nur einseitig, sondern beidseitig, als ob das 'flacheisen' (in diesem falle natürlich 'flachbronze' :) ) nach dem ersten schlag umgedreht, und dann mit dem zweiten durchtrennt wurde.
was nun deine sägespuren angeht, könnten es nicht auch feilspuren sein? vielleicht um den schrötling vor dem prägen noch mal zu glätten?
grüsse
frank

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Beitrag von Zwerg » Sa 11.11.06 21:21

Ich habe mal ein wenig gelesen (nicht ganz tiefschürfend)

Es gibt keine literarische Überlieferung zur Produktion der Münzen. Unsere Erkenntisse beruhen also nur auf dem, was uns die Münzen selber "sagen" können.

Die klassische Herstellung (in der gesamten Antike) besteht im Gießen der Schrötlinge, dies bedarf kaum einer Diskussion (außer - wurden die Münzen mit kalten oder heißen Schrötlingen geprägt? Dies bedingt dann die Menge der Münze je Stempel, damit man die Menge der Münzproduktion kennt, wenn die Stempel bekannt sind . Bei einigen griechischen Städten gibt es solche Stempelkorpora)

Die "Ausreißer" unserer Dískussion (viereckige Sesterze etc.) sind bekannt - es gibt aber keine Lösung. Möglicherweise hat es sich um Versuche gehandelt, die Produktion zu vereinfachen.

Diese recht singulären Abweichungen scheinen wohl wirklich auf Versuchen zu beruhen, eine andere Technik in die Münzprägung einzuführen. Es mag ein Meißel, eine Schere, eine Säge gewesen sein - wir sind hier auf "experimentelle Numismatik" angewiesen.

Also - fröhliches Diskutieren

Grüße
Zwerg
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Beitrag von Homer J. Simpson » So 12.11.06 00:00

Metallstangen sind gegenüber Schrötlingen eine feine Sache für den Transport, aber das In-Scheiben-Sägen von massiven 3 cm dicken Metallstangen ist natürlich eine solche Sch...-Arbeit, daß das in den großen Mengen von Hand nicht gelaufen sein kann. Ich kann mir nur vorstellen, daß man das dort gemacht hat, wo man eine stationäre Säge (Band- oder Gattersäge) mit einer Wassermühle antreiben konnte. Da konnte man dann an dem Sägemechanismus noch eine Führung und einen Anschlag für die Stange anbauen, damit die abgeschnittenen Scheiben die richtige Stärke hatten, sowie eine Wasserkühlung für die Säge, sonst hätte ein damaliges Sägeblatt wohl ungefähr die Lebensdauer einer Silvesterrakete gehabt. Alles in allem wäre das eine recht exklusive und an etliche Bedingungen geknüpfte Herstellungsart gewesen, und es erscheint mir nicht unmöglich, aber doch fraglich, ob man einen solchen Aufwand wirklich betrieben hat.

Viele Grüße,

Homer
Zuletzt geändert von Homer J. Simpson am So 12.11.06 00:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Wurzel » So 12.11.06 00:08

Hallo,
das einzige was ich zu dieser interessanten Diskussion beitragen kann:

Aus meiner Zeit als Installateur weiß ich noch das sich Messing relativ leicht sägen ließ, das selbe galt auch für Kupfer. Aber ob dies auch für die Sägen vor 1500 Jahren gültigkeit hat kann ich nicht sagen.

Liebe Grüße Michael
http://www.wuppertaler-muenzfreunde.de/

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Beitrag von divus » So 12.11.06 14:05

Schönen Sonntag zusammen!

Also ich habe mir nochmals so meine Gedanken gemacht, und mir sind einige Fragen gekommen.

Zunächst möchte ich nochmals sagen, dass ich hier nicht gegen das Schmelzen/Gießen von Schrötlingen argumentiere.
Allerdings habe ich den Eindruck, wenn ich mir manche Epochen ansehe, während denen Schrötlinge sicher gegossen wurden, so scheint es ein technisches Problem gewesen zu sein, kleine Schrötlinge herzustellen.
Liege ich mit meinem Eindruck daneben? Oder weiß jemand etwas darüber? Gibt es Grenzen im Verhältnis von Gußschale zu Gußmulde? Also gibt es technische Grenzen bei der Herstellung sehr kleiner, daher flacher Schötlinge? Ich kann das nicht beurteilen, ich könnte mir aber vorstellen, dass hier eine Problematik der Gußtechnik liegen könnte.
Weiters möchte ich auch daran erinnern, dass gegossene Schrötlinge in der Regel noch entgratet werden mussten und auch wurden, wenn man sich das Material betrachtet.
Und als Fußnote ist bei mir irgendwo hängengeblieben, dass bei Aes der Zinngehalt die Bearbeitungsfähigkeit der Legierung bestimmt (Kalt- oder Warm-Verformung). Es gibt da also auch in dieser Hinsicht technische Grenzen und Probleme.

Es ist doch nun aber offensichtlich, dass bei der Schrötlingsproduktion auch andere Herstellungmethoden praktiziert wurden als das Gießen. Allein schon aus der Materialschau wären viele Schrötlingsformen nicht zu erklären - und umgekehrt, die römischen Münzen müssten doch ungleich uniformer auf uns gekommen sein. Wenn man sich auf das Gießen beschränkt hätte, wäre es doch ein leichtes gewesen, die Münzen völlig einheitlich in Dicke, Durchmesser und Rundheit herzustellen.


Die Zain-Theorie ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Zunächst fand ich sie sehr anregend und fast überzeugend.
Inzwischen, je länger ich darüber nachdenke, wirft die Theorie für mich aber mehr Fragen auf als sie Lösungen bietet.

Ich möchte es mal durchspielen:

Wo bekomme ich Zaine überhaupt her. Ich könnte Barren oder Stangen umschmieden. Das ist zweifelsfrei möglich, aber mit einem zusätzlichen Arbeitsgang verbunden.
Man könnte auch direkt in den Hütten (anstatt Barren oder Stangen) gleich Platten als Zaine herstellen. Das ist ganz sicher ebenso möglich.
Welche Form (Barren, Stange, Platte) nun aber schmiedetechnisch den größeren Aufwand bedeutet, kann ich nicht beurteilen. Da müsste wohl ein Schmied oder anderer Fachmann etwas aussagen können.

Ich gehe nun weiter davon aus, dass ich Zaine in der Prägestätte habe. Wie bekomme ich nun meinen Schrötling?

Ich nehme eine Metallplatte und schlage mit einem Meißel und kräftigen Hieben mehr oder weniger viereckige Stücke aus dem Metall?
So habe ich die Zain-Theorie jedenfalls verstanden:
Um die Form der "viereckigen Sesterze" zu erklären, müsste der Meißel in der Breite ja geringer sein als der Durchmesser des Schrötlings. Ich schlage dann also viermal ins Metall, wobei der künftige Schrötling an den Ecken noch fest mit dem Zain verbunden ist. Danach wäre der Schrötling aus dem Metall gebrochen worden und die Ecken wären so gleichmäßig "rund" geworden.
Aber wie soll das denn gehen?

Hat jemand von euch schon mal versucht, aus einer 1 bis 3 cm dicken Metallplatte etwas "herauszubrechen"?
Selbst wenn der Schrötling "nur" an den Ecken mit dem Zain verbunden ist, wie breche ich den Schrötling denn aus dem Zain heraus, ohne ihn zu zerstören, zu verbiegen oder zerkratzen? Wie sollen die Bruchstellen an den Ecken immer gleichmäßig mehr oder weniger abgerundet abbrechen?
Wären denn nicht weit größere Schwankungen in den Durchmessern zu erwarten, wenn wirklich jeder einzelne Schrötling auf Augenmaß (oder nach Anriß) von Hand herausgemeißelt würde? Bei Massenproduktion stelle man sich das vor...
Warum nehme ich nicht gleich einen Meißel, der so breit oder breiter ist wie der Schrötling und schlage dann ganz bequem einen quadratischen Schrötling aus der Platte?
Warum zerschneide ich nicht gleich die Platte in gleichmäßige Quadrate und erspare mir damit auch noch den Ausschuß?
Wie ist überhaupt der enorme Materialüberschuss bei der Zaintechnik zu tolerieren? Das reichlich übergebliebene Material muss ja immer wieder eingeschmolzen und geschmiedet werden?
Und überhaupt - warum nimmt man nicht gleich halbrunde Meißel?

Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Produktion von Schrötlingen aus einem Zain sinnvoll ist.
Zaine sind aus meiner Sicht eine Technik, die aus Kosten/Nutzen-Gründen nur dann sinnvoll ist, wenn gleichzeitig mehrere Schrötlinge gestanzt werden können. Stanzen ist hierbei das Stichwort, und damit sind wir bei doch ganz anderen Techniken (und Zeiten).

In Bezug auf Spuren auf Münzen, so könnten sich manche sicherlich als Meißel-Spuren erklären, aber kaum so absolut. Ich habe jedenfalls keine Münze, bei der ich die Spuren ausschließlich auf einen Meißel zurückführen müsste.
Ich habe mir eben 26 Sesterzen aus dem dritten Jahrhundert betrachtet, und ganz abgesehen davon, dass keiner dabei war, der wirklich richtig "viereckig" war, habe ich bei keinem einzigen Spuren entdecken können, die ich auf einen Meißel zurückführen würde.
Lege ich diese Münzen aber in "umgekehrter Salami-Taktik" aneinander, so sehe ich die Metallstange quasi direkt vor mir, von der man die Schrötlinge abgesägt haben könnte.
Jeder Schrötling ließe sich von seiner Form her sehr plausibel als Salamistückchen einer Stange erklären.
Schmiede ich eine Stange, so wird die Stange bei jedem Schlag durch das Hammer und Amboß-Prinzip von zwei Seiten bearbeitet, eine mehr oder weniger viereckige Form ist daher sehr schnell hergestellt.
Vor allem wird eine Stange dann etwa viereckig, wenn man sie eigentlich rund schmieden wollte, aus Zeit- oder anderen Gründen aber schnell arbeitet und dann eben nur mehr oder weniger runde Stangen herstellt. Die Stangen sollten also m.E. eigentlich rund geschmiedet werden, auf die korrekte und vollständige Ausführung hat man aber nicht immer oder immer weniger wert gelegt. (Damit lassen sich auch die vielen individuellen Abweichungen in der Form erklären, die durch Meißel so nicht enstehen können, oder für die weit mehr als 4 Meißelhiebe benötigen würden).

Mein Fazit: Der große Vorteil den Metall bietet, ist doch seine Verformbarkeit und Wiederverformbarkeit. Diese Eigenschaft hat zu einer technischen Revolution der Menschheit geführt. Warum sollte man dann ein formbares Rohmaterial nach der Verhüttung nicht bereits in die Form bringen, die das Endprodukt haben wird?
Die Stange als Rohmaterial für Schrötlinge erscheint mir daher als logisch, praktisch, kostengünstig und enorm effizient.

Grüße
Philipp

PS: @beachcomber, die Spuren auf der Antiochia-Münze, die diesen Interessanten Gedankenaustausch angestoßen hat, halte ich nicht für Sägespuren, ich denke wie du an Feilspuren zur Glättung. Ich halte aber die Sägetechnik an sich eben für sehr plausibel.

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