Damnatio Memoriae ?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

marcus
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Beitrag von marcus » Fr 06.03.09 21:02

ich weiss nicht ob allen das bildniss der kaiserlichen familie unter setimius severus mit ausgekratzdem geta bekannt ist. passt zum thema

http://images.google.com/imgres?imgurl= ... N%26um%3D1

n.......s
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Beitrag von n.......s » Fr 06.03.09 21:04

nummis durensis hat geschrieben:Man sollte natürlich schon unterscheiden, ob diese "eradierten" Büsten bzw. Portraits durch Zufall oder Absicht entstanden sind.
hallo ???? im Gegensatz zu dem oben gezeigten Stück ist der Sachverhalt hier ziemlich eindeutig! Diese verunstaltete Münze von Alex.Sev. hingegen bietet nun definitiv verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Dieses Stück könnte zum Beispiel lange Zeit nach der Regierung dieses Kaisers als Werkzeug o-ä. gedient haben.

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Beitrag von justus » Fr 06.03.09 21:11

nummis durensis hat geschrieben:Abwegig erscheint mir auch, dass von staatlicher Seite diese Münzen eradiert worden sind. Man hätte wohl kaum diese Kosten und Mühen auf sich genommen.
Nachdem eine "damnatio memoriae" durch den Senat ausgesprochen worden ist, wurden Statuen, Bildnisse des betreffenden Kaisers von Amtswegen entfernt und sein Name aus Inschriften getilgt. Dies war keine Privatangelegenheit.

Zitat: "The practice of damnatio memoriae was rarely, if ever, an official practice." - http://en.wikipedia.org/wiki/Damnatio_memoriae
nummis durensis hat geschrieben: ... sondern an die Kaisertreue und die Liebe zum römischen Staat und Imperium.
Das mag' vielleicht auf "Preußens Glanz und Gloria" zutreffen, aber ist in Bezug auf das Imperium Romanum doch eher zweifelhaft.

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Zuletzt geändert von justus am Fr 06.03.09 21:19, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von areich » Fr 06.03.09 21:11

Diese Münzen sind so ziemlich die einzigen, wo es nicht fraglich ist, wie
auch die vorher von mir gepostete. (bezieht sich auf die von Nephrurus)

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Beitrag von emieg1 » Fr 06.03.09 22:09

folks, ich finde es schon recht beeindruckend, wie "eindeutig" der ein oder andere in die eine (oder andere) Richtung tendiert :wink:

Dabei ist so vieles fraglich, und das macht eben (für mich) den Reiz der antiken Numismatik aus. Die Frage, ob jetzt das aktuell vorgestellte Stück wirklich zu den Zeugnissen der d.m. unterzubringen ist, wird nicht abschliessend geklärt werden können.

Und ob diese Münze nun "verunstaltet" ist oder nicht, liegt wohl im Auge des Lesers hier, gelle..?!!

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Beitrag von areich » Fr 06.03.09 22:26

Man muß eben nicht in jede antike bzw. alte Beschädigung gleich etwas hineininterpretieren. Damals wie heute haben Leute einfach Langeweile gehabt
und Münzen zerkratzt o.ä. Die von Peter und Nephrurus gezeigten Münzen sind DM, das IST eindeutig. Und soetwas wie eine 'private damnatio' ist ein dummer Werbegag aber wenn's hilft...

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Beitrag von justus » Fr 06.03.09 22:34

nummis durensis hat geschrieben:Dabei ist so vieles fraglich ...
Tja, das ist eben das Wesen der Geschichtswissenschaft, Archäologie und auch der antiken Numismatik. Solange Severus Alexander uns nicht selbst Rede und Antwort stehen kann, worauf wir wohl bis zum "Jünsten Tag" warten müssen, können wir eben nur hinterfragen und mutmaßen.

Alexis Clérel de Tocqueville, ein französischer Historiker aus dem 19. Jahrhundert, der die Geschichtswissenschaft durch seine Thesen quasi revolutionierte, gab dazu eine bis heute gültige Handlungsanweisung, nämlich das man historische Ereignisse und archäologische Funde und dazu gehören auch Münzen, niemals aus heutiger Sicht beurteilen darf, sondern immer versuchen sollte, sie aus dem jeweiligen Zeitalter heraus zu verstehen.

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Beitrag von emieg1 » Fr 06.03.09 22:42

areich, ok, so weit, so gut, kannst du mir denn auch irgendwelche Quellen benennen, die die "staatliche" damnatio auf Münzen irgendwie belegen??

Oder anders gefragt: Wie vermagst du es zu unterscheiden, ob denn "Kratzer" auf den betreffenden Münzen eine "legale" damnatio darstellen, oder ob sie eben mal aus gelangweilt privater Fertigung stammen?

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Beitrag von justus » Fr 06.03.09 22:55

Hallo nummis durensis,

vielleicht hast du doch nicht ganz so unrecht mit deiner Annahme, dass es sich bei "damnatio memoriae" auf Münzen um private Aktionen einzelner handelte, wie das folgende Zitat von der Webseite der Uni Göttingen zeigt:

"Die Münzen mit dem Kaiserbild auf der Vorderseite blieben dagegen aus praktischen Gründen im Umlauf. Private Erbitterung hat aber manchen Zeitgenossen dazu veranlasst, auch diese Porträts zu verunstalten.
Zwei Münzen aus dem Tiber in Rom zeigen solche Porträts der Kaiser."


Quelle: http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e/uni/d/03/05
http://viamus.uni-goettingen.de/pages/i ... d:int=5270
http://viamus.uni-goettingen.de/pages/i ... d:int=5271

Zur "damnatio memoriae" von Münzen: http://www.anumis.de/lexikon/d/pd009.html

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Beitrag von areich » Fr 06.03.09 23:13

Wenn eine Person der damnatio memoriae unterlag und von dieser Person größere Mengen von Münzen mit ausradiertem Portrait bzw. Namenszug gefunden wurden ist das für mich ein schlüssiger Beweis.

Siehe Die von mir, Peter und Nephrurus geposteten Beispiele.
Das sind keine Kratzer wie beim Severus Alexander und es gibt einige davon.
Bei dem Geta und Sejanus scheinen sich die Numismatiker einig zu sein,
das reicht mir erstmal aus.

'Private Erbitterung' ist nun mal keine damnatio memoriae, da wird es in der gesamten Menschheitsgeschichte wohl keinen auf Münzen abgebildeten Herrscher geben, von dem sich KEINE solche Münze finden ließe.

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Beitrag von Posa » Fr 06.03.09 23:15

Hallo zusammen,

Naja, ein wirklicher Beleg für Privataktionen ist die göttinger Verlautbarung nun auch nicht. Die stehen vermutlich vor dem gleichen Problem und haben sich - aus welchen Gründen auch immer - für diese Lesart der Spuren entschieden.

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Beitrag von n.......s » Fr 06.03.09 23:17

für mich ist gar nicht so entscheidend, ob die Veränderung der Münzen auf Weisung der Stadthalter geschehen ist oder ob diese aus freien Stücken von den Besitzern vorgenommen wurde... Man stelle sich nur den kleinen Händler oder den Einkäufer auf den öffentlichen Märkten vor, der schlicht Angst um sein erspartes Geld hat... Um mit den Hütern de Gesetzes nicht anzuecken und den Verlust des Geldes zu provozieren, ist es gar nicht mal abwegig, dass Porträts "frisch verdammter Ex-Kaiser" von den Eigentümern der Münzen selbst verunstaltet worden. Interessanter ist für mich die Tatsache, dass diese Münzen oftmals weiterhin als offizielles Zahlungsmittel anerkannt wurden - ersichtlich z.B. an Gegenstempeln oder deutlichen Umlaufspuren nach der Veränderung der Münzen.

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Beitrag von Posa » Fr 06.03.09 23:20

nephrurus,
interessantes gedankenspiel!

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Beitrag von emieg1 » Fr 06.03.09 23:22

Danke justusmagnus für die Quellen, und das sage ich nicht nur deswegen, weil es meine Theorie unterstützt! Alles ist eben nur Annahme, wie auch die Zitate der Uni Göttingen, die aber mir zumindest recht fundiert erscheinen.

Meine Meinung: Staatliche Eingriffe in Bezug auf d.m. halte ich für ausgeschlossen; der Aufwand wäre im Vergleich zu einer (wesentlich einfacheren) Münzneuprägung unter dem neuen Regime viel zu groß gewesen. Warum also sollte Rom sich die Mühe gemacht haben, mühevoll alte Münzen einzuziehen, sie mit der d.m. zu "versehen" und anschliessend wieder in Umlauf zu bringen? Vielleicht waren es nur die wenigen Exemplare, die schon geprägt, aber nicht in Umlauf gebracht wurden, die mit dieser entsprechenden d.m. belegt wurden?? Natürlich "wenn überhaupt", und nicht sämtliche Exemplare dieses Typs privater Natur wären.

Tja, ich unterstreiche aber, dass dies alles nur Mutmaßungen sind, die nie und nimmer endgültig bewiesen werden können!

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Beitrag von justus » Fr 06.03.09 23:24

Zitat: "Es gibt jedoch Dokumente, die über Einschmelzungen von Münzen mit der Darstellung der verdammten Kaiser Nero, Geta und Caligula berichten. Vermutlich wurden auch Porträtmünzen des Tyrannen Commodus (177/180-192 n.Chr.) nach dessen Ermordung eingeschmolzen oder auf andere Weise vernichtet."

Quelle: http://www.anumis.de/lexikon/d/pd009.html

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