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DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 18:17
von quisquam
Hallo miteinander,
ich habe diesen Gratian ersteigert:
http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?Vie ... 0734070028
Vs: DN GRATIANVS AVGG AVG, drapierte und kürassierte Büste mit Perlendiadem n. r.
Rs: GLORIA NO-VI SAECVLI, Kaiser mit Labarum und Schild
Münzstätte Arles/Constantina
Kann mir jemand das seltsame AVGG anstelle des üblichen P F auf der Vorderseite dieser Münzen, die es nur für Gratian und nur aus Arles gibt, erklären?
Grüße, Stefan
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 18:40
von justus
Barbarisierte Imitation ?
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 18:41
von curtislclay
Im J. 2005 schrieb ich im US-Forum:
Gratian's Constantia is not well known to numismatists, because no coins were issued for her. She does enter numismatic discussions however, because of the title AVGG AVG on some of Gratian's coins, AVGG being interpreted as Augusti gener, Son-in-law of the Augustus, i.e. married to Constantius II's daughter Constantia. I summarized Eckhel's commentary on this matter for Forum a week or two ago, topic Gratian GLORIA NOVI SAECVLI, under Roman Coins.
Meine Zusammenfassung von Eckhel scheint aber gelöscht worden zu sein.
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 18:45
von Antonian
Hallo quisquam
Das Thema wurde schon einmal im numismatikforum behandelt.
hier der Link:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=6&t=33463
ich weiß nicht ob der link so funktioniert, deshalb hier die wichtigsten Sätze daraus:
Der genauso ungewöhnliche Titel AVGG AVG auf dem Avers veranlasste ehemalige Numismatiker (unter anderem besonders A. Banduri und J.Eckhel) über die Bedeutung zu spekulieren, und es kam zu unterschiedlichen Interpretationen. Eine davon ist, dass Gratian augrund seines jugendlichen Alters nicht auf die gleiche Stufe mit den Mitregenten gestellt wurde. Die Münzstädten in Lyon und Arlesdrückten diese Ungleichgestelltheit mit Augustorum Augustus aus, was sinngemäß mit Augustus, der von Augusti geboren wurde, übersetzt warden kann.
Antonian
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 19:16
von quisquam
Vielen Dank für die Antworten!
Grüße, Stefan
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 19:27
von emieg1
Meinen Glückwunsch zu deiner Entdeckung, Stefan!
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Fr 10.12.10 20:25
von Peter43
Sehr interessant!
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Sa 11.12.10 08:03
von quisquam
curtislclay hat geschrieben:Meine Zusammenfassung von Eckhel scheint aber gelöscht worden zu sein.
Heute Nacht hatte ich einen Geistesblitz, und wie es der Zufall so will habe ich in den Tiefen meines Rechners doch tatsächlich den alten, leider gelöschten Beitrag im US-Forum gefunden. Ich hatte ihn mir seinerzeit, wohl in weiser Voraussicht, gesichert!
curtislclay (13. März 2005 im US-Forum) hat geschrieben: According to Eckhel, Doctrina VIII, Vienna 1798, p. 158, the explication of the legend AVGG AVG of Gratian had been a matter of major controversary among scholars. Eckhel lists the main contributions, without trying to summarize their arguments.
"Most scholars have accepted Hardouin's interpretation, AVGusti Gener AVGustus, 'Augustus and son-in-law of an Augustus', since, as I stated, Gratian married Constantia, the daughter of Constantius II, and might have considered this a distinction worth boasting of."
Recently, Beauvais had returned to Leibnitz' suggestion AVGGustorum AVGustus, "Augustus of the Augusti", since he claimed to find a period on his specimen between AVGG and AVG but nowhere else. But Eckhel comments that there was no such period on the four complete and well-preserved specimens in the Vienna collection, just as periods are generally lacking in the inscriptions of Gratian's coins, even after single letters which are abbreviations of words.
Grüße und nochmals vielen Dank, Stefan
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Sa 11.12.10 10:41
von raeticus
AVGGustorum AVGustus, "Augustus of the Augusti" makes most sense to me, the son-in law interpretation is rather farfetched.
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Sa 11.12.10 12:50
von quisquam
Das sehe ich auch so. Und auch Curtis hat ja in seinem Zitat oben nicht geschrieben, dass sich die Legende auf Gratians Constantia bezieht, sondern "nur", dass Constantia dank dieser Legende in die numismatische Diskussion Einzug erhielt.
Wie dem auch sei, interessant finde ich solche Diskussionen in jeden Fall und machen für mich auch die Münzen interessanter.
Grüße, Stefan
Re: DN GRATIANVS AVGG AVG
Verfasst: Sa 11.12.10 21:04
von curtislclay
Gegen AVGusti Gener: 1. Nur G wäre eine unverständliche Abkürzung für das ungewöhnliche Wort Gener. 2. Mit AVGusti würde man einen der regierenden Kaiser (Valentinian oder Valens) verstehen, schwerlich den bereits vor vierzehn Jahren verstorbenen Constantius II. 3. Wohl schlüssig: Gratians Ehe mit Constantia fand nach Kienast erst im J. 374 statt, AVGG AVG erscheint aber in Gratians Legende bereits ab seiner ersten Ausgabe von Bronzemünzen in Lugdunum, also wahrscheinlich ab 367 n. Chr.
Gegen AVGustorum AVGustus: Was "Augustus von den Augusti" bedeuten soll, ist mir schleierhaft! Dass das "jugendlicher Augustus zweiten Ranges" aussagen soll, leuchtet mir nicht ein. Also geben wir lieber ruhig zu, dass wir AVGG AVG einfach nicht verstehen und nicht sicher auflösen können, bis eine bessere Erklärung oder eine epigraphische Bestätigung für die Auflösung vorliegt!