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Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mi 02.06.10 16:49
von edward
Fuer mich hat das Muenzensammeln auch viel mit meiner Liebe fuer Geschichte zu tun, insbesondere fuer die Geschichte der Roemer in 'unserem' Teil des Imperiums.
Wie es wahrscheinlich auch fuer Viele Andere auch so geht, beinhaltet die Geschichte des Varus und seine '3 verlorene Legionen' eine besondere faszination. So suche ich z.B seit langem nach Legionsdenare die die Nummer der XVII, XVIII, oder XIX Legionen tragen - die Varus Legionen. Wie ich das erfahren habe, wenn erhaeltlich, bringen diese Denare (in Deutschland) meist immer gute Preise, i.d R hoeher als die fuer andere Legionen, vermutlich wegen derer Verbindung zu Varus.
Hier deshalb meine Frage: inwiefern koennen diese Muenzen in der Tat mit den Varus Legionen in Verbindung gebracht werden? War es wirklich so dass z.B die fuer die XIX Legion gepraegten Denare, in der Tat fuer diese Legion gepraegt, und auch benutzt wurden? oder ist das ganze mehr generell zu sehen.

Gruss,

Edward

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mi 02.06.10 17:02
von quisquam
Hallo Edward,

denkst Du da an die Legionsdenare von Marcus Antonius? Diese wurden auch für Legionen geprägt, die Marcus Antonius gar nicht unterstanden. Man kann also ziemlich sicher davon ausgehen, dass zumindest diese Münzen nicht unbedingt den Legionen, die auf ihnen verzeichnet sind, ausgegeben wurden.

Grüße, Stefan

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mi 02.06.10 19:47
von quinctilius
Hallo Edward,

ja in der Tat. Die 17., 18., 19. Legion unterstanden Octavian. M. Antonius hat als Propagandamaßnahme auch Denare für Legionen prägen lassen, die zum Gegner gehörten. Die Münzen wurden daher sicher nicht an Soldaten dieser 3 Legionen ausgegeben. Auch in Kalkriese sind diese Legionsziffern selten. Aber: in den Münzhorten zw. Rhein und Elbe tauchen die Legionsdenare des M. Antonius relativ häufig aus, sie haben also zum Geldbestand der Soldaten gehört. Allerdings gibt es auch Exemplare von der Donau und aus ganz Europa, sie waren weit verbreitet.
Als "Zeitzeugen" für die Ergeignisse 9-16 n. Chr. in Germanien sind sie daher ungeeignet. Da eignen sich andere Münzen u. vor allem Gegenstempel besser. Zum Nachlesen empfehle ich: Die Fundmünzen von Kalkriese und die frühkaiserzeitliche Münzprägung, R. Wiegels, 2000.

Gruß
Quinctilius

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: So 06.06.10 09:39
von edward
Quinctilus, Stefan,

entschuldigt bitte die spaete Antwort.

Vielen herzlichen Dank fuer eure Antworten zu meiner Frage bzgl. die Legionsdenaren. Danke auch fuer die Buch Empfehlung.
Man kann also die Denare der 17,18, und 19ten Legionen nicht unbedingt eng in Verbindung mit diesen Legionen, und den Ereignisse des Jahres 9-16 n Chr. bringen.
Schade, ich haette so gern geglaubt dass diese Muenzen bei der Varusschlacht 'dabei' gewesen waeren!

Gruss,

Edward

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: So 06.06.10 10:28
von beachcomber
na ja, glauben kannst du das ja immer noch - wie allerdings auch bei jeder anderen münze aus der zeit. :wink:
grüsse
frank

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: So 06.06.10 11:24
von quinctilius
edward hat geschrieben:Quinctilus, Stefan,
Schade, ich haette so gern geglaubt dass diese Muenzen bei der Varusschlacht 'dabei' gewesen waeren!
Edward
...es wird Dir schwerlich gelingen, eine Münze zu finden, die in der Varusschlacht dabei war. Du kannst aber zumindest nach Münzen suchen, die in der Zeit des Varus am Rhein umliefen:
Gegenstempel auf Lugdunum Assen der Serie I: VAR, AUC, IMP mit Lituus (Haltern !) und grosses Rad
Das Problem ist nur: Die sind sehr selten. Ich verweise mal auf diesen thread:

http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=6&t=36129

Bei einem VAR Gegenstempel aus Xanten (Stationierungsort der 18. Legion) ist der Zusammenhang zum Heeresverband des Varus sicherlich gegeben.

Gruß
Quinctilius

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: So 06.06.10 16:35
von Numis-Student
quinctilius hat geschrieben: Gegenstempel auf Lugdunum Assen der Serie I: VAR, AUC, IMP mit Lituus (Haltern !) und grosses Rad
Hallo,
da hier gerade die AVC-Gegenstempel erwähnt werde...
möchte ich mal ein Stück zur Diskussion stellen.
Ich gehe aber schon davon aus, dass es nur ein schlecht ausgeprägtes AVG ist ;-)
Schöne Grüße,
MR

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: So 06.06.10 17:44
von quinctilius
Numis-Student hat geschrieben: Ich gehe aber schon davon aus, dass es nur ein schlecht ausgeprägtes AVG
[/quote]

ja genau, aber AUC und AUG dürften eh beide den gleichen meinen :D
In dieser Kombination mit TICAE kommt er häufig in Moesien vor. Leider kein Stück vom Rhein.
Vgl. Rodolfo Martini, The Pangerl Collection 2003, Pl. 90f-90s

Gruß
Quinctilius

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mo 06.05.13 12:24
von quinctilius
Diesen Lugdunum I As habe ich mir gerade gegönnt und fühlte mich an diesen alten thread erinnert.
Wenn man eine Münze aus der Zeit und der Region der Varusschlacht (in Kalkriese ??!!) sucht, ist dieses Stück ein ganz heisser Kandidat.
90% der Lugdunum I Asse in Kalkriese tragen Gegenstempel und ca. 50% der Münzen weisen Einhiebe auf. (F. Berger 1995)
Beides für sich ist schon selten, in Kombination tritt es extrem selten auf.
Noch genaueres kann man sagen, wenn man den AVG Gegenstempel (im Hinterkopf des Augustus) genau bestimmt.
Bestimmte Typen treten nahezu ausschließlich in Haltern und Kalkriese auf.

VG
Quinctilius

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mo 08.07.13 12:48
von quinctilius
..auch diese Münze ist im Hinblick auf das Thema interessant - gerade erworben.

Dieser Gegenstempel "P Palmzweig P" / Typ Werz 144.1/1 ist nur 8 mal belegt, einmal davon in Kalkriese:

Vechten: 1x
Nimwegen, Kops Plateau: 2 x
Kalkriese: 1x
Vindonissa: 3x
Villeneuve-au-Chatelot: 1x

3 mal taucht er zusammen mit Varus (VAR) Gegenstempeln auf.
Beachtet auch hier die Einhiebe auf dem Portrait, ein Charakteristikum der Münzen aus Kalkriese.

VG
Quinctilius

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mo 08.07.13 13:03
von aquensis
Schönes und seltenes Exemplar ! Glückwunsch !

Grüsse Franz

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Mo 08.07.13 13:12
von quinctilius
danke :-)

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Di 09.07.13 09:50
von raeticus
P Plamenzweig P ist Pangerl-Martini 21, dort Gallien zugeordnet. Das gezeigte Beispiel ist auch auf der Rückseite eines Lugdunum Asses.

Man muß bei Wertz berücksichtigen, dass er primär Fundstätten aus Deutschland erfaßte, also zum einen die Häufigkeitskarten einen gewissen "Deutschen" Bias haben, und so auch die Gesamthäufigkeiten selber unterschätzt werden. Da sehr viele Gegenstempel auf den frühen Römischen Reichsprägungen aber aus Gallien (heutiges Frankreich und Belgien), aber auch aus dem Balkan stammen (ie gefunden wurden), kann ein Gegenstempel sehr viel häufiger sein als bei Wertz angegeben.

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Di 09.07.13 10:51
von quinctilius
raeticus hat geschrieben:Man muß bei Wertz berücksichtigen, dass er primär Fundstätten aus Deutschland erfaßte,
das liegt insbesondere daran, dass die Funde in Deutschland wesentlich besser dokumentiert sind als in unseren Nachbarländern.
Immerhin gibt es auch einige französische Fundstätten in seiner Arbeit so. z.B. den Schatzfund von Villeneuve-au-Chatelot.
Der RIESEN Vorteil bei Werz ist seine Analyse der Stempeleisen. Er hat einzelne Stempeleisen nachweisen können (auch bei dem hier gezeigten Typ) und so die Bewegungen einzelner gegengestempelter Münzen nachverfolgen können.
raeticus hat geschrieben:kann ein Gegenstempel sehr viel häufiger sein als bei Wertz angegeben
stimmt, wie bei jedem Gegenstempel. Die publizierten Funde machen immer nur einen Teil der Fundmenge aus. Bei Werz 144.1/1 "P Palmzweig P" mit 8 Exemplaren (+ 7 ohne Fundort) kann man aber von der Seltenheit ausgehen. Auch im Handel taucht er kaum auf.
raeticus hat geschrieben:P Plamenzweig P ist Pangerl-Martini 21, dort Gallien zugeordnet
ich kenne das Buch ;-) Ist die Zuweisung nach Gallien durch Funde belegt ? Zumindest die Fundverteilung bei Werz spricht eher für eine Herkunft vom Rhein.
Es sei denn es gäbe weitere unbekannte Fundstellen in Gallien.

VG
Quinctilius

Re: Denare der XVII, XVIII, und XIX Legionen: Varus Legionen

Verfasst: Di 09.07.13 11:11
von raeticus
Ja, die Tafeln von Wertz sind in dem Zusammenhang "self-fullfilling prophecy": Wenn ich primär am Rhein suche und beschreibe (und das hat Wertz sicher sehr korrekt gemacht), so sind natürlich mehr Stücke dort gezeigt, als da wo er nicht gesucht hat. Man sollte also keine Schlüsse aus den Tafeln ziehen, die diese nicht hergeben können.

Wertztafeln sind sehr wertvoll um zu sehen wo am Rhein etwas gefunden wurde, ohne Zweifel.
Aber eben nicht um die Aussage zu machen die Stücke seien dort gehäuft gegenüber anderen Fundstellen / Gegenden wo er nicht (bzw nicht so gründlich) suchte.

Selten sind viele dieser Stempel so oder so, besonders im Handel.

Außerdem hat ja der Fundort nur bedingt etwas mit dem Herstellungsort zu tun, dazu wurden sowohl die Truppen zu sehr verlegt, als auch eben aus dem "Hinterland" mit Geld versorgt. Die Münzee Lugdunum wurde ja wohl gerade dafür geschaffen