Hallo liebe Römerfreunde
alle Jahre wieder mein kleiner numismatischer Weihnachtsgruß:
Diesmal sind es diese beiden Münzen, die ich mir neulich gegönnt habe, beide mit schöner Wüstenpatina:
SYRIA, Seleucis and Pieria. Antioch. Augustus. 27 BC-AD 14. Laureate head of Zeus right / Ram running right; star above
a) Dated year 43 of the Actian Era (AD 12/13) RPC I 4268; McAlee 98; SNG Copenhagen 97.
b) Dated year 44 of the Actian Era (AD 13/14)RPC I 4269; McAlee 99; Butcher 58.
Dieser Typ steht im Zusammenhang mit einer Theorie zum Stern von Bethlehem, die der U.S. amerikanische Astronom Michael Molnar aufgestellt und in einem Buch veröffentlicht hat.* Um es gleich vorwegzunehmen: Ich stehe dieser Theorie eher skeptisch gegenüber, stelle sie aber hier möglichst neutral dar:
Auf dem Rv. ist das Sternbild Widder dargestellt, das in der Antike laut Molnar für Judaea stand. Die "Botschaft" des Rv. interpretiert er als symbolische Darstellung des Beginns der römischen Herrschaft über Judaea im Jahre 6 n. Chr. Bei der Gleichsetzung Judaeas mit dem Sternbild Widder war es also logisch, nach einer Himmelskonstellation zu suchen, die sich im Sternbild Widder ereignete. Am 17. April 6 v.Chr. hatte Jupiter im Sternbild Widder seinen heliakischen Aufgang, stand zusammen mit der Sonne sowie Saturn, Mars, Venus und Merkur am Himmel und wurde um 8 Uhr 25 morgens auch noch vom Mond bedeckt. Auf diese Weise, so Molnar hätten Astrologen damals die Ankunft eines neuen Königs von Judaea prophezeien können. **
Der reale astronomische Hintergrund des Sterns von Bethlehem schien gefunden. Ich gebe die Theorie hier stark verkürzt wieder. Ausführlich die Seite von M. Molnar:
http://www.eclipse.net/~molnar/
Ein Artikel in Bild der Wissenschaft von 2000:
http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw ... d=10094505
Weitere Informationen erhaltet Ihr im tollen Mythologiethread von Peter43.
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... &start=255
Die Theorie fand seinerzeit große Beachtung: Bradley Schaefer, Astronom an der Yale University in Connecticut, lobte das Buch in der Zeitschrift „Sky & Telescope“ überschwenglich und feierte die Idee als „erste Revolution in der Forschung nach dem Stern von Bethlehem seit Kepler“. **
Im Handel und in Münzforen wird das Rv. der Münze gelegentlich als Darstellung des Sterns von Bethlehem angesprochen, was m.E. eine Fehlinterpretation ist. Der Stern auf der Münze ist lediglich ein Bildzeichen, das den dargestellten Widder als Sternbild ausweist. Das ist nichts ungewöhnliches, es gibt weitere Münzen auf denen Sternbilder dargestellt sind. Vgl. die Abb. hier mit den Sternbildern Steinbock (für Augustus) und Skorpion (für Tiberius).
Das häufig geäusserte Gegenargument, ein Ereignis aus dem Jahr 6 v. Chr. könne nicht auf einer Münze der Jahre 6 - 14 n. Chr. abgebildet sein, zieht also nicht, da der Stern von Bethlehem gar nicht abgebildet ist. Der Stern auf dem Rv. müsste ja dann den Planeten Jupiter darstellen und davon ist zumindest auf Molnars website nicht die Rede. Er bezeichnet das Rv. lediglich völlig korrekt als Darstellung des Sternbildes Widder.
Bei Münzen dieses Typs ist seit der Veröffentlichung der Theorie ein sehr deutlicher Preisanstieg zu verzeichnen. Gute Exemplare sind selten und liegen bei Ebay um EUR 100,-
Das Sternbild Widder stand in der Antike zumindest auch für Judaea. Das wird durch antike Astrologen bestätigt, z.B. Claudius Ptolemäus von Alexandria. Molnar setzt den Widder mit dem Königreich Herodes d. Gr. gleich und vermutet, dass die Münze die römische Machtübernahme in Judaea im Jahr 6 n. Chr. feiert. Damals schickte man den König Herodes Archelaus in die Verbannung und setzte in Judaea den Präfekten Coponius ein, der direkt dem syrischen Legaten Quirinius unterstellt war. Der römische Legat residierte damals in Antiochia. Dieser Anlass, eine solche Münze zu emittieren wäre für die Antiochier also durchaus naheliegend gewesen. Fakt ist, dass das Motiv auf der Münze bereits vor 12/13 bzw. 13/14 verwendet wurde (Vgl. die Münze in der Abb.) nur steht hier kein Datum. Zu sehen ist nur das für Münzen aus Antiochia typische ANT (?) Monogramm, das auch auf den augusteischen Tetradrachmen aus Antiochia auftaucht. Molnar datiert diesen frühen Typ nach einer Publikation des British Museum von 1992 in die Jahre 5 - 11 n. Chr (Vgl. Molnar S. 50), was zumindest theoretisch zum Datum 6 n. Chr. passen würde.
Was mich hinsichtlich der Gleichsetzung des Sternbildes Widder mit Judaea skeptisch macht, ist die Verwendung des Symbols des Widders noch auf wesentlich späteren Münzen aus Antiochia. Vgl. die Abb. mit einer Münze des Philippus I. Arabs, wo der Widder über der Tyche von Antiochia abgebildet ist. Hier kann ja wohl kaum Judaea gemeint sein, sondern eher der gesamte syrisch/palästinensische Raum oder sogar nur die Stadt Antiochia selbst ?
Was meint Ihr ?
Gruß und einen schönen Advent
Euer
Quinctilius
* Molnar, Michael R. (1999), The Star of Bethlehem: The Legacy of the Magi, Rutgers University Press, ISBN 0-8135-2701-5
** Bild der Wissenschaft Online 12/2000 S. 52