Ich möchte das Thema gern zum Abschluss bringen.
„Götterpolster fanden überall dort Verwendung, wo man sich die Anwesenheit der Gottheit dachte oder wünschte, beispielsweise auch im Circus maximus. Auf die dortigen Polster brachte man ihre Bildnisse oder Attribute auf Wagen.
Die Gottheiten sollten den Spielen beiwohnen und selbst betrachtet werden können. … Da bei solchen Anlässen die Gottheiten … anwesend waren, saßen die Kaiser inmitten der Gottheiten“ (Clauss, Kaiser und Gott, S. 245 f.).
Das Pulvinar (
O) im Circus Maximus diente als Loge der kaiserlichen Familie und Stellplatz der Götterpolster. Es war so gebaut, dass man von dort aus nicht nur die Spiele sehen konnte, sondern auch von der anwesenden Zuschauermenge gut eingesehen werden konnte.
In der stadtrömischen Münzprägung tauchte das Motiv „Blitzbündel über Thronsessel“ erstmals während der Regentschaft des Titus auf (80 n.Chr.). Die Emission umfasste noch zwei weitere Throndarstellungen (dreieckige und runde Thronlehne). Mattingly beschrieb sie als pulvinaria oder „sacred couches of the gods“, die auf ein
lectisternium* deuten. Den Anlass für dieses feierliche Göttermahl sah er im Ausbruch des Vesuvs 79 n.Chr. und berief sich auf die entsprechenden Passagen bei Sueton und Cassius Dio.
Eine weitaus bessere Interpretation haben Damsky (The throne and curule chair types of Titus and Domitian, in: Schweizerische Numismatische Rundschau Bd. 74, 1995) und Elkins (The Flavian Colosseum Sestertii, in: Numismatic Chronicle, vol. 166, 2006) vorgeschlagen: Die Münztypen feiern die 100-tägigen Spiele zu Ehren der Götter, welche man zur Einweihung des amphitheatrum Flavium (Kolosseum) austrug.
Gegen Mattingly`s These vom
lectisternium sprechen vor allem nachfolgende Punkte:
• Elkins weist zu recht darauf hin, dass „negative events were not celebrated on Roman coinage“ (S. 213)
• Die Serie setzte sich unter Kaiser Domitian fort (Herbst 81 n.Chr. [COS VII, COS VII DES VIII] bis Frühjahr 82 n.Chr. [COS VIII]). Es ist unwahrscheinlich, dass sich drei unterschiedliche Throndarstellungen auf ein einziges Thema wie dem
lectisternium beziehen sollen** und das obendrein über 1 ½ Jahre!
• Ein weiterer Thron zu Ehren der Göttin Minerva wurde ausschließlich auf Münzen des Caesar Domitian abgebildet
http://www.coinarchives.com/acdbcc74319 ... b08937.jpg. Die Reverslegende PRINCEPS IVVENTVTIS lässt sich keinesfalls mit dem
lectisternium in Verbindung bringen.
• Mit der Restitutionsausgabe für die beiden Divi Vespasian und Titus 107 n.Chr. wollte Trajan nicht an das Göttermahl von 80 n.Chr. erinnern, sondern an die Bauherren des Kolosseums, wo er seine 123-tägigen Spiele anlässlich des Triumphes über Dakien veranstalteten ließ.
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* Dieser fragwürdigen These wird z.T. noch heute gefolgt: „Die Münzen des Titus zeigen in Symbolen, welche Gottheiten zum Mahle eingeladen waren. Ein Blitz auf einem Thron (pulvinar) steht für Jupiter und Juno, die höchsten Gottheiten. Delphin und Anker stehen für den Sitz des Neptun, der Helm auf einem Tisch gehört zu Minerva. Zwei leere Stühle waren mit einem Kranz bedeckt - sie mögen für Venus und Mars bestimmt gewesen sein. Dreifuß, Rabe und Delphin symbolisieren Apollo, ein brennender Altar gehört zu Vesta und Vulcanus. Die Palmetten am Rücken eines Thrones stehen für die Ähren der Ceres und ein weiterer Sitz war für Merkur vorgesehen. Der Thron mit den Mondsicheln ist für Diana reserviert. Es sind dies die zwölf Götter des griechischen Olymp, die auch in Rom der leidgeprüften Bevölkerung zur Seite stehen sollten“ (muenzen-ritter.com)
** Weder das sellisternium unter Nero zur Besänftigung der Götter nach dem großen Stadtbrand von Rom (64 n.Chr.) noch das
lectisternium zur Abwendung der Antoninischen Pest (167 n.Chr.) fanden irgendeinen Niederschlag im kaiserlichen Münzprogramm!
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Blitzbündel über pulvinar wäre also evident kein Hinweis auf ein Göttermahl, sondern im Rahmen der Götterverehrung bei veranstalteten Festspielen.
MfG