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Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mo 25.07.16 08:15
von justus
Vor kurzem ist mir folgendes Angebot von "Solidus-Numismatik" aufgefallen.
http://www.ebay.de/itm/SOL-Imitation-Go ... 1157681893?
Die angefügte Beschreibung gibt mir nicht nur einige Rätsel auf, sondern läßt mich sogar an der Richtigkeit der hier gemachten Aussagen zweifeln. Zwischenfrage: Wer erstellt bei SOL diese Beschreibungen? Studentische Aushilfskräfte wie es z. B. der Firma Lanz nachgesagt wird?
Folgende Punkte in der Beschreibung halte ich für etwas fragwürdig:
Nominal / Datierung: Denar (subärat / fourrée = Bronzekern mit Silbermantel), nach 238 n. Chr.
Meiner Ansicht nach handelt es sich hier nicht um eine subaerate, sondern um eine reine AR-Münze. Für eine Plattierung kann ich keinerlei Merkmale erkennen (Rand, Hohlstellen, Überlappungen etc.)
Erhaltung: Vs. Doppelschlag, Korrosionsspuren, sehr schön - sehr selten
Auch einen Doppelschlag kann ich hier nicht erkennen. Die seltsame Einkerbung auf der Kopfoberseite sieht für mich eher danach aus, als ob hier nachträglich etwas entfernt wurde.
Diese interessante hybride Prägung kombiniert eine Vorderseite des Gordianus Caesar mit einem Rückseitentyp des Maximinus I. Thrax.
Literatur: zum möglichen Vorbild vgl. RIC 1 bzw. RIC 13 und 20 (Maximinus Thrax)
Warum muss es denn ausgerechnet die Rückseite eines Denars des Maximinus I. Thrax sein, warum kann es sich nicht um einen Antoninian des Gordian III. handeln, nämlich um RIC 198 mit "PROVIDENTIA AVG. Annona mit Ähren und Füllhorn en face stehend, zu ihren Füßen Modius mit Ähren" auf dem Revers ?
Fazit: Die Bestimmung scheint mit keinesfalls korrekt zu sein, was mich auch ein wenig an der Echtheit des Stückes zweifeln läßt. Mein Frage: Kann es sich um ein modenes "Fake" handeln ?
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mo 25.07.16 08:36
von justus
Nachtrag:
In Dr. Ilya Prokopov's Fake Ancient Coin Reports findet sich ein Lot von offensichtlich aus silberfoliertem Messing hergestellten Fälschungen dreier Denare des Gordian III.
http://www.forumancientcoins.com/fakes/ ... 45&pos=319
Gordian III denarius
Selling lots of 3 Gordian III denarii.
Ebay, November 2011.
Description :
Up for sale this lot of 3 REPRODUCTION of Roman silver coins, made from silverplated brass. For more details please look at the photos.
GORDIAN III DENARIUS
Gordian III 238-244 A.D. Roman Silver Denarius Coin
Obv: IMP CAES MANT GORDIANVS AVG - Laureate head right, Rev: PMTR P II COS PP - Providentia standing left, holding globe and scepter.
Size - 20mm diameter.
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mo 25.07.16 11:49
von Numis-Student
Der Doppelschlag ist nur an wenigen Stellen erkennbar, aber zB an den letzten beiden Buchstaben des AVG der Reverslegende ist es klar erkennbar. Die Stelle direkt unterhalb vom O der Reverslegende KÖNNTE auf eine subaerate Prägung hindeuten oder der Grund dafür sein, dass dies so gesehen wurde - festlegen möchte ich mich anhand des Fotos nicht
Und dass beim Vorbild der Rückseite eher im zeitlichen Umfeld desselben Nominals gesucht wird, statt eine Motivübertragung von einem Antoninian auf einen Denar anzunehmen, ist in meinen Augen zumindest plausibel, auch wenn natürlich die Möglichkeit gegeben ist, dass das Motiv von einem anderen Nominal "abgekupfert" wurde. Also eine sicher Datierung sollte man daran nicht festmachen
Das Stück halte ich aber schon für antik.
Schöne Grüße,
MR
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mo 25.07.16 20:05
von Pscipio
Ich habe mit der Münze keine Probleme, sieht antik aus. Ob sie gefüttert ist, müsste man sich in der Hand anschauen - das Foto täuscht unter anderem auch, weil der Hintergrund durch das Fotosystem ungeschickt ausgeschnitten wurde. Der Rand ist an vielen Stellen völlig aufgerissen, das und die dunklen Stellen deuten auf eine Fütterung hin. Der Doppelschlag ist auf beiden Seiten zu erkennen.
Lars
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mo 25.07.16 23:36
von Alm-Öhi
Anhand der Fotos würde ich das Stück nicht als subaerat einstufen. Bei den rückseitigen Feldverletzungen um ...VID... bspw. sollte der unedle Kern eigentlich sichtbar sein, hat aber nicht den Anschein. Die schwarzen Stellen halte ich eher für oberflächlich anhaftende Kupferverbindungen. Die Vermutung, der Oberstempel könne von Maximinus stammen, kann durchaus zutreffend sein, lässt sich aber wohl nur durch ein stempelgleiches Stück sicher belegen. Sehr wahrscheinlich kein Antoninianusstempel, dafür halte ich den Durchmesser auf dem Gordians für zu klein. Und wahrscheinlich keine Annona-Providentia, sondern die Globus/Stab-Variante, weil der Modius keineswegs erkennbar, die obere Hälfte des Globus hingegen am Münzrand erahnbar ist.
Meiner Meinung nach wäre das Stück als offizielle Billon-Hybridprägung anzusehen.
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Di 26.07.16 09:24
von beachcomber
auch für mich nicht subaerat, die roten und schwarzen stellen sind kupferauflagen.
grüsse
frank
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Di 26.07.16 16:57
von curtislclay
Stil, Schroetling, Ausprägung koennen mich aber nicht überzeugen: in meinen Augen ist das Stück sicher nicht offiziell.
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Di 26.07.16 19:51
von Redditor Lucis
Ich halte das Stück für eine zeitgenössische Imitation. Ich würde auch ein subaerates Stück vermuten.
Ebenso werfe ich mal die Möglichkeit einer Überprägung in die Runde (Avers oberhalb des Kopfes), aber dafür müssten andere Fotos aus einem anderen Winkel her, um möglicherweise abgeflachte Konturen besser erkennen zu können.
Viele Grüße
Stefan
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Di 26.07.16 20:10
von Alm-Öhi
curtislclay hat geschrieben:Stil, Schroetling, Ausprägung koennen mich aber nicht überzeugen: in meinen Augen ist das Stück sicher nicht offiziell.
Aber treten bei offiziellen Prägungen nicht auch
windschiefe Buchstaben oder
aufgerissene Schrötlingsränder wie bei dem Gordian-Stück auf?
Gleicht der Stil der personifizierten Providentia nicht überzeugend dem Stempelbild offizieller Ausgaben?
Bezieht sich deine Annahme für ein inoffizielles Stück auf die Caesarbüste (Strichführung der Haare, Ohrschnitt) und/oder die vermutlich ca. zwei Jahre auseinander liegende Herstellung von Ober- und Unterstempel?
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mi 27.07.16 00:42
von curtislclay
Offizielle Verkoppelungen von nicht zusammenpassenden Stempeln aus verschiedenen Regierungszeiten kommen so gut wie nicht vor, sind also sehr unwahrscheinlich. Um als solches zu qualifizieren muss ein Stück daher sonst einwandfrei sein. Dieser Denar erfüllt in meinen Augen diese Bedingung nicht. Neben echten Denaren von Balbinus, Pupienus und Gordianus III. als Caesar würde er mir als ungewoehnlich, also verdächtig auffallen.
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Mi 27.07.16 09:25
von Pscipio
Zu der Koppelung kommen das schlechte Silber (oder die Fütterung) und die starke Dezentrierung - so etwas kommt auf offiziellen Stücken der Zeit kaum je vor, und im Paket wie hier lässt es nur den Schluss zu, dass das Stück eine Imitation ist.
Lars
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Do 28.07.16 17:22
von Alm-Öhi
curtislclay hat geschrieben:Offizielle Verkoppelungen von nicht zusammenpassenden Stempeln aus verschiedenen Regierungszeiten kommen so gut wie nicht vor, sind also sehr unwahrscheinlich. Um als solches zu qualifizieren muss ein Stück daher sonst einwandfrei sein. Dieser Denar erfüllt in meinen Augen diese Bedingung nicht. Neben echten Denaren von Balbinus, Pupienus und Gordianus III. als Caesar würde er mir als ungewoehnlich, also verdächtig auffallen.
Diese klare Argumentation überzeugt.
Re: Imitation - subaerat - Doppelschlag oder modernes Fake ?
Verfasst: Do 28.07.16 18:23
von justus
Interessant zu lesen, welche unterschiedlichen Standpunkte zum Teil dazu vertreten werden. Den Argumenten (hybride Stempelkombinationen) in Bezug auf eine mögliche "Imitation" kann ich zustimmen. Aber ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es sich hier nicht um eine "subaerate" Prägung handelt, da alle für eine Plattierung typischen Merkmale eben IMHO hier nicht vorhanden zu sein scheinen. Sicherlich liegt hier eine irgendwie geartete Versilberung vor, aber keinesfalls eine mittels Silberfolie. Ob es sich dabei um eine Versilberung mittels geschmolzenem Silberchlorid handelt, eine Methode, wie sie sich ab und an auch bei Denaren findet, mag dahingestellt sein.
Nachtrag: Und der "Hahnenkamm" ist mir immernoch unerklärlich ...
