Irisierende Tönung

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Aeneas
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Irisierende Tönung

Beitrag von Aeneas » So 09.01.11 12:56

Hallo Zusammen!

Ich persönlich finde Silbermünzen mit irisierender Tönung sehr attraktiv. Ich habe gelesen, dass eine solche Tönung durch Schwefel in der Luft entstehen kann. Nun meine Frage: schreitet der Prozess unweigerlicher fort, und wenn ja in welchen Zeitrahmen und wie weit (angenommen die Münzen werden in einer Münzbox mit Samtunterlage in einer mittelgrossen Stadt gelagert)? Verliert die Münze allenfalls mit der Zeit diese attraktive Tönung? Kann ein fortschreiten oder eine Degeneration verhindert werden? Was ist eure Meinung zu dieser Tönung?

Anbei noch ein Bsp. solcher Münzen aus der letzten Triton-Auktion:

http://www.sixbid.com/nav.php?p=viewlot&sid=339&lot=682

Vielen Dank und Gruss

David
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von *EPI* » So 09.01.11 13:28

Regenbogenpatina ist bei US Sammlern sehr beliebt, zumindest bei modernen Münzen. Wie sie sich weiterentwickelt kann ich Dir nicht sagen. Aber sie kann sehr gut auch künstlich erzeugt werden.

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kc
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von kc » So 09.01.11 13:32

Moin David,

diese getönten Münzen sind für mich ebenfalls sehr ansprechend. Einen Denar mit leicht blauer Tönung kann ich mein Eigen nennen (es ist meine 1. selbst gekaufte römische Münze). Seit sie bei mir ist, haben sich die verfärbten Stellen nicht verändert. Dabei wurde sie ganz unterschiedlich gelagert. Mal in einem Album, dann in einem Tütchen und nun in einer Filzeinlage in einem Münzenkoffer. Die Luftverhältnisse scheinen wohl auch egal zu sein, denn das Stück durfte bereits auf dem Lande wie in der Großstadt verweilen.

Grüße

kc
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von Arminius » So 09.01.11 13:58

Ich hab´s mal aus purer Neugierde mit Schwefelverbindungen in der Luft an diesem Stück versucht:

[ externes Bild ]

Nach einigen Minuten sah die Oberfläche dann so aus:

[ externes Bild ]

Das ist natürlich nicht als Ziel meiner Vorstellungen gedacht gewesen sondern nur das krasse Ergebnis eines ersten Versuchs, wie einfach und schnell diese Tönungen künstlich zu erzeugen sind. Duch Optimieren der Vorbehandlung und Reaktions-Bedingungen lassen sich dann auch diese gleichmäßig verlaufenden dezent-zarten Tönungen der Felder erzeugen, die auf manch Sammlerherz so attraktiv wirken.

Mit etwas Übung und Erfahrung lassen sich also problemlos irisierende Tönungen auf noch relativ glatten Silbermünzen mit weitgehendem Prägeglanz erzielen, die eine alte "Sammlungspatina" suggerieren können.
Rauhe, bereits stark oxidierte Oberflächen oder schlechtes Silber eignet sich nicht.

Eine solche Tönung sollte duch Zaponlack konservierbar sein.

Grüße
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von diwidat » So 09.01.11 22:06

@ Arminius,
jetzt hast Du unseren Coingrading anbetenden Sammlern die ganze Illusion genommen, daß die Anlauffarben etwas ganz besonders wertvolles wären.
In der Atmosphäre eines Schwefelleberglases lassen sich die unglaublichsten Färbungen erzeugen, bei denen Rubens neidisch werden würde.

Gruß diwidat

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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von kc » So 09.01.11 22:31

Warum erzielen diese getönten Münzen so hohe Preise? In Amerika müsste es den Sammlern ebenfalls bekannt sein, dass die Regenbogenpatina leicht durch Manipulation erzeugt werden kann. Kann sowas auch unter "normalen" natürlichen Verhältnissen entstehen?

Grüße

kc

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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von antoninus1 » So 09.01.11 22:40

Ich habe den Eindruck, dass es in den USA anteilsmäßig mehr Münzen mit Regenbogenpatina gibt als hier.
Haben die eine andere Luft :wink:
Gruß,
antoninus1

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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von Arminius » So 09.01.11 23:42

[quote="antoninus1"]Ich habe den Eindruck, dass es in den USA anteilsmäßig mehr Münzen mit Regenbogenpatina gibt als hier.
Haben die eine andere Luft :wink:[/quote]

Der europäische Sammler hat sicherlich andere Kriterien bei der Auswahl seiner Stücke.

Ich meine festgestellt zu haben, daß in den USA eine lange Rückverfolgbarkeit in Sammlungen und deren (scheinbare) Beweismittel einen weit höheren Stellenwert haben (Rückverfolgbarkeit der Stücke in vorherigen Sammlungen, Sammlungs-Patina, sichtlich alte Beschreibungszettel, sichtlich "profesionelle" Reinigung und einfarbene Oberfläche, ...).

Dagegen scheinen in Europa höher bewertete Merkmale wie billig/("Geiz ist Geil"), Fundzustand der Oberfläche, ungereinigt, unklare Herkunft - dort schon fast in einer kriminellen Ecke zu landen.

Und: Beim intensiveren "Tanz um´s goldene Kalb" werden sicherlich auch mehr schwefelhaltige Gase entweichen.

:wink:
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von heku » Mo 10.01.11 16:49

kc hat geschrieben:Warum erzielen diese getönten Münzen so hohe Preise? In Amerika müsste es den Sammlern ebenfalls bekannt sein, dass die Regenbogenpatina leicht durch Manipulation erzeugt werden kann. Kann sowas auch unter "normalen" natürlichen Verhältnissen entstehen?

Grüße

kc
Die Entstehung einer solchen Regenbogenpatina ist physikalisch ein komplizierter Vorgang.

a) eine Lichtwelle besteht aus einer abwechselnden Folge von Bergen und Tälern.

b) die Länge eines Berges und eines Tales ist die Wellenlänge; jede Wellenlänge entspricht einer Farbe.

c) weißes Licht ist eine Mischfarbe. Entferne ich eine Farbe (Wellenlänge) aus der Farbmischung, dann ist die verbleibende Mischfarbe nicht mehr weiß, sondern bunt.

d) Wenn zwei Lichtwellen gleicher Wellenlänge am gleichen Ort auftreten, dann gibt es einen Spezialfall. Wenn der Berg der einen Welle mit dem Tal der anderen Welle zusammentrifft, dann erfolgt Auslöschung, beide Wellen sind weg.

Genau dieser Spezialfall tritt bei diesen irisierenden Farben auf, und zwar an hauchdünnen Patinaschichten. Einmal wird Licht an der Oberfläche der Patinaschicht reflektiert. Gleichzeitig dringt Licht ins Innere der Patinakristalle ein und wird nach außen reflektiert. An der Oberfläche treffen beide Wellen aufeinander. Sind sie entsprechend gegeneinander verschoben, löschen sie sich aus. Dieses Licht fehlt, was an Licht übrigbleibt sehen wir als Regenbogenfarbe. Welche Regenbogenfarbe auftritt ist von der Dicke der Patina abhängig.

Hat die Patinaschicht eine gewisse Dicke erreicht, wird das eingedrungene Licht im Innern der Kristalle absorbiert. Es kommt außen nichts mehr an. Von jetzt an sehen wir die normale Farbe der Patina.

Ich gebe zu, es ist nicht ganz einfach zu verstehen.

Es braucht also eine hauchdünne Patina mit gleichmäßig gwachsenen und angeordneten Kristallen. Diese Voraussetzungen können gegeben sein, wenn auf einer glatten Fläche die Patina ganz ganz langsam wächst.

Wenn also eine Münze mit Stempelglanz irgendwo ruht, wo kaum Luftaustausch erfolgt, dann kann sich in günstigen Fällen eine schöne Regenbogen-Patina ausbilden.

Wenn eine solche Münze offen lagert, wird die Patina im Laufe der Zeit wachsen, auch wenn es Jahre oder Jahrzehnte dauert. Die Regenbogenfarben verschwinden und machen dem schnöden Grau der normalen Patina Platz. Um diese Farben dauerhaft zu konservieren, muss die Münze luftdicht aufbewahrt werden.


Diese Regenbogenfarben kann man allerdings (Arminius hat's vorgemacht) problemlos innerhalk kurzer Zeit künstlich erzeugen. Das beliebteste Mittel ist Schwefelleber. Die Substanz setzt Schwefelwasserstoff frei, der sowohl Kupfer als auch Silber färbt. Es entstehen so viele kleine Kristalle, dass immer eine ausreichende Anzahl die Bedingungen für das Auftreten des Regenbogens erfüllt.

Die Unterscheidung, ob unbeeinflußt gewachsen oder künstlich erzeugt, ist nicht immer einfach. Unten im Bild die Rückseite eines Schmuckstücks. Es ruht in einem Schrank mit geringem Luftaustausch. Der Bildausschnitt zeigt die Befestigung der Anhängernadel. Diese Befestigung stellt eine Art Strömungswiderstand dar. Zugeführte Luft umströmt das Hindernis. Im Windschatten befindet sich ein Bereich ohne Patina. Der gleiche Effekt tritt bei Münzen an Buchstaben usw. auf. Bei künstlicher Patinierung über eine Flüssigkeit oder Schwefeldämpfe gäbe es diesen Effekt nicht, das ganze Metall wäre gefärbt. Im Bild das Innere eines Buchstabens der englischen Münze. Die Farben entstanden im Lauf der Lagerung von alleine. Das Innere war geschützt und ist kaum patiniert während der Buchstabe selbst schön blau leuchtet.

Die Regenbogenpatina der US-Münzen hat eine eigene Geschichte. 1878 begann die Ausprägung der Morgan-Dollars. Durch Überangebot war der Silberpreis gesunken, der Wert der Silbermünzen war in Gefahr. Die US-Rgierung kaufte nun riesige Mengen an Silber auf und verwandelte sie in Morgan-Dollars. Die 1-Dollarstücke spielten im Zahlverkehr nur eine untergeordnete Rolle, sie dienten eher als Handelsmünze für die Geschäfte mit Asien. Ab 1873 übernahm der Handelsdollar diese Rolle; die 1-Dollarkursmünze war eigentlich überflüssig geworden. Riesige Mengen an Morgan-Dollars wurden daher nie abgerufen, sondern blieben eingelagert. Die Münzsäcke waren mit einer schwefelhaltigen Substanz imprägniert. In Laufe der Jahre bildete sich an vielen der ungestört lagernden Münzen eine Regenbogenpatina aus. Ein Teil der Münzen kam später in Sammlerhand und werden heute gut bezahlt. In Europa gab es solch eine Erscheinung nicht, derart natürlicherweise patinierte Stücke sind hier die Ausnahme.

Viele Grüße
Hermann
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von *EPI* » Mo 10.01.11 17:04

Vielen Dank für diesen Beitrag!

n.......s
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von n.......s » Mo 10.01.11 17:06

ich finde diese Art Tönungen weder besonders reizvoll noch wertsteigernd! bei mir hinterlässt das eher Zweifel ob da nicht nachgeholfen wurde...
Diese Art Tönung lässt sich nämlich mit relativ wenig Aufwand selbst erzeugen wie mir ein befreundeter Münzsammler erzählt und vorgeführt hat.

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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von kc » Mo 10.01.11 17:41

Sehr gute Erläuterung heku, danke.

Den ersten Teil mit der Farbentstehung habe ich dennoch nicht ganz kapiert (Naturwissenschaften :| ).


Grüße

kc

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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von Peter43 » Mo 10.01.11 18:06

Ich habe hier 2 Münzen mit dieser irisierenden Tönung. Leider nicht meine. Wer von denen nicht begeistert ist, dem ist nicht zu helfen.

Jochen
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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von n.......s » Mo 10.01.11 18:24

die Münzen sind hübsch- nur sehe ich keine irisierende Tönung.

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Re: Irisierende Tönung

Beitrag von Aeneas » Mo 10.01.11 21:03

Heku, vielen Dank für die ausführliche Erläuterung! Wenn ich mich richtig am Physic-Unterricht erinnere heisst diese Auslöschung Interferenz, oder?

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Sehr schöne Münzen Peter43 (ich denke die Tatsache das der rep. Denar so bläulich erscheint ist durch die irisierende Tönung zu erklären). @Kc, wirklich schöner Sev Alexander! Die Münzen des Alexanders sind auch bei schöner Erhaltung sehr häufig anzutreffen, sodass die irisierendeTönung wirklich etwas besonderes hat. Für mich ist die Tönung wertsteigernd (allerdings auch wieder nicht ins unermessliche). Interessant ist das die oben gezeigte Münze (Titus Denar) gemäss ACSearch bereits über UBS numismatik verkauft wurde, und damals sah die Tönung gleich aus. ICh denke schon, dass wenn zwei grosse Auktionshäuser wie UBS damals und Triton eine solche Münze verkaufen, über die Echtheit nicht gezweifelt werden muss. Vielleicht bin ich aber auch sehr naiv da noch unerfahren...

Grüsse, David

Anbei noch zwei Beispiele, wobei der Macrinus-Denar mir am besten gefällt

http://www.acsearch.info/record.html?id=423963
http://www.geminiauction.com/details.as ... re&search=
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