JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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quisquam
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von quisquam » Sa 24.07.10 14:26

Hallo drakenumi,
ich denke was Du zeigst ist ein gutes Beispiel für Versprödung. Bei der "unbekannten Beimischung" handelt es sich vermutlich um Blei, das nach nicht ausreichender Kupellation übrig geblieben ist. Evtl. verbunden mit einer schnellen Erkaltung, so dass das Blei im Silber in einer übersättigten, festen Lösung vorliegt und sich über die Jahrhunderte nun langsam entmischt.

Was den Artikel in der money trend angeht, so muss ich mich etwas korrigieren (ich sollte mir den Artikel nochmal in Ruhe durchlesen). Untersucht wurde keine Münze von Tiberius, sondern eine extrem untergewichtige, spätptolemäische Tetradrachme. Eine Mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse des angeschliffenen Randes ergab einen Silbergehalt von 93,65% (der ursprüngliche Silbergehalt dieser Prägungen laut Artikel ist 36%). Die alexandrinische Tetradrachme des Tiberius ist normalgewichtig mit 25% Silber und 75% Kupfer und diente als Vergleich. Es zeigte sich in den REM-Aufnahmen, dass die Struktur der offensichtlich ausgewaschenen Bereiche bei der ptolemäischen Tetradrachme sehr der Struktur gleicht, wo bei der tiberischen Tetradrachme Bereiche hoher Kupferkonzentration sind.

Solche "Schwamm"-Münzen scheinen, zumindest was Alexandriner angeht, gar nicht so selten zu sein.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Homer J. Simpson
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von Homer J. Simpson » Sa 24.07.10 22:31

Nachtrag noch zu meinem Maximinus-Thrax-Denar mit 1,61 g: Ich habe jetzt doch meine Schieblehre gefunden, die Münze ist 1,8 mm dick. Ein anderer, ziemlich gleich großer und gut drei Gramm wiegender Denar desselben Kaisers mißt 2 mm. Nicht signifikant, würde ich sagen.

Homer
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von antinovs » Sa 24.07.10 23:21

Homer J. Simpson hat geschrieben:Nachtrag noch zu meinem Maximinus-Thrax-Denar mit 1,61 g: Ich habe jetzt doch meine Schieblehre gefunden, die Münze ist 1,8 mm dick. Ein anderer, ziemlich gleich großer und gut drei Gramm wiegender Denar desselben Kaisers mißt 2 mm. Nicht signifikant, würde ich sagen.

Homer
ok. wenn man das gewicht deines 1.6g denar auf eine dicke von 2mm hochrechnet, kommt man auf ca. 2g, also rund 1g
weniger als dein vergleichsexemplar. wären also die volumina beider gleich und nimmt an, dass dein 3g vergleichsstück aus 100% silber
besteht ist dein 1.6g denar konsistent mit einer legierung 20% Ag/80% Sn, also ein sehr hoher zinnanteil (kupfer hat 9/10 der dichte
von silber, sodass ein hoher kupfenanteil keine signifikante gewichtsreduzierung im vergleich zu einer reinen silbermünze bringen
würde).
leider kenne ich keine "hausmittelmethode", mit der man das volumen einer münze mit der nötigen genauigkeit messen kann, um daraus
die dichte der legierung zu bestimmen.

hälst du es also für möglich, das dein denar überwiegend aus zinn besteht?

gruss udo
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quisquam
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von quisquam » So 25.07.10 09:20

Unter Maximinus Thrax waren die Denare aber bei weitem nicht mehr so guthaltig. Eine Annahme von 50% Silbergehalt wäre vermutlich immer noch optimistisch. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass sich eine solche Gewichtsdifferenz bei annähernd gleichen Dimensionen durch eine andere Metallzusammensetzung erklären lässt (Leichtmetalle wie Aluminium oder Magnesium mal beiseite). Mikroskopisch kleine Lufteinschlüsse halte ich für sehr viel plausibler.

Grüße, Stefan
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von antinovs » So 25.07.10 14:02

quisquam hat geschrieben:Unter Maximinus Thrax waren die Denare aber bei weitem nicht mehr so guthaltig. Eine Annahme von 50% Silbergehalt wäre vermutlich immer noch optimistisch. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass sich eine solche Gewichtsdifferenz bei annähernd gleichen Dimensionen durch eine andere Metallzusammensetzung erklären lässt (Leichtmetalle wie Aluminium oder Magnesium mal beiseite). Mikroskopisch kleine Lufteinschlüsse halte ich für sehr viel plausibler.

Grüße, Stefan
hi stefan,

bei annahme von 50% Ag und 50% Cu bei homers 3g vergleichsdenar ändert sich an meiner abschätzung recht wenig. eine legierung 20% Ag/80% Sn
erklärt die 2g gewicht seines auf 2mm dicke hochskalierten 1.6g denars gut (Sn hat die hälfte der dichte von Ag).
bei luft/gas-einschlüssen müsste 1/3 des münzvolumens des virtuellen 2g denars metallfrei sein. das halte ich für absolut
unmöglich.
unsere spekulation könnte nur durch eine messung der dichte und der legierungszusammensetzung geklärt werden.

also Homer: ab zum einschmelzen deines maximinus thrax :D

bei einem möglichen entmischungsvorgang der legierungsbestandteile über die jahrhunderte wäre wohl auch noch zu klären (hab nicht das nötige
fachwissen dazu), ob nicht bereits eine umstrukturierung des kristallgitters zu einer dichteveränderung (dichteabnahme) des silbers
führt, weil z.b. die kristallstruktur weniger dicht gepackt ist.

aber eine bisschen spekulieren sollte in diesem forum bei so einem (interessanten) beithema auch erlaubt sein.
ist mir lieber als über politische themen zu streiten.

gruss udo
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von drakenumi1 » So 25.07.10 17:19

antinovs hat geschrieben: bei einem möglichen entmischungsvorgang der legierungsbestandteile über die jahrhunderte wäre wohl auch noch zu klären (hab nicht das nötige
fachwissen dazu), ob nicht bereits eine umstrukturierung des kristallgitters zu einer dichteveränderung (dichteabnahme) des silbers
führt, weil z.b. die kristallstruktur weniger dicht gepackt ist.
Was die hier mehrfach geäußerte Theorie von einem Netz von Gas-/Luftbläschen im Inneren von Münzen anbetrifft, die durch ein Herauslösen unedler Bestandteile (offensichtlich auch durch eine selbst unter dem Mikroskop betrachtet - völlig geschlossene Münzoberfläche hindurch), halte ich dies weiterhin für eine Fehlspekulation. Falls so etwas tatsächlich beobachtet wurde, kann es eigentlich nur auf dem Wege der Korrosion oder Kavitation, also durch eine mehr oder weniger in die Tiefe reichende Verletzung der Oberfläche geschehen sein, die ein Herausschwemmen der Zersetzungsprodukte ermöglicht.
Deine Vorstellung einer variablen Dichte, je nach der jeweiligen Kristallstruktur stellt doch dann das Naturgesetz der Konstanz der spezifischen Dichte der Elemente auf den Kopf!? (Und es stellt sich umgekehrt auch die Frage, ob es dann auch Münzen gibt, die im Laufe der Jahrhunderte schwerer werden? 8O . Das wäre ein Spaß! Aber beiseite mit diesem.
Diese meine Gedanken beziehen sich allerdings lediglich auf einen Makro-Größenbereich. Möglich, daß mikrofeine Risse entlang der sich verändernden Korngrenzen / Kristallflächen entstehen können, die die Oberfläche erreichen und einen gewissen Materieaustausch randnaher Zonen mit der die Münze umgebenden Materie ermöglichen. Aber das dürfte unseren Meßmethoden kaum zugänglich sein.
Übrigens habe ich auch einen Denar von Alex. Sev., 18/19 mm und 1,82 g schwer, Dicke 1,0 bis 1,9 mm stark. Erhaltung so um vz-. Oberfläche völlig unverletzt und weitab allen Verdachtes auf eine schwammige Struktur. Halt eher ein Ausrutscher beim Abtrennen der Schrötlinge von der Stange ...

Da fällt mir noch ein, daß allerdings Elemente bzw. Metalle, die auch im Inneren in Reaktion mit ihrer Umgebung getreten sind und chemisch-physikalische Umwandlungen (zB. Korrosion) erlitten haben, in ihrem Volumen wachsen. Was wiederum zu einem Aufreißen ihrer gesamten Struktur , zu einer Volumenzunahme führt. Danach kann es allerdings zur Bildung von Hohlräumen kommen. Aber das macht, wie gesagt, ein chemisches Reagieren mit ihrer Umgebung notwendig.
Grüße von

drake
Man kann, was man will, und wenn man sagt, man kann nicht, dann will man auch nicht.
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von antinovs » So 25.07.10 17:52

drakenumi1 hat geschrieben:
antinovs hat geschrieben: bei einem möglichen entmischungsvorgang der legierungsbestandteile über die jahrhunderte wäre wohl auch noch zu klären (hab nicht das nötige
fachwissen dazu), ob nicht bereits eine umstrukturierung des kristallgitters zu einer dichteveränderung (dichteabnahme) des silbers
führt, weil z.b. die kristallstruktur weniger dicht gepackt ist.
Was die hier mehrfach geäußerte Theorie von einem Netz von Gas-/Luftbläschen im Inneren von Münzen anbetrifft, die durch ein Herauslösen unedler Bestandteile (offensichtlich auch durch eine selbst unter dem Mikroskop betrachtet - völlig geschlossene Münzoberfläche hindurch), halte ich dies weiterhin für eine Fehlspekulation. Falls so etwas tatsächlich beobachtet wurde, kann es eigentlich nur auf dem Wege der Korrosion oder Kavitation, also durch eine mehr oder weniger in die Tiefe reichende Verletzung der Oberfläche geschehen sein, die ein Herausschwemmen der Zersetzungsprodukte ermöglicht.

das sehe ich eigentlich auch so. die theorie mit dem "netz" vertritt stefan.
das herauswaschen unedler bestandteile erfolgt letztendlich über oberflächennahe korrosion.
die kristallstruktur wird "löchrig" aufgrund von gitterfehlstellen - dies sind aber keine mikroskopischen löcher im metall, die mit luft gefüllt sind.
viele gruesse

udo
Deine Vorstellung einer variablen Dichte, je nach der jeweiligen Kristallstruktur stellt doch dann das Naturgesetz der Konstanz der spezifischen Dichte der Elemente auf den Kopf!? (Und es stellt sich umgekehrt auch die Frage, ob es dann auch Münzen gibt, die im Laufe der Jahrhunderte schwerer werden? 8O . Das wäre ein Spaß! Aber beiseite mit diesem.
die dichte eines metalls hängt von dessen kristallstruktur ab. bestes beispiel ist zinn. beta-zinn mit oktaedrische gitterstruktur
und einer dichte von 7.3g/ccm rekristallisiert unter gewissen bedingungen zu alpha-zinn mit einem kubischen gitter und einer dichte von
5.7g/ccm. beidesmale handelt es sich um das chemische zinn.
naturgesetz der konstanz der spezifischen dichte???
spezifische dichte ist die dichte eines stoffes relativ zu einem normzustand. diese grösse ist z.b. druck- und temperaturabhängig.
von konstanz keine rede.

Diese meine Gedanken beziehen sich allerdings lediglich auf einen Makro-Größenbereich. Möglich, daß mikrofeine Risse entlang der sich verändernden Korngrenzen / Kristallflächen entstehen können, die die Oberfläche erreichen und einen gewissen Materieaustausch randnaher Zonen mit der die Münze umgebenden Materie ermöglichen. Aber das dürfte unseren Meßmethoden kaum zugänglich sein.
Übrigens habe ich auch einen Denar von Alex. Sev., 18/19 mm und 1,82 g schwer, Dicke 1,0 bis 1,9 mm stark. Erhaltung so um vz-. Oberfläche völlig unverletzt und weitab allen Verdachtes auf eine schwammige Struktur. Halt eher ein Ausrutscher beim Abtrennen der Schrötlinge von der Stange ...

Da fällt mir noch ein, daß allerdings Elemente bzw. Metalle, die auch im Inneren in Reaktion mit ihrer Umgebung getreten sind und chemisch-physikalische Umwandlungen (zB. Korrosion) erlitten haben, in ihrem Volumen wachsen. Was wiederum zu einem Aufreißen ihrer gesamten Struktur , zu einer Volumenzunahme führt. Danach kann es allerdings zur Bildung von Hohlräumen kommen. Aber das macht, wie gesagt, ein chemisches Reagieren mit ihrer Umgebung notwendig.
Grüße von

drake
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von quisquam » So 25.07.10 19:19

Ich habe den money trend-Artikel gescannt und bei einem Sharehoster hochgeladen. Wer Interesse hat, dem schicke ich gerne den Link per PN.

Grüße, Stefan
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von antinovs » So 25.07.10 19:30

quisquam hat geschrieben:Ich habe den money trend-Artikel gescannt und bei einem Sharehoster hochgeladen. Wer Interesse hat, dem schicke ich gerne den Link per PN.

Grüße, Stefan
super. ich hätte interesse, stefan.
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von quisquam » So 25.07.10 19:38

PN ist verschickt.

Ihr könnt Euch auch per PN melden.

Grüße, Stefan
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von antinovs » Mo 26.07.10 18:25

quisquam hat geschrieben:In der money trend 10/2005 gab es einen Artikel "Antike Leichtgewichte", der sich genau mit diesem Thema befasst. Genauer untersucht wurde eine alexandrinische Tetradrachme von Tiberius (Gewicht 6,43 g bei einem Normalgewicht von 13-13,5 g), mit rasterelektonenmikroskopischen Aufnahmen. Eine der Aufnahmen zeigt, "daß nur noch Silberbrücken stehen geblieben sind, die beachtliche Hohlräume umschließen, die Münze hat insgesamt eine gewissermaßen schwammartige Struktur". Mit dem Schluss: " In den Hohlräumen befand sich zum Zeitpunkt der Herstellung das Kupfer". Im Alexandria-Thread haben wir dies auch mal angeschnitten:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 72#p274872
hallo,

nachdem mir Stefan (quisquam) freundlicherweise den obigen money trend 10/2005 artikel "Antike Leichtgewichte"
von dr. E. Goelitzer als gescannte pdf-datei zur verfuegung gestellt hat, moechte ich zu dessen inhalt nochmals stellung nehmen
und einige bemerkungen dazu machen. mit /* ... */ gekennzeichneter text sind im folgenden eigene bemerkungen.

der artikel beschaeftigt sich mit einer untergewichtigen ptolemaeischen tetradrachme von kleopatra VII aus 36-35 v.Chr.
(die oben von Stefan angegebene alex. tetradrachme von tiberius wurde nur zu vergleichszwecken herangezogen).
die untersuchte tetradrachme hat ein muenzgewicht von 6.43g. das sollgewicht einer solchen muenze liegt aber bei ca. 14g.
goelitzer gibt als normwert fuer die legierungszusammensetzung des schroetlings an: ca. 36% Ag, der rest ueberwiegend
Cu und etwas (5%) Pb (die werte sind natuerlich als statistische mittelwerte zu verstehen).

an der untergewichtigen tetradrachme wurde der rand an einer stelle angeschliffen und dort mit hilfe einer
roentgenspektroskopischen untersuchung (genannt mikro-roentgenfluoreszensanalyse, oder kurz mikro-RFA) die
legierungsbestandteile bestimmt. das ergebnis: ca. 90% Ag, 5% Cu, 5% Pb

/* der typ des roentgenspektrometers wurde nicht genannt. wahrscheinlich handelt es sich um ein kommerzielles, mobiles geraet auf
basis eines energiedispersiven detektors. ueber die genauigkeit der mit einem solchen referenzproben-freien apparat
ermittelten metallkonzentrationen laesst sich sicherlich streiten (es sind mathematische algorithmen, die bei gegebenen
apparat-parametern und gemessenen zaehlraten die elementkonzentrationen berechnen). fuer die von Goelitzer gezogene
schlussfolgerung ist eine genaue quantifizierung aber sowieso unerheblich, d.h. es ist unwesentlich, ob als messergebnis 90% Ag/5% Cu
oder 70% Ag/25% Cu herauskommt. entscheident ist, das keine elemente wesentlich leichter als Cu detektiert worden sind.*/

als naechste wurde die dichte der untergewichtigen tetradrachme ermittelt. Goelitzer hat bei einem mittleren
muenzdurchmesser von 22mm und einer muenzdicke von 3mm das volumen abgeschaetzt und daraus die dichte der
untergewichtigen tetradrachme bestimmt. ergebnis: 5.6g/ccm

/* die berechnung der dichte beruht auf einer abschaetzung des muenzvolumens unter der annahme einer cylindrischen form.
der fehler bei dieser abschaetzung (je nachdem wie das portrait, legenden bei der dicke beruecksichtigt wurden oder nicht)
ist m.E. aber hoechsten so 10-20%. bei 15% kleinerem volumen wuerde sich eine dichte von 6.6g/ccm ergeben.*/

wo liegt nun das problem?
das problem ist, das Ag eine dichte von ca. 10.5g/ccm hat (Cu von ca. 9g/ccm), die untergewichtige tetradrachme (fast aus
reinem silber) hat aber eine wesentlich geringere dichte!

wie kann das sein?
Goelitzer erklaert dies dadurch - wie bereits von Stefan dargelegt -, dass die tetradrachme urspruenglich
mit einem wesentlich hoeherer kupferanteil versehen (und schwerer) war als heute, der sich durch andauernde lagerung in waessriger loesung
ueber die jahrhunderte (teilweise) herausgeloest hat. das silber war dagegen bestaendig und wurde nicht herausgeloest. um diese these
zu untermauern wurden aufnahmen unter dem rasterelektronenmikroskop (REM) gemacht. diese zeigten in der tat eine schwammartige struktur
der muenzoberflaeche mit kavitaeten einer charakteristischen groesse von 0.03mm, die oberflaechennah ein volumen von ca. 50%
einnehmen.
sehr schoen: die guterhaltene tiberius-vergleichstetradrachme bestehend aus 25% Ag/75% Cu zeigt unter dem REM auf der oberflaeche ein Ag/Cu mischkristall mit homogenen gebieten aus Cu der gleichen charakteristischen groesse von ca. 0.03mm - ist also konsistent mit
dem modell herausgeloester Cu-kristallite bei der untergewichtigen tetradrachme.

/* das rasterelektronenmikroskop kann nicht in die muenze hineinschauen. mit den aufnahmen wird damit nicht bewiesen,
das die gesamte muenze aus so einer schwammartigen struktur besteht, d.h. aus Ag-metallbruecken mit eingeschlossenen
hohlraeumen.
wuerde eine oberflaechennahe schwammstruktur ausreichen, um eine dichte von 5.6g/ccm bzw. von 6.6g/ccm (wenn man eine
fehlertoleranz von 15% bei der volumenberechnung zulaesst) zu erklaeren?
um auf eine anfangsdichte bei der herstellung von 9g/ccm (36% Ag/ 64% Cu) zu kommen, muesste man demnach annehmen,
dass sich die schwammartige struktur bis in eine tiefe von 1.1mm (0.8mm) bei 5.6g/ccm (6.6g/ccm) gefressen hat.
die herstellungsdichte koennte aufgrund von gaseinschluessen bei der schroetlingsherstellung auch noch ein wenig geringer angesetzt werden,
was einer geringeren eindringtiefe entsprechen wuerde.

FAZIT: ich kann mir nun doch durchaus vorstellen, das ein groesserer teil einer solchen untergewichtigen muenze, wenn auch nicht die gesamte muenze, eine schwammartige struktur besitzt und relativiere meine im thread gemachte aussage, dass es nicht moeglich ist, dass
1/3 oder mehr des muenzvolumens einen "silberschwamm" darstellen koennte.*/

ich hoffe, dass ich zumindest die technisch interessierten nicht allzu sehr mit diesem posting gelangweilt habe und verbleibe mit gruessen

Udo
LXXIII

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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von quisquam » Mo 26.07.10 18:50

Hallo Udo,
danke für die Zusammenfassung.

Was ich mich frage ist, ob dies ein Phänomen ist, das vor allem im ägyptischen Klima (mit den Nilhochwassern?) auftritt, wie es scheint, oder auch andernorts. Denn nur dann wäre es eine plausible Erklärungsmöglicheit für die hier vorgestellten Leichtgewichte. Der ursprüngliche Silbergehalt der fraglichen Stücke zumindest dürfte in etwa vergleichbar sein.

Grüße, Stefan
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Re: JULIA SOAEMIAS wer kann helfen? Falsch oder Echt?

Beitrag von antinovs » Mo 26.07.10 19:16

quisquam hat geschrieben:Hallo Udo,
danke für die Zusammenfassung.

Was ich mich frage ist, ob dies ein Phänomen ist, das vor allem im ägyptischen Klima (mit den Nilhochwassern?) auftritt, wie es scheint, oder auch andernorts. Denn nur dann wäre es eine plausible Erklärungsmöglicheit für die hier vorgestellten Leichtgewichte. Der ursprüngliche Silbergehalt der fraglichen Stücke zumindest dürfte in etwa vergleichbar sein.

Grüße, Stefan
eigentlich gibts ja nur zwei moeglichkeiten fuer untergewichtige: i) ein leichtes metall wie zinn als legierungsbestandteil oder ii) das übermässige herauskorrodieren unedlerer bestandteile wie kupfer.

vielleicht kann ja Homer bei seinem thrax-denar mit einem mikroskop (20-50x) mal schauen, ob die oberfläche diese
kavitaeten aufweist (auch wenn die tiefenschaerfe wie mit einem REM nicht erreicht werden kann)?
LXXIII

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