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Wer zerstörte diese Denare, und warum ?
Verfasst: Mi 27.01.10 22:08
von imperator44
Hallo zusammen,
ich habe schon seit Jahren diese mutwillig zerstörten Denare auf einem meiner Sondertabletts, finde aber bis jetzt nirgends Hinweise auf die Täter und deren Gründe. Die Münzen wurden eindeutig mit dem Hammer plattgeschlagen, dann zerkratzt, und offensichtlich wieder ins Feld geworfen. Es sieht nämlich so aus, als seien sie erst neuzeitlich so zugerichtet worden.
Die einzige Geschichte, die mir dazu einfällt, wäre folgende :
Als ich Mitte der 60er mit dem Sammeln und Suchen anfing, wies mich ein damals weit über 80 jähriger, freundlicher Herr in die Geheimnisse der Materie ein. Und er erzählte mir, daß er schon als Junge, also Ende des 19 Jhd., gesucht hätte, allerdings heimlich, denn der Herr Pfarrer hatte das Suchen strengstens verboten, da es, wie er formulierte, "hoadnisch suacha", also "heidnisch suchen" sei. Und wenn man etwas von den heidnischen Römern finde, müsse man das sofort zerstören und wieder wegschmeißen. Die Geschichte stellte sich auch als wahr heraus, denn sie wurde mir damals vom örtlichen Heimatpfleger bestätigt.
Jetzt frage ich mich, ob nicht tatsächlich der eine oder andere Bauer, so er eine römische Münze fand, diese auf Geheiß des Pfarrers zerstörte.
Zu erwähnen wäre noch, daß ich die Münzen an vier verschiedenen Orten im oberbayerischen und niederösterreichischen Raum fand.
Hat jemand von Euch schon mal mit ähnlichen Münzen zu tun gehabt, oder eine solche Geschichte gehört ? Euer Wissen bzw. Eure Meinung darüber würde mich interessieren.
Verfasst: Mi 27.01.10 22:20
von Peter43
Das wäre natürlich eine historisch und insbesondere kulturell höchst interessante Geschichte, die aufgeschrieben gehörte. Ich habe ähnlich aussehende Münzen bei meinem ersten und einzigen Versuch gefunden, mich mit Ungereinigten zu beschäftigen. Die kamen nicht aus Bayern, sondern wohl aus dem Balkan. Ich habe das immer als brutalen Versuch einer Reinigung aufgefaßt.
Mit freundlichem Gruß
Verfasst: Do 28.01.10 00:15
von kollman
Hallo!
Solche beschädigte Münzen habe ich auch schon in Oberösterreich gefunden. Meine Vermutung war, daß sie im Fahrbahnbereich verloren wurden und der Verkehr darüber gelaufen ist. Eine mutwillige Zerstörung denke war es nicht, sonst würden die Kratzer gleicher ausschauen.
Gruß Kollman
Verfasst: Do 28.01.10 00:27
von klausklage
Der Pfarrer wird ganz schön geflucht haben, als ihm nach seinem Tod Charon erklärte, die Überfahrt über den Styx koste einen Denar
Olaf
Verfasst: Do 28.01.10 00:42
von Peter43
Verfasst: Do 28.01.10 08:41
von harald
Hallo Imperator!
Die Geschichte mit den "hoadnischen" kenne ich auch von unserem gemeinsamen Bekannten, dem E.S.
Ich halte es durchaus möglich, dass bei einem Teil dieser Münzen die Erklärung tatsächlich möglich ist.
Auch ich habe ebenfalls einige ähnliche Münzen in meiner Sammlung.
Zum Glück haben die besten kaum Goldmünzen gefunden, wär doch schade drum.
Grüße
Harald
Verfasst: Do 28.01.10 09:44
von donolli
wäre ja interesant festzustellen, ob man solche münzen auch "ab constantinus" findet.
grüße
olli
Verfasst: Do 28.01.10 09:57
von Tequila
Hallo Andreas,
in der Tat eine sehr interessante Geschichte.
Wäre es vielleicht möglich, dass die Münzen beim Umpflügen
der Felder/Äcker so zugerichtet wurden ?
Es macht eigentlich keinen Sinn, mutwillig zerstörte Münzen
(...was natürlich schon an sich frevelhaft ist) wieder im Feld
zu vergraben.
Gruß
Pierre
Verfasst: Do 28.01.10 09:57
von KarlAntonMartini
Im Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens, Bd. III, S. 606 ist die Vorstellung erwähnt, daß es vom Teufel ausgesäte Münzen gäbe, die Schaden stiften. - Grüße, KarlAntonMartini
Verfasst: Do 28.01.10 10:44
von n.......s
vielleicht gibt es eine ganz einfache Erklärung dafür:
es gibt Erntemaschinen verschiedenster Art, vielleicht wurden Münzen aufgenommen , böse zugerichtet und wieder "ausgespuckt" ?
Das Verunstalten durch Bauern scheint mir keine glaubhafte Erklärung zu sein. Wenn der zuständige Dorfpfaffe römische Münzen tatsächlich verdammt hat, dann hätte man die Münzen vielleicht eher eingesammelt und entsorgt, statt sie mühsam einzeln zu verunstalten.
Verfasst: Do 28.01.10 10:52
von Tequila
Hallo,
@KarlAntonMartini
aber Hoppla!
Das wäre ja endlich mal ein schöner Nachweis, wie nah
sich Gott und Teufel stehen, wenn die ländlichen Priester
einen Sinn und Zweck darin sehen, "vom Teufel ausgesäte
Münzen" in den Feldern zu verstecken.
Da wäscht wohl eine Hand die Andere

Aber im Ernst: Die Theorie der "Ackerbepflügung" finde ich
prinzipiell gar nicht so abwegig.
Ich schließe mich der Meinung von Nephrurus an.
Gruß
Pierre
Verfasst: Fr 29.01.10 09:26
von beachcomber
erntemaschinen die solche spuren hinterlassen? wohl kaum, dafür sind sie zu unregelmässig.
der gedanke des religiösen wahns ist nett, (schliesslich hat religiöser wahn schon ganz andere sachen geschafft), aber ich fürchte es waren eher dumpfbacken-sucher, die gleich an ort und stelle mit der stahlbürste mal nachschauen wollten, um was es sich da handelt, und nachdem eh nichts mehr zu erkennen war, die dinger gleich wieder weggeworfen haben.
denn auffällig ist schon, dass es sich um sehr gelutschte exemplare handelt.
grüsse
frank
Verfasst: Fr 29.01.10 15:57
von imperator44
Hallo Freunde,
dieses zahlreiche feedback ist ja erfreulich, und ich bedanke mich dafür. Schön, daß auch Harald diese Geschichte bestätigt, und selbst auch solche zerstörten Exemplare besitzt, denn eine von meinen Münzen kommt aus seiner Gegend.
Nephrurus`Vermutung mit den Erntemaschinen und auch beachboys Stahlbürstentheorie der Dumpfbackensucher kann ich leider nicht bestätigen, denn die Münzen wurden eindeutig zuerst mit einem Hammer plattgeschlagen, und dann mit einem scharfen Gegenstand, wahrscheinlich mit einem Messer, mutwillig zerstört. Keine Erntemaschine und keine Stahlbürste hinterlässt solche Spuren.
Interessanter ist da schon die Geschichte von KarlAntonMartini, mit den vom Teufel ausgesäten Münzen. Das kommt schon an das Denken unseres Pfarrers aus dem 19.Jhd. hin. Es ist nur erschreckend, daß noch zu dieser Zeit römische Antiken als "heidnisches" Machwerk verteufelt wurden.
Um auch noch donollis Frage nach zerstörten Münzen der constantinischen Zeit zu beantworten, muß ich sagen, daß es die tatsächlich gibt. Allerdings wurden die schon in der Antike mutwillig zerkratzt, bzw. wurde dem Herrscher auf der Münze der Hals durchgeschnitten. Das hat aber wohl mehr mit dem Unmut des Münzenbesitzers auf den jeweiligen Kaiser zu tun, dem er mit der Zerstörung bzw. mit dem Kehle Durchschneiden seine Unzufriedeneit kundtat. Und diese Art der "Kaiserkritik" gab es über die ganze Kaiserzeit.
Verfasst: Fr 29.01.10 18:46
von diwidat
Das mit dem heidnischen Machwerk erinnert mich sehr stark an die Fundumstäde von KaiserAugst bei Basel.
Da wurden die Fundstücke auch erst wieder fortgeworfen.
Gruß diwidat
Verfasst: Fr 29.01.10 19:41
von chinamul
Was nun die Zerstörung nachconstantinischer Münzen angeht, so kann wohl nicht unterstellt werden, daß jeder unbedarfte Finder und selbst nicht der Hochwürden diese als solche erkannt hätten, wenn sie nicht deutlich erkennbar das Christogramm getragen hätten. Und wer weiß: Vielleicht waren gerade diese Münzen bei den klerikalen Fundis besonders verdächtig. Jeder Gläubige weiß doch, daß der Teufel voller Arglist steckt und sich gerne tarnt, im Zweifelsfall selbst mit christlichen Symbolen.
Der frische Wind der Aufklärung hat bis weit ins 19. Jahrhundert eben nicht alle Winkel unseres Vaterlandes durchgepustet.
Gruß
chinamul