Münzprägestempel

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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harald
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Beitrag von harald » Mo 11.08.08 20:54

Danke für den link!
Ich wußte ja, dass hier dieses Thema schon mal zur Sprache kam.

Ob zuerst das Bild, oder die Legende in den Stempel geschnitten wurde, bin ich mir jedoch nicht ganz sicher.
Zumindest könnte es von der Regel, das erst das Bild angefertigt wurde auch Ausnahmen geben.
Ich besaß einmal in meiner Sammlung einen As des Claudius mit dem Libertas Revers, auf dem sich anstelle der Freiheitsmütze ein Buchstabe der Legende befand.
Hatte in diesem Fall der Stempelschneider nicht mehr den nötigen Platz dafür, oder war es einfach ein Versehen?

Ich werde versuchen, ein Foto dieser Münze aufzutreiben.

Grüße
Harald

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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Mo 11.08.08 22:51

Natürlich haben sich die Stempelschneider manchmal verschätzt. Hier z.B. ein schöner Marcus-Aurelius-Denar, dessen Vorderseite daran krankt, daß eine extra reich drapierte und wahrscheinlich auch gepanzerte Büste graviert wurde und anschließend der Schriftsetzer die extralange Legende anfing. Resultat: Da er ja nicht gut das AUG am Schluß weglassen konnte, hat er in seiner Not das ...UG über die Büste graviert. Dem Buchstaben G fiel weitgehend die Schulterpanzerung zum Opfer. Die kleinen Fehler sind ein Teil dessen, was antike Münzen so viel interessanter - eben menschlicher - als ihre modernen Hochglanz-Nachfolger macht.

Homer
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Di 12.08.08 01:33

Wunderschönes Beispiel! Ich bin mal meine Provinzmünzen durchgegangen und habe viele solcher Beispiele gefunden.

(1) Schön finde ich die Idee des Stempelschneiders, das letzte P in die Schulterklappe zu setzen (Münze #1)
(2) Dazu gehören mit Sicherheit auch die Münzen, wo das AVG ligiert ist.
(3) oder wo das letzte C zerquetscht wird.
(4) Oder Münzen, wo der letzte Buchstabe an ungewöhnlicher Stelle steht, unter der Büste oder im Feld. (Münze #2)
(5) Oder wo die letzten Buchstaben immer kleiner werden und es dann manchmal trotzdem nicht langt. Hier ist es die Rs. (Münze #3)

Dies ist nur eine kleine Auswahl.

Deshalb scheint mir die Frage, ob zuerst das Bild oder zuerst die Legende geschnitten wurde, zumindestens für diese Münzen entschieden zu sein.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Peter43 » Di 12.08.08 01:46

Bei der nächsten Münze steht das C auf dem Rand der Schulterklappe, wo es ja eigentlich nicht hingehört.

Mit freundlichem Gruß
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cepasaccus
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Beitrag von cepasaccus » Di 12.08.08 08:42

So ... ich habe versucht Chandraguptas Aurelian und Vaballathus (Fragt mich nicht, welcher welcher ist.) bestmoeglich zur Deckung zu bringen und dies auch moeglichst gut erkennbar zu machen. Im linken Bild sind beide 50:50 ueberlagert. Rechts sind sie separat mit identisch positionierten Hilfslinien markiert.

Edit: Vielleicht sollte man noch hinzufuegen, dass die Bilder von der selben Muenze sind.
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 3&Lot=2116

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Beitrag von harald » Di 12.08.08 09:12

Ich würde sagen, typische "Montagswerke" der Stempelschneider. :wink:
Eure gezeigten Beispiele sind mehr als sehenswert.

Auch ich finde, dass die Suche nach diesen kleinen menschlichen Fehlern bei antiken Münzen einen besonderen Reiz hat.

Gruß
Harald

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Xanthos
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Beitrag von Xanthos » Di 12.08.08 09:35

Als Ergänzung zu cepasaccus' Bildvergleich wiederum eine kleine Animation.

[ externes Bild ]

Doch wie auch schon beim Antoninian ändert sich auch hier die Grösse des Hinterkopfs.

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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Di 12.08.08 11:11

Danke für das Computergefummel! :)

Der größere Hinterkopf beim Vaballathus sind hier nur seine vollen Knabenlocken, die nachträglich in den Stempel eingraviert wurden, genauso übrigens wie die gefurchte, hohe Stirn Aurelians sowie natürlich dessen kleinpunktiger Bart...

Die Kopfpunze bestand also vorn aus dem Porträt des Vaballathus mit der eher fliehenden Stirn, und der Hinterkopf war der des jetzigen Aurelianporträts.

Ein ähnlich hübsches Beispiel scheint das hier zu sein; da ist m.E. sogar weder die Stirn bei Aurelian nachgraviert, noch allzuviel Haar bei Vaballathus (Aurelians Stirnfurchen bilden hier das Diadem des Knaben):
http://imagedb.coinarchives.com/img/peu ... 392q00.jpg

Denselben Effekt gibt's auch bei den Alexandrinern von Aurelian und Severina. Deshalb guckt diese Dame auf den Münzen dort auch immer so "herb" ;) : http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 5&Lot=1845

Interessantes Detail am Rande: Diese Kreuz-Verwendung der Porträtpunzen ist bei Aurelian/Vaballathus in Alexandria auf das Jahr 2/5 beschränkt - die frühen Prägungen Jahr 1/4 haben noch ein durchaus eigenes Porträt des Vaballathus, guckt ihr: http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 37&Lot=388
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von kollman » Mi 13.08.08 23:57

Hallo Römerfreunde!

Wie ich aus den vielen Beiträgen verstehe und sehen kann, waren die Stempelschneider (in meinen Augen wahre Künstler) noch viel einfallsreicher als ich gedacht habe.
Perlkreispunze, Buchstabenpunzen, Porträtpunze, das Gleiche für die Rückseite, damit konnten sie in verschiedensten kobinationen einschl. kleinerer Korrekturen beim Kaiserporträt ganze Serien von Münzprägestempel herstellen.
Nochmals herzlichen Dank.
Gruß Kollman

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Beitrag von cepasaccus » Do 14.08.08 08:15

Xanthos, also mit deinen animierten GIFs kann ich nix anfangen. Ich sehe da in meinem Iceweasel nur den Hippie (Vaballathus?) mit weissen Pixeln. Prinzipiell unterstuetzt Iceweasel aber animierte GIFs, weil selbstgestueckelte blinken.

Bzgl. Buchstabenpunzen ist mir bisher nichts untergekommen. Beispiele?

vale
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Beitrag von Chandragupta » Do 14.08.08 09:14

kollman hat geschrieben:Hallo Römerfreunde!

Wie ich aus den vielen Beiträgen verstehe und sehen kann, waren die Stempelschneider (in meinen Augen wahre Künstler) noch viel einfallsreicher als ich gedacht habe.
Naja, man kann das auch etwas anders benennen: Wer neigt nicht dazu, sich die Arbeit zu erleichtern? Sprich: Rationalisierung von immer wiederkehrenden Prozessen liegt einfach auf der Hand - gerade auch bei manufakturmäßiger Produktion. Da wäre es eher erstaunlich, wenn die Handwerker das damals mit dem Vorpunzieren nicht gemacht hätten! (Der wirkliche Künstler war dann der Ersteller der Punze; das Nachgravieren von Haar, Lorbeerkranz/Strahlenkrone, Gewandfalten, ... war eher "reine Handwerksarbeit".)

Ein Positiv ist nun einmal deutlich leichter "lebensecht" hinzubekommen als ein Bild gleicher Güte negativ direkt in den Stempel zu schneiden. Das gilt gerade für die Augenpartie. Mach einfach mal einen Negativabdruck einer Deiner Münzen. Du wirst merken, daß Du daraus das Positiv kaum wiedererkennen kannst. Aus dem Grunde wird z.B. zu antiken Gemmen (ich meine jetzt Intaglios, keine Kameen) beim seriösen Handel fast immer auch ein Positiv-Abdruck mitgeliefert, weil der einfach besser die Details erkennen läßt.

Im übrigen: Für die Rückseitenmotive wurden wohl KEINE Punzen verwendet. So eine stehende oder sitzende Figur (vor allem im Gewand) ist recht einfach "händisch" negativ zu schneiden.

Und für Buchstabenpunzen gibt's auch keinen wirklichen Beweis, aber anzunehmen sind diese schon. Zumindest im 3. Jh. sind die regelmäßigen Grundstrukturen "I", "C", "O", "S" ... sicher als Punzen da gewesen. Und daraus konnte man dann die anderen Buchstaben "zusammensetzen". Guck Dir mal Inflations-Antoniniane an: das "M" sind meist vier leicht geneigte "I", das "N" drei solche "I"s, auch "A" und "H" sind einfach zwei "I"-Punzen mit einer kleinen Verbindungslinie, "G" ist ein "C" mit einem kleinen nachgravierten Strichlein unten, das "D" ist ein "I" und eine "C"-Punze 180° gedreht, etc.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Xanthos
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Beitrag von Xanthos » Do 14.08.08 10:17

cepasaccus hat geschrieben:Xanthos, also mit deinen animierten GIFs kann ich nix anfangen. Ich sehe da in meinem Iceweasel nur den Hippie (Vaballathus?) mit weissen Pixeln.
Also bei mir funktionieren die GIFs sowohl im IE, wie auch im Firefox.

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Beitrag von beachcomber » Do 14.08.08 10:28

Der wirkliche Künstler war dann der Ersteller der Punze; das Nachgravieren von Haar, Lorbeerkranz/Strahlenkrone, Gewandfalten, ... war eher "reine Handwerksarbeit".)
das wage ich dann doch zu bezweifeln. denn was macht denn nachher das porträt aus, wenn nicht die feinarbeit?
wie ich überhaupt von dieser punzentheorie noch nicht überzeugt bin.
vieleicht gab es schablonen um die umrisse zu markieren, denn die übereinstimmungen der umrisse in euren beispielen sind ja nicht von der hand zu weisen. aber trotzdem sind, bei aller ähnlichkeit, doch die porträts eindeutig auseinander zu halten.
selbst bei den späten folles der tetrarchen und der darauffolgenden constantinischen zeit sind, mit einiger übung, oft die porträts der verschiedenen kaiser zu unterscheiden ohne die legende zu lesen.
grüsse
frank

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Beitrag von Chandragupta » Do 14.08.08 11:36

Was Du meinst, ist die Wirkungsverstärkung durch Details. Siehe oben den Vaballathus: Lange "syrische" Knabenlocken nachgraviert, aber kein Bart anpunktiert - fertig ist "das Kind". Aurelian: Außer dem Bart auch noch ein bißchen Falten in die Stirn nachgearbeitet: Fertig ist der "Greis" (in der Antike war das ein Mensch über 50 schon). Wenn man genau hinguckt, sieht man ja sogar noch die "Ansatzstelle" für den Nachschnitt der hohen Faltenstirn direkt im negativen Stempel...

Dito bei den Frauen: Damenfrisur an die Grund-Punze - fertig ist die Kaiserin. :) (Darauf beruhen z.B. heute noch Travestieshows.)

Im übrigen: Ab der Zeit der Tetrarchie (auf jeden Fall aber ab den Constantinen) wurde wohl nicht mehr mit Punzen gearbeitet (oder wenn, dann nur noch mit ganz groben) - diese besonders flachen und oft doch recht schematisierten Porträts ließen sich auch problemlos von Hand in die Stempel schneiden. Außerdem vermute ich, daß dann auch Stahlstempel zum Einsatz kamen.

Die Punzentheorie ist aber für die Zeit ab Mitte 1. Jh. bis Ende 3. Jh. (also die "eigentliche" bzw. "hohe" Kaiserzeit/Prinzipatsepoche) nicht von der Hand zu weisen. Also gerade diese ganzen hochreliefierten Porträts setzen solche Punzen m.E. voraus.
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Beitrag von beachcomber » Do 14.08.08 13:45

Im übrigen: Ab der Zeit der Tetrarchie (auf jeden Fall aber ab den Constantinen) wurde wohl nicht mehr mit Punzen gearbeitet (oder wenn, dann nur noch mit ganz groben) - diese besonders flachen und oft doch recht schematisierten Porträts ließen sich auch problemlos von Hand in die Stempel schneiden.
das macht ja wohl keinen sinn.
wenn diese punzen zur rationalisierung des produktionsprozesses schon ab dem 1jh. eingesetzt worden sein sollen, wieso sollte dann ab den tetrarchen diese technische neuerung aufgegeben worden sein, gerade wo der massenhafte ausstoss von münzen eine rationalisierung viel nötiger gemacht hätte?
und punzen in der hochzeit des kaiserreichs? wie erklärst du dir denn die vielen unterschiedlichen porträts? (und das schliesst die kopfform mit ein!)
und wenn man schon punzen gemacht hätte, warum dann nicht gleich so gut ausgeformt, dass wirklich nur ein bisschen retuschiert werden musste, bevor man den stempel einsetzen konnte? dann müsste es ja wohl viel mehr (fast) stempelgleiche exemplare geben, als es wirklich gibt.
je länger ich mir das überlege, desto unwahrscheinlicher kommt mir die ganze theorie vor.
ich glaube, wir unterschätzen einfach die qualität und geschwindigkeit der celatoren.
wer sein (arbeits)lebenlang nichts anderes macht als stempelschneiden, wird wohl solche stempel schneller geschnitten haben, als die sklaven ihn durch's prägen wieder zerstören konnten.
und das es geübtere und weniger geübtere schneider gab, ist am resultat ja immer wieder festzustellen :)
grüsse
frank

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