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Einäugiger Stier?

Verfasst: Di 18.11.08 21:26
von Peter43
Dies ist Julian II. RIC VIII, Arles 318; LRBC 468; selten. Gekauft wegen des Adlers re vor dem Stier.

Jetzt meine Frage: Hat schon einer von euch solch einen Stier mit einem Auge gesehen? Ein barbarischer Einschlag?

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Di 18.11.08 21:46
von imperator44
Hallo Peter43,
das ist sicher kein barbarischer Einschlag, ich hab`denselben, ebenfalls Arelate mit Adler, ebenfalls nur ein Auge, wie übrigens praktisch alle Stiere des Julian II.. Offensichtlich hatten damals die Stempelschneider Probleme mit den Stieraugen.

Verfasst: Di 18.11.08 21:46
von pixxer
Ich denke nicht dass dies ein barbarischer Beischlag ist, so ziemlich alle Münzen dieses Typs bilden den Stier mit einem Auge ab. Eine Frage der Perspektive vielleicht?

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 78&Match=1

Trotz allem ein tolles Exemplar, Glückwunsch!

LG Pixxer

Verfasst: Di 18.11.08 21:47
von pixxer
Tja, genau gleichzeitig abgeschickt Imperator! Du warst aber anscheinend ein paar Sekunden schneller... :D

Verfasst: Di 18.11.08 22:02
von Sulcipius
Hallo Peter !

Also auch auf meiner Doppelmaiorina aus Arleate ( RIC VIII/321) mit dem Adler rechts unten, weist der Stier diese "Einäugigkeit" auf !
Bei den anderen Prägestätten konnte ich das nicht erkennen.
Was mir aufgefallen ist, ist die Darstellung des Stieres.
Bei der Münzstätte Arleate wird der Stier von der Seite dargestellt,mit einer gearden, etwas erhobenen Kopfhaltung; bei den anderen Münzstätten (Constantinopolis z.B.) wird das Stierhaupt mit einer leichten Drehung nach Innen dargestellt, zumindest kommt es mir so vor!
Beste Grüße
Sulcipius

Verfasst: Di 18.11.08 22:22
von Peter43
Dank für eure Kommentare. Ja, das habe ich auch auch festgestellt. In Arelate schaut der Stier immer nach re, während er in den anderen Münzstätten den Kopf nach vorne gedreht hat. Da stimmt die Beschreibung im RIC ("head facing") leider nicht. Demnach müßte die richtige Bestimmung z.B. heißen: RIC VIII, Arles 318 corr.!

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Mi 19.11.08 16:16
von helcaraxe
Unsere Admins haben es hingebastelt:

http://www.numismatikforum.de/ftopic26161.html

:D

Verfasst: Mi 19.11.08 17:21
von curtislclay
Peter43 hat geschrieben:Ja, das habe ich auch auch festgestellt. In Arelate schaut der Stier immer nach re, während er in den anderen Münzstätten den Kopf nach vorne gedreht hat. Da stimmt die Beschreibung im RIC ("head facing") leider nicht. Demnach müßte die richtige Bestimmung z.B. heißen: RIC VIII, Arles 318 corr.!
Ich sehe aber keinen solchen Unterschied in dem Stier nach Münzstätte, und auch dem Guido Bruck, Spätrömische Kupferprägung, S. 64 ist dieser angebliche Unterschied offenbar entgangen!

Soweit ich sehen kann: in ALLEN Münzstätten ist die Schnauze des Stiers nach rechts dargestellt, deshalb sieht man nur sein rechtes Auge, wogegen seine Hörner nach vorne gedreht werden, damit man beide sehen kann.

Kent im RIC gibt bei ALLEN Münzstätten dieselbe, nicht ganz richtige Beschreibung: "Bull, head facing, standing right." Richtig wäre "Bull standing and looking right, but with its horns twisted frontally by artistic convention."

Sollte ich mich da irren, bitte ich um den Gegenbeweis mit Bildern!

Verfasst: Mi 19.11.08 17:43
von beachcomber
horns twisted frontally by artistic convention."
kann ich so nicht unterschreiben: bei meinem angehängten exemplar sehe ich da nix anatomisch verkehrtes. der stier ist schräg von vorne 'aufgenommen', und würde wohl auch auf einem foto so ausschauen!
grüsse
frank

Verfasst: Mi 19.11.08 17:51
von cepasaccus

Verfasst: Mi 19.11.08 19:20
von chinamul
À propos: Zwei Auseinandersetzungen mit diesem Problem auf sehr unterschiedlichen künstlerischen Niveaus seien hier vorgestellt:

Wilhelm Busch beschreibt die ersten malerischen Gehversuche seines Malers Klecksel als Kind und kommentiert sie mit den folgenden Zeilen:
"Zunächst mit einem Schieferstiele
Macht er Gesichter und Profile;
Zwei Augen aber fehlen nie,
Denn die, das weiß er, haben sie."

Pablo Picasso stellt auf seinem berühmten Gemälde "Guernica" (hier auf einem Ausschnitt) den Stier so dar, daß man sowohl beide Hörner als auch beide Augen sieht, was bei ihm allerdings nicht wie bei Kuno Klecksel auf künstlerisches Unvermögen zurückzuführen ist. Vielmehr ist es bei ihm ein auch bei menschlichen Porträts immer wieder verwendetes bildnerisches Ausdrucksmittel.

Gruß

chinamul

Verfasst: Mi 19.11.08 20:08
von curtislclay
beachcomber hat geschrieben:
horns twisted frontally by artistic convention."
kann ich so nicht unterschreiben: bei meinem angehängten exemplar sehe ich da nix anatomisch verkehrtes. der stier ist schräg von vorne 'aufgenommen', und würde wohl auch auf einem foto so ausschauen!
Ich bleibe bei meiner Auffassung: der Stier steht und blickt nach rechts, nur seine Hörner sind etwas nach vorne gedreht, damit man beide sehen kann!

Es war in der antiken Münzkunst ganz normal, wegen Klarheit oder um zusätzliche Einzelheiten darzustellen den Blickpunkt mal zu verändern.

So in vielen Darstellungen von nach rechts oder nach links sitzenden Gottheiten wird die Thronrückenlehne um 90 Grad nach vorne gedreht, damit der Betrachter sie klar sehen kann.

Auf dem Denar Crawford 307 sieht man eine nach rechts fahrende Galeere, der Bug ist aber nach uns gedreht, damit wir die Augen vorne auf beiden Seiten und auch die hinteren Ruder sehen können!

Verfasst: Mi 19.11.08 20:30
von Peter43
In der Regel ist aber der Kopf des Stieres etwas nach li gewendet, so daß man z.B. beide Augen sehen kann. Hier ein Beispiel aus Nikomedea von Wildwinds.

Mit freundlichem Gruß

Verfasst: Mi 19.11.08 21:05
von curtislclay
Da hätte ich weiter suchen müssen; diesen zweiäugigen Typus habe ich bei CoinArchives nicht bemerkt!

Auch dieser Typ ist aber nicht grundsätzlich anders als bei Arelate, oder? Dort hat man bloss das zweite Auge ausgelassen!

Verfasst: Mi 19.11.08 21:45
von beachcomber
curtis,
bei der galeere gebe ich dir recht, die ist wirklich twisted, und in einer optisch unmöglichen stellung abgebildet.
bei der iuno allerdings sehe ich perspektivisch auch nichts falsches - die sitzt einfach seitlich auf dem korrekt dargestellten stuhl. denn man sieht ja nicht nur die rückenlehne, sondern auch die stuhlbeine von vorne!
bei iulians' stier müssen wir wohl alle möglichen varianten konstatieren - von korrekter perspektivischer darstellung leicht schräg von vorne, über gedrehten kopf bis zu der von dir erwähnten künstlerischen freiheits-darstellung der hörner!
grüsse
frank