Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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mike h
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von mike h » Do 11.04.13 19:00

Hallo Schwarzschaf,

scheint wohl..... mir fallen da sofort die Religionskriege ein :wink:

@ Frank

wusstest du, das Stolberg auch "Kupferstadt" genannt wird?
In früheren Zeiten ht die ganze Stadt von Kupfer, Messing, Zink und Blei gelebt

KME hatte hier ebenfalls (neben Prym, Kerpen Kabel und Berzelius) eine Niederlassung.

Martin
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Schwarzschaf
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von Schwarzschaf » Do 11.04.13 20:06

Wusste ich nicht.....Aber in Stolberg (Schwarzer Weg) lebte der Mensch, der mich anno dazumal zum Münzensammeln verführte. Ein Herr Hans Mayer, seines Zeichens Herausgeber einer Zeitschrift "Die Münze"
So ca´ zwischen 1970 und 80 herum.

Rudolf
Weil ich nicht alles weiß, bin ich neugierig

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klunch
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von klunch » Fr 12.04.13 14:44

Wie vor zwei Tagen angekündigt, habe ich ein paar Gedanken bildhaft zusammengefasst.

Persönliche Betrachtung zum Thema: Patina

Alles beginnt mit der Prägung. Die Münze hat eine prägefrische Oberfläche:
Fall I:
Oberflaeche stilisiert 001 praegefrisch.png
Oberflaeche stilisiert 001 praegefrisch.png (4.94 KiB) 1426 mal betrachtet
Danach patiniert die Münze unter idealen Bedingungen:
Oberflaeche stilisiert 002 praegefrisch ideal patiniert.png
Oberflaeche stilisiert 002 praegefrisch ideal patiniert.png (5.13 KiB) 1426 mal betrachtet
Die Patina ist stabil und schützt die Münze (begrenzt) vor weiteren Umwelteinflüssen. Eine weitere Verdickung der Patina findet nicht statt. Nun können unter halbwegs konstanten Umweltbedingungen sehr viele Jahre vergehen, ohne daß sich an der Münze viel verändert.

Fall II:
Die Münze patiniert unter wechselnden Umwelteinflüssen:
Oberflaeche stilisiert 003 praegefrisch ungleichmaessig patiniert.png
Oberflaeche stilisiert 003 praegefrisch ungleichmaessig patiniert.png (8.19 KiB) 1426 mal betrachtet
Ungleichmäßige Patina, teilweise Muldenkorrosion, verschiedene Korrosionsprodukte/Verbindungen.

Die ungleichmäßig patinierte Münze wird nun von einem Schnäppchenjäger/Sammler preiswert erstanden und zu allererst einmal von Ihren häßlichen Verkrustungen und Korrosionsschichten befreit, also sie wird entkleidet:
Oberflaeche stilisiert 004 entpatiniert.png
Oberflaeche stilisiert 004 entpatiniert.png (5.04 KiB) 1426 mal betrachtet
Nun hat man eine blanke Münze vor sich, allerdings mit sichtbaren Spuren einer ungleichmäßigen Korrosion und teilweise mit einigen prägefrischen Stellen. Ehemals plane Bereiche sind durch Korrosion und nachfolgende Entfernung der korrodierten Schichten nicht mehr plan bzw. weisen Löcher und Mulden auf – das ist die typische narbige Oberfläche von entkleideten Münzen (z.B. mit Säure gereinigte Münzen weisen diese Art von Oberfläche häufig auf, was dann als „rauh“ oder „porös“ bezeichnet wird):

Jetzt sorgt der Sammler für eine erneute Korrosion/Patinierung unter konstanten chemischen Bedingungen und erzeugt DIE tolle Patina die sich jeder wünscht: gleichmäßige Schichtdicke, homogener Bereich, keine Fehlstellen, gleichmäßige Farbe:
Oberflaeche stilisiert 005 neu patiniert.png
Oberflaeche stilisiert 005 neu patiniert.png (6.22 KiB) 1426 mal betrachtet

Leider ist das Basismaterial durch vorhergehende ungleichmäßige Korrosion bereits gezeichnet, so daß selbst die perfekte Patina diesen Zustand nicht verdecken kann, sondern diesen nur etwas weichzeichnet.
Der unbedarfte Sammler kann das mangels Kenntnis und dem richtigen „Blick“ dafür nicht feststellen und meint, eine Münze mit echter Patina vor sich zu haben, was jedoch nicht der Fall ist.
Im Vergleich dazu noch einmal die originär patinierte Münze:
Oberflaeche stilisiert 002 praegefrisch ideal patiniert.png
Oberflaeche stilisiert 002 praegefrisch ideal patiniert.png (5.13 KiB) 1426 mal betrachtet
Die „Echtheit“ der Patina bezieht sich dabei auf ihre Originalität – nicht ob sie wirklich aus bspw. Malachit besteht, sondern ob sie auf einer ursprünglichen Oberfläche direkt gebildet oder auf einer chemisch/mechanisch gereinigten Oberfläche nachgebildet wurde.

Die wenigen Münzen, deren erste Patina gleichmäßig entstand – DAS sind die echten Sahnestücke!

Es gibt sie – jedoch selten. Und genau das erklärt den Preis.

Eine wie auch immer erzeugte sekundäre Patina mag als Patina chemisch und äußerlich identisch sein, sie vermag nicht die Spuren der vorherigen Patinae und deren Entfernung vollständig zu überdecken und hat Potential, unbedarfte Sammler enorm zu täuschen, die „alten Hasen“ werden diese erkennen, auch wenn sie noch so gleichmäßig ist, denn sie müßte (paradoxerweise) ungleichmäßig sein: In den Mulden dicker, auf den originalen Stellen dünner – und das hat bislang noch keiner hinbekommen, dann könnte aus jeder Ruine durch exakte Patinabildung in definierter Höhe das originäre Münzbild rekonstruiert werden.
Das geht verfahrenstechnisch nicht mit vertretbarem Aufwand.

Zusammenfassend kann man sagen, daß der Ausgangszustand maßgeblich ist: hat man eine prägefrische Münze vor sich, bedarf es keiner Patina. Durch das hohe Alter der prägefrischen Münzen ist davon auszugehen, daß fast alle patiniert sind bzw. daß die Oberfläche irgendwelche Reaktionen mit der Umgebung eingeht.
Sind diese Reaktionen gleichmäßig, gibt es ein Sahnestück. Das passiert so gut wie nie!!!
Sind die Reaktionen ungleichmäßig, entsteht eine teilpatinierte Münze mit unterschiedlichen Substanzen als Patina. Deren Entpatinierung und anschließende Neupatinierung sorgen jedoch keineswegs für eine Verbesserung, unabhängig davon wie gut die neue Patina gelingt.

Daher entsteht die Überzeugung, daß nach einer guten mechanischen Reinigung einer Bronze in der Regel Schluß ist, da mehr oft nicht machbar ist und ästhetisch keine Verbesserung bringt – es sei denn, die ungleichmäßige Patina hat an jeder Stelle annähernd gleich viel originales Münzmaterial umgewandelt. Dann jedoch wäre sie gleichmäßig und wir hätten ein o.g. Sahnestück.

Die Vermutung, daß die Sahnestücken mit einer künstlichen Patina versehen sind und ehemals ungleichmäßig patiniert, anschließend entkleidet und danach *perfekt* neu patiniert wurden, ist in meinen Augen damit widerlegt. Damit erübrigt sich der Versuch, aus einer ungleichmäßig patinierten Münze eine perfekte Münze mittels technisch einwandfreier Patinierung zu erzeugen.

Der Beitrag ist nun etwas länger geraten, aber manchmal bedarf ein komplexer Gedanke einer längeren Erklärung :D

Einen entspannten Freitagnachmittag wünscht
klunch

edit: wechstaben verbuchselt...
Zuletzt geändert von klunch am Fr 12.04.13 16:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von mike h » Fr 12.04.13 15:27

Hallo Klunch

herzlichen Dank für die umfangreiche Arbeit, die du dir da gemacht hast.

Du hast das exakt so beschrieben, wie ich es mir vorstelle.....

Wenn du dich erinnerst an den Trajan-Sesterzen, den ich entpatiniert und dann braun gefärbt habe: Ich habe damals gesagt, das ich für die Patinierungsversuche ein besonders gering korrodiertes Stück suchte, das einen Patina-Schaden hat. Ich bezeichnete den Trajan damals als schlechtest möglichen Erhaltungsgrad für den Versuch.

Auch mit deiner Aussage:

>>>>Die wenigen Münzen, deren erste Patina gleichmäßig entstand – DAS sind die echten Sahnestücke!

Es gibt sie – jedoch selten. Und genau das erklärt den Preis.>>>>>>

hast du vollkommen Recht. Diese Stücke dürften sich allerdings Zahlenmäßig im ppm - oder ppb- Bereich bewegen.

Und jetzt kommt mein Ansatz:

Es gibt auch "Sahnestücke" bei denen man bei genauerem Hinschauen einen Patina-Schaden (keinen Schden am Metall!!) feststellen kann........ der aber in der Tiefe des Schadens trotzdem eine Malachit-Patina aufweist.

Das ist nicht anders zu erklären, als das die Münze mit einer Sekundärpatina versehen wurde.

Also gibt es einen Weg.

Martin
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von klunch » Fr 12.04.13 16:12

mike h hat geschrieben:...mein Ansatz:

Es gibt auch "Sahnestücke" bei denen man bei genauerem Hinschauen einen Patina-Schaden (keinen Schden am Metall!!) feststellen kann........ der aber in der Tiefe des Schadens trotzdem eine Malachit-Patina aufweist.

Das ist nicht anders zu erklären, als das die Münze mit einer Sekundärpatina versehen wurde.
Genau das halte ich nicht für die einzig mögliche Erklärung.
Wenn man tief genug geht, kommt man irgendwann aufs Metall, das ist klar. Alles davor ist Malachit. Wenn der Schaden nicht tief genug geht, dann muß in der Tiefe des Schadens noch Malachit sein. Ein Bild oder eine Skizze wäre dazu hilfreich. Noch besser wäre ein Foto eines dieser Sahnestücke mit Patina-Schaden, bei denen Du eine Sekundärpatina vermutest. Dann können wir über konkrete Details sprechen.

Gruß klunch
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von mike h » Fr 12.04.13 17:04

Hallo Klunch,

ich versichere Dir, das ich das nächste Stück, bei dem mir dieser Verdacht kommt, sofort hier einstellen werde.

Im übrigen habe ich einige vielversprechende Verfahrensansätze....

Wetter "machen" ist für mich als Klimaspezialisten nicht das Problem

Martin
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von beachcomber » Sa 13.04.13 00:12

martin, du hast weiter oben festgestellt, dass es keine hundert oder tausende von jahren braucht um eine patina wachsen zu lassen.
das ist vollkommen korrekt! das hängt nur von der umgebung ab, in der sich die münze befunden hat. (ich finde manchmal euro-münzen am strand, die haben partiell oder komplett schon wundervolle patinae entwickelt, und wie man weiss, gibt's den ja erst ein par jahre :wink:)
wenn also eine münze eine patina ausgebildet hat, dann (z.b. durch eine pflug) bewegt wird und in ein ambiente kommt in der die patina partiell zerstört wird, (z.b. durch gülle oder kunst dünger), dann wieder bewegt wird und zur ruhe kommt, bildet sich wieder eine patina aus. DANN SIND AUCH DIE KORRODIERTEN STELLEN WIEDER MIT PATINA VERSEHEN, UND DAS AUF GANZ NATÜRLICHEM WEG!
das kommt viel häufiger vor als du denkst, und deine erklärung für solche patinae als künstlich appliziert, ist leider ein trugschluss!
noch einmal: es gibt keine naturidentische kunstpatina wie du sie dir vorstellst! :)
grüsse
frank

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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von mike h » Sa 13.04.13 09:00

Moin zusammen,

>>>wenn also eine münze eine patina ausgebildet hat, dann (z.b. durch eine pflug) bewegt wird und in ein ambiente kommt in der die patina partiell zerstört wird, (z.b. durch gülle oder kunst dünger), dann wieder bewegt wird und zur ruhe kommt, bildet sich wieder eine patina aus. DANN SIND AUCH DIE KORRODIERTEN STELLEN WIEDER MIT PATINA VERSEHEN, UND DAS AUF GANZ NATÜRLICHEM WEG!


Auch das kommt vor. Aber das kann man dann m. E. unterscheiden.
Ich weiss jetzt nicht, wie ich meine Beobachtung beschreiben soll, muss also warten, bis mir ein solches Stück wieder unterkommt.

>>>>>noch einmal: es gibt keine naturidentische kunstpatina wie du sie dir vorstellst!

Solltest du mit deiner Annahme Recht haben ( was ich nicht glaube), dann wären diese hochpreisigen Stücke "lackiert"

Dann wird es höchste Zeit, das man eine Alternative zu solchen Methoden findet.

Martin

PS: Die Malachitzucht an sich ist ja nicht das Problem. Das ist innerhalb von 2 Tagen erledigt.
Es fehlt nur das Verfahren, die Schicht gleichmäßig in ausreichender Stärke aufzubauen.
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von mike h » So 14.04.13 18:40

Hallo Frank, hallo Klunch,

zur Bekräftigung meiner Behauptung:

"" Die Malachitzucht an sich ist ja nicht das Problem. Das ist innerhalb von 2 Tagen erledigt.""

Hab ich mal schnell mittels eines ungeeigneten Verfahrens ein wenig grün erzeugt.
IMG_3375.JPG
Der Vorgang hat ziemlich genau 24 h gedauert. Ich bin mir absolut sicher, das der grüne Hauch reines Malachit ist, denn neben der Münze waren im Prozess ausschließlich die Elemente:

Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff beteiligt... sowie der (vermutlich unbeteiligte) Stickstoff aus der Luft.

Aber bereits der Anblick zeigt deutlich, das ich mit diesem Verfahren niemals dahinkomme, wohin ich will.

Das unterstreicht den zweiten Teil meiner Aussage:

Es fehlt nur ein geignetes Verfahren, um eine gleichmäßige Malachitschicht ausreichender Stärke zu erzeugen.

Da ich sowohl an die Anorganische Chemie, als auch an die Segnungen der Verfahrenstechnik glaube, bin ich mir ziemlich sicher, das es ein entsprechendes Verfahren bereits gibt.

Martin
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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von areich » So 14.04.13 21:01


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Re: Kupfermünzen reinigen - wenn ja, wie ?

Beitrag von mike h » So 14.04.13 21:23

Hallo Areich

nettes Filmchen.

Nun wissen wir also, das es ein erfolgreiches Verfahren gibt.....

schade, das der Film das Verfahren selbst nicht zeigt. :wink:

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