spätantike Büstenproblemchen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Münzschreck
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spätantike Büstenproblemchen

Beitrag von Münzschreck » Do 11.02.10 21:16

Ich brauche mal (wieder) eure Hilfe.

Beim Umstellen meiner Spätrömer fielen mir gerade diese zwei "GLORIA EXERCITVS"-Folles mit der Av. Legende "CONSTANTI - NVSMAX AVG" auf. Wie ich nämlich lesen mußte, gibt es diese Variante sowohl bei Constantinus I. als auch bei Constantinus II.

http://www.tesorillo.com/aes/030/030i.htm

Nun wird dort empfohlen, sie anhand der Büsten zu unterscheiden.

Öhm.. ja..
..also anhand der dort gezeigten Büsten würde ich sagen links C. I. und rechts C. II.
Was meint ihr? Gibts evtl. noch ne andere Möglichkeit der Bestimmung?
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quisquam
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Beitrag von quisquam » Do 11.02.10 21:38

Richtig, die rechte Münze mit Christogramm (Chi-Rho) auf dem Banner und Büste mit Lorbeer zwischen den Rosetten des Diadems ist Constantinus II., während die linke Münze unter Konstantin dem Großen geprägt wurde.

Die beste und einfachste Methode der Bestimmung sind die Excel-Tabellen von Helvetica, in diesem Fall 'Soldiers and Standards':
http://www.catbikes.ch/coinstuff/coins-ric.htm

Grüße, Stefan
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Münzschreck
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Beitrag von Münzschreck » Do 11.02.10 22:14

Ach, ich bin ein Trottel!

Mit diesen Tabellen hatte ich auch schon mal gesucht, da wurde aber mit dieser Legende immer nur C.I. angezeigt.

Nun bemerke ich aber gerade bei nochmaligem probieren, daß ich wohl vergessen hatte, unten auf "1 Standarte" zu stellen...:idea:

Hab vielen lieben Dank, ich geh mich jetzt erstmal schämen...:oops::wink:

lg

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areich
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Beitrag von areich » Do 11.02.10 22:21

Ist ein typischer Fehler bei der speziellen Tabelle!

imperator44
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Beitrag von imperator44 » Fr 12.02.10 02:43

Hallo Münzschreck,
da hast Du wieder mal das alte Problem der Unterscheidung von Constantin I. und Constantin II. als Augusti aufgegriffen. Ich hab`mich schon seit langem, auch hier im Forum, mit diesem Problem beschäftigt, und bin zu keinem befriedigendem Ergebnis gekommen.
Das liegt an folgenden Tatsachen :
Constantin I. hat als Einziger ein Portrait, seine Söhne sind anhand der Portraits nicht zu unterscheiden. Es ist zu einfach, bei nicht so guten Constantin I. Portraits von Constantin II. zu sprechen. Ebenso ist es zu einfach, bei Labaren auf der Rückseite, automatisch ebenfalls von Constantin II. zu sprechen. Es gibt genug Beispiele, bei denen auch bei Constantin I. ein Labarum zu sehen ist. Gegen Constantin II. spricht auch die Tatsache, daß dieser niemals den Titel MAXIMUS AUGUSTUS verliehen bekam, so daß die Legende CONSTANTINUS MAX.AUG. eindeutig für Constantin I. spricht, denn dieser bekam ihn im Oktober 312. Eine Legende, die für Constantin II. als Augustus spricht, ist : VIC.CONSTANTINUS AUG., obwohl sie ihm auch nicht mit Bestimmtheit zuzuwesen ist. Kommt hinzu, daß sie ziemlich selten ist. Die einzigen sicheren Zuweisungen sind deshalb meiner Meinung nach nur die Legenden : FL.CL.CONSTANTINUS AUG. und CONSTANTINUS IUN. AUG., die aber zumeist nur auf Gold- und Silberprägungen vorkommen.
Warum es von Constantin II. so wenig Prägungen als Augustus gibt, kann
ich Dir leider auch nicht sagen. Mir ist noch keine überzeugende Literatur zu diesem Problem untergekommen, und hier im Forum beschäftigen sich leider nicht allzuviele mit Spätrom.
Jedenfalls glaube ich, daß Du trotz Labarum zwei Constantin I. hast.
Schöne Grüße vom imperator44

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Beitrag von curtislclay » Fr 12.02.10 03:52

Nach RIC VIII, Siscia 85, ist die 2. Münze aber eindeutig von Constantin II., weil mit Chi-Rho auf dem Banner und Münzzeichen ASIS nur noch folgende Münzherren begegnen:

RIC 86, Constantius II. als Augustus, CONSTANTIVS P F AVG und

RIC 87-88, Constans als Augustus, CONSTANS P F AVG.

Also kann der gleichzeitige Constantinus mit Legende

CONSTANTINVS MAX AVG,

RIC 85, nur Constantinus II. sein, nach dem Tod seines Vaters und nach der Erhebung aller drei Caesaren zum Range eines Augustus. Damit wird auch bewiesen, dass Constantin II. als Augustus doch den Titel Maximus genauso wie sein Vater verliehen bekam.

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Münzschreck
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Beitrag von Münzschreck » Fr 12.02.10 19:04

Hmm,

nun kann und will ich mir als Laie nicht anmaßen, über die Forschungsergebnisse der RIC-Verfasser zu urteilen, aber irgendwie scheint in diesem Fall bei der RIC-Zuordnung eh "der Wurm drin" zu sein.

Mit dieser Av. Legende und einem Chi Rho-Banner werden die Münzen im Allgemeinen dem C. II. zugeschrieben, identische Stücke aus Arles jedoch merkwürdigerweise dem C. I. !?

Interessant wäre es, zu wissen, ob die dem C. II. zugeschriebenen Münzen wirklich (wie dort angegeben) archäologisch bis 348 datiert werden können. Dann wären sie ja lange nach dem Tode des Vaters geprägt und die Zuweisung wäre wohl tatsächlich korrekt.

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quisquam
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Beitrag von quisquam » Fr 12.02.10 19:42

Ich sehe da keinen Wurm. Die Münze aus Arles mit dieser Legende und Labarum RIC VII 394 ist aus der selben Emission wie RIC 395-399 für Constantinus II. als Caesar, Constans als Caesar und Dalmatius.

Es kann also kein Zweifel bestehen, dass es sich bei RIC VII Arles 394 um Konstantin den Großen handelt.

Dass RIC VIII Siscia 85 eindeutig Constantinus II. ist hat Curtis ja schon dargelegt.

Grüße, Stefan
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Beitrag von imperator44 » Fr 12.02.10 22:04

Hallo Münzschreck, CurtisClay und quisquam,
schön, daß sich mit Curtis ein numismatisches Schwergewicht an dieser Spätrom Diskussion beteiligt.
Ich stelle Euch zu diesem Thema zwei Münzen aus meiner Sammlung vor, und zwar genau die, um die es hier geht. Es sind die zwei Constantin Prägungen aus Siscia und Arles, beide mit CONSTANTINUS MAX.AUG.-Legende und Labarum auf dem Revers. Die Siscia-Prägung wird Constantin II. (RIC VIII 85), die Arles-Prägung Constantin I. (RIC VII 394) zugeschrieben. Für mich, wie auch für Münzschreck, eine ziemlich willkürlicher Zuweisung, die doch auf sehr dünnen Füßen steht. Allein, wenn man sich die Portraits ansieht, spricht bei beiden Münzstätten viel für Constantin I.. Und nur weil Siscia auch für Constans und Constantius II. geprägt hat, muß es sich bei der Constantin Prägung nicht automatisch um Constantin II. handeln, wie Curtis meint. Es könnte sich doch genausogut um Constantin I. (RIC VII 261) handeln, zumal für Constantin II. als Augustus deutlich weniger (aus welchen Gründen auch immer) geprägt wurde als für seine beiden Brüder. Und daß Constantin II. ebenfalls den Titel Maximus Augustus führte, kann ich immer noch nicht ganz glauben.
Ich weiß, daß meine Ausführungen durchaus auch angreifbar sind, aber die Münzen eindeutig Constantin I. bzw. II. zuzuweisen, wie es der RIC macht, ist sicher auch eine anzuzweifelne Methode.
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Beitrag von quisquam » Fr 12.02.10 23:12

Ich habe auch nicht die absolute Gewissheit, aber wenn die Münzen RIC VII Arles 394-399 bzw. RIC VIII Siscia 85-88 zeitgleich geprägt wurden, wofür die identischen Emissionskennzeichnungen sprechen, dann liegen die Zuweisungen doch auf der Hand.

RIC VII 261 hat ASIS* im Abschnitt und kein Labarum, ist also aus einer ganz anderen Emission.

Grüße, Stefan
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Beitrag von imperator44 » Sa 13.02.10 21:30

Hallo quisquam,
das ist es ja gerade. Die Ric Zuweisungen sind zeitlich unterschiedlich. Für RIC VII 394, Arles wird als Prägedatum 336 angegeben, und damit die Münze Constantin I. zugeschrieben, bei RIC VIII 85, Siscia lautet das Prägedatum 337 bis 340, und da wird die Münze natürlich Constantin II. zugeschrieben. Ob das so stimmt, ist die Frage, und von uns sicher nicht mit Bestimmtheit zu lösen.
Mir wird letzten Endes nichts anderes übrigbleiben, als meinen Siscia-Constantin, der bei mir bis dato als Constantin I. in meiner Sammlung lag, in Constantin II. umzutaufen. Ganz glücklich bin ich darüber nicht.
Schöne Grüße vom imperator44

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Beitrag von quisquam » Sa 13.02.10 21:48

imperator44 hat geschrieben:Mir wird letzten Endes nichts anderes übrigbleiben, als meinen Siscia-Constantin, der bei mir bis dato als Constantin I. in meiner Sammlung lag, in Constantin II. umzutaufen. Ganz glücklich bin ich darüber nicht.
Ich verstehe nicht ganz die Abneigung. Schließlich passt die Münze mit diesen Kennzeichen nicht so recht in die Münzprägung zu Lebzeiten Konstantins in Siscia, sehr wohl aber zu den Prägungen der anderen Konstantin-Söhne als Augusti. Ich denke man macht einen Fehler, wenn man hier Münzstättenübergreifend argumentiert.

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Beitrag von justus » Sa 13.02.10 23:15

curtislclay hat geschrieben:Nach RIC VIII, Siscia 85, ist die 2. Münze aber eindeutig von Constantin II., weil mit Chi-Rho auf dem Banner ...
Soweit mir bisher bekannt war, gibt es zwar jede Menge Münzen von Constantin I. mit heidnischen Gottheiten auf der Rückseite, jedoch nur ganz wenige mit christlichen Symbolen, die schon zu seinen Lebzeiten geprägt wurden.

Es gibt zwar Münzen von Constantin I. mit Kreuz auf der Rückseite (vgl. RIC VI Ticinum 45 -----> Kreuz im l. Feld/Stern im r. Feld), aber hierbei dürfte es sich lediglich um ein Beizeichen zur Kennzeichnung der Emission handeln. Ein Kreuz als Beizeichen gibt es auch auf einer späten Trierer Emission (41. nach Schulten) aus dem Jahre 337 AD, also nach dem Tod des Kaisers.

Die einzige, mir bisher bekannte und eindeutig mit einem christlichen Symbol gekennzeichnete Münze Constantins I. dürfte RIC VII Constantinopel 26 sein. Es handelt sich um einen reduzierten Follis mit der Umschrift "SPES PVBLIC/A" auf der Rückseite und einem Labarum mit Christogramm, das auf einen Drachen aufgepflanzt zu sein scheint.

Nach C. F. Zschucke (Trierer Petermännchen 4/1990, S. 48) ist dies die einzige römische Münze, die noch zu Lebzeiten des Kaisers und vermutlich auch mit seinem Wissen, mit einem christlichen Symbol geprägt wurde. -----> http://www.constantinethegreatcoins.com ... con19.jpeg
mit freundlichem Gruß

IVSTVS
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Beitrag von Numis-Student » So 14.02.10 00:20

Hallo Justus,
du vergisst das berühmte Silbermedaillon mit Christogramm auf dem Helm.
Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Beitrag von quisquam » So 14.02.10 07:59

Und die seltenen VLPP-Folles aus Siscia, ebenfalls mit Christogramm auf dem Helm. RIC 61 (Fußnote).
http://www.constantinethegreatcoins.com ... sis61.jpeg

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