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Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Di 05.02.13 11:56
von Peter43
Hallo liebe Freunde der Münzen von Markianopolis!

Diese Münze konnte ich kürzlich bei E-Bay für €8.85 erstehen.:
Moesia inferior, Markianopolis, Severus Alexander, 222-235
AE 18
Av.: AVT KM AVR CEV ALEZANDROC
belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: MARKIANOP - OLITWN Palmzweig
Tyche mit Kalathos n. l. stehend, hält im li. Arm Cornucopiae und in der vorgestreckten Rechten Ruder, das auf Globus steht
Ref. a) nicht in AMNG
b) nicht in Varbanov (engl.)
c) nicht in Hristova/Jekov (2011)
sehr selten, fast SS, dunkelgrüne Patina

Eine Münze aus Markianopolis mit einem Palmzweig in der Legende hatte ich noch nie gesehen, ist für mich in Zusammenhang mit Tyche auch irgendwie ohne Sinn. Deshalb war mir klar, daß es sich um eine moderne Fälschung handeln mußte, zumal der verlangte Preis auffallend niedrig war. Umso mehr war ich heute überrascht über den Kommentar von Curtis Clay:

I don't know what the palm branch means, but I think it is an authentic detail on an authentic coin!

This obverse die is well known on the rare small bronzes of Sev. Alexander at Marcianopolis, e.g. Pfeiffer 592-5 (picture of 594 is missing, it just repeats 593 in error).

I have pictures of two other specimens from this obverse die with the Fortuna reverse type. Both are unfortunately in mediocre condition, but it is clear that their rev. legend also stopped at 3 o'clock, leaving room for the palm branch, and there are traces of some of the fronds of the palm branch in the appropriate spot along the lower right edge of the coin.


Natürlich bin ich daran interessiert, zu erfahren, ob ein Forumsmitglied diesen Typ bereits kennt.

Mit freundlichem Gruß

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Di 05.02.13 21:52
von loron
Ich kann zwar nicht sagen, ob das Stück nun ein Unikum ist oder nicht. Die Interpretation scheint mir aber einigermaßen klar zu sein: Der Schicksalsgöttin wird ein Zeichen des (erhofften) Sieges beigegeben. Das Stück könnte also in Zusmmenhang mit den Perserkriegen 231ff. stehen.

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Di 05.02.13 22:04
von Zwerg
Zur Münze kann ich zwar auch nichts sagen - not my cup of tea. (Die Threads verfolge ich natürlich mit Genuß)

Aber etwas zum Beitrag von loron
Ich bin bei solch singulären Stempelvarianten pragmatischer geworden.
Der Stempelschneider hatte seine Buchstaben gesetzt und es gab noch etwas Platz, der ausgefüllt werden musste.

Ich glaube nicht, daß zwei Bürger aus Markianopolis auf dem Marktplatz über genau diese Stempelvariante philosophierten.

Grüße
Zwerg

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Di 05.02.13 22:05
von Peter43
:D

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Di 05.02.13 22:33
von loron
Hallo Zwerg,
zur zweifelhaften Rezeption solcher Details gebe ich dir recht.
Dass sich der Stempelschneider was dabei gedacht hat, daran will ich aber doch festhalten. Das Bild als Medium städtischer Identität war zu wertvoll, die Arbeit zu mühselig, als dass man den Raum auf der Münze leichtfertig verschenkt hätte. Auch griechische Münzen folgen einer zwingenden, inhärenten ikonographischen Logik. Eine andere ornamentale Beigabe wie bspw. ein Eichenblatt oder eine Vase hätten da nicht hingepasst.
Zur erstaunlich tiefen Bedeutung von Details erinnere ich an die berühmten Fackeln auf den Ziegen von Aigeai, die unter Macrinus geprägt wurden. Wenn die Forschung ein paar hundert Jahre brauchte, um das Detail als Anspielung auf einen Gründungsmythos zu entlarven, sagt das nichts zur etwaigen Langeweile des Stempelschneiders.

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 17:18
von Peter43
Ich weiß natürlich auch nicht, was der Stempelschneider mit dem Palmzweig genau ausdrücken wollte. Aber sicherlich war es nicht so, daß er am Ende der Legende sah, daß da noch Platz übrig war, und sich sagte, daß da noch etwas hinmüßte, vielleicht ein Palmzweig, der würde schick aussehen. So lief das in der Antike sicher nicht. Das war keine Zeit der Beliebigkeit, wie die, in der wir heute leben, wo sowieso alles egal ist. Und sicher war der Palmzweig bereits geplant, als der Stempelschneider mit der Legende begann. Deshalb neige ich der Meinung von loron zu.

Jochen

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 17:27
von loron
Danke für die Schützenhilfe, Jochen.
Auf der anderen Seite würde es mich interessieren, mehr über Münzbilder zu erfahren, die nachweislich falsch sind. Also nicht unverständlich, sondern bspw. Götter mit falschen Attributen usw.
Es klang so, als hätte Zwerg da etwas in petto ...

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 17:53
von beachcomber
Peter43 hat geschrieben:Ich weiß natürlich auch nicht, was der Stempelschneider mit dem Palmzweig genau ausdrücken wollte. Aber sicherlich war es nicht so, daß er am Ende der Legende sah, daß da noch Platz übrig war, und sich sagte, daß da noch etwas hinmüßte, vielleicht ein Palmzweig, der würde schick aussehen. So lief das in der Antike sicher nicht. Das war keine Zeit der Beliebigkeit, wie die, in der wir heute leben, wo sowieso alles egal ist. Und sicher war der Palmzweig bereits geplant, als der Stempelschneider mit der Legende begann. Deshalb neige ich der Meinung von loron zu.

Jochen
sehe ich auch ganz genauso! auch wenn wir vielleicht heute keine sichere erkenntnis darüber bekommen werden warum dieser palmzweig dort angebracht wurde, einfach aus 'ner laune des stempelschneiders sicher nicht! unvorstellbar, dass ein stempelschneider solche freiheiten hatte. (hätte er im übrigen heutzutage auch nicht! :) )
grüsse
frank

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 18:56
von areich
Lustig, dieses "früher war alles besser" wo doch in Wirklichkeit auch früher schon früher alles besser war. Ganz sicher auch im 3. Jahrhundert!

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 20:37
von Zwerg
Also - ich bleibe ganz frech bei meiner Meinung.
Es gibt genügend Beispiele (ich bin zur Zeit zu faul zum Suchen) wo dem Stempelschneider der Platz ausgegangen ist und er die Buchstaben noch so irgendwie in die Münze hineindrücken mußte. Also kann es das Gegenteil auch geben. Außerdem war die Provinz nicht Rom (Obwohl ich immer gerne die VINO REGINA zitiere, die in der Sammlung der ANS liegt)

Aber da wir beides nicht beweisen können - nette Münze!

Liebe Grüße
Zwerg

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 21:05
von Pscipio
Zwerg hat geschrieben:Es gibt genügend Beispiele (ich bin zur Zeit zu faul zum Suchen) wo dem Stempelschneider der Platz ausgegangen ist und er die Buchstaben noch so irgendwie in die Münze hineindrücken mußte.
Hier eines meiner Lieblingsbeispiele dafür (Vorderseitenlegende). Man spürt förmlich, wie er bei AY K M AYP CЄOV AΛЄΞAN... langsam zu schwitzen begann und nach dem ΔP... "Sch..." rief :)

http://www.auctiones.ch/browse.html?auc ... l&lot=1951

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Mi 06.02.13 22:05
von divus
Pscipio hat geschrieben: Hier eines meiner Lieblingsbeispiele dafür (Vorderseitenlegende). Man spürt förmlich, wie er bei AY K M AYP CЄOV AΛЄΞAN... langsam zu schwitzen begann und nach dem ΔP... "Sch..." rief :)

http://www.auctiones.ch/browse.html?auc ... l&lot=1951
Servus!

Wirklich super! :D

Den finde ich in diesem Zusammenhang auch immer wieder lustig:
http://www.acsearch.info/record.html?id=512423

Grüße!

Re: Eine nette Entdeckung bei E-Bay

Verfasst: Do 07.02.13 17:22
von Peter43
areich hat geschrieben:Lustig, dieses "früher war alles besser" wo doch in Wirklichkeit auch früher schon früher alles besser war. Ganz sicher auch im 3. Jahrhundert!

Das zeigt, daß Du meine feine Anspielung richtig verstanden hast!

Jochen