Liebe Zielgruppe,
eigentlich wollte ich hier ja nie mehr was schreiben, weil bestimmten Leuten bestimmte Eigenschaften von mir ein Dorn im Auge sind (wie z.B., daß Antinoos für mich nicht nur von rein historisch-numismatischem Interesse ist). Aber über eine Google-Recherche - genau zu dem konkreten Lanz-Exemplar - bin ich nun doch wieder hier in diesem Forum gelandet.
(Jaja, immer diese guten Vorsätze, wenn man sie dann doch über den Haufen wirft ...

...)
Zur Wahrung des Zusammenhangs hbe ich das Bild von dem Lanz-Prachtexemplar aus dem Link
http://sixbid.com/nav.php?p=viewlot&sid=147&lot=696 unten nochmal reinkopiert; einfach, weil es
zu schön ist.
(
@Mods: Falls wegen "Copyright" unzulässig - bitte löschen!
ABER: Vergleichbare Bilder aus Auktionsplattformen außer iBäh - wie z.B. Coinarchives - sind auch und gerade in der Wikipedia gang und gäbe und gelten dort als GPL/PD.)
Ja, als ich
den Zuschlagpreis gelesen habe, bin auch ich fast vom Stuhl gefallen. Wobei ich sogar selber mit auf diese Münze geboten hatte - aber nur unwesentlich über dem Schätzpreis (775,- €, wer's genau wissen will - also mit Aufgeld max. 900,- €). Und ich war mir sogar fast sicher, es dafür zu bekommen. Aber wie das Leben so spielt... Jedoch kann ich auch verstehen, welcher Teufel den unbekannten Höchstbieter geritten hat, umgerechnet über 6000,- DM für eine Renaissance-Medaille auszugeben: Das Stück ist nämlich wohl eines der schönsten seiner Art, die's heute noch gibt und ein wundervoller Beleg für die Nachwirkung des vergöttlichten bithynischen Jünglings bis in unsere Tage hinein. Und dann reagieren manche Menschen z.T. etwas irreal, ich weiß, ich weiß ...
Nochmal zur Untermauerung, was oben schon gesagt wurde: stempelgleich mit dem Lanz'schen Stück ist das hier, nur eben nicht bimetallisch, aber auch geprägt; ein echter Paduaner also (und der Preis von damals ist aus heutiger Warte gesehen geradezu ein Superschnäppchen):
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 25&Lot=649
Nein Stefan, Widerspruch - der wirkliche Prototyp kommt unten als Foto!
Es gibt zwei Reverstypen der in Korinth durch den Antinoospriester Hostilius Marcellus (gräzisierend Ostilios Markellos) geprägten Medaillone, wie es auch im Auktionstext oben steht: Den Bellerophon der obigen Münze, und dann den ganz ähnlich gebildeten Hermes (siehe meine Fotos unten): "On a similar reverse, which the same magistrate ordered struck for the Koinon Acaiwn, Bellerophon has been replaced by Hermes (Blum p. 36, A); this new type became the basis for Cavino's Renaissance imitation."
Und nun vergleicht zunächst mal die Rückseite unten mit der des Cavino-Stücks. Natürlich ist die stilistische "Grundauffassung" renaissancezeitlich. Das Relief wirkt weniger plastisch aber dafür detailreicher/manierierter als das des Originals.
Jedoch habe ich einen Verdacht, und ich weiß nicht, wie die Experten das hier sehen, nämlich: Ich vermute, daß Cavino nicht nur nach dem Typ lt. meinen Bildern unten gearbeitet hat, sondern ggf. sogar nach
genau diesem Exemplar!
Das begründe ich wie folgt: Schaut Euch mal die Unterschenkel des Antinoos-Hermes auf der Rückseite des Cavino an, insbesondere den auf die Münze gesehen linken (also den rechten des Antinoos-Hermes). Anatomisch seltsam, diese "harte" Knochenstruktur, oder?! Trotz allem renaissancezeitlich-detailverliebten Manierismus'... Und nun schaut mal das antike Original unten an: Da ist an dieser Stelle ein Patina-Ausbruch, der einfach als zum Bild gehörig mit in den Paduaner übernommen wurde. Dasselbe gilt für die extrem betonte Bauchmuskulatur. Das sieht regelrecht unnatürlich aus.
Auf der Vorderseite ist das ebenfalls zu bemerken: Mein Exemplar hat einen ganz ausgeprägten Doppelschlag: Die Auge-Nasenwurzel-Partie wiederholt sich über dem "richtigen" Auge in der Stirn noch einmal. Und gerade bei diesem Nachguß nach dem anderen Stempel sieht man deutlich, daß der neuzeitliche Künstler daraus eine "verstärkte Locke" gemacht hat:
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 99&Lot=735
Was haltet Ihr von dieser These?
PS zu dem unten abgebildeten Stück: Das war der "Schnapp meines Lebens" - den habe ich vor Jahren bei einem Hamburger Auktionshaus als "Paduaner" für unter 200,- € inkl. Aufgeld und MWSt gekauft. Tja, ich kann das schon nachvollziehen: Das Original ist so unendlich selten, da MUSZ sowas ja ein "Paduaner" sein, wenn das mal auftaucht. Dieses Auktionshaus neigt ohnehin dazu, selbst eher "neothrakische" Nachbildungen/Phantasiemedaillone noch als "Paduaner" zu deklarieren; auf der besagten Auktion waren aber jede Menge echter Stücke in Erhaltungen, die es ansonsten wirklich nur als "Paduaner" gibt, wohl aus einer ganz alten Sammlung. Ich mußte mich bei bestimmten Frührömer-Prachtsesterzen schon sehr zurückhalten, da nicht doch mitzubieten und die anderen Saalbietrer dadurch auf dumme Gedanken zu bringen, daß die ganzen anderen "Paduaner" vielleicht doch Originale sind ... Naja, denjenigen, die jetzt ihre "12 Caesaren"-Sammlung mit Kabinettstücken der Spitzenklasse für je um ca. 200,- € herum komplettieren konnten, GÖNNE ich das von ganzem Herzen - ich konnte ja meine (kleine) Antinoos-Sammlung durch dieses herrliche Stück auch deutlich aufwerten

! Im übrigen: In der Hand sieht es deutlich schöner aus als auf meinen Fotos. Im Original wirkt die Patina fast schwarz und ist keine so ausgeprägt "buntgescheckte Kraterlandschaft". Ich habe das Gamma für die Fotos hier jedoch massiv angehoben, damit die Details besser sichtbar werden.
Liebe Grüße,
-Antinoos