Kurze Übersetzung

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Iotapianus
Beiträge: 392
Registriert: Fr 09.05.03 17:14
Wohnort: Kiel
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Iotapianus » So 29.04.07 23:43

Wie steht es denn mit den Lateinkenntnissen der Bewohner Illyriens um diese Zeit? Könnte es nicht sein, dass es dort dialektbedingte oder aus mangelhaften Kenntnissen bedingte Fehler gibt?
Das ist ja die Voraussetzung aller unserer Überlegungen. Mindestens das "pro salutae" statt "pro saluti" ist natürlich nicht Standardsprache. Egal, für welche der drei Theorien, die ich versucht habe zusammenzufassen, man sich entscheidet: man muss die Inschrift als Sprachzeugnis aus der tiefsten Provinz im Auftrag von Leuten, deren Muttersprache nicht Latein war, die aber Latein schreiben mussten, weil Illyrisch und Thrakisch offenbar (so gut wie) nicht als Schriftsprachen verwendet wurden, zu deuten versuchen; es ist außerdem eine private, in der Ausführung grobe Inschrift, kein Staatsdokument, das sich um Korrektheit bemühen müsste. Und wir haben hier ja schon häufig Münzlegenden diskutiert, die klar vom Standard abweichen.

Iotapianus

Benutzeravatar
chinamul
Beiträge: 6055
Registriert: Di 30.03.04 17:05
Wohnort: irgendwo in S-H
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 78 Mal

Beitrag von chinamul » Mo 30.04.07 11:47

Sollte es sich hier möglicherweise um eine Parallele zu einer in unserer Zeit zu beobachtenden Erscheinung handeln? Auch bei uns ist es doch "obercool", alles zu "verdenglischen", auch wenn nicht alle, die das tun, das Englische wirklich beherrschen. Bei uns wimmelt es ja auch von Service Centres, Outlet Stores, Nordic Walking, Wellness, Second-Hand-Shops, Country goes Christmas, u.s.w., u.s.w. Viele glauben offenbar, es beeindrucke die Leute, wenn man sich auf diese dümmliche Weise weltläufig zu geben versucht. Bei uns im Ort gibt es gar einen "Shop for the Kid's (sic!)".
Warum also sollte nicht dieser nur unvollkommen geglückte Versuch, sich mit fremden sprachlichen Federn zu schmücken, einen antiken Vorgänger gehabt haben. Es könnte doch sein, daß hier das Lateinische verwendet wurde, einfach, weil es als die Sprache der Mächtigen schick war und deshalb einfach mehr hermachte. Was man in Stein meißelt, ist zudem wie die Werke der Dichtkunst mehr oder weniger für die Ewigkeit gedacht ("exegi monumentum aere perennius" - Horaz) und sollte daher besser nicht in irgendeinem lokalen und damit vergänglichen Dialekt abgefaßt sein.
Der Mensch hat sich doch auch in manch anderer Hinsicht seit 2000 Jahren nicht entscheidend verändert.

Gruß

chinamul
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

Iotapianus
Beiträge: 392
Registriert: Fr 09.05.03 17:14
Wohnort: Kiel
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von Iotapianus » Mo 30.04.07 14:02

Das Deutsche ist eine verhältnismäßig alte Schriftsprache, die in den meisten Bereichen nicht gezwungen ist, auf englische Begriffe auszuweichen (abgesehen von neuen Technologien, bei denen es eine strategische Entscheidung ist, ob man deutsche Begriffe schafft oder aus Gründen der besseren internationalen Kommunikation die englischen übernimmt).

In der europäischen Antike haben wir aber die Konkurrenz von zwei Schriftsprachen mit sehr langer Kontinuität (Griechisch und Latein) und einer Vielzahl an Sprachen, die entweder gar nicht verschriftlicht wurden oder es nur kurzzeitig oder nur auf bestimmte Bereiche konzentriert waren (Etruskisch, die altitalischen Sprachen etc.).

Wir kennen von der etruskischen Literatur nichts außer einem Ritualbuch, das auf Leinen aufgeschrieben, makuliert und als Mumienbinde verwendet wurde und so auf dem Umweg über Ägypten nach Zagreb kam. Auch die etruskische Geschichte des Kaisers Claudius ist verloren, ebenso wie die dakischen Gedichte, die Ovid in seinem Exil am Schwarzen Meer geschrieben haben soll.

Das Bewusstsein, das Sprachen und ihre Zeugnisse als erhaltenswert angesehen werden, war der Antike fremd. Die Anpassung an die Leitkultur und ihre Sprache in möglichst vollendeter Form galt als anstrebenswert. Die Vertreter von nicht griechischen Balkanvölkern konnten Karrieren von welthistorischer Bedeutung machen (Alexander von Makedonien, die illyrischen Kaiser), ohne dass ihre Muttersprachen dadurch gestärkt wurden - auch das hat sich in der Geschichte immer wieder gefunden: niemand hat die Russifizierung der sowjetischen Völker so gnadenlos betrieben wie der Georgier Dzhugashvili.

Wenn unsere illyrischen Bergleute Dasas und Dazurius mit ihrer Umgebung (über ihre maniatischen Landsleute hinaus) kommunizieren wollten, konnte das nur in Latein geschehen, so gebrochen dieses Latein immer gewesen sein mag. Illyrisch stand als schriftliches Medium nicht zur Verfügung, mit Dakisch und Thrakisch sah es nicht wesentlich besser aus.

Iotapianus

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
  • Hilfe bei Legende Übersetzung
    von Apophis » » in Römer
    5 Antworten
    260 Zugriffe
    Letzter Beitrag von rosmoe
  • Elusates Drache, bitte um kurze Einschätzung
    von stilgard » » in Kelten
    7 Antworten
    1309 Zugriffe
    Letzter Beitrag von stilgard
  • Übersetzung einer griechischen Legende
    von antoninus1 » » in Römer
    13 Antworten
    1664 Zugriffe
    Letzter Beitrag von shanxi

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: antoninus1, Chippi, prieure.de.sion und 5 Gäste