Einführung eines Schatzregals in Hessen
Verfasst: So 27.02.11 19:31
Liebe Sammlerkollegen,
zur Zeit findet in Hessen eine Debatte über die Änderung des Hessischen Denkmalschutzgesetze statt. Es ist daran gedacht, die liberale Regelung bei der nach dem Prinzip der Hadrianischen Teilung das Eigentum in einem Schatzfund zwischen Finder und Grundeigentümer aufgeteilt wird, durch ein grundsätzliches Staatseigentum an jedem archäologischen Bodenfund zu ersetzen. Es steht zu erwarten, dass auch die anderen Bundesländer, die noch die alte liberale Regelung haben, dem hessischen Beispiel folgen werden. Dazu habe ich nachfolgend einige exemplarische Auszüge aus dem Gutachten, das von Dr. Dietrich Klose für die Numismatische Kommission der Deutschen Numismatischen Gesellschaft vorgelegt wurde, angefügt.
Das gesamte Gutachten kann unter folgendem Link als PDF heruntergeladen werden -----> http://www.hessischer-landtag.de/icc/In ... 111111.pdf
5. Fundmeldungen und Schatzregal - die Praxis: Fundverheimlichung
Dass Fälle von Fundunterschlagungen selten bekannt werden, spricht eher für den Erfolg solcher Handlungen als für ihr Fehlen, das Bekanntwerden wertvoller Schatzfunde ist in Ländern mit Schatzregal eher dem Zufall zu verdanken als der Rechtsvollmacht des Staates. Beispiele wären etwa ein Schatzfund aus Trier, bei dem die Uneinigkeit der Entdecker zum Bekanntwerden des Fundes führte, oder der Schatzfund von Dreisen in Rheinland-Pfalz, wo das Bekanntwerden nur dem Irrtum des Entdeckers zu verdanken war, er bekäme den Fund nach der wissenschaftlichen Bearbeitung zurück.
In Rheinland-Pfalz musste man sechs Jahre nach der Einführung des Schatzregals die traurige Bilanz ziehen, dass von den dem Landesdenkmalamt bekanntgewordenen Funden 98 % auf eigene Recherchen und nur noch ganze 2 % auf Fundmeldungen zurückzuführen waren; aufgrund des Schatzregals hatte das Land in diesem Zeitraum nur ein einziges Mal neben einem hypothetischen Eigentum tatsächlich auch den Besitz an archäologischen Denkmälern erlangt.
Auch für Baden-Württemberg fiel die Bilanz negativ aus, was besonders im Vergleich zum benachbarten Bayern, wo kein Schatzregal gilt, auffallen musste. Ludwig Wamser, Direktor der Prähistorischen Staatssammlung in München, in einem Fernsehinterview ,,Wenn Sie sich einmal die offizielle Bilanz Baden-Württembergs anschauen, was so in einem Jahr an römischen, mittelalterlichen oder auch keltischen Bodenfunden zu Tage kommt, dann werden Sie feststellen, dass Sie das an zwei, drei Händen abzählen können.
In Bayern sind das Tausende und Abertausende von Einzelfunden, die uns von zuverlässigen Leuten, denen wir unser Vertrauen schenken können, gemeldet werden. Das geschieht aufgrund der Tatsache, dass hier bei uns keine Angst herrscht, dass die Funde nicht zurückgegeben werden. Für die Meldung von Fundmünzen sieht es im Vergleich der beiden Bundesländer nicht anders aus: Für die Zeit um das Jahr 2000 werden für Baden-Würnemberg 80 gefundene Münzen gemeldet, in Bayern 4.000 bis 5.000 [. ..].
6. Fundverfälschung und Fundverschleppung als Konsequenz des Schatzregals
Ausdruck der Fundverheimlichung in Ländern mit Schatzregal ist die Fundverschleppung in Länder ohne Schatzregal und damit Fundverfälschung Funde werden von ihren Entdeckern - mit gefälschten Fundumständen - in einem anderen Bundesland angezeigt, das kein Schatzregal beansprucht, oder sogar in einem ausländischen Staat ohne Schatzregal.
7. Worauf es ankommt Fundmeldung und wissenschaftliche Erfassung
Grundsätzlich hervorzuheben ist: Entscheidend ist, dass möglichst viele Funde erfasst und wissenschaftlich bearbeitet werden, dass also möglichst viele Funde auch gemeldet werden. Sekundär ist dagegen, Funde in staatliches Eigentum zu überführen. Ein Schatzregal würde aber die Zahl der Fundmeldungen stark zurückgehen lassen.
8. Fiskalische Überlegungen als Hauptmotiv für das Schatzregal
Hier stellt sich prinzipiell die Frage: Wie ernst ist es der öffentlichen Hand bzw. den politisch Verantwortlichen tatsächlich mit dem Denkmalschutz?
Ralf Fischer zu Cramburg: ,,Es sind damit haushaltspolitische Gesichtspunkte, die den einzig unumstrittenen Vorteil des Schatzregals mit der Schonung der Landeskassen durch die Vermeidung der bei anderer Gesetzeslage anfallenden Aufwendungen für Enteignungen bzw. Ankäufe ausmachen."
Auch die Begründung zum Gesetzentwurf der CDU und der FDP zur Einführung des Schatzregals in Hessen macht deutlich, dass es den Antragstellern dabei vor allem um Kostenersparnis für das Land Hessen geht: ,,Eine derartige Regelung ... umgeht eine zeit- und kostenaufwendige Auslösung von Gegenständen." Es geht also darum, zu Lasten einzelner Bürger (der Finder und Grundstückseigentümer) Geld für das Land Hessen einzusparen.
Da § 984 BGB ja trotz Schatzregal nicht aufgehoben wurde, handelt es sich hierbei also um eine Enteignung Privater zugunsten fiskalischer Interessen des Landes. Fiskalische Gesichtspunkte haben hier jedoch außer Betracht zu bleiben; es ist nicht Aufgabe des Denkmalschutzes, fiskalische Interessen wahrzunehmen. Es ist erstaunlich, dass gerade zwei Parteien, die sich als ,,bürgerliche“ Parteien gerieren, einen solchen Gesetzesantrag einbringen, der ganz erheblich in die Eigentumsrechte der Bürger eingreift. [. . . ]
9. Schatzregal zur Bekämpfung der Raubgräberei sinnlos
Die Begründung des Gesetzesantrags suggeriert, illegale Raubgräbern würde die Aussicht, ihre Funde verfallen dem Schatzregal, von ihrem Tun abhalten. Das ist realitätsfern.
Forderung: Ich fordere die politisch Verantwortlichen in Hessen auf, dem Denkmalschutz die Bedeutung beizumessen, die ihm zusteht, d. h. vor allem ihn, finanziell angemessen auszustatten, was auch die Wiederbesetzung der Stelle eines Landesnumismatikers und die Bereitstellung ausreichender Mittel für die Ankäufe von Fundmaterial einschließt, und stattdessen auf die (vermeintliche!) Billiglösung eines Schatzregals zu verzichten.
zur Zeit findet in Hessen eine Debatte über die Änderung des Hessischen Denkmalschutzgesetze statt. Es ist daran gedacht, die liberale Regelung bei der nach dem Prinzip der Hadrianischen Teilung das Eigentum in einem Schatzfund zwischen Finder und Grundeigentümer aufgeteilt wird, durch ein grundsätzliches Staatseigentum an jedem archäologischen Bodenfund zu ersetzen. Es steht zu erwarten, dass auch die anderen Bundesländer, die noch die alte liberale Regelung haben, dem hessischen Beispiel folgen werden. Dazu habe ich nachfolgend einige exemplarische Auszüge aus dem Gutachten, das von Dr. Dietrich Klose für die Numismatische Kommission der Deutschen Numismatischen Gesellschaft vorgelegt wurde, angefügt.
Das gesamte Gutachten kann unter folgendem Link als PDF heruntergeladen werden -----> http://www.hessischer-landtag.de/icc/In ... 111111.pdf
5. Fundmeldungen und Schatzregal - die Praxis: Fundverheimlichung
Dass Fälle von Fundunterschlagungen selten bekannt werden, spricht eher für den Erfolg solcher Handlungen als für ihr Fehlen, das Bekanntwerden wertvoller Schatzfunde ist in Ländern mit Schatzregal eher dem Zufall zu verdanken als der Rechtsvollmacht des Staates. Beispiele wären etwa ein Schatzfund aus Trier, bei dem die Uneinigkeit der Entdecker zum Bekanntwerden des Fundes führte, oder der Schatzfund von Dreisen in Rheinland-Pfalz, wo das Bekanntwerden nur dem Irrtum des Entdeckers zu verdanken war, er bekäme den Fund nach der wissenschaftlichen Bearbeitung zurück.
In Rheinland-Pfalz musste man sechs Jahre nach der Einführung des Schatzregals die traurige Bilanz ziehen, dass von den dem Landesdenkmalamt bekanntgewordenen Funden 98 % auf eigene Recherchen und nur noch ganze 2 % auf Fundmeldungen zurückzuführen waren; aufgrund des Schatzregals hatte das Land in diesem Zeitraum nur ein einziges Mal neben einem hypothetischen Eigentum tatsächlich auch den Besitz an archäologischen Denkmälern erlangt.
Auch für Baden-Württemberg fiel die Bilanz negativ aus, was besonders im Vergleich zum benachbarten Bayern, wo kein Schatzregal gilt, auffallen musste. Ludwig Wamser, Direktor der Prähistorischen Staatssammlung in München, in einem Fernsehinterview ,,Wenn Sie sich einmal die offizielle Bilanz Baden-Württembergs anschauen, was so in einem Jahr an römischen, mittelalterlichen oder auch keltischen Bodenfunden zu Tage kommt, dann werden Sie feststellen, dass Sie das an zwei, drei Händen abzählen können.
In Bayern sind das Tausende und Abertausende von Einzelfunden, die uns von zuverlässigen Leuten, denen wir unser Vertrauen schenken können, gemeldet werden. Das geschieht aufgrund der Tatsache, dass hier bei uns keine Angst herrscht, dass die Funde nicht zurückgegeben werden. Für die Meldung von Fundmünzen sieht es im Vergleich der beiden Bundesländer nicht anders aus: Für die Zeit um das Jahr 2000 werden für Baden-Würnemberg 80 gefundene Münzen gemeldet, in Bayern 4.000 bis 5.000 [. ..].
6. Fundverfälschung und Fundverschleppung als Konsequenz des Schatzregals
Ausdruck der Fundverheimlichung in Ländern mit Schatzregal ist die Fundverschleppung in Länder ohne Schatzregal und damit Fundverfälschung Funde werden von ihren Entdeckern - mit gefälschten Fundumständen - in einem anderen Bundesland angezeigt, das kein Schatzregal beansprucht, oder sogar in einem ausländischen Staat ohne Schatzregal.
7. Worauf es ankommt Fundmeldung und wissenschaftliche Erfassung
Grundsätzlich hervorzuheben ist: Entscheidend ist, dass möglichst viele Funde erfasst und wissenschaftlich bearbeitet werden, dass also möglichst viele Funde auch gemeldet werden. Sekundär ist dagegen, Funde in staatliches Eigentum zu überführen. Ein Schatzregal würde aber die Zahl der Fundmeldungen stark zurückgehen lassen.
8. Fiskalische Überlegungen als Hauptmotiv für das Schatzregal
Hier stellt sich prinzipiell die Frage: Wie ernst ist es der öffentlichen Hand bzw. den politisch Verantwortlichen tatsächlich mit dem Denkmalschutz?
Ralf Fischer zu Cramburg: ,,Es sind damit haushaltspolitische Gesichtspunkte, die den einzig unumstrittenen Vorteil des Schatzregals mit der Schonung der Landeskassen durch die Vermeidung der bei anderer Gesetzeslage anfallenden Aufwendungen für Enteignungen bzw. Ankäufe ausmachen."
Auch die Begründung zum Gesetzentwurf der CDU und der FDP zur Einführung des Schatzregals in Hessen macht deutlich, dass es den Antragstellern dabei vor allem um Kostenersparnis für das Land Hessen geht: ,,Eine derartige Regelung ... umgeht eine zeit- und kostenaufwendige Auslösung von Gegenständen." Es geht also darum, zu Lasten einzelner Bürger (der Finder und Grundstückseigentümer) Geld für das Land Hessen einzusparen.
Da § 984 BGB ja trotz Schatzregal nicht aufgehoben wurde, handelt es sich hierbei also um eine Enteignung Privater zugunsten fiskalischer Interessen des Landes. Fiskalische Gesichtspunkte haben hier jedoch außer Betracht zu bleiben; es ist nicht Aufgabe des Denkmalschutzes, fiskalische Interessen wahrzunehmen. Es ist erstaunlich, dass gerade zwei Parteien, die sich als ,,bürgerliche“ Parteien gerieren, einen solchen Gesetzesantrag einbringen, der ganz erheblich in die Eigentumsrechte der Bürger eingreift. [. . . ]
9. Schatzregal zur Bekämpfung der Raubgräberei sinnlos
Die Begründung des Gesetzesantrags suggeriert, illegale Raubgräbern würde die Aussicht, ihre Funde verfallen dem Schatzregal, von ihrem Tun abhalten. Das ist realitätsfern.
Forderung: Ich fordere die politisch Verantwortlichen in Hessen auf, dem Denkmalschutz die Bedeutung beizumessen, die ihm zusteht, d. h. vor allem ihn, finanziell angemessen auszustatten, was auch die Wiederbesetzung der Stelle eines Landesnumismatikers und die Bereitstellung ausreichender Mittel für die Ankäufe von Fundmaterial einschließt, und stattdessen auf die (vermeintliche!) Billiglösung eines Schatzregals zu verzichten.