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unbekannte Großbronze aus der Provinz

Verfasst: Mi 11.11.09 15:59
von tilos
Diese Bronze mit den beiden Damen kann ich leider - bis a.d. Verdacht, dass sie aus Kilikien stammt - nicht näher zuordnen.

AE 33mm / 21,22 g

Ich bitte hiermit um die geneigte Hilfe der Experten.

Danke+Grüße
Tilos

Verfasst: Mi 11.11.09 16:15
von Laterarius
Es handelt sich eindeutig um eine Münze aus Aigeai in Kilikien. Die Vorderseite zeigt das Porträt der Julia Domna (unten abgebildet), die Rückseite Hygieia (oben abgebildet). Die Münze ist publiziert, ein Zitat kann ich ohne Schwierigkeiten nachliefern.
Beste Grüße
Laterarius

Verfasst: Mi 11.11.09 16:42
von Pscipio
Allzu häufig scheint die Münze nicht zu sein, ein interessantes Stück mit einer eindrücklichen Hygieia. SNG Leypold 2205, mit Verweis auf SNG Levance 1737. Diese Münzen sind datiert, das Stück bei Leypold ist aus dem Jahr 240 = 193/194 n. Chr., und es sieht so aus, als ob deine auch aus dem Jahr stammt (ETOVC MC, links bzw. über der Hygieia).

Gruss, Pscipio

Verfasst: Mi 11.11.09 18:16
von Laterarius
Hallo,
die Münze ist in der Tat selten, alle mir bekannten Stücke sind stempelgleich. Vielleicht sollte noch darauf hingewiesen werden, dass es eine Parallelausgabe aus demselben Jahr 193/4 gibt (SNG Levante 1735), die auf der Vorderseite das Porträt des Septimius Severus und auf der Rückseite das Brustbild des Asklepios zeigt. Dies dürfte den Schluss zulassen, dass der Kaiser mit Asklepios und die Kaiserin mit Hygieia in Verbindung gebracht wurden. Dergleichen Beobachtungen sind in Aigeai mehrfach anzustellen. Interessante Münze!
Beste Grüße
Laterarius

Verfasst: Mi 11.11.09 19:02
von Pscipio
Bei der Erhaltung ist es schwer zu sagen, aber ich glaube, die Leypoldmünze ist von einem anderen Aversstempel als das Stück von Tilos.

Gruss, Pscipio

Verfasst: Mi 11.11.09 19:24
von Laterarius
Das Leypold-Stück habe ich mir noch nicht angesehen, Stempelvergleiche sind bei solchen Erhaltungen aber zugebenermaßen sehr problematisch. Ich kenne aber noch schlechtere aus dieser Emission: SNG Pfälzer Privatsammlungen 61 (Septimius Severus/Asklepios) - eigentlich nur über die Gegenstempel zu identifizieren :lol: .
Liebe Grüße
Laterarius

Verfasst: Mi 11.11.09 19:26
von tilos
Ich dank Euch beiden sehr, die Freude über diese interessante Münze ist groß!!

In der Tat Pscipio, auf dem Rv. ist ЄTOYC MC zu lesen.

Laterarius, wie würde sich denn die Av.-Leg. lesen, wenn noch vorhanden?

Beste Grüße!
Tilos

:
CILICIA, Aegeae
Julia Domna, wife of Septimius Severus, mother of Caracalla and Geta. Augusta,
193-217 AD.
Dated Caesarean Era 240 (193/4 AD).
Draped bust right / Bust of
Hygieia right; serpent around shoulders right;
date in legend.
SNG Levante 1737; SNG France 2340.

Verfasst: Mi 11.11.09 22:15
von Laterarius
Die Legenden (suche jetzt nicht die griechischen Lettern heraus):
VS: IOVLIAN DOMNAN CEB
RS: ADPIANON AIGEAION ETOVC MC
Glückwunsch: Wirklich eine schöne Neuerwerbung!
Laterarius

Verfasst: Mi 11.11.09 22:26
von Pscipio
Jetzt brauchst du nur noch den dazu passenen Septimius zu finden! :)

Verfasst: Fr 13.11.09 01:26
von tilos
Danke Laterarius für die Leg.! Ich schreib es mir dann ins griechische.
Pscipio hat geschrieben:Jetzt brauchst du nur noch den dazu passenen Septimius zu finden! :)
Vielleicht bei Dir? :lol:

Verfasst: Fr 13.11.09 10:50
von Laterarius
Nein, bei mir findest Du leider weder diese Julia Domna, noch den Septimius Severus. Nach solchen Münzen kann man eigentlich kaum suchen, dafür sind sie viel zu selten. Von der weiblichen Variante sind offenbar wirklich zwei? verschiedene Rückseitenstempel und vielleicht nur ein Vorderseitenstempel bekannt. Die männliche Variante wird nicht häufiger sein. Das Zeitfenster für die Prägetätigkeit ist ja ein sehr enges (wenige Monate im Frühjahr/Sommer 194). Ich vermute, dass jeweils nicht mehr als 5-10 Exemplare veröffentlicht sind. Unabhängig davon, finde ich die Münzen aus Aigeai insgesamt ungemein interessant. Konkret zu dieser Emission: Nach dem Bürgerkrieg zwischen Septimius Severus und Pescennius Niger (beendet ganz in der Nähe durch die Schlacht bei Issos im Spätwinter 194) dürfte sich Aigeai, das ja zum Herrschaftsgebiet des Niger gehört hatte, sehr beeilt haben, dem neuen Machthaber zu gefallen. Dies konnte man z.B. dadurch tun, dass man ihn und seine Frau mit dem Hauptgott der Stadt, Asklepios, bzw. mit Hygieia, in Verbindung brachte. Die "Schleimspur" der Stadt ist m.E. unübersehbar.
Liebe Grüße
Laterarius

Verfasst: Fr 13.11.09 16:38
von tilos
Laterarius hat geschrieben:Nein, bei mir findest Du leider weder diese Julia Domna, noch den Septimius Severus....
Liebe Grüße
Laterarius
Damit meinte ich - eher scherzhaft - vor allem Pscipio.

Recht herzlichen Dank aber für Deine interessanten Ausführungen! Mit solcherart Hintergrundwissen werden die Münzen fast zu "lebendigen" Zeitzeugen - ich finde das ausgesprochen faszinierend. Man hält heute Stücke in der Hand, die sozusagen "dabei" waren. Da ich neben einigen bereits bestimmten Prägungen aus Aigeai noch mehrere unbestimmte Verdächtige liegen habe, wird das Thema sicher weitergehen. Gibt es denn eine erreichbare Monographie zu den Emissionen Aigeais, die für mich unbedarften Laien zu empfehlen wäre?

Mit besten Grüßen
Tilos

Verfasst: Mo 16.11.09 09:42
von Laterarius
Hallo Tilos,
war einige Tage nicht im Forum, deshalb erst jetzt meine Antwort auf Deine Frage. Hier eine kleine Literaturauswahl zum Thema: Einen guten Überblick über die Reaktionen der Städte auf den Bürgerkrieg der Jahre 193/4 bietet J. Sünskes Thompson, Aufstände und Protestaktionen im Imperium Romanum. Die severischen Kaiser im Spannungsfeld innenpolitischer Konflikte, Bonn 1990. Speziell zu Aigeai und seine Heilkulte: P. Weiß, Ein Altar für Gordian III., die älteren Gordiane und die Severer aus Aigeai (Kilikien), Chiron 12, 1982, 191ff.; R. Ziegler, Aigeai, der Asklepioskult, das Kaiserhaus der Decier und das Christentum, Tyche 9, 1994, 187ff. Alles aber keine "leichte Bettlektüre".
Beste Grüße
Laterarius

Verfasst: Di 17.11.09 10:22
von tilos
Ich werde das mal portionsweise über die Fernleihe besorgen und mir - natürlich sitzend und nicht im Bette - zu Gemüte führen. Ich danke Dir herzlich für die Literaturhinweise!
Tilos