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Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 15:42
von klausklage
Die Gaius und Lucius-Denare des Augustus sind ja bekanntlich vergleichsweise häufig und in mittelmäßiger Erhaltung auch billig zu haben. Die Restitutionsmünzen des Trajan hingegen sind sehr selten und kosten in der Regel vierstellige Beträge.
Was ist aber, wenn man einen hässlichen Augustus-Denar als Trajan-Restitutionsprägung anbietet, bekommt man dann auch einen vierstelligen Betrag dafür?
Jedenfalls hält sich hartnäckig die Theorie, dass es eine (kleine) Serie von Gaius und Lucius-Prägungen gegeben hat, die aufgrund stilistischer Besonderheiten (Simpulum und Lituus sind nach außen gedreht) eher in die Zeit von Domitian bis Hadrian passen sollen. Die Händler stellen dies natürlich als besonderes Verkaufsargument heraus und setzen den Preis dann entsprechend hoch an.
http://www.vcoins.com/ancient/mikevospe ... oduct=8850
http://www.acsearch.info/record.html?id=52779
http://www.acsearch.info/record.html?id=52920
http://www.acsearch.info/record.html?id=429166
Hierzu hätte ich gerne mal Eure Meinung gehört. Denn ehrlich gesagt glaube ich von der Geschichte kein Wort.
- Restitutionsmünzen sind in der Regel als solche gekennzeichnet. Bei Trajan steht durchgängig IMP CAES TRAIAN AVG GER DAC P P REST, und warum sollte es auf einer bestimmten Prägung fehlen?
- Die behauptete stilistische Annäherung des Augustus-Porträts an Trajan vermag ich nicht zu erkennen.
- Ob die Abweichung bei den priesterlichen Instrumenten wirklich so besonders ist, vermag ich nicht zu beurteilen, aber solche Detailabweichungen scheinen mir doch überall vorzukommen.
Also, nur ein Verkaufstrick? Ich habe sicherheitshalber gerade meinen einzigen Augustus-Denar herausgeholt, aber da gehen die Instrumente leider nach innen
Olaf
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 15:57
von beachcomber
ich glaube nicht dass es sich hier um einen verkaufstrick handelt, denn das porträt ist doch eindeutig eine verschmelzung von traian und augustus! so einen quadratschädel hatte nur traian.

grüsse
frank
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 16:03
von Pscipio
Dass Simpulum und Lituus nach aussen gekehrt sind, ist keine stilistische Besonderheit, sondern eine Variante. Die Porträts hingegen sind vom Stil her ganz anders als die normalen Augustus-Denare, oftmals ganz nahe an Traian, ausserdem sind die Buchstaben viel kleiner, der Stil ist feiner und bei einem Teil dieser Prägungen sind die Bänder des Lorbeerkranzes in einer Art und Weise dargestellt, wie man sie aus der Zeit des Augustus nicht kennt (vgl.
http://www.acsearch.info/record.html?id=56332). Ich halte daher die Zuweisung an eine spätere Zeit für sehr überzeugend, wobei neben Traian auch Hadrian oder Domitian vorgeschlagen wurden.
Was schreibt denn Woytek dazu?
Gruss, Pscipio
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 17:07
von beachcomber
Pscipio hat geschrieben:
Was schreibt denn Woytek dazu?
Gruss, Pscipio
er erwähnt sie nicht einmal!

grüsse
frank
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 17:44
von shanxi
Die Frage ist schon berechtigt. Auch bei den Augustus Restitutions Ausgaben RIC 817 und 818 ist die Angabe IMP CAES TRAIAN AVG GER DAC P P REST vorhanden, und wenn ich mir RIC 818 im Tafelteil des RIC ansehe, sieht Augustus da doch noch weit mehr nach Trajan aus, als bei den hier gezeigten Exemplaren, gerade die Kinnpartie ist quasi original Trajan. Wenn die Münze nur aus stilistischen Gründne später eingeordnet wird, muss es ja nicht unbedingt Trajan sein. Wäre eine
dankbare Fragestellung für eine Silberanalyse.
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 17:56
von antinovs
hi,
obwohl numismatisch ein greenhorn, stimme ich klausklage zu - ich glaube auch kein wort davon.
es sei denn, jemand kann mir erklären warum trajan, hadrian oder sonstwer die frühzeitig verstorbenen,
designierten nachfolger des augustus abbilden sollte?
gruss antinovs
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 18:14
von beachcomber
ich glaube nicht, dass es da um eine hommage an caius und lucius ging, sondern dass da an die häufigste münze der 'guten alten zeit' erinnert werden sollte!
grüsse
frank
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 19:26
von Pscipio
Genau - da geht es natürlich um Augustus, nicht um Caius und Lucius. Vielleicht war das Ganze auch mit einer Einschmelzaktion verbunden. Selbstverständlich ist es nicht sinnvoll, eine vernüntig untermauerte These zu verwerfen, nur weil man die Frage nach dem "warum?" nicht endgültig beantwortet kann.
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 19:38
von chinamul
Überzeugend ist das alles für mich bis dato noch nicht! Es darf wohl unterstellt werden, daß nach gerade mal ca. 100 Jahren noch viele von den meist guthaltigen Denaren mit den Prinzen in Rom umliefen, so daß eine Erinnerungsprägung kaum einen Sinn gehabt hätte. Und bedeutet eine stilistische Abweichung von den aus der Augustuszeit bekannten Denaren (bei Porträt und Schrift) notwendigerweise, daß die Stücke zu einem späteren Zeitpunkt geprägt wurden?
Ich halte die aufgeworfenen Fragen selbstverständlich für durchaus berechtigt und diskussionswürdig, möchte aber doch davor warnen, immerhin Denkbares schon als mehr zu betrachten als was es nun mal nur ist, nämlich bloße Vermutung. Daher plädiere ich für Wiedervorlage des Themas, sobald sich neue Gesichtspunkte dazu ergeben.
Gruß
chinamul
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 19:52
von beachcomber
100 jahre umgelaufen, und die dinger waren ziemlich flache scheibchen! ein grund mehr sie 'wiederaufzulegen'.

der stil ist so offensichtlich ein anderer, da kann nur eine spätere prägung der grund sein. im übrigen gibt es parallen, schon zu zeit des bürgerkriegs nach nero's tod, wurden denare des augustus geprägt, die auch ganz offensichtlich nicht aus der zeit des augustus stammten, wie z.b. mein angehängtes exemplar.
grüsse
frank
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 20:06
von Pscipio
chinamul hat geschrieben:Und bedeutet eine stilistische Abweichung von den aus der Augustuszeit bekannten Denaren (bei Porträt und Schrift) notwendigerweise, daß die Stücke zu einem späteren Zeitpunkt geprägt wurden?
Die Münzprägung des Augustus ist tatsächlich unglaublich vielschichtig, aber hier weisen die stilistischen Merkmale alle auf eine spätere Zeit. Die Münzen sind eben nicht einfach anders, sondern sie sind im Stil einer späteren Periode zugehörig.
Viele Grüsse
Lars
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 20:16
von Peter43
Stilistische Unterschiede bei verwandten Stücken zu erkennen, ist oft wirklich nicht einfach, wie ich aus eigener, leidvoller Erfahrung weiß. Es wäre deshalb gut, z.B. mit kleinen Pfeilen auf die Unterschiede hinzuweisen und diese expressis verbis zu erklären. Dann ist auch eine Diskussion darüber sinnvoll.
Jochen
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 21:15
von Zwerg
1950 hat Michael Grant (ein Nestor der römischen Numismatik) ein bis heute (obwohl es kaum noch jemand kennt

) recht umstrittenes Buch geschrieben.
Michael Grant: Roman Anniversary Issues. An exploratory study of the numismatic and medallic commemoration of anniversary years, 49 B.C.–A.D. 375
(Wer Zeit hat, mag googeln oderr lesen)
Viele seiner Beispiele gehen sicherlich über das Ziel hinaus. Aber es ist unzweideutig, daß in der römischen Münzprägung alte Typen oder Serien aufgenommen wurden und oft auf enstprechende Jahre genau neue Serien als Zitate aufgelegt wurden. Anscheinend hat man seinerzeit auch die alten Münzen noch genau gekannt.
Meines Erachtens fallen die hier angesprochenen Münzen in dieses Raster - der Stil läßt keinen Zweifel zu.
Beste Grüße
Zwerg
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 21:31
von Pscipio
Zwerg hat geschrieben:Anscheinend hat man seinerzeit auch die alten Münzen noch genau gekannt.
Das zeigt sich auch wunderbar an den spätrömischen Kontorniaten, die oftmals die Typen (vor allem die Vorderseiten) von alten Vorbildern kopieren. Einige davon sind sogar Abgüsse von originalen Sesterzen, und das zu einer Zeit, wo diese Stücke natürlich längst nicht mehr zirkulierten.
Re: Augustus oder Trajan?
Verfasst: Fr 28.10.11 21:33
von beachcomber
vergleicht doch mal dieses exemplar (das wirklich typisch ist für diese ausgaben) mit den oben in den links aufgeführten beispielen. da fällt der unterschied im porträt doch deutlich auf, und auch die buchstaben sind ganz anders ausgeführt.
grüsse
frank