Gibt es Folles aus masivem Silber???

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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dionysus
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Beitrag von dionysus » Fr 10.11.06 15:02

hi

also bei den Markstücken variiert die Dicke zwischen 0.9mm und knapp 1.2mm
aber leider hab ich auch keine unc. stücke da.
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ChKy
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Beitrag von ChKy » Fr 10.11.06 15:10

Darum wollte ich ja auch im Katalog nachschauen, welche angaben die evt. machen Ich habe ein paar unc. Stücke. Aber nicht im Labor ;-)

Und wie wäre es mit einer Meßreihe, bei der man die Dicke der Münze an vielen verschiedenen Stellen mit einer Schieblehre misst (und dann mittelt und auch die Abweichung vom Mittelwert mit angeben kann)? Wollte ja nur mal wissen, ob die Dichte des Follis wirklich über der von Kupfer liegt. Die Referenzen wären theoretisch kalkulierte Werte. Für das Silberstück:

3,14159x1,2cm2x0,12cm=0,5428 cm3
5,55g/0,5428cm3=10,224g/cm3 für 900er Silber

aber ich will ja nicht nerven... :-(
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divus
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Beitrag von divus » Fr 10.11.06 17:00

SALVE.

Zunächst einmal herzlichen Dank an alle, die sich hier mit Meinungen und Kommentaren beteiligen!

Ich finde naturwissenschaftliche Ansätze sehr spannend und oft erhellend. Ich hatte mal Kontakt mit einem Metallurgen. Vielleicht krame ich den mal wieder heraus...

Falls jemand ein wenig rechnen möchte, die Dicke der Münze:
2,6mm (linke Münzhälfte) 3,3mm (Portrait) 2,5mm (rechte Münzhälfte).
(Ich selbst habe Mathe und Physik mit je zwei Punkten abgeschlossen - und halte mich daher hier lieber zurück... ;)

Wenn es nicht so problematisch wäre, würde ich nach Gefühl und Augenschein einfach sagen, das Ding ist Silber und fertig.
Aber so einfach können wir uns es hier nicht machen. Meiner Erfahrung nach ist jede noch so verrückte Therorie, die ein gewöhnliches Stück und seine besonderen Umstände erklären kann, plausibler als die voreilige Proklamation einer neuendteckten "Megararität", die keinerlei Vergleichsstücke kennt, und die zudem ein neues Licht auf die Diokletianische Münzreform werfen würde. Also ich glaube an eine nüchterne "natürliche Erklärung".

Ich habe mir auch meine Gedanken gemacht, und möchte hier mal drei Theorien bzw. Spekulationen zur Diskussion stellen.

Spekulation 1:
Annahme: Die Münze ist antik und massives Silber.
Theorie: Eine Art Probeabschlag, allerdings nicht für technische Zwecke, sondern zur Präsentation bei der Magistratur/beim Kaiser resp. Caesar. Wenn es dabei nur um die Qualität der Stempel ging, wäre aus ästhetischen Erwägungen ein Vollsiberabschlag durchaus denkbar. Silber war in der Prägestätte Trier vorhanden, und der Aufwand, einige Silberschrötlinge herzustellen, wäre für "interne Zwecke" nicht übertrieben. Das Material ist da, die Arbeiter sind da, bezahlt werden müssen die eh, also quasi keine Unkosten.

Spekulation 2:
Annahme: Die Münze ist antik, AE aber versilbert.
Theorie: Eine nachträgliche Versilberung zu Schmuckzwecken. Sei es in der Antike geschehen oder irgendwann auf der Zeitreise in die Neuzeit. Wäre denkbar, dann wäre die Versilberung allerdings von höchster Qualität und enorm dick, aber warum nicht. Vielleicht hat sich da jemand richtig Mühe gegeben.

Spekulation 3:
Annahme: Die Münze ist antik, die Legierung ein "Unfall".
Theorie: Da saß im römischen Trier etwa im Frühling 295 ein junger Arbeiter an den Legierungskübeln, der frisch verliebt war. Wäre er Koch gewesen, hätte er die Suppe versalzen. So hat der gute Mann, der nur seine wunderschöne Angebetete im Sinne hatte, lediglich die Legierung verhunzt, sprich: er hat viel zu viel Silber hinzugegeben.
So kam eine kleine Reihe Silbersudfolles in den Verkehr, die nach dem Sudverfahren nicht mehr von den "normalen" Ausgaben zu unterscheiden waren, aber im Gegensatz zu den gewöhnlichen Stücken die Silberschicht nicht nach wenigen Tagen verloren haben. Solche Münzen verschwinden freilich gleich wieder in Horten oder werden sofort eingeschmolzen. Insofern würde hier eine an sich "normale" Silbersudmünze vorliegen, deren Silbergehalt anstatt der (wenn ich mich jetzt nicht irre) üblichen 8-10% bei ungewöhnlichen 50-70% oder mehr liegt. Und anstatt der wenige milli- oder mikrometer dicken Silberschicht haben wir hier eine massive Schicht, die vielleicht fast bis in den Kern gereicht.
Dass der junge Prägearbeiter seinen Job verloren hat, nachdem das Silber früher als geplant verbraucht war, muss hier nicht noch erwähnt werden. Bleibt zu hoffen, das wenigstens die Liebesgeschichte glücklich ausging... ;-)

Ich persönlich neige ein wenig der dritten Spekulation zu, weil die "Geschichte" so schön ist.
Mir ist aber klar, dass eine wirklich Klärung wohl nur eine drastische Metallanalyse inklusive Schnitt in bzw. durch den Schrötling bringen kann.

Was denkt ihr?

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Beitrag von Pscipio » Fr 10.11.06 17:08

Frage: wenn es massives Silber wäre, woher dann die kleinen Korrosionslöcher und Risse in der Oberfläche? So etwas sieht man bei antiken Silbermünzen sonst nie. Die Oberflächen der Münze sehen für mich wie die einer normalen AE-Münze aus, nicht wie die einer Silber- oder Silbersudmünze; daher meine Vermutung, dass hier in moderner Zeit etwas herumgefummelt wurde - ich kann aber nicht sagen, was und wie, bin auch ziemlich schlecht in Physik ;)

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

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divus
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Beitrag von divus » Fr 10.11.06 17:27

Hallo Pscipio,

ich gebe dir völlig recht, die Oberfläche muss ich nochmal genau betrachten und sie ist nicht wirklich leicht zu erklären. Allerdings halte ich gerade eine Tetradrachme Traians aus Antiochia in der Hand, die Legierung ist noch ganz guthaltig, aber die Oberfläche weist stellenweise zumindest vergleichbare Strukturen auf wie der Constantius hier.
Insofern plädiere ich immer stärker zu einer recht hochprozentigen Legierung, denke aber immer weniger, dass die Münze wirklich massiv im Sinne von reinem Silber ist.

Wäre denn bei einer modernen Vollversilberung nicht zu erwarten, dass eben genau diese Löcher und Risse überdeckt bzw. von Silber ausgefüllt werden müssten? Aber ich kenne mich technisch da auch viel zu wenig aus...

Noch ein kleiner Nachtrag zu technischen Gegebenheiten der Münze:
Der Klang ist hell und klar. So richtig "pingggg"... Aber das sagt ja auch nichts aus, mein anderer Constantius macht auch "ping" und ist aus fast reinem AE...

Grüße
philipp

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Beitrag von spätrömer » Fr 10.11.06 19:01

Hallo,

an der Stelle darf ich mich nochmal mit meiner Meinung zum "Silber-Klang-Test" zu Wort melden.

Antikes Silber hatte zweitausend Jahre Zeit zum Durchkristallisieren - eine frisch geprägte Münze ist von der atomaren Struktur her dagegen amorph. Wegen der über die Jahrhunderte ausgebildeten Kristallit-Grenzflächen ist die Schallausbreitung in einer echten antiken, guthaltigen Silbermünze gestört, und sie klingt beim Anstoßen mit Metall nicht hell und länger nach, sondern dumpf und kurz. Nehmt mal alte guthaltige Denare und stoßt sie mit dem Ehering oder etwas ähnlichem an: Kein helles "Pliiiing", sondern ein eher dumpfes, kurzes, gedämpft wirkendes "Pleng". Eine moderne Gußfälschung klingt dagegen glockenhell und rein nach.

Ich habe das an einigen Dutzend echten Republik- und Kaiserzeit-Denaren getestet und mit meinen wenigen Gußfälschungen verglichen, es funktioniert recht gut und reproduzierbar. Ein Kupferkern stört diesen Test allerdings.

Wenn die von Euch diskutierte Münze keinen Kupferkern hat und guthaltig ist, aber einen hellen, längeren, reinen Ton abgibt, ist es vielleicht doch eine moderne Fälschung! (Ohne Gewähr).

Viele Grüße von spätrömer
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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Fr 10.11.06 19:55

Hallo, das ist ja eine hochinteressante Diskussion mal wieder! So einen schönen, anscheinend / scheinbar vollsilbernen Großfollis habe ich noch nicht gesehen. Aber ich glaube nicht, daß das ein Vorlagestück für den Kaiser ist, und zwar deshalb, weil die Prägung ja durchaus nicht perfekt ist - auf der Rückseite hat der Genius doch eine leichte Prägeschwäche. Wenn man sich die Mühe gegeben hätte, einen Vollsilberschrötling herzustellen, hätte man ihn auch ohne die kleinen Rißchen gemacht und PERFEKT geprägt.

Ich füge mal ein Bild von einem Kleinfollis aus Trier, Beata Tranquillitas-Serie, bei, der auch auf einem Billonschrötling geprägt zu sein scheint. Um silbern auszusehen, muß eine Legierung wohl etwa 20% Silber enthalten.

Könnte es sein, daß hier ein sehr hübsches Aes-Exemplar (bzw. aus der 5%-Silberlegierung, die diese Folles ja wohl regulär sind) in der Absicht, es schöner und wertvoller zu machen, in neuerer Zeit elektrolytisch versilbert wurde?

Bin gespannt, was wir noch rausfinden. Viele Grüße,

Homer
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Beitrag von andi89 » Fr 10.11.06 20:12

Hallo!

Ich kann leider numismatisch nichts beitragen, möchte mich aber zur Sache mit der Dichte äußern. Die Idee, das Volumen der Münze über Messungen mit einer Schieblehre herauszufinden, ist wohl für die Praxis nur kaum geeignet, weil das viel zu ungenau ist. Man könnte allerdings das Volumen über eine Wägung der im Wasser "schwebenden" Münze bestimmen. Das sollte wenigstene einigermaßen genau werden, aber wie antoninus1 schon sagte, ist es natürlich trotzdem schwer etwas über die Zusammensetzung zu sagen, weil es sich ja wahrscheinlich um eine Legierung handelt.

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Beitrag von n.......s » Fr 10.11.06 20:14

...hier mal ein "normales" Stück vom gleichen Typ .

interessanterweise wiegt mein Stück = 10,48 gr.
- bei einem Durchmesser von 25 - 27 mm
-und einer Dicke zwischen 2,9 - 3,15 mm

Das ist schon erstaunlich - da könnte man glatt auf die Idee kommen , das Stück vin DIVUS sei doch nur versilbert ?

Gruß
Torsten
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