Aurelian As - ein Spitzenstueck?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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chinamul
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Beitrag von chinamul » So 12.11.06 15:09

Hallo divus!

Könnte es sein, daß Du in meinem Beitrag über die "eckigen Sesterzen" das entscheidende Wort "hochkant" überlesen hast?
Und wie erklärst Du Dir die zahlreichen Sesterzen des dritten Jahrhunderts mit deutlichen Bruchrauhigkeiten bis hin zu veritablen Ausbrüchen an den Längsseiten?
Ich habe hier als nur eines von etlichen Beispielen aus meiner Sammlung mal einen Sesterz von Gordianus III abgebildet. Wegen der Deutlichkeit in unterschiedlichen Maßstäben zeigt das linke Bild die Seitenansicht der Münze. Die in Seitenansicht abgebildete Bruchkante liegt bei der Aufsicht auf die Münze links. Für diese Erscheinung ist nach meiner festen Überzeugung keine andere Erklärung denkbar als die von mir dargelegte.
Und aus einem größeren Gußrohling einen halbwegs maßhaltigen Bronzezain mit einem Rechteckquerschnitt zu schmieden oder gar zu walzen dürfte für einen geübten römischen Schmied "eine der leichtesten Übungen" gewesen sein, besonders wenn das Material erhitzt war.

Gruß

chinamul
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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » So 12.11.06 19:17

ich habe mir mal ein paar gedanken zur gusstechnik gemacht.
anfangen will ich sehr früh - in der bronzezeit- weil meine älteste 'münze' (ein bronzebarren mit 7,2kg den ich vor ein paar jahren hier bei ausbaggerugsarbeiten an meinem heimatfluss gefunden habe) schon techniken zeigt, die bei den keltiberischen bronzen die im 1. jh zur römerzeit geprägt wurden, noch fast genauso angewandt wurde.
diese barren wurden in formen, die aus stein ausgehöhlt wurden, gegossen und dann auseinander gebrochen.
fig3 zeigt wie ein solcher 'gussbaum' ungefähr ausgesehen hat:
das metall floss in eine rinne, das mit abzweigungen versehen war, die dann in kreisförmigen vertiefungen endeten. dadurch entstand eine form die ein kugelsegment darstellt. auf der oberfläche plan, und nach unten dann gerundet.
auf dem foto sieht man noch deutlich den anguss, wo der barren von dem rest abgebrochen wurde.
fast genauso gingen die iberer bei der herstellung ihrer schrötlinge vor. auch diese sind auf einer seite plan, auf der anderen seit abgerundet, was mich denken lässt, dass auch diese schrötllinge in einer offenen halbform gegossen wurde. auf den beispielfotos kann man deutlich den anguss und die viertelkreisförmige seitenansicht von iberer-bronzen erkennen.
im unterschied zu der bronzezeit ,wurden hier aber wohl keine 'gussbäume' benutzt, sondern die aushöhlungen waren hintereinander angelegt (fig4).
das hatte wohl den vorteil, dass kein material verloren ging und wieder eingeschmolzen werden musste.
bei den fotos sieht man, dass auf der dem anguss gegenüberliegenden seite, ein abbruch erscheint, wo der nächste schrötling abgebrochen wurde.
was nun die römischen bronzen des dritten jh. angeht, so denke ich, dass diese nicht in offene halbformen gegossen wurden, sondern in eine 'eierstabform' (aus zwei halbschalen)wie ich es in fig1 versucht habe darzustellen. nachdem dieser stab aus der form genommen wurde, wurde er flachgeschlagen (oder vielleicht schon gewalzt?)(fig2) und dann an den schmaleren stegen mit einem meissel durchtrennt.
diese form würde alle erscheinungsbilder dieser sesterze erklären, warum sie nicht vollkommen rund sind, und warum man noch meisselspuren oder abbruchkanten erkennen kann.
die vorteile bei einer solchen herstellungsweise sind klar: die formen sind relativ einfach herzustellen, es gibt keinen materialverlust, die angüsse sind so gross, dass das material gut fliessen kann ohne kanäle zu verstopfen. das halbprodukt ist gut zu verstauen und zu transportieren, und relativ gleichmässig grosse schrötlinge sind so einfach und schnell herzustellen!
grüsse
frank
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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » So 12.11.06 19:25

da man nur 5 attachments hinzufügen kann, kommen hier jetzt die restllichen beispielfotos, und entschuldigt die fürchterlichen zeichnungen, aber ich hab's einfach nicht drauf :)
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divus
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Beitrag von divus » So 12.11.06 19:30

Hallo chinamul!

Zunächst einmal hoffe ich doch sehr, und ich bin auch der festen Überzeugung, dass Du meine Bedenken gegen die Meißel-Theorie nicht irgendwie persönlich auffasst. Mir geht es sicher nicht ums "Rechthaben", und ich lasse mich jederzeit gerne von einer guten Theorie überzeugen - aber meine Zweifel sind noch nicht ausgeräumt. Oder ich habe deine Theorie noch nicht ganz verstanden. ;)

Ich habe tatsächlich das Wort "hochkant" überlesen (und ich glaube allerdings beachcomber auch, bei der Schilderung seiner Beispielmünze?), allerdings vergrößert sich dadurch mein Verständnis des ganzen Vorgehens nicht unbedingt.

Ich verstehe Dich also richtig, dass Du davon ausgehst, den Zain bzw. eine Metallplatte an der Kante aufzustellen, um dann von oben in die schmale Kante die Schnitte zu treiben/meißeln?

Das widerspricht zunächst einmal meinem physikalischen Gefühl, eine Platte an der schmalsten Seite aufzustellen und an den instabilsten Flächen zu arbeiten. Aber ich gehe mal davon aus.
Ich fixiere dann also den Zain an einem Schraubstock oder ähnlichem und stabilisiere auch den Untergrund, um der Wirkkraft einen Widerstand entgegen zu setzen.
Dann setze ich mit einem Meißel oder Hackeisen an der schmalen Kante der Platte an und treibe einen ca. 3 cm tiefen Schnitt in das Metall. Um abermals 3 cm versetzt treibe ich einen zweiten Schnitt in die Platte. Verstehe ich deine Theorie so richtig?
Dann breche ich den angedeuteten und an nur zwei Seiten beschnittenen Metallquader heraus?
Oder drehe ich die Platte um 45° und treibe einen dritten Schnitt in das Metall und erhalte so einen kleinen Metallquader, der allerdings scharfe Ecken haben müsste?
Das mag so funktionieren, allerdings würde der so entstandene Schrötling doch ganz anders aussehen, wie die Sesterzen, die uns hier vornehmlich beschäftigen. Vor allem sind lange, gerade Schnittkanten an mindestens zwei Seiten zu erwarten. Die Ausbrüche an Sesterzen wie bei der von Dir abgebildeten Münze erklärt eine solche Technik nach meiner subjektiven Vorstellung der Vorgehensweise eigentlich nicht.

Auf der anderen Seite könnte ich die Schrötlingsform Deines Stückes von der Stangen/Säge-Theorie ausgehend und nach meinem Empfinden recht plausibel erklären:

Zunächst sind die Stangen, so wie ich sie mir vorstelle, natürlich eben nicht richtig rund, sondern grob auf Rundheit geschmiedet/gehämmert. Dabei können natürlich Unregelmäßigkeiten in vielfältigster Erscheinungsform auftreten.
Darüber hinaus können bei Transport und Zurechtschneiden/-hacken von Einheiten weitere Verletzungen und Deformierungen der Oberflächen geschehen, die der spätere Schrötling dann ja weiterhin vorweist.

Nicht zuletzt kann ich mir beim konkreten Sägen sehr gut vorstellen, die Stange nicht bis ganz durch zu sägen, sondern bei den letzten Millimetern aufzuhören und dann mit einem Werkzeug den Schrötling abzuhebeln (jeder der mal gesägt hat weiß ja, dass das Durchsägen ziehmlich viel Kraft kostet, wenn man ins Leere durchstößt).
Dabei würde das Metall der letzten Millimeter brechen und bei dem Schrötling entweder einen Ausbruch der Art hinterlassen, wie man es bei Deinem Stück wunderbar sehen kann, oder aber es würde Material überstehen, das wiederum abgebrochen werden müsste, abgeschleift oder abgehackt.

Ich halte das für eine sehr einfache und deswegen plausible Erklärung für viele schwer erklärbare Schrötlingsformen - und auch für den hier vorgestellten Gordian.

Ich grüße Dich und alle herzlich,
Philipp

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Beitrag von divus » So 12.11.06 19:33

@beachcomber,

habe Deinen interessanten Ausführen erst nach meinem posting gesehen. Sehr interessant...
;)

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chinamul
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Beitrag von chinamul » So 12.11.06 20:02

Hallo divus!

Natürlich gehe ich davon aus, daß ein "Schrötlingsabhacker" nicht alleine gearbeitet hat, sondern daß ihm ein Kollege mit einer Zange den Zain senkrecht gehalten hat. Mit dem Meißel wurde dann eine ca. 3 - 5 mm tiefe Kerbe von oben in die hohe Kante gehauen, dann ca. 25 mm weiter die nächste, bis der Zain zu Ende war. Dann stellte man den Zain auf die gegenüberliegende hohe Kante und schlug dort jeweils möglichst genau gegenüber der alten Kerbe eine neue ein. Dann wurde der Zain platt über eine scharfe Kante (etwa ein Amboß) gelegt und mit einem Hammerschlag jeweils ein über die Kante hinausragender Schrötling an der so markierten Sollbruchstelle abgeknackt. Die ursprünglichen Ränder des Zains waren bereits verhältnismäßig glatt gewesen, und die Flanken der Kerbe waren durch den glatten Meißel ebenfalls schon geschlichtet. Dadurch konnte sich beim Prägevorgang dort eine annähernde Rundung ergeben, die man als Korbbogen charakterisieren könnte und die an vielen Exemplaren zu sehen ist. Die Bruchkanten allerdings blieben eher rauh und waren dazu noch meist mehr oder weniger gerade, wie auch mein letztes Bildbeispiel sehr deutlich zeigt.

Gruß

chinamul
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Beitrag von beachcomber » So 12.11.06 20:57

hallo chinamul,
dass die schrötlinge nicht immer hochkant getrennt wurden, zeigt glaube ich dieser sesterz ganz gut.
hier kann man auf beiden gegenüberliegenden seiten gut erkennen, dass die schrötlinge flach liegend getrennt wurden.
im übrigen würde ich die liegende methode für allgemein einfacher halten, da sie von einem mann ohne schraubstock ausgeführt werden konnte.
grüsse
frank
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Beitrag von chinamul » Mo 13.11.06 11:05

Hallo beachcomber!

Tut mir leid, aber die Spuren einer Durchtrennung eines liegenden Zains, eines Schrötlings oder auch einer fertigen Münze mit einem Meißel sehen, wie nachfolgende Abbildungen zeigen, anders aus. Immer findet man an der Seite, von der aus der Meißel angesetzt wurde, eine glatte und gerade Schnittfläche. Allerdings konnten dickere Objekten durchaus auch mal Bruchflächen aufweisen, wenn es zur Trennung kam, bevor der Meißel bis zur anderen Seite durchgedrungen war. Das konnte besonders immer dann der Fall sein, wenn die Schneide des Meißels zu stumpfwinklig war und daher die Hälften seitlich weggedrückt wurden. Sie rissen dann auseinander, bevor der Meißel selbst die Trennung vollenden konnte. Selbst dann aber bleibt auf der Seite, von der aus die Trennung vorgenommen wurde, die glatte und gerade Meißelspur erkennbar.

Gruß

chinamul
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Beitrag von beachcomber » Mo 13.11.06 12:19

hallo chinamul,
die fotos deiner beispiele zeigen deutlich wie ein meissel angesetzt wurde, und dann das stück gebrochen wurde.
aaber - diese beispiele zeigen münzen die nach der prägung zerteilt wurden.
bei einer zerteilung der schrötlinge durch einen meissel folgt dann immer noch die prägung, und damit eine neue umformung, die das erscheinungsbild der trennstelle durchaus noch verändern kann.
ich habe jedenfalls keine andere erklärung bei meinem valerian, als eine meissel-trennung des schrötlings bei liegendem material.
ich füge noch mal ein beispiel an, das, genau wie deine beispiele nach dem prägen getrennt wurde, aber wie man (hoffentlich) sieht, von zwei seiten mit dem meissel bearbeitet wurde, und damit dem erscheinungsbild der schnittstellen bei meinem valerian sehr nahe kommt.
im übrigen denke ich , dass durchaus beide trennungsvarianten zum einsatz gekommen sein können, und das wichtige ist doch, dass man die viereckigen sesterzen durch den gebrauch von metallstreifen und meissel erklären kann.
grüsse
frank
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Beitrag von chinamul » Mo 13.11.06 12:48

beachcomber hat geschrieben: ... und das wichtige ist doch, dass man die viereckigen sesterzen durch den gebrauch von metallstreifen und meissel erklären kann.
Ich will gar nicht bestreiten, daß man möglicherweise mehrere Verfahren angewandt hat. Es wäre ja auch wirklich eigenartig, wenn sich in verschiedenen Ateliers nicht auch unterschiedliche Arbeitsweisen herausgebildet hätten. Schließlich sind die Römer bei aller Perfektion in der Durchorganisierung ihrer Verwaltung keine Deutschen, die mit rigiden Vorschriften immer alles bis ins letzte Detail zu regeln bestrebt sind. Das hat uns als Nation mal stark gemacht, ist jetzt aber wohl eher geeignet, uns wirtschaftlich zu lähmen und dadurch möglicherweise am Ende zu ruinieren :twisted: . (Der letzte Satz gehört zwar strenggenommen nicht zum Thema, mußte aber vielleicht auch mal gesagt werden!)

Gruß

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Beitrag von quisquam » Mo 13.11.06 14:56

Ich habe nochmal in „Antike Metallurgie und Münzprägung“ von Moesta/Francke nachgelesen. Dort ist zwar keine Erklärung für die „eckigen“ Bronzen zu finden, der eine ober andere Punkt ist aber vielleicht ganz interessant.

Schrötlinge aus Stangen:
In einer gallorömischen Münzwerkstatt bei Saargemünd, in der Imitationen von Tetricus-Antoninianen hergestellt wurden, hat man gegossene Stangen aus Bleibronze von etwa 0,7 cm Durchmesser gefungen. Diese Stangen wurden durch je vier um etwa 90 Grad versetzte Meißelhiebe ringsum soweit eingekerbt, dass die so entstandenen Scheiben abgeborochen werden konnten. Vor dem Prägen sind diese noch plattgehämmert worden - die dafür notwendigen Werkzeuge und Halbfabrikate sind ebenfalls gefunden worden.
Als „Schrotmeißel“ bezeichnet man laut Moesta/Francke noch heute einen Meißel zum Trennen von Stangenmaterial, möglicherweise hat diese Bezeichnung seinen Ursprung in der Schrötlingsherstellung.

Schrötlinge aus Blech:
Die ersten aus Blech bzw. dünnen Metallblöcken aus Bronze hergestellten Münzen tauchen in Ägypten um das 2. Jhdt. n. Chr. auf. Dieses Verfahren wurde später in großem Umfang für die Edelmetallprägung verwandt (Mittelalter, spätes Byzanz). Ob dieses Verfahren von den Reichsrömern jemals angewendet wurde wird mit keinem Wort erwähnt.
divus hat geschrieben:Und als Fußnote ist bei mir irgendwo hängengeblieben, dass bei Aes der Zinngehalt die Bearbeitungsfähigkeit der Legierung bestimmt (Kalt- oder Warm-Verformung). Es gibt da also auch in dieser Hinsicht technische Grenzen und Probleme.
Es ist so, dass Bronze kalt ungleich besser verformbar ist als heiß. Bronze ist ab einem Zinngehalt von nur 1,3 Prozent problematisch, da sich spröde Phasen ausbilden können. Ab etwa 5 Prozent Zinn ist ein heißes Verformen von Bronze kaum noch möglich während sie kalt noch viermal besser verformbar ist. Ab etwa 12 Prozent Zinn wird das Schmelzdiagramm sehr komplex und spröde Phasen lassen sich kaum vermeiden.

Ich glaube diese „geradkantigen“ Schrötlinge, um die die Diskussion im Augenblick geht, bislang nur bei Orichalcum-Münzen (Dupondien und Sesterzen) gesehen zu haben, nicht aber bei Kupfer-Assen. Täuscht mein Eindruck? Asse waren meines Wissens zu allen Zeiten aus recht reinem Kupfer, während sich die Zusammensetzung des Orichalcums mit der Zeit sukzessive änderte. Ich halte es für sehr gut möglich, dass ab einem gewissen Legierungsverhältnis oder durch neue Legierungsbestandteile neue Herstellungsverfahren notwendig wurden, wie auch immer sie im Detail ausgesehen haben mögen.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Beitrag von chinamul » Mo 13.11.06 17:20

quisquam hat geschrieben:Ich glaube diese „geradkantigen“ Schrötlinge, um die die Diskussion im Augenblick geht, bislang nur bei Orichalcum-Münzen (Dupondien und Sesterzen) gesehen zu haben, nicht aber bei Kupfer-Assen. Täuscht mein Eindruck?
Nein, Dein Eindruck trifft zu.
quisquam hat geschrieben:Ich halte es für sehr gut möglich, dass ab einem gewissen Legierungsverhältnis oder durch neue Legierungsbestandteile neue Herstellungsverfahren notwendig wurden, wie auch immer sie im Detail ausgesehen haben mögen.
Diese interessante Feststellung deckt sich mit der Tatsache, daß sich im ersten Drittel des dritten Jahrhunderts aufgrund einer Verknappung des Zinks die ursprüngliche Legierung der Sesterzen und Dupondien von einer goldgelben Kupfer-Zink-Mischung (also Messing) allmählich immer stärker in Richtung einer eher bräunlichen Kupfer-Zinn-Mischung (eben Bronze) verschob. Das Zusammentreffen der Änderung der Legierung und das Auftauchen der hier behandelten Schrötlingsformen legt also tatsächlich die Vermutung nahe, daß hier neben dem zeitlichen auch ein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Gruß

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Beitrag von Chippi » Mo 13.11.06 17:34

Klingt logisch. Dann könnte man die Eckigkeit der Großbronzen auch auf die neue Herstellungsart zurückführen und nicht auf "Schlamperei".
Sieht so aus, als hätten wir die Ursache für die Erscheinungsform gefunden, aber noch nicht die Entstehung. Die Tatsache mit den Assen bestätigt das Ganze.
Macht weiter so!

Gruß Chippi

PS: Wäre eine Umbenehmung des Titels nicht sinnvoll? Mit Aurelian hat die Diskussion nur noch periphär etwas zu tun. Oder gar trennen?
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von chinamul » Mo 13.11.06 17:59

Solche Abschweifungen passieren immer wieder, aber man sollte sich nicht allzusehr daran stören. Immerhin hat sich hier eine sehr fruchtbare Diskussion entwickelt.
Allerdings wüßte ich nicht, ob eine Umbenennung etwas bringt und wie das technisch gemacht werden könnte, damit man diese Darlegungen später einmal wiederfindet.
Ich habe schon überlegt, ob man Diskussionen, auf die man später schnell mal gezielt zugreifen können möchte, nicht mit einem oder notfalls auch mehreren ganz charakteristischen "Markern" innerhalb des Textes versieht, also Begriffen, auf die sich in der Suchfunktion nicht gleich zig andere Threads melden, die man dann alle durcharbeiten muß. Im vorliegenden Fall könnte das etwa "Zainhacker" sein. Dann fehlt nur noch ein Register dieser Marker, bei denen in Kurzform der jeweilige Bezug skizziert werden würde. Das würde allerdings eine Heidenarbeit bedeuten und wohl auch kaum umfassend zu leisten sein.
Vielleicht sollte man aber trotzdem mal gemeinsam drüber nachdenken und mit ganz viel Mut zur Lücke einfach mal ausprobieren, ob es funktionieren könnte.

Gruß

chinamul
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Beitrag von helcaraxe » Mo 13.11.06 19:13

Oder solche Diskussionen mit vielen Beiträgen mit Genehmigung der Verfasser in einen (langen) Beitrag unter einem aussagekräftigen Titel kopieren und diesen dann in einem eigenen Thread, der zum Beispiel als Wichtig markiert wird, plazieren. Das würde auch die Lesbarkeit erhöhen, da immer wieder vorkommende abschweifende (oder polemische) Beiträge ausgelassen werden könnten.

So könnte der (wissenschaftliche) Erkenntniswert dieser Beiträge besser konserviert werden.

Wäre vielleicht auch was für eine interne Diskussion.
Viele Grüße
helcaraxe
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