Teil II:
Sehr viel spannender ist das Problem von CONSTANTINIANA DAFNE!
Zunächst zur Beruhigung: Ganz sicher weiß niemand, was damit los ist. Ich habe – heute von Literatur ziemlich abgeschnitten – vier Erklärungen im Gedächtnis und beginne mit der, die mir am unwahrscheinlichsten scheint.
1. „Dafne“ beziehe sich auf das bekannte Heiligtum bei Antiochia am Orontes, wo sich Constantin etwa um die Prägezeit dieser Serie auch einmal aufgehalten habe. Der Gleichklang des Wortes ist klar, das war´s dann aber wohl auch schon.
2. Ein Zitat: „Constantiniana Dafne war ein Fort (ähnlich wie Castra Divitia/Deutz am Rhein), das Constantinus I. an der unteren Donau, auf der Feindseite, errichten ließ. Procopius erwähnt es, Bauten IV, 7, 7:"...am anderen Ufer ... hatte Constantinus, seinerzeit Kaiser der Römer, mit einigem Aufwand eine Festung namens Daphne errichten lassen, da ihm die Stelle sehr geeignet erschien, den Strom von beiden Ufern aus zu überwachen". Das Bild der wachsamen Victoria paßt so gut zu diesem Grenzfort, daß abweichende überlegungen zur Erklärung des Bildes bis hin zum Siegesmal im zweiten Bürgerkrieg gegen Licinius (!) (Iliescu in Quaderni Ticinesi 16, 1987, 265-292), gegenstandslos sind.“ (Quelle:
http://www.coinarchives.com/lotviewer.p ... 2&Lot=1449).
Zwei Einwände dagegen:
- eben die Stelle bei Prokop legt nahe, daß das Fort nur „Daphne“ hieß, aber das ist eher eine Kleinigkeit;
- wenn die Römer für jedes Grenzfort eine so ungewöhnliche (vgl. unten) Münzserie geprägt hätten... Sie haben aber sonst nie.
3. „Dafne“ beziehe sich auf den gleichnamigen Teil des Kaiserpalastes in Constantinopolis. Das scheint fürs Erste auch etwas an den Haaren herbeigezogen.
4. „Dafne“ sei dem Wortlaut nach als „Lorbeer“ und im engeren Sinne als „Siegeslorbeer“ zu verstehen. Anlaß für die Siegesprägung sei der Sieg über Licinius in der Nähe des späteren Constantinopolis gewesen. Weil Siege in Bürgerkriegen anders als die gegen äußere Feinde in der Regel in der Münzprägung eher selten erwähnt werden, sei die „Verschlüsselung“ gewählt worden.
Vier interessante Aspekte der CONSTANTINIANA DAFNE-Serie sollte man beachten:
1. der Typ wird nur kurz, neben sehr viel häufigeren Serien wie PROVIDENTIAE AVGG. geprägt und in zeitlicher Nähe zum Sieg über Licinius geprägt;
2. der Typ wird nur in Constantinopolis geprägt;
3. und besonders auffallend: der Typ wird nicht nur in AE, sondern in allen Münzmetallen geprägt;
4. das Formular mit der adjektivischen Form CONSTANTINIANA fällt ganz aus dem Rahmen.
Von daher scheint mir eine (etwas verschlüsselte) Siegesprägung mit Bezug zum Ort des Sieges und der Aufwertung von Constantinopolis (vgl. den Palast) der überzeugendere Erklärungsansatz. Ich glaube aber, daß hier durchaus noch Platz für eine geniale Idee wäre.
(Offen gestanden habe ich selber auch eine Lieblingsvorstellung, die ich aber so wenig beweisen kann, daß ich sie lieber gleich ganz für mich behalte – es gibt schließlich so viele falsche oder unbewiesene Behauptungen, daß eine weniger auch schon ein kleiner Gewinn ist!)
Freundliche Grüße
D.F.