Nerva

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Invictus
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Re: Nerva

Beitrag von Invictus » Do 26.04.12 18:36

Aber diese Aussagen sollen mitnichten die liberale Gesinnung Nervas relativieren, zumal sie doch gar nicht in einem direkten Zusammenhang mit seiner Person stehen.

Nerva hat nicht nur die Zugehörigkeit zum Judentum (Christentum) anders deffiniert, sondern auch die Denunziation verboten, infolge dessen der Beschuldigte sein Vermögen an den kaiserlichen Fiscus verlor. Und gerade die ungewöhnliche Verwendung des Wortes CALVMNIA scheint darauf hinzudeuten, dass es eben nicht um die Steuer an sich ging (die gab es ja auch weiterhin noch), sondern um die von Domitian getroffenen Festlegungen, wer der Judensteuer unterlag, sowie seine nach der willkürlichen Abstrafung erfolgte Einziehung des Privatermögens. Die Abschaffung dieser Schikane ist wohl mit dem Reverstext gemeint.
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chinamul
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Re: Nerva

Beitrag von chinamul » Do 26.04.12 19:48

Das ist ein sehr bedenkenswerter neuer Aspekt, den ich noch gar nicht in Betracht gezogen hatte. Ich danke Dir für diese Präzisierung, der ich mich gerne anschließe.

Gruß

chinamul
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curtislclay
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Re: Nerva

Beitrag von curtislclay » Do 26.04.12 20:28

Diese Erklärung von CALVMNIA geht ja auf Spanheim zurück, und wurde von Eckhel und Mattingly übernommen. BMC II, S. xlviii:

"Under Domitian imperial revenue agents had practised clumsy brutality in ascertaining whether men were or were not Jews and so liable to the tax, and had roused an ill-feeling out of all proportion to the financial gain. Nerva, as one of his first measures, put an end to these abuses - the 'calumnia' or casuistic abuse of legal technicalities, which had disfigured the administration of this financial department, the 'fiscus Iudaicus'. The principle of the tax itself was left untouched."

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Invictus
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Re: Nerva

Beitrag von Invictus » Sa 26.01.13 12:12

As
9,26 g / 26 mm
Okt.-Dez. 96 n.Chr.
RIC 69

Kopf des Kaisers mit Lorbeerkranz n.r.
IMPERATOR NERVA CAESAR AVGVSTVS PONTIFEX MAXIMVS TRIBVNICIA POTESTATE CONSVL II DESIGNATVS III PATER PATRIAE
N A.JPG
Zwei Hände im Handschlag
CONCORDIA EXERCITVVM - SENATVS CONSVLTO
N R.JPG
Die Münze der sich einander reichenden Hände sollte die Eintracht zwischen Princeps und Truppen beschwören.
Dieses Motiv –-- sowohl der einfache Handschlag (Kaiser und Prätorianergarde?) wie auch der Handschlagmotiv vor einem Legionsadler auf Prora (Kaiser und Legionen /Flotte) --– ließ Nerva durchgängig von 96-98 n.Chr. prägen. Das zeigt deutlich, wie sich Nerva während seiner gesamten Regierungszeit um die Unterstützung von Militär und Garde (auch Teile des Senats und der römischen Aristokratie standen ihm ablehnend gegenüber) bemühen musste. Die instabile politische Lage spiegelt sich am besten in einem zeitgenössischen Satz wider:
Schlimm war es unter Domitian, wo Allen Alles verboten war, aber jetzt ist es schlimmer, denn Jedem ist Alles erlaubt.

Nerva war ein alter schwerkranker Mann ohne militärische Referenzen, als er von den Senatoren am Abend des 18. Sep. 96 n.Chr. zum neuen Kaiser erhoben wurde. Besonders beim Militär besaß er weder Rückhalt noch Sympathie. Die Soldaten und Prätorianer trauerten dem ermordeten Domitian nach und wollten es nicht hinnehmen, dass sich Nerva gegen eine Bestrafung seiner Mörder aussprach und diese sogar in ihren Ämtern beließ (etwa die beiden Prätorianerpräfekten Petronius Secundus und Flavius Norbanus). Die Missstimmung gegen den autoritätsschwachen Princeps äußerte sich erstmals im Nov. 96 n.Chr. (oder Anfang 97 n.Chr.) mit der Verschwörung des Senators Calpurnius Crassus (Trajan verbannte ihn dafür um 100 n.Chr. nach Tarentum). Das Komplott wurde rasch aufgedeckt, da Nerva Domitians Bespitzelungssystem trotz allem uneingeschränkt weiter arbeiten ließ. Es gelang dem alten Kaiser, den Anschlag ohne Blutvergießen abzuwenden, indem er die Verschwörer zu einer öffentlichen Veranstaltung einlud und ihnen sogar furchtlos Schwerter für ihr heimtückisches Vorhaben reichte, worauf sie beschämt ihren Mordplan fahren ließen. Doch seine Autorität war immer mehr im Entschwinden begriffen. Im Juli oder August 97 n.Chr. spitzte sich die Lage dramatisch zu. Die Prätorianer hatten sich gegen ihre beiden Präfekten Petronius und Norbanus aufgelehnt und deren Abdankung beim Kaiser erzwungen. Um die aufgewühlten Gemüter zu beruhigen, ernannte Nerva den einst schon unter Domitian als Prätorianerpräfekt gedienten Casperius Aelianus erneut zum Präfekten. Doch der wiegelte schnurstracks seine Männer mit der alten Forderung nach Bestrafung von Domitians Mördern auf (auch hierfür rächte sich später Trajan, indem er Aelianus Anfang 99 n.Chr. nach Köln rufen und dort hinrichten ließ) und setzte Nerva kurzerhand in seinem eigenen Palast fest – zwar widersetzte sich dieser energisch und bot dem Aufwiegler sogar seine Kehle zum Zustoßen dar, aber er konnte die Hinrichtung der ehemaligen Verschwörer Petronius und Parthenius (Domitians Kämmerer) nicht verhindern. Petronius wurde mit einem Schwerthieb niedergestreckt, dem Parthenius hingegen die Genitalien abgeschnitten, in den Mund gestopft (so wird in Mafiakreisen auch heute noch mit Verrätern abgerechnet!) und anschließend die Kehle durchtrennt. Der ohnmächtige Nerva wurde anschließend gezwungen, sich in aller Öffentlichkeit bei seiner aufrührerischen Garde für ihr Blutbad zu bedanken. Jetzt war die Gefahr riesengroß, dass die mürrischen Soldaten Ausschau nach einem neuen starken Kaiser hielten.
Das Problem mit der Armee und eines geeigneten Nachfolgers löste Nerva am 27. Okt. 97 n.Chr., indem er auf dem Kapitol vor versammelter Menge die Adoption des obergermanischen Statthalters Ulpius Trajanus lautstark verkündete. Anschließend begab er sich in die Kurie und erhob ihn in den Rang eines Caesaren.
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