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Falscher Paduaner?

Verfasst: Mi 10.10.07 17:10
von tilos
Diesen schönen Gießling kann ich nicht richtig einordnen:

Ist das eine spätere Nachahmung eines Paduaners?

AE43 / 63,45g

Wer kann mir da auf die Sprünge helfen?

Beste Grüße

Tilos

: Habe mal ein paar Zehnmark dafür hingelegt, fand ich einfach schön das Stück.

Verfasst: Do 11.10.07 11:41
von klaupo
Ist das eine spätere Nachahmung eines Paduaners?


Die Frage kann dir vermutlich nur jemand beantworten, der über die entsprechende Literatur verfügt ... oder du versuchst dein Glück bei den Römern. Die wissen auch fast alles, wenn's um Nachahmungen geht ...

Sagen wir mal so: Es ist ein sehr sauberer Guß, und Pescennius Niger ist per Legende korrekt in seinem Wirkungsbereich (Antiochia am Orontes) untergebracht. Er gehört in Sammlungen zu den seltenen Kaisern, und das prädestiniert ihn für eine Nachbildung als Paduaner. Außerdem hat er eine Tuscheziffer im Feld, wie das im 19. Jh häufig von Sammlern praktiziert wurde. Er ist also schon älteren Datums.

Von der Größe her liegt er leicht über dem Durchschnitt, den ich aus Auktionskatalogen kenne (ca. 39 mm), aber das muß nichts heißen.

Summa summarum: Ein sehr schönes Stück, von jemandem gefertigt, der sein Handwerk verstand und auch Hintergrundkenntnisse hatte (wenn es keine Auftragsarbeit war). Der Geheime Rat Becker hat sich zwar auch dieses Kaisers angenommen, sich dabei aber auf zwei Denare beschränkt, denen er dann auf seinen Spazierfahrten das nötige alte Aussehen verschaffte.

Echt oder nicht, ich hätte keine Bedenken, mir das Stück in die Sammlung zu legen.

Gruß klaupo

Verfasst: Do 11.10.07 13:18
von tilos
Hallo klaupo,

ich fand (und finde noch) das Stück halt auch sehr schön anzuschauen und freue mich, dass Du da meine Empfindungen teilst. Interessant wäre ja nun herauszufinden, welcher Paduaner resp. welche Münze(n) hier Pate gestanden haben. Bzw., wer/wo/wann für das vorliegende Stück verantwortlich zeichnet.
Ein Glück auch, dass Herr Becker dieses Teil nicht in seinen Schrammeleimer geworfen hat - andererseits würde ich mich über eine Beckersche Produktion schon freuen.
Der Tipp mit dem Römerforum ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, aber wer kann diesen Beitrag dorthin verschieben? Wie wird das angestellt?

Herzlichen Dank Dir für die interessanten Auskünfte!

Tilos

Verfasst: Do 11.10.07 19:10
von Lutz12
Habe das Thema zu den "Römer" verschoben.
Lutz12

Verfasst: Do 11.10.07 19:22
von antoninus1
Hallo,

ein Paduaner von Cavino ist es wohl nicht. Cavino scheint keine Provinzialprägungen nachgeahmt zu haben.
Z. Klawans führt in seinem Buch "Imitations and Inventions of Roman Coins" zumindest keine auf.

Verfasst: Fr 12.10.07 17:48
von tilos
antonius1 - ich danke für den Hinweis!

Ich hoffe, dass doch noch jemand eine Idee hat - wo könnte man denn evtl. vergleichen?

Gruß

Tilos

Verfasst: Fr 12.10.07 20:20
von curtislclay
Die Legenden und das Bild der Rs. sind ziemlich frei erfunden, mit etlichen Fehlern und ohne genaues Vorbild.

Vs. AVT KAIEK [für KAICAR?] PECKENNIOC NIGERWC [Endung WC unmöglich] CEB

Rs. ANTIOXEWN NEOKORWN. Richtig wäre NEWKORWN. Aber nach Historia Numorum, S. 929, hat keine Antiochia je den Titel Neokopos getragen.

Bild: die halb versteckte Fackel ist sehr ungewöhnlich. Ähren in der r. Hand zu gross. Die Schlange schwebt in der Luft.

Dieses Stück unter den Fälschungen bei Bland, Burnett, Bendall, The Mints of Pescennius Niger, Num. Chron. 147, 1987, nicht verzeichnet.

Verfasst: Sa 13.10.07 16:03
von tilos
Hallo curtisclay,
ich dank Dir die Mühe, die Du Dir mit meinem "falschen Hasen" gemacht hast. Weder altsprachlich noch ikonograhischh/typologisch reichen meine Kenntnisse aus, um soetwas identifizieren und einschätzen zu können. Da ist man dann schon a.d. Spezialisten angewiesen.
Mein subjektiver Eindruck von dem Stück war halt, außer dass es hübsch anzuschauen ist (hat auch nicht viel gekostet), dass es irgendwie grob in die Goethezeit reinpasst, also ca. Mitte 18. - Mitte 19. Jh. Kann man hier eigentlich Fälschung und Phantasieprodukt im Zeitgeschack gegeneinander genau abgrenzen?
Beste Grüße
Tilos

Verfasst: Sa 13.10.07 22:19
von Homer J. Simpson
Goethezeit klingt nicht schlecht, wäre auch - Pi mal Daumen - mein Eindruck; also nichts Antikes, aber ein schönes Dokument zum Münzensammeln in früheren Zeiten (und zum Auffüllen der Lücken in diesen Zeiten!). Wenn es dann noch nicht teuer war, ist es ein Stück, an dem man viel Freude haben kann, weil es Klasse hat, auch wenn es kein echter Pescennius Niger ist (der hatte wohl anderes zu tun, als Medaillons zu prägen!).

Homer

Verfasst: Mo 15.10.07 19:41
von tilos
Hallo Homer,
ich danke für den freundlichen Zuspruch!
Aber natürlich bin ich immer noch sehr neugierig, wer nun tatsächlich "hinter dem Stück steckt".
Beste Grüße
Tilos

Re: Falscher Paduaner?

Verfasst: Di 23.08.16 16:14
von tilos
Angeregt durch die kürzlich geführte interessante Diskussion - insbesondere durch den Beitrag von Ulrich Werz - zu einem ähnlichen Stück (http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=6&t=55272), möchte ich gleich mal mein Exemplar "nach vorne holen". Vielleicht ergeben sich nach neun Jahren Schönheitsschlaf neue Anhaltspunkte, was Urheberschaft und zeitliche Einordnung anbelangt.

Gruß in die Runde
Tilos