Quintillus mit LIBERITAS

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Quintillus mit LIBERITAS

Beitrag von drakenumi1 » Sa 18.07.15 21:15

Diesen Antoninian des Quintillus habe ich bereits vor Zeiten nach einer umfangreichen Reinigung hier vorgestellt, seitdem ist er wegen seines gut gearbeiteten Portraits eines der Stücke, an denen meine Aufmerksamkeit immer wieder hängenbleibt: Aber nicht nur deshalb, sondern auch wegen dieses offenbaren Legendenfehlers LIBERITAS, wo es wohl eigentlich besser LIBERTAS heißen sollte. Ein typischer und gewichtiger Fauxpas des Stempelschneiders, dachte ich immer, bis ich neulich im RIC diesen Typ unter eigener Nr. RIC 66 (scarce) fand. Etwas unverständlich für mich, daß Legendenfehler dort unter eigener Registrier-Nr. geführt werden. Folgerichtig suchte ich in meinem 3500seitigen lateinisch-deutschen Wörterbuch nach "LIBERITAS", jedoch vergeblich, nichts zu finden. Nur der Hinweis "in keinem latein. Originaltext zu finden". Soweit dieser eher spaßige Sachverhalt.
Die geschlossene Freundschaft mit diesem Stück läßt mir nun keine Ruhe mehr, deshalb meine Fragen / Bitten:
- Könnt Ihr meine Av.-Legendenergänzung IMP C M AVR CL QVINTILLVS AVG bestätigen?
- Weist der Buchstabe "S" im rechten Reversfeld auf die Münzstätte Siscia oder Tarraco hin?
Für Eure Mühe schon jetzt und hier vielen Dank von

drake

ACHTUNG: Die Bildunterschrift ist noch unkorrigiert und möglicherweise falsch.
Dateianhänge
Ant. Quintillus RIC 66  Rv. LIBERITAS AVG. Lib. l. stehd., i. Feld S (Münzst. Siscia).jpg
Ant. Quintillus RIC 66 Rv. LIBERITAS AVG. Lib. l. stehd., i. Feld S (Münzst. Siscia).jpg (11.22 KiB) 1478 mal betrachtet
Ant. Quintillus RIC 66 Av. C M AVR QVINTILLVS AVG.jpg
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von justus » Sa 18.07.15 21:39

Für Claudius II ist diese Rückseite aber auch bekannt. Dort ist als Münzstätte Siscia angegeben.

Siehe unter: http://www.ric.mom.fr/en/search/advance ... mod=result

Dto. für Aurelianus:
http://www.coinproject.com/coin_detail.php?coin=6019
http://www.coinproject.com/coin_detail.php?coin=6020

Daher will ich nicht unbedingt an einen "Legendenfehler" glauben. :wink:
Zuletzt geändert von justus am Sa 18.07.15 21:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von gallienvs » Sa 18.07.15 21:48

..und ric.mom kennt 9 verschiedene Varianten des Quintillus für diese Reverslegende, übrigens alle aus Siscia.
gg

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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von beachcomber » Sa 18.07.15 21:53

ja, siscia und ziemlich selten, mme. estiot kennt nur 5 exemplare wie du hier sehen kannst:
http://www.ric.mom.fr/en/coin/1252?temp ... m=advanced
die av-legende lautet aber nur: IMP C M AVR QVINTILLVS AVG, ohne CL
grüsse
frank

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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von drakenumi1 » Sa 18.07.15 22:11

Herzlichen Dank, liebe Gemeinde

das war wieder einmal schneller, als die Polizei .....

.....und alle meine Fragen beantwortet, - ach nein, - wer war nun aber LIBERITAS?? Was unterscheidet sie von LIBERTAS?? (Sorry für die naive Frage)

drake wünscht einen schönen Sonntag
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von Peter43 » Sa 18.07.15 22:20

Natürlich ist Liberitas eine Falschschreibung für Libertas. Ob man diese Schreibweise auf irgendwelche phonetische Besonderheiten zurückführen kann, bezweifle ich.

Jochen
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von justus » Sa 18.07.15 23:41

Peter43 hat geschrieben:Natürlich ist Liberitas eine Falschschreibung für Libertas. Ob man diese Schreibweise auf irgendwelche phonetische Besonderheiten zurückführen kann, bezweifle ich.

Jochen
Sorry, dir da widersprechen zu müssen. Aber die Tatsache, wie ich oben schon anmerkte, dass diese Schreibweise gleich bei drei Kaisern (Claudius Gothicus, Quintillus und Aurelian) vorkommt, spricht gegen einen Legendenfehler. Eine phonetische Besonderheit halte ich dagegen für durchaus plausibel. Vielleicht kann uns da ja unser "Lateinlehrer a. D." (chinamul) weiterhelfen! :wink:
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von antoninus1 » So 19.07.15 09:23

Das kann ich nicht nachvollziehen, schließlich folgten die 3 Kaiser ja unmittelbar aufeinander. Das Personal der Münzstätte wird dasselbe gewesen sein, so dass ein Schreibfehler für mich wahrscheinlicher ist.
Gruß,
antoninus1

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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von drakenumi1 » So 19.07.15 12:23

Längeres Suchen hat schließlich zum Ziel geführt:

Die Lateinische Grammatik von Prof. C. G. Zumpt, 1824 verlegt bei Ferdinand Dümmler in Berlin schreibt unter §61; S.215 wörtlich:
" Libertas ist entstanden aus Liberitas".

Insofern hat sich eine sprachliche Ableitung vollzogen. Wörtlich heißt es:
"..... Die Endung 'itas' ist die gewöhnlichste, um aus Adjectivis das dieselbe Eigenschaft ausdrückende Substantivum zu bilden, und entspricht insofern den Deutschen Endungen '....keit' und '....heit' .....".

Bezogen auf die hier in Frage stehende Ableitung von "LIBERTAS" aus "LIBERITAS" bedeutet das dann: Freiheit, Ungebundenheit, Unbeschränktheit bzw. frei, ungebunden, unbeschränkt.

Danke Euch nochmals für Eure Mithilfe!

drake
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von justus » So 19.07.15 14:49

antoninus1 hat geschrieben:Das kann ich nicht nachvollziehen, schließlich folgten die 3 Kaiser ja unmittelbar aufeinander. Das Personal der Münzstätte wird dasselbe gewesen sein, so dass ein Schreibfehler für mich wahrscheinlicher ist.
Das wäre schon etwas absonderlich, wenn sich ein solcher Schreibfehler über mehrere Emissionen von verschiedenen Kaisern, d. h. sogar mehrere Jahre hinziehen würde, ohne dass der "aequator monetae" dies bemerkt hätte. Nein, meiner Ansicht nach beschränken sich Legendenfehler in aller Regel nur auf einzelne Prägestempel, keinesfalls auf ganze Emissionen mit Hunderten von Prägestempeln.
justus hat geschrieben:Eine phonetische Besonderheit halte ich dagegen für durchaus plausibel. Vielleicht kann uns da ja unser "Lateinlehrer a. D." (chinamul) weiterhelfen!
drakenumi1 hat geschrieben:Die Lateinische Grammatik von Prof. C. G. Zumpt, 1824 verlegt bei Ferdinand Dümmler in Berlin schreibt unter §61; S.215 wörtlich: "Libertas ist entstanden aus Liberitas". Insofern hat sich eine sprachliche Ableitung vollzogen.
Genau das war auch meine Vermutung. Daher hatte ich auch auf eine entsprechende Aufklärung durch Horst (chinamul) gehofft. Danke Drake für die interessante Information. "Sprache im Wandel der Zeit" gilt eben nicht nur für die Neuzeit, sondern auch für die Antike ! :wink:
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von Peter43 » So 19.07.15 15:00

Interessante Neuigkeit. Danke!

Kann es sein, daß dieser sprachliche "Atavismus" eine ähnliche Bedeutung hat wie es z.B. bei Claudius war, der mit seinem Aufnehmen von Archaismen an alte Zeiten anknüpfen wollte?

Jochen
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von justus » So 19.07.15 15:22

Peter43 hat geschrieben:Kann es sein, daß dieser sprachliche "Atavismus" eine ähnliche Bedeutung hat wie es z.B. bei Claudius war, der mit seinem Aufnehmen von Archaismen an alte Zeiten anknüpfen wollte?
Nein, ich denke dass es sich hier lediglich um eine umgangssprachliche "Verkürzung" handelt, wie wir es auch heutzutage im nhd. häufig finden.
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von Peter43 » So 19.07.15 19:57

Das gleiche Phänomen gibt es übrigens auch mit VBERTAS und VBERITAS.

Jochn
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Re: Ouintillus mit LIBERITAS

Beitrag von justus » So 19.07.15 21:23

Stimmt. Da erinnere ich mich an einen sehr seltenen Trierer Follis von Konstantin I. mit "VBERTAS SAECVLI" auf der Rückseite, den ich gerne hätte. :wink:
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