Peter43 hat geschrieben:
Ein wichtiger Artikel. Ich hoffe,er verschwindet nicht om Orcus wie schon so viele.
Dem kann ich mich nur anschließen.
Er bringt zwar auch nicht mehr Licht in die Spezifik dieser immer wieder gleichen Randausbrüche, aber ich habe gelernt, daß wegen der Vielfalt der möglichen Einflußfaktoren das auch kaum möglich sein wird. Irgendeine besondere Konstellation der sich gegenseitig beeinflussenden Kenngrößen wird diesen mir so interessant erscheinenden Fall ausgelöst haben, welcher auch immer ....
Die sich aus dem Gelesenen vordergründig aufdrängende Erkenntnis ist: Der kritische Bereich, der zur Rißbildung neigt, ist der Randbereich der Münze, dort ist (allerdings in Abhängigkeit von der Ausgangsform des Schrötlings) möglicherweise der Verformungsgrad bzw. der Fließweg des Materials am größten, während er im Mittelpunkt der Münze annähernd = 0 ist. Die Konsequenz daraus (eine Binsenweisheit) sieht man an jeder Münze mit Riß: er wird zum Rande zu immer breiter.
Insofern kann man sagen, daß am Münzrand ein Materialring entstand, dessen Reißfestigkeit überschritten wurde und er daher in radialer Richtung aufriß; aber nicht alleine dies, sondern sich auch kreisförmig vom inneren Münzkern löste. Damit konnten sich ganze Stücke dieses äußeren Ringes aus dem Molekularverband lösen und teilweise oder ganz herausfallen, je nach dem, ob eine vorhandene Schichtenbildung zB. aus dem Prozeß der Formung der Schrötlinge dies ermöglichte oder verhinderte.
Der verwendete Begriff "Kaltes Fließen" schien mir schon immer etwas unzutreffend gewählt; Mal abgesehen von der Vorwärmung der Schrötlinge vorm Prägen wird doch alleine durch die Mitteilung der gesamten Schlagenerie (Geschwindigkeit und Masse!) auf einem Weg von etwa 2mm an den Schrötling dieser in einem solchen Maße erhitzt, daß man wohl eher von einem "Warm - Fließen" reden könnte. Und dann fällt es verstandesmäßig auch leichter, von einem "Fließen" zu sprechen.
Wir haben solche "Beweise" früher als Buben an unserem Bahnübergang praktiziert, indem wir Pfennigstücke auf die Gleise legten, wenn die schwere 52er Lock in Schnellfahrt durchfuhr: Der verformte Pfennig war noch heiß danach. Wenn die Lock zu langsam war, blieb er kalt und sein Prägebild weitgehend unzerstört. Das nur so als Abschweif
Enormen Einfluß auf das endgültige Prägebild und natürlich auf mögliche Risse hat auch die Art der Ausführung des Peägeschlages: Die aufzuwendende Verformungsarbeit ist die eine Seite, sagt aber noch nichts über die schließliche Wirkung ihrer Komponenten: der Masse des Hammers und der Schlaggeschwindigkeit. Man weiß ja: Fehlt es an dem Einen, muß man von dem Anderen zusetzen. Oder: Zu geringe Masse des Hammers heißt schneller schlagen (heißt nicht mehrfach) müssen, soll die aufgewendete Prägearbeit konstant bleiben. Aber trotzdem können die Prägeergebnisse völlig unterschiedlich ausfallen.
Da muß ich gerade denken an manche Literaturstelle, wo der antike Prägevorgang dargestellt wird als das mehrfache wiederholte Schlagen mit einem eher mittelgroßen Hammer. Dies hat, wenn es denn überhaupt praktiziert wurde, mit einem "Kalten Fließen" überhaupt nichts zu tun, Hierbei kommt es zu keiner Plastifizierung des Metalls und nach wenigen Schlägen wird die innere Struktur zerbröseln, ganz abgesehen vom enormen Gesamtarbeitsaufwand aller Schläge.
Man könnte solche Gedankenspiele mit stets sich gegenseitig beeinflussenden Wirkungen unterschiedlicher Einflußfaktoren beliebig fortführen. Im Ergebnis bekommt man mehr und immer mehr Hochachtung vor den Leistungen dieser antiken Münzstätten mit all ihren empirisch gereiften Spezialisten, die sich in einem enormen Spektrum möglicher Fehlleistungen auf einen Punkt der geringstmöglichen und gleichzeitig ökonomischsten eingeschossen haben. Ihre Arbeit blieb immer ein Kompromiss, die "absolut fehlerfreie Münze" gab es in der Antike nicht !
Sorry für meine "Exkursionen" sagt
drake