Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Ich habe mir noch mal den Vespasian näher angeschaut. Zu lesen ist als Legende:IMP CAES VESPASIAN AVG und dann OO oder CO oder sonstwas, aber nichts was eigentlich kommen müßte, nämlich TRP, jedenfalls bei der Legendenvariante mit dem VESPASIAN ohne VS. Leider habe ich nicht RIC um nachzusehen ob es noch andere Varianten gibt als im Kankelfitz angegeben. Die fehlerhafte Legende würde die These stützen, daß es keine Originale waren die als Vorlage genutzt wurden sonden nachempfundene.
Bei dem Frauenportrait ist rechts zu lesen AVGVSTA. Lucilla und Crispina kämen möglicherweise auch infrage, aber ich würde doch eher bei Faustina bleiben.
Die beiden unteren Köpfe sehen sich tatsächlich ähnlich, aber bei der oberen ist der Hals länger. Ob es Evangelisten sind? - eher unwahrscheinlich, es gibt sie nicht auf antiken Münzen und die beiden anderen sind kaiserliche, da liegt es nahe, auch für die beiden letzten Kaiservorlagen anzunehmen.
Gruß ischbierra
Bei dem Frauenportrait ist rechts zu lesen AVGVSTA. Lucilla und Crispina kämen möglicherweise auch infrage, aber ich würde doch eher bei Faustina bleiben.
Die beiden unteren Köpfe sehen sich tatsächlich ähnlich, aber bei der oberen ist der Hals länger. Ob es Evangelisten sind? - eher unwahrscheinlich, es gibt sie nicht auf antiken Münzen und die beiden anderen sind kaiserliche, da liegt es nahe, auch für die beiden letzten Kaiservorlagen anzunehmen.
Gruß ischbierra
- Homer J. Simpson
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
IMP CAES VESPASIAN AUG COS III ist eine sehr häufige Vs.-Legende. COS IIII ist etwas seltener.
Homer
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Ja, nachdem ich die besseren Fotos gesehen habe, muss ich Homer zustimmen: der Vespasian sieht antik aus, die anderen nicht.
Nata vimpi curmi da.
Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Heute die versprochene Antwort für Pscipio:
Bei dem Glockengießer handelt es sich um einen Frankfurter Glocken- und Stückgießer namens Conrad Gobel (Göbel), der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts arbeitete und von dem mehrere Glocken erhalten blieben. Er schien sich sehr für den "neuen Stil" der Renaissance begeistert zu haben, da er auf mehreren (oder allen?) seinen Glocken Abbildungen echter oder "nachgemachter" antiker Münzen/Medaillons anbrachte. Beigefügt habe ich Bilder einer weiteren Glocke von ihm in Hochheim bei Wiesbaden (Abbildungen leider nicht so gut, da nur mit meiner "Knipsekamera" gemacht). Hier sind es nur zwei antike Münzen: eine ebenfalls von Vespasian wie bei der ersten Glocke, die andere zeigt Germanicus. Die Münze von Vespasian zeigt eine etwas andere, umfänglichere Umschrift als die von Brandoberndorf, außerdem trägt der Kaiser einen Lorbeerkranz, d.h. er kann nicht dieselbe Münze als Gußvorlage genommen haben.
Auch bei den anderen Verzierungen seiner Glocken hat er offenkundig Vorlagen bevorzugt, die für seine Zeit sehr modern waren und sich in Form und Inhalt auf die Antike bezogen. Bei der Hochheimr Glocke ist dies ein Medaillon mit dem Profilkopf Christi, bei der ersten Glocke aus Brandoberndorf zwei Reliefs eine italienischen Künstlers mit der Grablegung und Auferstehung Christi.
Die Abbildung antiker Münzen auf Glocken scheint nicht gänzlich unüblich gewesen zu sein und steht in der Nachfolge von Abdrücken von Pilgerzeichen, die man immer wieder auf mittelalterlichen Glocken findet. Bislang habe ich aber noch keine vergleichbare Glocke eines anderen Glockengießers gefunden.
Bei dem Glockengießer handelt es sich um einen Frankfurter Glocken- und Stückgießer namens Conrad Gobel (Göbel), der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts arbeitete und von dem mehrere Glocken erhalten blieben. Er schien sich sehr für den "neuen Stil" der Renaissance begeistert zu haben, da er auf mehreren (oder allen?) seinen Glocken Abbildungen echter oder "nachgemachter" antiker Münzen/Medaillons anbrachte. Beigefügt habe ich Bilder einer weiteren Glocke von ihm in Hochheim bei Wiesbaden (Abbildungen leider nicht so gut, da nur mit meiner "Knipsekamera" gemacht). Hier sind es nur zwei antike Münzen: eine ebenfalls von Vespasian wie bei der ersten Glocke, die andere zeigt Germanicus. Die Münze von Vespasian zeigt eine etwas andere, umfänglichere Umschrift als die von Brandoberndorf, außerdem trägt der Kaiser einen Lorbeerkranz, d.h. er kann nicht dieselbe Münze als Gußvorlage genommen haben.
Auch bei den anderen Verzierungen seiner Glocken hat er offenkundig Vorlagen bevorzugt, die für seine Zeit sehr modern waren und sich in Form und Inhalt auf die Antike bezogen. Bei der Hochheimr Glocke ist dies ein Medaillon mit dem Profilkopf Christi, bei der ersten Glocke aus Brandoberndorf zwei Reliefs eine italienischen Künstlers mit der Grablegung und Auferstehung Christi.
Die Abbildung antiker Münzen auf Glocken scheint nicht gänzlich unüblich gewesen zu sein und steht in der Nachfolge von Abdrücken von Pilgerzeichen, die man immer wieder auf mittelalterlichen Glocken findet. Bislang habe ich aber noch keine vergleichbare Glocke eines anderen Glockengießers gefunden.
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Der Gemanicus ist wohl mehr ein Caligula. Sowas wie das hier: http://www.wildwinds.com/coins/sear/s0612.html#RIC_0032
Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Die Legende der "Vespasian-Münze" zeigt eindeutig zum Schluss CO, dass ist meiner Recherche nach die Ablkürzung für CONSUL, die oft auch COS abgekürzt wird. Normalerweise kommt danach die Angabe der Konularzeiten III oder IIII (wie ja auch Homer in seinem Beitrag schreibt). Diese Legende findet sich auch auf der Münze einer anderen Glocke, auf die ich in meiner Antwort für Pscipio verwiesen habe (siehe dort auch Abbildung).ischbierra hat geschrieben:Ich habe mir noch mal den Vespasian näher angeschaut. Zu lesen ist als Legende:IMP CAES VESPASIAN AVG und dann OO oder CO oder sonstwas, aber nichts was eigentlich kommen müßte, nämlich TRP, jedenfalls bei der Legendenvariante mit dem VESPASIAN ohne VS. Leider habe ich nicht RIC um nachzusehen ob es noch andere Varianten gibt als im Kankelfitz angegeben. Die fehlerhafte Legende würde die These stützen, daß es keine Originale waren die als Vorlage genutzt wurden sonden nachempfundene.
Bei dem Frauenportrait ist rechts zu lesen AVGVSTA. Lucilla und Crispina kämen möglicherweise auch infrage, aber ich würde doch eher bei Faustina bleiben.
Die beiden unteren Köpfe sehen sich tatsächlich ähnlich, aber bei der oberen ist der Hals länger. Ob es Evangelisten sind? - eher unwahrscheinlich, es gibt sie nicht auf antiken Münzen und die beiden anderen sind kaiserliche, da liegt es nahe, auch für die beiden letzten Kaiservorlagen anzunehmen.
Gruß ischbierra
Danke für die Auflösung der Inschrift auf der Frauenkopfmünze! Bezüglich der beiden anderen Köpfe ist mir immer noch unklar, um wen es sich handelt. Evangelisten oder Heilige auf gar keinen Fall. Ich lese die Inschrift auf dem Männerkopf 2 als ATHENAI (hat leider nicht geklappt mit den griechischen Buchstaben ) - also doch griechisch ???
Grüße!
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Dann schreibt man ein langes Posting und Sekunden bevor man es absenden will, hat man einen Stromausfall. Jetzt also nur die Kurzfassung: spannende Hintergrundinformationen, danke dafür! Der Germanicus ist, wie hjk bereits sagte, ein Caligula, der den Beinamen seines Vaters übernommen hatte. Wenn du uns den Durchmesser angibst, kann man sagen, ob es sich um einen Sesterzen oder z.B. um den bekannten Vesta-As handelt.
Beim Vespasian, der wie der Caligula stilistisch antik ist, also kaum von einer Renaissance-Kopie stammt, würde ich auf einen Sesterzen tippen. IMP CAES VESPASIAN AVG P M TR P P P COS III, womit die Münze auf 71 n. Chr. datierbar ist.
Gruss, Pscipio
Beim Vespasian, der wie der Caligula stilistisch antik ist, also kaum von einer Renaissance-Kopie stammt, würde ich auf einen Sesterzen tippen. IMP CAES VESPASIAN AVG P M TR P P P COS III, womit die Münze auf 71 n. Chr. datierbar ist.
Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.
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Re: Abdrücke antiker Münzen auf Glocken
Caligula: belorbeert auf seinen Sesterzen, barhäuptig auf seinen Asses.
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