Probleme in der Provinz: Commodus

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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helcaraxe
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Probleme in der Provinz: Commodus

Beitrag von helcaraxe » Di 20.02.07 16:04

Hallo Freunde,

hier habe ich wieder einmal eine Münze, zu der ich Euch um Eure geschätzte Meinung bilde.

Sie ist zwar nicht sonderlich gut erhalten, aber sie ist mir ans Herz gewachsen, weil ich sie zum einen geschenkt bekommen habe und zum anderen, weil es die erste Münze in meiner Sammlung ist, die den Stab des Äskulap zeigt - zu dem ich auf Grund meines Berufes ja eine besondere Affinität habe.

Vielleicht könnt ihr mir sagen, ob meine Bestimmung und Transkription der Umschrift richtig sind? Für weitere Details, die mir an der Münze vielleicht entgangen sind, bin ich natürlich wie immer sehr dankbar! :-)

Eine Frage interessiert mich besonders: Die Umschrift soll laut conarchives die Buchstaben MAP AVPH enthalten, obwohl es eine Münze des Lucius Aelius Aurelius Commodus ist. Leider ist natürlich gerade diese Stelle für mich nicht zu entziffern, was ich durch eckige Klammern in der Beschreibung kenntlich gemacht habe.
Kann man auf Grund dieser Buchstaben jedoch sagen, dass die Münze geprägt sein muss, während Marc Aurel noch lebte und Commodus Caesar war, also 166-180? - Oder bin ich mal wieder auf dem völlig falschen Dampfer?? ;-)

Hier also die Münze:

AE33, Commodus, 180-192(?); 12,6g; dm=33 mm.
Nikopolis ad Istrum, Moesia inferior.
Av.: AVT KAI [MAP AVPH] KOMOΔOC; Büste mit Lorbeerkranz n. re.
Rv.: [N]ЄICOΠ ΠPOC I[ST HGЄM K CEPB]ЄIΛ; Hygieia mit Schlange in den Armen und Asklepios auf Schlangenstab gestützt en face.
AMNG I 1234
Varbanov –
Cop. –
Klag. –
Zuletzt geändert von helcaraxe am Di 20.02.07 17:53, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße
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Beitrag von chinamul » Di 20.02.07 16:18

Hallo helcaraxe!

Im Oktober 180, also ein gutes halbes Jahr nach dem Tode des Marcus Aurelius (17. 3. 180), änderte Commodus seinen Namen von Lucius Aurelius Commodus in Marcus Aurelius C. Das Prägedatum liegt also mit absoluter Sicherheit nach dem Tode des M. A., als C. schon Alleinherrscher war.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Di 20.02.07 16:40

Ahaa! - Mir geht ein Licht auf! Das wusste ich noch nicht. :-)
Ich hatte mir schon gedacht, dass die Münze nach dem Tode Marc Aurels geprägt sein musste, denn sonst hätte Commodus ja nicht den Titel AVΓ , also Augustus führen dürfen.

Vielen Dank, chinamul! :-)

Immer noch meine Frage an die Provinzspezialisten: Stimmt meine Bestimmung soweit?
Viele Grüße
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Beitrag von Peter43 » Di 20.02.07 16:58

Hallo Helcaraxe!

Augustus wurde Commodus bereits 177 als CAES L. AVRELIVS COMMODVS AVG, war also Mitkaiser mit seinem Vater! Alleinherrscher wurde er natürlich erst 180 nach dem Tod seines Vaters als M. AVRELIVS COMMODVS ANTONINVS AVG.
(Kienast, Römische Kaisertabelle)

Die Rs. entspricht AMNG I/1, 1234. Die Legenden werden allerdings von Pick etwas anders angegeben:
Av. AVT KAI M AVRH - KOMODOC
Rv. NEIKOP P....... HGEM KAIK CEROVEIL
Pick schreibt "hinter CER Spuren von zwei Buchstaben (sicher kein B)". Die Legende HGE M KAIK CERBEILI NEIKOPO PROC ICT bezweifelt er!

Mit freundlichem Gruß
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helcaraxe
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und noch eine

Beitrag von helcaraxe » Mi 21.02.07 16:47

Hallo Peter!

Besten Dank für die Hinweise. Provinzprägungen finde ich immer spannender - wenn auch immer noch sehr schwer.

Daher gleich das nächste Stück, an dem ich mich versucht habe, ebenfalls aus Nikopolis ad Istrum:

AE28, Macrinus, 217-218; 13,66g; dm= 28 mm.
Av.: AVT KM OΠEΛ CEV MAKPЄINOC; Büste mit Lorbeerkranz n. re.
Rv.: […] NIKOΠOΛЄITΩN ΠPOC; im Abschnitt ICTRΩN; Nemesis mit Füllhorn, Rad und Messstab.
Geprägt unter dem Statthalter Statius Longinus

Auffällig ist die Schreibweise von Macrinos als Macreinos? Ist das gang und gäbe in griechischer Form oder was Besonderes? (Ich tendiere eher zu ersterem... ;-))

Und: Lässt sich eigentlich zu den Statthaltern, die auf den Münzen Nikopolis' genannt sind, noch mehr herausfinden, als die Namen bzw. weiß man überhaupt etwas über diese. Wenn jemand Quellen weiß, wäre ich sehr erfreut! :-)

Und wie immer meine Bitte nach der Überprüfung meiner Bestimmung und Transkription (wofür steht eigentlich die Abkürzung AVT ?).

Leider ist die Erhaltung auch hier nicht sehr gut... :-(

Vielen Dank im Voraus!
Viele Grüße
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Beitrag von Chippi » Mi 21.02.07 16:53

Hallo Amtthias,

die Schreibweise MAKPEINOC kommt oft vor, ist also total normal.
Autokrator heißt wörtlich übersetzt "Selbstherrscher" (Auto - selbst, Krator - Herrscher).

Gruß Chippi
Wurzel hat geschrieben:@ Chippi: Wirklich gute Arbeit! Hiermit wirst du zum Byzantiner ehrenhalber ernannt! ;-)
Münz-Goofy hat geschrieben: Hallo Chippi, wenn du... kannst, wirst Du zusätzlich zum "Ottomanen ehrenhalber" ernannt.

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Beitrag von Peter43 » Mi 21.02.07 18:13

Es scheint sich um AMNG I/1, 1769 zu handeln.
Rv. VPA CTA LONGINOV NIKOPOLITWN PROC u. i. A. CTRW
Wie Chippi schon sagte, kommt I und EI oft nebeneinander vor. So auch NIKOPOLIS neben NEIKOPOLIS.
Das Ende der Rs.-Legende mit ICTRWN kommt auch manchmal vor, ist aber grammatisch falsch, oder besser, gibt es grammatisch nicht.
PROC ICTRW (Dativ) bedeutet 'an der Donau',
PROC ICTRON (Akkusativ) bedeutet 'zur Donau hin, in der Nähe der Donau'.
Beide sind grammatisch korrekt, geographisch korrekt ist aber nur das letzte, weil Nikopolis an der Risica lag, einem Nebenfluß der Jantra, die dann erst in die Donau floß.
Eine Liste der Statthalter (in Moesia inferior waren es nämlich keine Magistrate=städtische Beamte, sondern meistens consularische Legaten=Provinzstatthalter!) findest Du hier: http://members.aol.com/AkropolisZ/page8.html

Eine Diskussion über die consularischen Legaten von Markianopolis hatten wir gerade im amerikanischen Forum http://www.forumancientcoins.com/board/ ... ic=35407.0

Mit freundlichem Gruß
Jochen, Tribunus plebis 2006
Zuletzt geändert von Peter43 am Mi 21.02.07 18:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Iotapianus » Mi 21.02.07 18:14

Auffällig ist die Schreibweise von Macrinos als Macreinos? Ist das gang und gäbe in griechischer Form oder was Besonderes?
Das ist wohl wieder ein Beispiel für Münzlegenden als Quellen für sprachlichen Wandel. Das EI wird jetzt (zumindest regional) bereits als betontes I gesprochen; da beginnt der Prozess, der im Neugriechischen als Itazismus bekannt wird, dass also eine ganze Reihe von Vokalen und Diphthongen als I gesprochen, aber weiterhin differenziert geschrieben wird (I, H, Y, EI, OI etc.).

Iotapianus

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Beitrag von helcaraxe » Mi 21.02.07 19:54

:)

Vielen Dank für Eure sachdienlichen Hinweise, da habe ich wieder einiges zum Nachlesen! Wie tief man doch mit einer einzigen Münze in die Geschichte eindringen kann, ist doch immer wieder erstaunlich!

Bis bald - mit meiner nächsten Problemmünze! :-)
Viele Grüße
helcaraxe
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Beitrag von gorostiza » Mi 21.02.07 20:52

Meine kleine Sammlung von provinzialrömischen Münzen kannst Du auf meiner page studieren:http://www.odophil.ch/numismatik/griech ... akien.html
Da kannst Du auch einige Varianten der Legenden vergleichen. Auch von Markianopolis findest Du eine nette Serie. Vielleicht helfen Dir die Zusammenstellungen auch weiter?

Viele Grüsse
Roland

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Beitrag von helcaraxe » Mi 21.02.07 21:54

Hallo Roland!

Klein kann ich Deine Sammlung beim besten Willen nicht nennen - aber sehr fein! Mit Freuden erinnere ich mich an die persönliche Besichtigung! :-)

Deine Seite ist schon längst bei meinen numismatischen Favoriten gespeichert - aber das hast Du Dir sicher schon gedacht! :-)

Viele Grüße
Mattias.
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Beitrag von Peter43 » Mi 21.02.07 21:57

Die Seite ist auch in der Liste meiner 'Favoriten' gespeichert!

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Beitrag von gorostiza » Mi 21.02.07 23:16

Es freut mich, dass Ihr meine page schon intensiv studiert habt.

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tournois
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Beitrag von tournois » Do 22.02.07 00:17

Auch ich hatte schon einmal das Vergnügen auf die Sammlung von @goro ein Auge werfen zu dürfen und war im höchsten Maße beeindruckt!!
Über die Mittelalterstücke die ich "mitnehmen" durfte freue ich mich heute noch! :D

Liebe Grüße an dieser Stelle!
[b]tournois[/b]
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"Wir leben in einem Zeitalter, in dem die überflüssigen Ideen überhand nehmen und die notwendigen Gedanken ausbleiben!"
Joseph Joubert 1754 - 1824

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