Numismatikforum

Hallo Freunde,
nachdem wir zur Zeit so viel über Fälschungen und ihre Verkäufer diskutieren, wollte ich mal wieder eine interessante Münze einstellen. Vom Thema passend zu Allerheiligen.

Antoninus Pius war ein so guter, beliebter, erfolgreicher und friedfertiger Herrscher, daß er in der Geschichte - so ungerecht! - als langweilig gilt und seine Münzen billiger sind als die anderer Kaiser in vergleichbarer Erhaltung. Aber Antoninus Pius war auch ein leidgeprüfter Mann - von seinen Kindern überlebte ihn nur Faustina die Jüngere, und seine offensichtlich von ihm sehr geliebte Frau Faustina die Ältere mußte er, obwohl sie fast 20 Jahre jünger war als er, zwanzig Jahre vor seinem eigenen Tod begraben. Passend zu seinem Beinamen "Pius" hat er sie zeitlebens hoch geehrt und so viele Münzen in ihrem Namen prägen lassen, daß ihre Münzen fast so häufig sind wie die seinen, davon natürlich die überwiegende Mehrzahl posthum. Ca. 90 bis 95 Prozent, schätze ich.
Hier ist eine interessante und recht seltene Münze, die ich dieser Tage bekommen habe. Ds Bronze-As trägt die Vs.-Legende der Faustina Maior zu Lebzeiten und auf der Rs. die Legende SALUTI AUG mit einer ungewöhnlichen Darstellung der Salus, mit einer Schlange im Arm und gegen einen Baum gelehnt.
Die allegorischen Rs.-Darstellungen auf den römischen Kaisermünzen sind ja oft zweideutig. "Concordia Militum" kann heißen "Wir feiern die wunderbare Eintracht unter den Soldaten", aber genauso gut als Aufruf "Was wir jetzt ganz dringend brauchen, ist Einigkeit unter den Soldaten!". Ebenso kann "Salus Aug" heißen "Wie schön, daß unsere Kaiserin gesund ist", aber auch "Betet alle für die Gesundheit der Kaiserin!!", was ich hier fast vermuten würde, zumal die Legende hier verschärft in den Dativ (=Für die Gesundheit der Kaiserin) gesetzt ist.
Über die Todesursache der erst 35-jährigen Faustina ist meines Wisens nichts bekannt; dieser Münztyp könnte dafür sprechen, daß sie kurz vor ihrem Tod eine Zeitlang schwer krank war, so daß das Thema öffentlich behandelt wurde und Münzen mit Genesungswünschen geprägt wurden. Offensichtlich nur kurz; diese zwei Münztypen (der hier abgebildete, RIC AP 1095, und ein leicht variierender, üblicherer mit Altar vor der Salus und ohne Baum hinter ihr, RIC AP 1096) sind die einzigen unter den Bronzen zu Faustinas Lebenszeit, denen RIC die Einstufung als "rare" zugesteht. Wenn meine Entstehungshypothese stimmen würde, wäre natürlich auch klar, daß die Prägung dieses Typs nach dem Tod der Kaiserin sofort eingestellt wurde.
Leider ist die Münze nur in der Erhaltung "schön" und relativ kontrastarm, dadurch schwer zu fotografieren; ich hoffe, das Wichtige kommt trotzdem rüber.

Viele Grüße,

Homer

Homer,

Nette Erwerbung: dein As ist stempelgleich mit dem bisher einzigen bekannten Exemplar in Paris, Strack Taf. XVIII, 1222 (siehe unten)!

Der zweite Typ ohne Baum, Strack ebenda, 1223, kommt vom selben Vs.-Stempel, was die Gleichzeitigkeit der beiden Rs.-Typen bestätigt.

Strack kannte auch diesen As nur in dem einen Pariser Exemplar. Ich habe vor etlichen Monaten ein stempelgleiches, zweites Exemplar erworben, interessant für sein hohes Gewicht von 16.01 g, aber leider auch nur mässig erhalten, siehe unten. Ein drittes Exemplar mit diesem zweiten Typ ist die nicht abgebildete BMC 1131 (11.84 g).

Strack, S. 48, deutet diese SALVTI AVG Typen ähnlich wie du:

"Dass Faustina schon nach kürzer Krankheit und plötzlich starb, geht aus der Seltenheit ihrer Prägungen mit SALVTI AVG hervor: nur je ein As mit einer der üblichen Darstellungen der Göttin sind heute erhalten (1222/3 = Taf. XVIII)."

Lieber Curtis,
vielen Dank für diese interessanten Informationen! Das ist ja mal wieder echt britisches Understatement der Herren Mattingly und Co., daß sie die in einem Exemplar bekannte Münze als "selten" bezeichnet haben. Naja, sie gingen eben hauptsächlich nach Cohen bei den frühen Bänden, und der hatte den Münztyp schon in der ersten Sammlung, die er durchsucht hatte - seiner "Haussammlung" in der heutigen BN in Paris - gefunden und dann wohl nicht weiter nach anderen Exemplaren gesucht.
Wenn alle "Saluti Aug"-Asse von einem Vorder- und zwei Rückseitenstempeln geprägt wurden, kann es sich ja nur um wenige tausend Exemplare gehandelt haben. Das wurde wohl an einem bis maximal zwei Tagen geprägt, nehme ich an. Da ja sicher nicht jeder Schnupfen in der kaiserlichen Familie zur Prägung von Münzen mit Genesungswünschen führte, kann man annehmen, daß der Befehl hierzu an die Münzstätte ging, als sich abzeichnete, daß die Kaiserin schwer krank war, und daß nach Fertigstellung der ersten Stempel noch ein bis zwei Tage zur Münzprägung blieben, bis die Nachricht vom Faustinas Tod diese Münzserie beendete. Weiß man, wie lange die Herstellung der Stempel dauerte?
Alles in allem mal wieder eine faszinierende Menge Geschichte in einer Fünfzehn-Euro-Münze!

Viele Grüße,

Homer

Solch eine Münze lässt das Herz eines jeden Sammlers höherschlagen, insbesondere das von HJS, da habe ich keinen Zweifel daran Gratuliere!

Strack, S. 48, deutet diese SALVTI AVG Typen ähnlich wie du:

"Dass Faustina schon nach kürzer Krankheit und plötzlich starb, geht aus der Seltenheit ihrer Prägungen mit SALVTI AVG hervor: nur je ein As mit einer der üblichen Darstellungen der Göttin sind heute erhalten (1222/3 = Taf. XVIII)."

Macht das so Sinn, oder muss nicht etwas herausgefallen sein, z.B. "nur je ein As mit einer sonderbaren und einer der üblichen Darstellungen der Göttin sind heute erhalten"?

Pscipio hat geschrieben:Solch eine Münze lässt das Herz eines jeden Sammlers höherschlagen, insbesondere das von HJS, da habe ich keinen Zweifel daran Gratuliere!

Dees glaabst! (oberfränkisch für: Da hast du aber recht!)

@Curtis: Curtis, da kennst Du Dich sicher VIEL besser aus als ich; ich kenne diese Rückseite (Salus vor Baum stehend) sonst nicht, habe sie auch auf Coinarchives nicht für andere Kaiser /-innen gefunden. Du hast auch insofern recht, als der Satz von Strack seltsam bzw. eigentlich unlogisch ist; er müßte heißen "nur je ein As mit zwei der üblichen Darstellungen..." Wenn ich das richtig sehe, hat Herr Strack sein Buch vor dem Krieg geschrieben, so daß wir ihn nicht mehr fragen können, wie er das gemeint hat. Das würde ja erneut interessante Fragen aufwerfen:

Warum der Baum hinter Salus? Gab es da eine bekannte Statue? Handelt es sich um einen bestimmten Baum, der evtl. als Heilpflanze bei einer bestimmten Krankheit genutzt wurde? Dann könnte man evtl. einen Rückschluß auf eine Krankheit ziehen. Das aber bliebe vermutlich doch sehr spekulativ. Aber man sieht mal wieder: Die Sammler, die sich mit Münzen unter ss+ nicht abgeben, verpassen doch einiges. Gott sei Dank...

Viele Grüße,

Homer

Strack fiel leider im Krieg, und sein vierter Band über Marcus und Commodus, von dem, glaube ich, sogar Fahnen vorgelegen haben, ist dann nie erschienen.

Auf Medaillonen von Marcus Aurelius und Commodus thront Salus in einem Garten und füttert eine Schlange im Baum. Derselbe Typ erscheint auch auf Sesterzen von Commodus.

Ich nehme an, der Baum auf dem As der Faustina gehört zum Typ und verrät nichts über die Art der Krankheit, an der die Kaiserin gestorben ist.

Tragisch. Elmer ist ja auch gefallen. Die waren wahrscheinlich auch in dem Alter wie Faustina maior. Scheiß-Krieg!

Homer

http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?Vie ... :IT&ih=001

Merkt Ihr was? Ich lasse diese Frage einfach mal so im Raume stehen und damit Euch etwas Zeit, Euch ein Urteil zu bilden.

Viele Grüße,

Homer

Nun, die Legende Salus AUGUSTAE gibt es m. M. nach nicht für Faustina I zu Lebzeiten, soweit ich das beurteilen kann. SALUTI AUG o. k., steht aber nicht drauf.

Außerdem ist die Münze auf Ebay ein Sesterz. Du bist der Lösung schon auf der Spur. Hier hat mal wieder irgendein fieser Sesterzenschänder (oh Jupiter, solltest Du einen Blitz übrig haben, ich wüßte was...) aus der normalen, wenn auch nicht häufigen Rückseite VENERI AUGUSTAE eine SALUS AUGUSTAE gezaubert. Tja, und so ist die Welt: Das Schnitzwerk ging für 250 Euro weg, mein echtes As habe ich für 15 Euro bekommen...

Homer