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Etwas zum Tage

Verfasst: Do 29.01.04 12:46
von tresviri
Freunde, Römer!

Diesmal ein Rätsel ganz ohne Latein!

Das Einfachste zuerst:
Der Mann, um den es geht, hätte heute oder morgen Geburtstag gehabt. Wie heißt er?

Das Zweite zur Identifizierung:
Er hat leider keine Gelegenheit gehabt, einen Geburtstag als Kaiser zu feiern. Und zwar weil er nur von wann bis wann regierte?

Das Dritte für die Unterhaltung:
Was hat der Thron gekostet?

Das Vierte zur Geldgeschichte:
Es scheint, als habe der gute Mann trotz der Kürze seiner Regierungszeit Gelegenheit gehabt, am römischen Münzwesen herumzubasteln. Wie denn?

Das Fünfte für die Schwierigkeit:
Selbst in wirren Zeiten wurde nicht der erste Dahergelaufene zum Kaiser erhoben. Jeder hatte schon eine längere, oft bis in höchste Staatsämter führende Karriere hinter sich, so auch der, von dem wir hier reden und aus dessen vor-kaiserlichen Karriere wir gerne noch Folgendes wissen möchten:
- Ein Amt hat er gemeinsam mit seinem Vorgänger auf dem Thron bekleidet. Welches?
- In einem anderen Amt war er dessen Vorgänger. In welchem?
- Und in einem dritten Amt war er dessen Nachfolger. In welchem (und zwar außer dem Kaiser-"Amt"!)?

Viel Spaß
IIIviri

Verfasst: Do 29.01.04 13:45
von Iotapianus
Es war der Zwei-Monats-Kaiser Marcus Didius Severus Iulianus, der zweite Herrscher im 2. Vier-Kaiser-Jahr 193; er regierte vom 28. März bis zum 1. oder 2. Juni.

Geboren wurde er vermutlich am 29.1.137; er war mit Pertinax gemeinsam Suffektkonsul und später dessen Nachfolger als Proconsul Africae.

Nach dessen Ermordung bemühte sich Pertinax' Schwiegervater Flavius Sulpicianus (der Vater der hier vor einiger Zeit besungenen Flavia Titiana) gegen Didius Julianus um die Unterstützung der Prätorianer, um Kaiser zu werden. Der Wahlkampf konzentrierte sich - wie modern! - auf die Subventionierungsfrage. Iulianus toppte Sulpicianus mit einem Gebot von 25.000 Sesterzen pro Nase, hatte aber Schwierigkeiten mit der Auszahlung, was zu einer vorzeitigen und sehr finalen Kündigung seines Anstellungsverhältnisses führte.

Das hätte zu einer Verschlechterung des Edelmetallanteils an den Gold- und Silbermünzen führen können; da bin ich mir aber nicht ganz sicher.

Iotapianus

Verfasst: Do 29.01.04 14:01
von Gast
Mein lieber Vater -

der Mann (iotapianus) ist ja richtig gut 8O

Gruß - petzi

Verfasst: Do 29.01.04 22:47
von tresviri
@petzlaff:

Da schließen wir uns Deinem bewundernden Ausruf an! Vor allem für den Proconsul Africae.

Trotzdem: Wo war Didius Julianus Vorgänger des Pertinax?
Und zum Geld könnte man vielleicht noch weiterdenken...

Trotzdem: Bravo!

Freundlichst
IIIviri

Verfasst: Sa 31.01.04 15:06
von Iotapianus
Also, ich passe! Ich habe alles gewälzt, was mir über Didius Iulianus zugänglich war.

Also spuck's aus: wobei war er Amtsvorgänger von Pertinax, und wie hat er im Münzwesen rumgepfuscht? Und was sind deine Quellen dafür?

Denn vieles, was mit exakten Daten zu tun hat, ist ja keineswegs gesichert; auch zu seinem Geburtstag und -jahr gibt es verschiedene Angaben.

Ich bin schon ganz hippelig vor Spannung,

Iotapianus

Verfasst: Do 05.02.04 15:16
von tresviri
Lieber Iotapianus,

entschuldige bitte das lange Schweigen! Aber böse Dinge, die da im Netz zwischen recycelten Elektronen herumkriechen, haben uns das Leben zuletzt nicht ganz leicht gemacht.
Morgen kriegst Du ausführliche Antwort und heute ein neues Rätsel.

Freundliche Grüße
IIIviri

Verfasst: Fr 06.02.04 20:16
von tresviri
Freunde, Römer!

Also zur Auflösung des Restes:

Das erste war die cura alimentorum, wobei hier zugegebenermaßen nicht sicher ist, ob der eine der unmittelbare Amtsvorgänger des anderen war.

Quelle unserer Weisheit ist übrigens (neben älterer Literatur und einigen Quellentexten) ein äußerst nützliches Buch:
Dietmar Kienast,
Römische Kaisertabelle
(2. Aufl. 1996)
Da keiner von uns mit dem Verfasser identisch, verwandt, verschwägert, bekannt, nach ihm erbberechtigt o. dgl. ist, auch an Erlösen aus dem Buchverkauf nicht beteiligt, erlauben wir uns, ganz unverfroren dafür Werbung zu machen mit dem Hinweis, dass man für 25.- EURolein viel Schlechteres kriegt!


Interessanter als die cura alimentorum ist die Änderung im Münzwesen, zu der es bei Didius Julianus trotz der kurzen Regierung gereicht hat:
Seit Nero lag der Aureus sehr stabil bei nominell 1/45 libra (zu ca. 327,5 Gramm); Didius Julianus senkte das Gewicht auf (knapp) 1/48 ab.

Um das mit präzisen Daten zu untermauern, haben wir das mit den bei coinarchives zu findenden Aurei von Commodus (nur Alleinherrschaft), Pertinax und Didius Julianus (inklusive Familie) durchgerechnet. Hier die Ergebnisse:

Commodus – Durchschnittsgewicht 7,216 g (Standardabweichung 0,102; Maximum 7,39, Minimum 6,94).
Pertinax – Durchschnittsgewicht 7,238 g (Standardabweichung 0,105; Maximum 7,43, Minimum 7,02).
Didius Julianus – Durchschnittsgewicht 6,703 (Standardabweichung 0,141; Maximum 6,95, Minimum 6,53).

Die Geschlossenheit der Werte zeigt, dass es sich nicht um Zufall handelt, sondern System dahintersteht.
Bei Septimius Severus steigen die Werte übrigens wieder auf über 7 g an.

Freundlichst
IIIviri

Verfasst: Sa 07.02.04 08:30
von secundus
Es ist doch erstaunlich, wie -mit Ausnahme der geschilderten Anomalie unter Julianus- in der Zeit von Nero bis Caracalla zumindest das das Gewicht ( vielleicht schwankte ja der Goldanteil) des Aureus beibehalten wurde, während beim Silber ständig "gedreht" wurde:
http://www.tulane.edu/%7Eaugust/handouts/601cprin.htm

Verfasst: Mo 09.02.04 18:04
von Iotapianus
Danke für die Auflösung.

Ich hatte den Kienast auch hin und her gewälzt; das ist ein extrem nützliches Buch, kann aber nicht besser sein als die Primärquellen, die für die chronologische Feinjustierung selten sehr genau sind, weil es eben keine absoluten Datierungen gab.

Kienast (S. 152) ist sich für die Datierung der Praefectura alimentorum des Pertinax nicht sicher: 187 oder 188; auf S. 154 datiert er sie für Iulianus gar nicht, stellt sie aber in die späteren 80er Jahre. Die Biographien in der Historia Augusta geben nichts Näheres her. Auf diese Ämterfolge (erst Iulianus, dann Pertinax) würde ich keine hohen Wetten abschließen.

Besonders herzlichen Dank für das Auswiegen der Aurei. Das wusste ich nicht, scheint mir aber meine Vermutung zu bestätigen, dass Iulianus versuchte, die Soldaten reinzulegen, indem er ihnen ein hohes Donativ versprach, es aber durch Münzverschlechterung abwertete.

Iotapianus

Verfasst: Sa 14.02.04 08:23
von tresviri
Lieber Iotapianus!

1. Deine allgemeine Skepsis gegenüber Feindatierungen scheint uns vielleicht etwas zu weit zu gehen.
2. Im Falle der Abfolge Julianus - Pertinax ist sie allerdings vielleicht nicht unangebracht, wenngleich uns diese Reihenfolge nicht unglaubhaft erscheint. Aber vielleicht sind wir der Faszination von Parallelbildungen anheimgefallen! :cry:

Freundlichst
IIIviri