Kennt jemand diesen Münztyp?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Antworten
Benutzeravatar
Homer J. Simpson
Moderator
Beiträge: 11584
Registriert: Mo 17.10.05 18:44
Wohnort: Franken
Hat sich bedankt: 229 Mal
Danksagung erhalten: 1217 Mal

Kennt jemand diesen Münztyp?

Beitrag von Homer J. Simpson » Sa 08.08.09 15:26

Heute möchte ich Euch einen ganz frisch erworbenen Denar vorstellen.

Denar, Severus Alexander, 222-235, geprägt 228-231
Vs. IMP SEV ALE - XAND AUG
Belorbeerter Kopf re.
Rs. MARS - P - ACIFER
Mars in Rüstung nach li. schreitend mit Zweig und Zepter, über li. Schulter und Arm wehender Umhang
Gereinigt mit Restverkrustungen, sonst ss+
Max. Durchmesser 19 mm, Gewicht 3,65 g, Stempelachse 12 Uhr
Cohen - , RIC - , BMC -

Mars Pacifer ist eine nicht seltene Darstellungsweise des Kriegsgottes: Er hat seine Aufgabe erfüllt, das römische Heer zum Sieg geführt und somit für Rom den Frieden errungen. Mit dieser Bezeichnung taucht er auf Münzen das erste Mal 197 unter Septimius Severus auf. Auch unter Severus Alexander gibt es ihn auf Münzen. ABER:
1. Die Legende MARS PACIFER habe ich nirgendwo gefunden (und zwar für keinen Kaiser), sondern NUR die Dativversion (MARTI PACIFERO und Abkürzungen). Unter Septimius Severus gibt es allerdings die Legende MARS PACATOR.
2. Die MARTI PACIFERO-Prägungen des Severus Alexander stammen aus seiner ersten Prägeperiode (Vs.-Legende mit C M AUR) und zeigen Mars stehend, wie überhaupt Mars Pacifer meist ruhig-stehend und seltener energisch-schreitend dargestellt wird.

Die ähnlichste Darstellung habe ich auf einem Gordian III.-Antoninian aus Antiochia (RIC 212) gefunden; auch mit schreitendem Mars, dort allerdings ist Mars mit Schild und nach unten weisendem Speer bewaffnet, während auf dem Severus-Alexander-Denar Mars bis auf den Helm völlig unbewaffnet ist - der Stab hat, eindeutig zu erkennen, an jedem Ende einen kleinen Knauf, aber keine Spitze, ist also ein Zepter und kein Speer oder Lanze.

Zu den technischen Details: Der Denar steht mit 3,65 g am oberen Ende der üblichen Gewichtsverteilung für Denare dieser Zeit (abgesehen von Ausreißern - ein Mitglied im US-Forum hat einen Severus-Alexander-Denar von 5,2 g vorgestellt!). Da die Oberfläche etwas "grieselig" ist, habe ich natürlich an die Möglichkeit eines Gusses gedacht (aufgrund des absolut einwandfreien Stiles kommt eine moderne Freihandkopie nicht in Frage), jedoch ist der Rand völlig unverdächtig, und die Oberflächenstruktur scheint eher von Korrosion und Reinigung, wohl auf chemischem Wege, herzurühren. (Außerdem: Wenn Guß, dann Abguß wovon, wenn die Rs. insgesamt unbekannt ist??) Der Stempelschnitt ist sehr fein, um eine inoffizielle Münze handelt es sich sicher nicht.

Hat jemand von Euch einen Denar dieses Typs schon mal gesehen, oder ist dies wirklich eine "Neuentdeckung"??

Viele Grüße,

Homer
Dateianhänge
sev-alex-c.JPG
sev-alex-b.JPG
sev-alex-a.JPG
Wo is'n des Hirn? --- Do, wo's hiig'hört! --- Des glaab' i ned!

Benutzeravatar
donolli
Beiträge: 1500
Registriert: Mi 24.03.04 12:12
Wohnort: Raetia
Hat sich bedankt: 17 Mal
Danksagung erhalten: 30 Mal

Beitrag von donolli » Sa 08.08.09 16:37

hallo homer, i

wenn du sagst, dass die oberfläche, die auf dem bild etwas komisch wirkt, wohl auf eine scharfe reinigung zurückzuführen ist, habe ich darüber hinaus mit der münze keine probleme.

ich kann auch noch vergleichsmaterial beizusteuern:

ich kenne diese form der darstellung auch nur von antoninianen ab den 40er und 50er jahren des 3. jh. und vor allem aus antiochia

habe neben dem von dir schon angesprochenen gordi ric 212 noch diesen volusian (ric 228 var.) aus antiochia anzubieten. diesmal ohne schild, aber immer noch mit speer anstatt zepter :roll:

grüße
olli
Dateianhänge
volusian.jpg
Natura semina nobis scientiae dedit, scientiam non dedit. (Seneca)

Benutzeravatar
beachcomber
Beiträge: 10728
Registriert: Mi 13.07.05 19:53
Wohnort: portimão,portugal
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 155 Mal

Beitrag von beachcomber » Sa 08.08.09 17:15

ganz klar chemisch gereinigt, die übriggebliebenen kupferauflagen kann man jetzt nur mechanisch entfernen.
ich habe keinerlei zweifel an der echtheit,und auch der stil scheint mir offiziell zu sein.
grüsse
frank

Benutzeravatar
quisquam
Beiträge: 4555
Registriert: Mo 12.09.05 17:22
Wohnort: Rheinland
Hat sich bedankt: 8 Mal
Danksagung erhalten: 7 Mal

Beitrag von quisquam » Sa 08.08.09 20:49

beachcomber hat geschrieben:ich habe keinerlei zweifel an der echtheit,und auch der stil scheint mir offiziell zu sein.
Kommen auf offiziellen Münzen denn auch solch übergroße Buchstaben wie das S und das G in der Vorderseitenlegende vor?

Grüße Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

Benutzeravatar
Homer J. Simpson
Moderator
Beiträge: 11584
Registriert: Mo 17.10.05 18:44
Wohnort: Franken
Hat sich bedankt: 229 Mal
Danksagung erhalten: 1217 Mal

Beitrag von Homer J. Simpson » Sa 08.08.09 21:36

Tun sie, selbst auf Aurei, schau mal:

http://www.wildwinds.com/coins/sear5/s7 ... l#RIC_0103

Da ist das G in AUG ebenso groß geraten.
Und auf meiner Münze sind auch eher die umliegenden Buchstaben (das P von IMP, das V von AVG) etwas kurz geraten, da das nach außen strömende Metall die Fußenden der Buchstaben nicht ganz ausgefüllt hat.

Homer

PS: Hier noch der Gordianus zum Vergleich.
Dateianhänge
sevalex-gordi2.JPG
Wo is'n des Hirn? --- Do, wo's hiig'hört! --- Des glaab' i ned!

Benutzeravatar
quisquam
Beiträge: 4555
Registriert: Mo 12.09.05 17:22
Wohnort: Rheinland
Hat sich bedankt: 8 Mal
Danksagung erhalten: 7 Mal

Beitrag von quisquam » So 09.08.09 17:38

Ich finde schon, dass die Buchstaben hier besonders stark vergrößert sind. Und warum das Fußende des A und V von AVG, nicht aber des G durch den Metallfluss unvollständig ist ist mir auch schleierhaft.

Trotzdem finde auch ich, dass der Stil einen nicht unbedingt an eine antike Imitation denken lassen muss. Der ungewöhnliche Typ mit einer auf römischen Münzen sonst völlig unbekannten Legende legt diese Vermutung aber schon sehr nahe.

Es ist auf jeden Fall eine sehr spannende Münze.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

curtislclay
Beiträge: 3405
Registriert: So 08.05.05 23:46
Wohnort: Chicago, IL, USA
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 29 Mal

Beitrag von curtislclay » Mo 10.08.09 07:22

Der Typ ist wohlbekannt, nur mit anderer, datierter Legende, nämlich

P M TR P VIII COS III P P.

RIC 92, Cohen 365, BMC 603-5, 56 Exemplare im Fund von Reka Devnia.

Szepter statt Speer scheint in diesem Typ normal zu sein.

Vermutlich war MARS PACIFER die ursprüngliche Legende für diesen Typ, man wechselte aber sehr bald zu P M TR P VIII COS III P P !

Schwer zu entscheiden, ob das Fehlen von Mars' Schild auf Homers Münze auch beabsichtigt wurde oder bloss ein Versehen des Stempelschneiders war.
Dateianhänge
SevAlexDenVIIIMarsPac.jpg
Zuletzt geändert von curtislclay am Mo 10.08.09 18:04, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Homer J. Simpson
Moderator
Beiträge: 11584
Registriert: Mo 17.10.05 18:44
Wohnort: Franken
Hat sich bedankt: 229 Mal
Danksagung erhalten: 1217 Mal

Beitrag von Homer J. Simpson » Mo 10.08.09 17:47

Danke Curtis!
Da unter den datierten Münzen dieser 2. Prägeperiode (mit dieser Vs.-Legende) dieser Typ des Mars als Friedensbringers nur mit TRP VIII belegt ist, liegt es wohl nahe, meine Münze auch in das Jahr 229 zu datieren, oder? Vielleicht war ganz am Anfang der Emission der Auftrag an die Stempelschneider mißverständlich formuliert ("Du schneidest jetzt den Mars Pacifer" o.ä.), daß einer von ihnen den Namen des Gottes statt der Jahreszahl dazuschrieb.
Interessant wäre es ohnehin, nach welchen Kriterien welcher Anteil der Münzen mit Jahreszahl oder mit beschreibender Legende geprägt wurden. War das persönliche Vorliebe des Kaisers? Immerhin gibt es aus der mittleren Regierungszeit des Severus Alexander auch massig undatierte Münzen (RIC 184 bis 227).

Viele Grüße,

Homer
Wo is'n des Hirn? --- Do, wo's hiig'hört! --- Des glaab' i ned!

curtislclay
Beiträge: 3405
Registriert: So 08.05.05 23:46
Wohnort: Chicago, IL, USA
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 29 Mal

Beitrag von curtislclay » Di 11.08.09 00:04

Ja, Prägejahr 229 erscheint recht sicher!

Die Rs.Legende eher ein beabsichtigter Erstversuch als ein Missverständnis, würde ich vermuten, aber: wir waren halt nicht dabei!

Der Schild ist bei deiner Münze gar nicht vorhanden, er kann sich nicht hinter Mars' Arm versteckt haben, stimmt? Ich entferne gerne die Ablagerungen auf beiden Seiten, wenn du mir die Münze schicken willst!

Beschreibende Legenden bis 10. Dez. 238, danach nur mehr P M TR P II COS P P in der ersten Ausgabe von Gordian III., das tribunizische Neujahr veranlasste also anschienend den Legendenwechsel, aber zumeist erkennen wir die Daten und Ursachen für die beiden Legendenformen nicht so klar!

Benutzeravatar
Homer J. Simpson
Moderator
Beiträge: 11584
Registriert: Mo 17.10.05 18:44
Wohnort: Franken
Hat sich bedankt: 229 Mal
Danksagung erhalten: 1217 Mal

Re: Kennt jemand diesen Münztyp?

Beitrag von Homer J. Simpson » So 07.03.10 22:33

Sorry, daß ich mich so lange nicht gemeldet habe, aber jetzt gibt's etwas Neues.

Einer unserer Forumsfreunde (danke an imperator44!) hat anläßlich unseres Treffens bei der Numismata den Denar für mich gereinigt (ich hätte mich da nie rangetraut). Wenn ich Euch kurz seine Erläuterungen zusammenfassen darf: diese Kupferoxydkruste sei mechanisch sehr fest mit dem Silber verbunden, daher würde man bei mechanischer Entfernung der (harten) Kruste immer auch etwas vom (weicheren) Silber verletzen. Daher hat er die Münze mit der Alufolie-Salzsäure-Methode gereinigt, mit der er sehr viel Erfahrung hat, so daß er auch die Menge der Chemikalien gut an die Größe und den Silbergehalt der Münze anpassen kann.

Die neuen Bilder habe ich soeben gemacht, das Ergabnis kann sich, finde ich, sehen lassen! Was übrig ist, ist noch eine gewisse Verfärbung (da, wo schon länger Metall frei lag, ist es etwas dunkler als an den frisch gereinigten Stellen - logisch). Das wird sich noch geben. Auf der Rückseite sind um Mars' Kopf noch minimale Restverkrustungen übrig - bin ich gar nicht böse, da ist noch ein gewisser Altersnachweis da.

Klar ist jetzt auch, daß der Rückseitentyp sich auch durch das Fehlen eines Schildes vom normalen RIC 92 unterscheidet. Daß sich da noch ein angedeuteter Schild unter der Kruste verbirgt, können wir jetzt ausschließen.

Viele Grüße,

Homer
Dateianhänge
2010-03-07 005.jpg
2010-03-07 006.jpg
Wo is'n des Hirn? --- Do, wo's hiig'hört! --- Des glaab' i ned!

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Drusus Major und 19 Gäste