Postumus - Lyon oder Köln?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Pscipio
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Beitrag von Pscipio » Mo 14.01.08 14:31

Grund genug, häufig bei uns reinzuschauen! :)
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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Mo 14.01.08 14:44

a) Sorry - statt "Gall. Teilreich" lies "bis Mitte der Regierungszeit des Victorinus" gab's immer nur eine "native" (Haupt-)Münzstätte im Gall. Reich. Es geht hier im Thread ja auch nur um "Postumüsse".

b) Der Hinweis auf dem Umzug ist allein der offensichtliche Rück-Umzug, wo dann Anno 268(!) in Köln signiert wird, wie sonst nur bei Erst-Emissionen üblich. Das ist irgendwie komisch.

c) "In der Hand" fallen die Stilunterschiede jedenfalls sehr auf. Klar, es können wie gesagt auch bloße Offizins-Differenzen sein, aber die wären dann doch recht weitgehend.

d) Wie ich weiterhin schrieb: Ich beschäftige mich seit ca. 10 Jahren nur noch mit Baktrien/Indien, ich spreche hier also lediglich aufgrund dessen, was ich mir "dunnemals" in der DDR dazu angelesen habe.
Das mag mittlerweile alles schon überholt sein, stimmt. Durch umfangreiche aktuelle Fundanalysen z.B., die ich eben nicht kenne.
Ich bezog mich primär auf die auffälligen Stil-Differenzen, die nicht wegzuleugnen sind - siehe meine Links oben. Auch das hier sieht nicht unbedingt "kölnisch" aus:
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 79&Lot=749
Das betrifft die ganzen "Mittelemissionen" der "Hauptmünzstätte" um 263...267/268. Wir wissen ja, daß Gallienus 265 (oder so ... lang ist's her, daß ich das mal beackert habe) versucht hat, das Gallische Reich zurückzuerobern und Postumus vielleicht deshalb (und wegen befürchteter "Barbaren"angriffe am Rhein) die Mzst. Köln mal ins Landesinnere verlegt hat und sie wieder dorthin zurückverlegte, als es mit internen Revolten Ärger gab (Stichwort: Laelian).

e) GEGEN Lugdunum und für Köln (oder Trier an der Mosel) könnte der "LAETITIA-AVG"-Typ sprechen, der immer als "Rheinkahn", d.h. Binnenschiff, interpretiert wird:
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 1&Lot=2358
Ist das jetzt ein Binnen- oder ein Hochseeschiff? ;)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Pscipio » Mo 14.01.08 14:52

Der Hinweis b.) liesse sich aber auch umdrehen: wenn man bei der angenommenen Rückkehr nach Köln mit C A signierte, weshalb dann nicht vorher auch als man die Prägestätte an einen anderen Ort verlegte?

c.) Es gibt tatsächlich grössere stilistischte Unterschiede bei Postumus-Antoninianen, vor allem beim Porträt, aber eben keine zwei klar trennbare Gruppen, wie sie bei zwei verschiedenen Prägestätten zu erwarten wären.

e.) Die Laetitia- Rückseite wird verschiedentlich interpretiert, so als Hinweis auf die Rheinschiffart, aber auch als Prägung im Zusammenhang mit einer Expedition nach Britannien (261?).

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Chandragupta » Mo 14.01.08 15:29

Pscipio hat geschrieben:Der Hinweis b.) liesse sich aber auch umdrehen: wenn man bei der angenommenen Rückkehr nach Köln mit C A signierte, weshalb dann nicht vorher auch als man die Prägestätte an einen anderen Ort verlegte?

c.) Es gibt tatsächlich grössere stilistischte Unterschiede bei Postumus-Antoninianen, vor allem beim Porträt, aber eben keine zwei klar trennbare Gruppen, wie sie bei zwei verschiedenen Prägestätten zu erwarten wären.
Zu b): Wer gibt schon gern Niederlagen zu? Eine Räumung von Orten wegen Krisensituationen ist niemals eine "Good News"; eine Rückkehr (es muß nicht gleich eine "Rückeroberung" i.e.S. sein) schon eher.

Zu c): Die Reverstypen von Postumus sind in der Tat Ausdruck einer straffen, zentralen Organisation und wurden wohl von ihm höchstselbst verbindlich vorgegeben - deshalb wird auch der "HERCVLI DEVSONIENSI" in Lugdunum(?) munter weitergeprägt, auch wenn der Rhein weit weg ist (diese Legende bezieht sich ja entweder auf den Ort Düsseldorf(?) oder irgendsowas heute Niederländisches noch weiter rheinabwärts; den genauen modernen Namen des Ortes habe ich mittlerweile vergessen...).
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Pscipio » Mo 14.01.08 15:47

RIC liefert diese Theorie, dass DEVSONIENI sich auf Deuso bei Köln bezieht, das bleibt allerdings eine Hypothese. Wie du richtig sagst, wurde auch eine niederländische Herkunft dieser Spezialform des Hercules angenommen. Dann gibt es ja auch noch den Hercules MAGVSANO, der ähnlich rätselhaft bleibt. Sehr spannend dazu: Ingemar König, Die gallischen Usurpatoren von Postumus bis Tetricus, in: Vestigia, Beiträge zur Alten Geschichte, Band 31, München 1981, Kapitel 9, S. 112-125: Die Götter des Postumus. Wenn dich das Thema interessiert und dir das Buch von König noch nicht bekannt war, dann kann ich dir die paar Seiten gerne scannen und per eMail zukommen lassen. Ich stimme dir zu, dass Postumus sicherlich direkten Einfluss auf die Münzprägung genommen hat.

Zu b.) eine Räumung Kölns anzunehmen, ist eine spannende Idee, allerdings gibt es dafür weder archäologische noch historische noch numismatische Zeugnisse. Die stilistisch einheitliche Goldprägung erfährt jedenfalls keinen längerfristigen Unterbruch, siehe Bernhard Schulte, Die Goldprägung der gallischen Kaiser von Postumus bis Tetricus, Typos IV, Aarau, Frankfurt am Main, Salzburg, 1983. Eine Rückeroberung der verloren gegangenen Hauptstadt des Reiches hätte meiner Meinung nach auch gewiss einen bedeutenderen Niederschlag in der Münzprägung gefunden als ein schlichtes C A auf den Münzen; auch in den historischen Quellen gibt es keinen Hinweis auf ein solch einschneidendes Ereignis.

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Chandragupta » Mo 14.01.08 16:03

a) Den "König" habe ich selber ... aber ziemlich weit hinten im Schrank stehend. Ist ja nicht mehr so mein Spezialgebiet, obwohl ich durchaus noch eine ganze Handvoll Gallisches Reich in meiner Sammlung habe; allerdings nur Antoniniane (die Postumus-Großbronzen sind die einzige Teilsammlung von mir, wo ich jemals was verkauft hatte; und zwar um mir einen Gupta-Dinar, den ich einfach haben mußte, kaufen zu können ;) ).

b) Ich sprach doch bewußt von einer "sicherheitsmäßigen Verlagerung" der Münzstätte - nein Köln als solches ging natürlich nie verloren! Und vielleicht wurde wirklich auch unter Postumus einfach mal eine zeitlang an zwei Orten parallel geprägt (Lyon bzw. Trier und Köln) - schon wären alle Stildifferenzen prima erklärbar :idea:
Die Datierung der nichtdatierten Münzen erfolgt im Gall. Reich ja primär anhand des Verfalls des Feingehaltes und weniger nach stilistischen Gesichtspunkten (das ist bei Gallienus wieder ganz anders, dort kann man auch eine RADIKALE Stiländerung über die Zeit und verschiedenen Prägeorte hinweg erkennen - neben dem Verfall des Feingehaltes; so arbeitet man übrigens auch bei den baktrischen/indischen Prägungen bei der Rekonstruktion des Prägesystems).
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Pscipio » Mo 14.01.08 16:08

Chandragupta hat geschrieben:Und vielleicht wurde wirklich auch unter Postumus einfach mal eine zeitlang an zwei Orten parallel geprägt (Lyon bzw. Trier und Köln) - schon wären alle Stildifferenzen prima erklärbar :idea:
Eben nicht, weil sich die Münzprägung stilistisch nicht in zwei Gruppen aufteilen lässt!
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Beitrag von Chandragupta » Mo 14.01.08 16:28

Egal, ob nun parallel in Lyon(?) und Köln geprägt wurde oder eine Zeitlang nur in Lyon(?): Auf jeden Fall war das Personal der neuen/zweiten Münzstätte - zumindest aber die Stempelschneider - dann dazu aus Köln überführt worden (entweder komplett oder nur zum Teil).

Zusammen mit der Problematik, daß die Organisation des GANZEN Münzwesens im GR anscheinend superstraff erfolgte, führt das eben nur zu geringen stilistischen Differenzchen bei ansonstem gleichbleibenden Prägungsaufbau, und zwar vor allem dann, wenn man anläßlich der Neueinrichtung der Zweitmünzstätte "Verstärkung" aus "Umschülern" heranzieht - z.B. aus ehemaligen Gemmenschneidern (und wie deren beste Werke wirkt ja gerade der "hochreliefierte Sonderstil" von "Lyon" im Vergleich zu Köln): "BINGO!" :!: 8)

Es gibt da wohl einen "Meisterstempelschneider von Lyon", der auch noch für Probus...Carinus dort gearbeitet hat - siehe meinen Link auf den herrlichen Lyoner Probus.

Aber wie gesagt: Die NEUESTE Forschung dazu kenne ich nicht. Mein Schwerpunkt ist ein anderer. Ich wüßte für dieses Thema andere Experten... ;)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von Pscipio » Mo 14.01.08 18:02

Vergleiche mal den Stil von Viminacium mit Köln und dann Mediolanum, unter Gallienus. In der Reihenfolge wurden die Prägestätten eingerichtet, und zwar immer aus Personal der vorhergehenden: trotzdem sind alle drei Prägestätten stilistisch deutlich unterscheidbar. Genau das gibt es eben im Gallischen Sonderreich nicht, also bleibt von deinen Hinweisen auf eine vorübergehende Auslagerung der Prägestätte Köln nur das C A von 268, welches durchaus auch anders interpretiert werden kann. Insgesamt eine meiner Meinung nach zu schwache Basis, um eine vorübergehende neue Münzstätte anzunehmen und damit die Emissionsordnung von Elmer und Zschucke für falsch zu erklären.

Was den Meisterstempelschneider von Lyon betrifft, so ist zu bedenken, dass Aurelian die Prägestätte Lyon nach der Schliessung von Köln und Trier eingerichtet hat und dafür ohne Zweifel "gallische" Stempelschneider verwendet hat. Daraus lassen sich aber keine Schlüsse auf eine frühere Aktivität von Lyon als Prägestätte unter Postumus ziehen.

Gruss, Pscipio
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Beitrag von beachcomber » Mo 14.01.08 19:05

ich finde der stil der porträts auf den münzen des postumus spricht eine klare sprache.
es gibt nur drei wirklich verschiedene porträts des postumus.
das eine ist ganz klar, und wohl auch von niemandem angezweifelt, dasjenige unter aureolus aus mailand.
dann gibt es das frühe porträt des postumus, das noch an gallienus erinnert (und in der ersten emission noch den langen titel trägt).
dass diese emission aus köln stammt, ist wohl unzweifelhaft, weil sie den prägungen des gallienus gleicht, die dort geprägt wurden.
ab der dritten emission ist schon das typische postumus porträt zu finden, dass sich bis zum ende, mit den ausgaben auf denen CA zu finden ist, zwar im laufe der zeit, und der verschiedenen emissionen immer wieder leicht ändert, aber doch vom stil so gleich ist, dass ich nicht an einen anderen prägeort glauben mag.
grüsse
frank

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Beitrag von Chandragupta » Di 15.01.08 09:07

Das ganze Thema ist eben extrem komplex.

Natürlich sind nicht nur die ganz frühen Stücke mit dem noch an Gallienus erinnernden Porträt auf den dünnen, unregelmäßigen, relativ gut silberhaltigen Schrötlingen aus Köln, sondern auch diverse weitere Emissionen mit dem schon "typischen" Postumus-Porträt in flachem Relief - das schrieb ich ja oben schon so.

Anderes wichtiges Stilmerkmal (aus der Erinnerung): Die Trennpunkte oder zumindest hohen Abstände (mit angedeuteten Trennpunkten, die man z.T. nur im Streiflicht sieht bzw. erahnt) zwischen "P . F . AVG" sind typisch für Köln; die Lyoner(?) Stücke haben die nicht mehr, dafür ist deren Schrötling dicker, sein Rand regelmäßiger und vor allem ihr Stil deutlich hochreliefierter; siehe auch meine Links oben.

Aber egal: Letztlich ist die Münzstättenfrage für das "Kerngebiet" des Gallischen Reichs relativ sekundär - historisch sind ohnehin nur die Mailänder Stücke unter Aureolus wirklich interessant. Und die erkennt ein Blinder mit Krückstock... ;)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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