"Topographische" Gottheiten
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: "Topographische" Gottheiten
Hier möchte ich euch eine der begehrtesten Provinzialmünzen überhaupt vorstellen:
Thrakien, Pautalia, Caracalla, 197-217
AE 28, 16.76g
Av.: AVT KM AVRH - ANTWNINOC
belorbeerter Kopf n.r.
Rv.: OVLPIAC - PAVTALIA - C
Der Flußgott Strymon, gleichzeitig Personifizierung des Landesreichtums, mit nacktem Oberkörper, belorbeert, unter einem Weinstock n.l. sitzend, lehnt
den re. Arm auf einen Felsen mit Höhleneingang, umfaßt mit dem li. Arm den Weinstock und stützt ihn auf ein Quellgefäß, aus dem Wasser strömt; auf
dem Bergrücken re. aufsteigend ein kleiner nackter Knabe (Genius?), vom Weinstock Trauben pflückend, daneben BOTRY (Wein); vor dem Höhleneingang
ein zweiter nackter Knabe (Genius?) li. einen Sack mit Erzen auf dem Rücken tragend, über ihm ARGY/ROC (Silber); unter dem Quellgefäß ein dritter
Knabe, mit den Händen aus dem Wasser Gold schöpfend, darüber X/RY/CO/C (Gold); im Abschnitt in einem Getreidefeld ein vierter Knabe, n.l.
schreitend und Ähren aufsammelnd, daneben CTAXY (Getreide)
Ref.: Ruzicka 634; Varbanov (engl.) 5174
Die Figur auf der Rückseite wird kontrovers diskutiert. Eckhel dachte bereits, daß dies der Flußgott Strymon sei. Einige Numismatiker glauben, daß die Figur weiblich ist und nennen sie eine Nymphe. So z.B. Ruzicka, der auf die Ähnlichkeit mit reichsrömischen Typen abhebt, z.B. der Tellus auf Münzen bei Hadrian oder Commodus. Imhoof-Blumer findet, daß die Figur eher den Münzen der Faustina nahekommt. Head nennt sie Ge. Aber der Auffassung als weibliche Figur widerspricht wohl der nackte Oberkörper.
Die sitzende Figur mit den 4 Kindern ist sicherlich der römischen Medaillistik entnommen, wie dies bei dem Medaillon des Commodus im Brit. Mus. zu sehen ist; da stellen die 4 Kinder die 4 Jahreszeiten dar. Fröhner nennt diese Tellusfigur bei Commodus das pazifizierte röm. Gebiet. Nach ihm soll die erste Tellus-Münze des Commodus auf die Beruhigung der britischen Bevölkerung geprägt worden sein. Der Stempelschneider von Pautalia hat somit diese Commodus-Münzen wohl zum Muster genommen, nur hat er sie, seinem Zwecke, den Reichtum von Pautalia darzustellen, angepaßt.
Ich glaube, daß dies die römische Münze mit den meisten Details ist, die ich jemals gesehen habe.
Mit freundlichem Gruß
Thrakien, Pautalia, Caracalla, 197-217
AE 28, 16.76g
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Der Flußgott Strymon, gleichzeitig Personifizierung des Landesreichtums, mit nacktem Oberkörper, belorbeert, unter einem Weinstock n.l. sitzend, lehnt
den re. Arm auf einen Felsen mit Höhleneingang, umfaßt mit dem li. Arm den Weinstock und stützt ihn auf ein Quellgefäß, aus dem Wasser strömt; auf
dem Bergrücken re. aufsteigend ein kleiner nackter Knabe (Genius?), vom Weinstock Trauben pflückend, daneben BOTRY (Wein); vor dem Höhleneingang
ein zweiter nackter Knabe (Genius?) li. einen Sack mit Erzen auf dem Rücken tragend, über ihm ARGY/ROC (Silber); unter dem Quellgefäß ein dritter
Knabe, mit den Händen aus dem Wasser Gold schöpfend, darüber X/RY/CO/C (Gold); im Abschnitt in einem Getreidefeld ein vierter Knabe, n.l.
schreitend und Ähren aufsammelnd, daneben CTAXY (Getreide)
Ref.: Ruzicka 634; Varbanov (engl.) 5174
Die Figur auf der Rückseite wird kontrovers diskutiert. Eckhel dachte bereits, daß dies der Flußgott Strymon sei. Einige Numismatiker glauben, daß die Figur weiblich ist und nennen sie eine Nymphe. So z.B. Ruzicka, der auf die Ähnlichkeit mit reichsrömischen Typen abhebt, z.B. der Tellus auf Münzen bei Hadrian oder Commodus. Imhoof-Blumer findet, daß die Figur eher den Münzen der Faustina nahekommt. Head nennt sie Ge. Aber der Auffassung als weibliche Figur widerspricht wohl der nackte Oberkörper.
Die sitzende Figur mit den 4 Kindern ist sicherlich der römischen Medaillistik entnommen, wie dies bei dem Medaillon des Commodus im Brit. Mus. zu sehen ist; da stellen die 4 Kinder die 4 Jahreszeiten dar. Fröhner nennt diese Tellusfigur bei Commodus das pazifizierte röm. Gebiet. Nach ihm soll die erste Tellus-Münze des Commodus auf die Beruhigung der britischen Bevölkerung geprägt worden sein. Der Stempelschneider von Pautalia hat somit diese Commodus-Münzen wohl zum Muster genommen, nur hat er sie, seinem Zwecke, den Reichtum von Pautalia darzustellen, angepaßt.
Ich glaube, daß dies die römische Münze mit den meisten Details ist, die ich jemals gesehen habe.
Mit freundlichem Gruß
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- Invictus
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Re: "Topographische" Gottheiten
Solltest du diesen Denartyp noch nie erblickt haben?Peter43 hat geschrieben:Ich glaube, daß dies die römische Münze mit den meisten Details ist, die ich jemals gesehen habe.
http://media.liveauctiongroup.net/i/5667/8604739_1.jpg
- mike h
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Re: "Topographische" Gottheiten
Hallo zusammen,
ich hätte da noch ein Stück, das zwar meiner Meinung nach hier hereingehört, zu dem ich aber so gut wie nichts weiss.
Wenn ich mich nicht irre, sollte es ein As des Marcus Aurelius als Caesar sein.
Mehr weiss ich leider nicht. Könnt ihr mir vielleicht etwas mehr zu dem Stück sagen?
Ich hoffe, die Bilder sind gut genug.
Martin
ich hätte da noch ein Stück, das zwar meiner Meinung nach hier hereingehört, zu dem ich aber so gut wie nichts weiss.
Wenn ich mich nicht irre, sollte es ein As des Marcus Aurelius als Caesar sein.
Mehr weiss ich leider nicht. Könnt ihr mir vielleicht etwas mehr zu dem Stück sagen?
Ich hoffe, die Bilder sind gut genug.
Martin
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Re: "Topographische" Gottheiten
Hi,
also das erinnert mich an Philippopolis/Thrakien mit dem lagernden Flussgott Hebros und der vor ihm stehenden Tyche.
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- mike h
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Re: "Topographische" Gottheiten
Hallo Invictus,
danke für den Tip, jetzt weiss ich, wo ich weitersuchen kann.
Martin
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Re: "Topographische" Gottheiten
Eine interessante und hübsche Münze:
Phrygien, Apameia, Hadrian, 117-138
AE 20, 5.01g, 19.5mm
Av.: ADRIANOC - KAIC CEB
sog. heroische Büste, belorbeert n.r., über der li. Schulter die Aegis
Rv.: APAMEWN MARCVAC KIBWTOI
Flußgott Marsyas in Hüftkleid n.l. in einer Felsenhöhle lehnend, in der erhobenen Rechten Cornucopiae und in der herabhängenden Linken die Doppelflöte;
unter ihm umgedrehtes Gefäß, aus dem Wasser n.l. fließt, über ihm 5 Kisten
Ref.: SNG Copenhagen 211; SNG von Aulock 3492; BMC 155
selten, S+/fast SS, dunkelgrüne Patina
Apameia Kibotos ist eine antike Stadt in Phrygien an den Quellen der Flüsse Mäander und Marsyas gelegen, heute Dinar (Türkei). Gegründet wurde es von Antiochos I. Soter an der Stelle der alten Residenzstadt Kelainai und nach seiner Mutter Apame genannt.
In der römischen Kaiserzeit war Apameia nach Ephesos der größte Marktort in Kleinasien, von dem Handelswege in alle Richtungen liefen. Es wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt, insbesondere für die Karawanen aus dem Osten. Hier wurden die Waren umgepackt in Kisten, um dann weiter in die großen Seehäfen transportiert zu werden, wie Ephesos, Pergamon usw. Von daher stammt der Spitzname 'Κιβωτός = die Kiste' für Apameia, von denen gleich 5 auf der Münze dargestellt werden.
Eine andere Überlieferung, vielleicht durch ein jüdisches Element in der Bevölkerung, hielt den Berg oberhalb von Apameia für den Ararat, auf dem die Arche Noah (Κιβωτός) zuerst gestrandet sein soll. Dieses Ereignis wird ebenfalls auf einer Münze dargestellt.
Marsyas war ursprünglich ein phrygischer Flußgott oder Quelldämon des gleichnamigen Flusses, der im Tale Aulokrene bei Kelainai fließt. Er war der Schutzheros von Kelainai und spielte eine Rolle bei der Abwehr der Galater (der kleinasiatischen Gallier). Er wurde früh in den Kreis der Kybele einbezogen. Erst die Griechen machten ihn zu einem Satyr. Siehe dazu den Artikel über Marsyas im Mythologiethread http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=6&t=11926
Mit freundlichem Gruß
Phrygien, Apameia, Hadrian, 117-138
AE 20, 5.01g, 19.5mm
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sog. heroische Büste, belorbeert n.r., über der li. Schulter die Aegis
Rv.: APAMEWN MARCVAC KIBWTOI
Flußgott Marsyas in Hüftkleid n.l. in einer Felsenhöhle lehnend, in der erhobenen Rechten Cornucopiae und in der herabhängenden Linken die Doppelflöte;
unter ihm umgedrehtes Gefäß, aus dem Wasser n.l. fließt, über ihm 5 Kisten
Ref.: SNG Copenhagen 211; SNG von Aulock 3492; BMC 155
selten, S+/fast SS, dunkelgrüne Patina
Apameia Kibotos ist eine antike Stadt in Phrygien an den Quellen der Flüsse Mäander und Marsyas gelegen, heute Dinar (Türkei). Gegründet wurde es von Antiochos I. Soter an der Stelle der alten Residenzstadt Kelainai und nach seiner Mutter Apame genannt.
In der römischen Kaiserzeit war Apameia nach Ephesos der größte Marktort in Kleinasien, von dem Handelswege in alle Richtungen liefen. Es wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt, insbesondere für die Karawanen aus dem Osten. Hier wurden die Waren umgepackt in Kisten, um dann weiter in die großen Seehäfen transportiert zu werden, wie Ephesos, Pergamon usw. Von daher stammt der Spitzname 'Κιβωτός = die Kiste' für Apameia, von denen gleich 5 auf der Münze dargestellt werden.
Eine andere Überlieferung, vielleicht durch ein jüdisches Element in der Bevölkerung, hielt den Berg oberhalb von Apameia für den Ararat, auf dem die Arche Noah (Κιβωτός) zuerst gestrandet sein soll. Dieses Ereignis wird ebenfalls auf einer Münze dargestellt.
Marsyas war ursprünglich ein phrygischer Flußgott oder Quelldämon des gleichnamigen Flusses, der im Tale Aulokrene bei Kelainai fließt. Er war der Schutzheros von Kelainai und spielte eine Rolle bei der Abwehr der Galater (der kleinasiatischen Gallier). Er wurde früh in den Kreis der Kybele einbezogen. Erst die Griechen machten ihn zu einem Satyr. Siehe dazu den Artikel über Marsyas im Mythologiethread http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=6&t=11926
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Re: "Topographische" Gottheiten
ich hatte ihn zwar schon im gallienus-thread gezeigt, aber hier gehört er ja irgendwie auch hin. jetzt also mit besserem foto.
dieser flussgott steht wohl nicht für einen wirklich topografisch zuordnenbaren platz, sondern wie die legende ABVNDANTIA AVG schon andeutet, einfach nur für den überfluss.(den ausgerechnet der kaiser zu verantworten haben soll )
grüsse
frank
dieser flussgott steht wohl nicht für einen wirklich topografisch zuordnenbaren platz, sondern wie die legende ABVNDANTIA AVG schon andeutet, einfach nur für den überfluss.(den ausgerechnet der kaiser zu verantworten haben soll )
grüsse
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Re: "Topographische" Gottheiten
Immerhin zeigt diese Münze, daß die Römer wußten, daß Flüsse wichtige Reichtumsquellen waren.
Jochen
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