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Schöne Bärte

Verfasst: Mi 23.01.08 16:22
von helcaraxe
Liebe Römer,

die Haarmode in der Antike ist ja schon des öfteren hier thematisiert worden, desgleichen die verschiedenen Gelegenheiten, wie man sich kleiden konnte, aber haben wir hier schon jemals über Bärte gesprochen?

Lasst uns doch mal unsere schönsten Bartmoden zeigen, die wir im römischen Kaiserhaus finden können, angefangen von - ja, wer war eigentlich der erste Bartträger auf römischen Münzen? - bis hin zu Julianus II. (war er der letzte??).

Anlass für dieses Thema war dieser kleine Radiatus, der mir in die Hände fiel, des Kaisers Bart gefiel mir hier besonders gut:

Constantius I. Chlorus,
Radiatus. 295-299, im Abschnitt KB, Cyzikus, 2. Offizin; 3,35 g;  21 mm.
Av.: FL VAL CONSTANTIVS NOB CAES; Drap. Büste n. re. mit Strahlenkranz.
Rv.: CONCORDIA MILITVM; Jupiter li. überreicht Kaiser einen Globus mit Victoria.
RIC VI, Cyzikus 19a

Verfasst: Mi 23.01.08 17:09
von adson
Ein Prachtbart, ausdrucksstark, voll und doch gepflegt! :P

Der erste Bartträger dürfte wohl der Hadrian sein, der seine Gesichtsbehaarung durchaus als politisches Statement, genauer als Zeichen seiner humanistischen und hellenophilen Geisteshaltung verstand.

Das dazu in aller Kürze, weil ich noch am Arbeiten bin. Ich bin mir aber sicher, dass zu diesem interessanten Thema noch zahlreiche detailliertere Wortmeldungen folgen.

edit: Noch ein kurzes Zitat aus dem Hadrian-Artikel von Wikipedia:

Gemäß der Historia Augusta beeinflusste Hadrian das Erscheinungsbild des Reichs nicht nur durch seine enorme Bautätigkeit. Er ließ sich nämlich einen Bart stehen, angeblich um Narben im Gesicht zu verdecken, vermutlich jedoch eher aus Bewunderung für die traditionell bärtigen griechischen Philosophen. Und die Angehörigen der römischen Oberschicht, die sich seit Jahrhunderten immer rasiert hatten, folgten seinem Beispiel. Auch sein Nachfolger Antoninus Pius, sonst eher altrömischen Traditionen zugetan, folgte dieser neuen Mode.

Grüße
adson

Verfasst: Mi 23.01.08 21:40
von Homer J. Simpson
Hier habe ich einen Bart aus einer Zeit lange vor Hadrian, und auch dieser Bartträger - Octavianus - hat den Bart als politisches Statement auf die Münze gesetzt. Das ist ein Trauerbart oder auch Rachebart, und die Messitsch (auf neudeutsch) ist: "Mein (Adoptiv-)Vater Caesar ist tot und noch nicht gerächt, aber wartet ab, das ändere ich noch!"

Viele Grüße,

Homer

PS: Eugenius und auf einigen Goldmünzen auch noch, glaube ich, Honorius haben auch noch Bärte getragen. Im byzantinischen Reich dann wieder Phokas.

Verfasst: Mi 23.01.08 21:50
von helcaraxe
Eine tolle Münze, Homer!

Da haben wir ja ein breites Spektrum an Bärten, ich hoffe nur, dass wir keinen Bart ansetzen, bis wir die nächsten Bärte hier sehen... ;-)

Verfasst: Mi 23.01.08 22:07
von donolli
helcaraxe hat geschrieben:Eine tolle Münze, Homer!

Da haben wir ja ein breites Spektrum an Bärten, ich hoffe nur, dass wir keinen Bart ansetzen, bis wir die nächsten Bärte hier sehen... ;-)
...und das wollen wir ja nicht ;)

zum thema aparte bärte fällt mir als erstes septimius severus ein.

grüße

olli

Verfasst: Mi 23.01.08 22:26
von aquilifer
Seit dem 3. Jh. v. Chr. scheint sich in Italien die Rasur durchgesetzt zu haben (Varro rust. 2,11,10), die tägliche Rasur stellte wohl aber die Ausnahme dar. Die Bartlosigkeit blieb etwa bis zum Beginn des 2. Jh. n. Chr. in Mode. Insbesondere im Militär fand der Bart ab dieser Zeit wieder Verbreitung und erlangte durch Hadrian allgemeine Akzeptanz.

Verfasst: Mi 23.01.08 23:21
von El Che
Ihr Lieben!

Wenn wir von Bärten reden darf aber der berühmteste Bart der Spätantike hier nicht fehlen; ich habe den ganzen Abend gewartet, ob jemand ihn in würdigerem Zustand postet (gerade beim Avers ist bei mir die Patine sehr löchrig), kam aber nicht... Ich weiss aber, dass einige unter Euch eine deutlich schöneres Exemplar zu Hause haben, vielleicht erbarmt sich ja noch jemand.:roll:

Hier kommt er also schon mal - in wohl nur noch "schön": Julianus, auch Apostata genannt, u.a. gerade wegen seines Philosophenbartes, bzw. der dahinter stehenden Ideen. :evil: :evil:

Liebe Grüße,
Uli

Verfasst: Mi 23.01.08 23:30
von aquilifer
In Zusammenhang mit Julian Apostata darf die von ihm verfasste Satire über den Misopogon, den Barthasser, nicht unerwähnt bleiben. ;)

Verfasst: Do 24.01.08 00:06
von chinamul
Commodus, der sich als den wiedergeborenen Hercules sah und alles tat, um seinem Vorgänger ähnlich zu sein, hatte sich auch dessen ziemlich wuscheligen Bart abgeschaut.

Gruß

chinamul

Verfasst: Do 24.01.08 00:08
von goldschatz
Hier habe ich noch eine schöne AE-Mittelbronze hervorgeholt:
RIC 108 Sirmium
Variante:Av. behelmte, diad. Büste,von halb hinten gesehen,mit Lanze und Schild nach links,Leg. 8
Rv. im Lorbeerkranz steht VOT X MULT XX
Hier kommt der "Philosophenbart" des Julianus besonders schön zur Geltung.
goldschatz

Verfasst: Do 24.01.08 00:53
von goldschatz
@chinamul
Ein wirklich schönes Portrait des Commodus!
Übrigens soll Commodus niemals zum Barbier gegangen sein,wie es damals noch üblich war,da er Angst vor dem Messer des Barbiers gehabt haben soll.
Dieses Verhalten zeigt demnach auch seine große Unbeliebtheit beim Volk und wie sehr er sich mit dem Tod konfrontiert sah.

Verfasst: Do 24.01.08 09:36
von Pscipio
goldschatz hat geschrieben:Übrigens soll Commodus niemals zum Barbier gegangen sein,wie es damals noch üblich war,da er Angst vor dem Messer des Barbiers gehabt haben soll.
Dieses Verhalten zeigt demnach auch seine große Unbeliebtheit beim Volk und wie sehr er sich mit dem Tod konfrontiert sah.
Solche und ähnliche Geschichten sind allerdings von vielen "Tyrannen" überliefert, so soll Dionysios I. von Syrakus (in der antiken Literatur die Verkörperung des Tyrannen schlechthin) sich den Bart nur durch seine eigenen Töchter geschoren haben lassen, und zwar nur durch Abbrennen mit glühenden Kastanien, weil er nicht einmal seinen Töchtern in seiner Gegenwart ein Messer in die Hand geben wollte. Die Glaubwürdigkeit solcher Geschichten bleibt dabei aber oft sehr fragwürdig, zumeist geht es vor allem darum, die Paranoia eines "Tyrannen" vor Anschlägen zu illustrieren. Ein guter Herrscher hingegen bräuchte sich vor Anschlägen nicht zu fürchten, so der Tenor.

Ob es sich bei Commodus auch so verhält, kann ich spontan nicht beurteilen, da müsste man die Originalquelle überprüfen. Der Verdacht liegt allerdings nahe, galt Commodus doch zumeist auch als Tyrann.

Gruss, Pscipio

Verfasst: Do 24.01.08 10:01
von goldschatz
@Pscipio
Die Historia Augusta (vit. Comm. 17, 3) berichtet: »Commodus hatte einen regelmäßigen Körperbau, den stieren Blick, den man an Trinkern kennt, ... das Haupthaar trug er stets gefärbt und mit glänzendem Goldstaub gepudert; Haar und Bart sengte er sich ab aus Angst vor dem Messer des Barbiers.«
Also genauso,wie du sagtest.War bestimmt kein angenehmes Leben,ständig auf seine Sicherheit Acht geben zu müssen.Man muss doch irgendwann wahnsinnig werden,da man nicht mal engsten Vertrauten mehr trauen kann.

Verfasst: Do 24.01.08 10:20
von Pscipio
Ah, vielen Dank für das Zitat! Also genau das, was ich vermutete, das mit dem Bart absengen ist quasi ein running gag der antiken Geschichtschreiber. Über die Historia Augusta lasse ich mich an dieser Stelle mal nicht aus :) Allerdings scheint sie ja für das zweite Jahrhundert zuverlässiger zu sein als für das dritte.

Gruss, Pscipio

Verfasst: Do 24.01.08 10:26
von chinamul
@goldschatz

Der "stiere Blick", der dem Gesicht des Commodus ein leicht blödes Aussehen verleiht, kommt auf meinem Sesterz, glaube ich, ganz gut heraus.
Im übrigen enthalten die vielen anekdotisch wirkenden Geschichtchen aus dem Leben der Kaiser und kaiserlichen Damen sehr oft ein mehr oder minder großes Körnchen Wahrheit. Die Italiener haben eine Redensart, die das mit einer Prise ironischer Würze recht gut beschreibt: Si non è vero, è ben trovato! (Wenn's nicht wahr ist, so ist´s doch gut erfunden!)

Gruß

chinamul