Wirklich untouched?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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richard55-47
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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von richard55-47 » So 29.05.11 10:40

Bei Münzen nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu arbeiten, halte ich persönlich für nicht so empfehlenswert.
Dies meine ich abstrakt, nicht bezogen auf das hier diskutierte Objekt der Begierde bzw. der Ablehnung.
do ut des.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von Numis-Student » So 29.05.11 13:54

einlieferer hat geschrieben:In dubio pro reo - Im Zweifel für den Angeklagten.
Das hiesse etwas übertrieben formuliert:

Ich bin mir nicht sicher, ob das Stück echt oder falsch ist, also kaufe ich es. Wäre es sicher falsch, dann würde ich es nicht kaufen.

Das ist dann aber eine risikoreicher Münzkauf :lol:

Ich denke, gerade bei Münzen sollte man vorsichtig sein, und im Zweifelsfall lieber ein sicher echtes Stück kaufen ;)

MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von Numis-Student » So 29.05.11 13:55

Sorry Richard, ich hatte die zweite Seite übersehen...
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
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quisquam
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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von quisquam » So 29.05.11 14:02

Auch dass Münzen mit metallischen, getönten Oberflächen hochwertiger und teurer sein sollen als solche mit Mineralpatina kann man so nicht stehenlassen.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von einlieferer » So 29.05.11 14:40

Schau Dir mal zum Beispiel die beiden Phlippus II. Sesterzen an, die in der Größenordnung >10,000 USD weggingen, was für diesen Herrscher wohl auf eine einmalige Wertschätzung schliessen läßt.

http://www.acsearch.info/record.html?id=469651
http://www.acsearch.info/record.html?id=431429

Beide haben eine ganz feine, dünne Tönung, die nicht nur jedes Detail messerscharf erkennen lässt, sondern auch jeden Zweifel im Keim erstickt, an der Münze sei etwas gedreht worden. Zudem haben solche Stücke noch den Vorteil, dass sie noch nicht bis zum Kern korrodiert sind und sich von daher in einem sehr stabilen Zustand befinden. Ausserdem - last but not least - hat hier wahrscheinlich (wenn überhaupt) nur eine minimalste mechanische Reinigung stattgefunden, weil die Oberfläche vermutlich nur mit Luft in Kontakt gekommen ist, was ausgesprochen selten ist. Münzen mit grüner Patina benötigen für die Ausprägung ihres "Edelrosts" irgendetwas, was einen elektrolytischen Vorgang auf der Oberfläche auslöst. Und das kann salzhaltige, feuchte Luft sein, ist aber zumeist irgendeine Schmutzschicht, die (und das ist der springende Punkt) irgendwie mit der Patina meist verwachsen ist. Beim Entfernen dieser Schmutzschicht kann die Patina berührt werden und auch das Münzbild (wenn auch in geringer Form) mit beeinflusst werden. Schließlich hängt dieses im Endeffekt davon ab, wo Schmutz entfernt wurde und wo nicht. Das kann manche Partien im Münzbild betonen oder "verdeckt" lassen. Einem Erhaltungsfetischisten, dem es auf die völlig unverfälschte Wiedergabe des Münzbildes ankommt, wird einem Stück mit dünner Tönung stets den Vorzug geben.

Bei dem Geta Sesterzen liegt der glückliche Fall vor, dass die Schmutzschicht schon durch einfaches Waschen runter ging. Im Gegensatz zu den "getönten" Münzen hat sich die Patina schon soweit ausgeprägt, dass manche Details bereits (im geringen Maßen) verschwommen erscheinen. Wiederum ein guter Grund, warum ein Erhaltungsfetischist einer Münze mit dünner Tönung den Vorzug geben würde.
Zuletzt geändert von einlieferer am So 29.05.11 17:13, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von quisquam » So 29.05.11 15:25

Anhand der NAC/CNG-Bilder, die sicher nicht farbecht sind, kann ich nicht wirklich einschätzen ob es sich um eine Tönung oder eine gewachsene Patina handelt.

Meiner Erfahrung nach ist für den Preis in ertser Linie die Erhaltung ausschlaggebend, und dabei ist es relativ unerheblich, ob die Details im Metall oder in der Patina sind. Wobei eine schön gewachsene Patina eher preissteigernd ist.

Grüße, Stefan
Zuletzt geändert von quisquam am So 29.05.11 15:31, insgesamt 1-mal geändert.
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von n.......s » So 29.05.11 15:29

quisquam hat geschrieben:Anhand der NAG/CNG-Bilder, die sicher nicht farbecht sind, kann ich nicht wirklich einschätzen ob es sich um eine Tönung oder eine gewachsene Patina handelt.

Meiner Erfahrung nach ist für den Preis die Erhaltung ausschlaggebend, und dabei ist es relativ unerheblich, ob die Details im Metall oder in der Patina sind, wobei eine schön gewachsene Patina eher preissteigernd ist.

Grüße, Stefan

nicht zu vergessen sind die "Photoshop-Künste" einiger Auktionshäuser!
Abgesehen davon, ist allein der Gedanke absurd, dass jemand Münzen in dieser Preisklasse nur anhand von Photos kauft.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von quisquam » So 29.05.11 15:35

Ja, mit "nicht farbecht" meinte ich auch Bildbearbeitung. Der CNG-Philippus sieht auf dem Bild aus wie in Schwefelleber geworfen.

Grüße, Stefan
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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von einlieferer » So 29.05.11 17:11

quisquam hat geschrieben:Meiner Erfahrung nach ist für den Preis in ertser Linie die Erhaltung ausschlaggebend, und dabei ist es relativ unerheblich, ob die Details im Metall oder in der Patina sind. Wobei eine schön gewachsene Patina eher preissteigernd ist.
Richtig ist, dass es hochpreisige Münzen gibt, da verschwimmen die Details etwas in der Patina, was einigen Sammlern genau so Recht ist (mir übrigens auch :) ). Dennoch muss man einen eindeutigen Trend feststellen, der in die Richtung geht, dass es immer mehr Sammler gibt, die dünn getönte Münzen bevorzugen, bzw. genau dafür ein Heidengeld ausgeben. Wenn man sich die letzte Triton Auktion anschaut, dann waren da in der Mehrzahl Sesterzen, bei denen tatsächlich noch gar keine Mineralisierung stattgefunden hat.

Ein Grund für den Trend weg von den "dicken Patinas" hin zu den "dünnen Tönungen" mag auch sein, dass in den letzten Jahren verstärkt nachgeschnittene oder mit "Wachs ausgebesserte" Münzen auf den Markt kamen, was zu einer tiefen Verunsicherung der Kundschaft führte. Die "dünn getönten" Triton Sesterzen sind von vornherein gegenüber jedem Verdacht erhaben, dass derartige Manipulationen stattgefunden haben, und etwas am Münzbild "verändert" wurde. Die "dick patinierte" Bronzen, die ja von Natur aus schon viel mehr durch die viel tiefergehende Korrosion in Mitleidenschaft genommen wurden, sind diesbezüglich viel manipulationsanfälliger.

Und wie oben schon erwähnt, muss man eine mineralisierte Bronze ja erst von der mineralisierenden Ambiente befreien, um überhaupt das Münzbild zum Vorschein zu bringen, wofür in den meisten Fällen ein Eingriff in Form von mechanischer Reinigung nötig ist, was für "Hardcore Erhaltungsfetischisten" ja schon in Richtung Manipulation geht. Die "dünn getönte" Bronze lagerte hingegen die ganze Zeit in Luft, verblieb also seit der Antike in ein und demselben Ambiente. Dies ist ein absoluter Glücksfall, nicht nur weil die Korrosion, die das eigentliche Metall ja mit der Zeit "auflöst" gar nicht stattfand, sondern weil hier zudem kein Eingriff notwendig war, den manche "Hardore Erhaltungsfetischisten" als manipulativ bezeichnen könnten! :wink: So eine Konservierung durch Luft kommt übrigens sehr selten vor, da muss jemand in der Antike schon sein Sparschwein vergessen haben, und jemand es erst in der Neuzeit wiedergefunden haben. :)

Wie gesagt, im Falle des Geta Sesterzen haben wir, je nach Sichtweise, den günstigsten oder zweitgünstigen Fall vorliegen, dass bei dieser Münze eine Mineralisierung zwar eingesetzt hat, aber das mineralisierende Medium glücklicherweise nur soweit an der Münze haftete, dass es durch einfaches Waschen wegging. Das ist übrigens extrem selten!
Zuletzt geändert von einlieferer am Mo 30.05.11 21:08, insgesamt 4-mal geändert.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von quisquam » So 29.05.11 17:21

Für mich ist das Optimum immer noch eine schöne Mineralpatina, die die Detail keineswegs "verschwimmen" lassen muss.

Als Beispiel hier eine ganz nette Münze, die heute sicher nicht mehr für so kleines Geld weggeht:
http://www.acsearch.info/record.html?id=101956

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von raeticus » So 29.05.11 21:32

Einlieferer schreibt "Bei dem Geta Sesterzen liegt der glückliche Fall vor, dass die Schmutzschicht schon durch einfaches Waschen runter ging."
Woher weiß er denn dass ? Ist er der "Einlieferer " ? Warst Du dabei ?

Und "im Zweifelsfall für den Angeklagten" ist wie andere auch schon feststellten bei Münzen / antiken Objekten / Antiquitäten wohl doch etwas zu naiv.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von Xanthos » So 29.05.11 22:22

Hier zwei hochauflösende Fotos:

http://www.sixbid.com/sales/hosted/artc ... es/311.jpg
http://www.sixbid.com/sales/hosted/artc ... es/413.jpg

Falls Anstelle des Fotos das Sixbid Logo angezeigt wird, einfach in die Adresszeile klicken und Enter drücken.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von areich » So 29.05.11 22:42

Das klappt bei mir nicht aber aktualisieren geht.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von n.......s » So 29.05.11 22:49

danke für die Links, das bestätigt mich in meiner Annahme dass der Preis sehr sehr "anspruchsvoll" ist :wink:
Mal sehen ob jemand bietet.

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Re: Wirklich untouched?

Beitrag von einlieferer » So 29.05.11 23:52

Hallo Raeticus,

Ich sammele nun schon seit Jahrzehnten Römerbronzen und putze ab und zu auch mal solche unter dem Mikroskop. Von daher weiss ich anhand der Vergrösserung, dass es beim Geta Sesterzen wirklich nicht die geringsten Reinigungsspuren gibt. Und das ist wirklich sehr selten, wenn Du Dir mal die Fotos der anderen Bronzen in der Vergrößerung anschaust. Auch bilde ich mir ein, einschätzen zu können, wie eine natürlich gewachsene Patina aussieht. Beim Geta Sesterzen siehst Du an den an den vielen Patinaschichten, die sich ungleichförmig auf der Münze ausbildeten, und vor allem an den kleinen Malachitkristallen, dass die Oberfläche nicht das Ergebnis einer Repatinierung ist. Diese Art von Oberfläche findet man übrigens selten bei Münzen, die in unseren Breitengraden gefunden werden, denn dazu sind die Böden hier zu feucht, wohl aber in südlicheren Regionen, wo die Erde trockener ist.

Mit "im Zweifel für den Angeklagten" meine ich, dass man doch, sollte man Verdachtsmomente haben, diese wohl begründet vortragen sollte. So ein aus dem Bauch heraus "In der Hand kam er mir jedenfalls nicht koscher vor" finde ich nicht nur etwas einfach, sondern vor allem auch geschäftsschädigend für den Anbieter. Leser, die sich überlegen ein Gebot abzugeben, könnten stark verunsichert werden. Und das muss nicht sein, zumal noch bei einer solchen Münzen. Die ist nämlich wirklich fantastisch.

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