Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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justus
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Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von justus » Mo 15.01.18 20:31

00392Q00.JPG
Los 392
Victorinus in Gallien, 269-271. Antoninian 269, Augusta Treverorum (Trier). Büste / Fides mit 2 Standarten. RIC 108 C. 36 Elmer 648 Schulzki 5a 3.33 g. Rotbraune Patina, Selten Sehr schön – vorzüglich. Ex Slg. Prof. Dr. H. Hommel.


In der letzten E-Live Auktion von Dr. Busso Peus hatte ich auf einen Antoninian des Victorinus geboten, welcher laut Beschreibung der Münzstätte Augusta Treverorum zugeordnet wurde. Nach Beendigung der Auktion konnte ich jedoch diese Zuordnung an Hand aller mir zur Verfügung stehenden Handbücher nicht bestätigen.

Ich habe daher den Händler davon in Kenntnis gesetzt, dass ich auf Grund der falschen Beschreibung vom Kauf zurücktreten möchte, da ich nur Trierer Prägungen sammle und keine Kölner.

Hier der Wortlaut meines Schreibens:
wie ich zu meiner Enttäuschung feststellen musste, ist Ihnen bei der Münzbeschreibung für Los Nr. 392 der E-Auktion 6 ein gravierender Fehler unterlaufen. Da ich als Sammler von Münzen der römischen Münzstätte Trier ausschließlich Trierer Prägungen sammle, ist dieses Stück, nach Ansicht aller von mir konsultierten Vereinsfreunde, eindeutig der Münzstätte Köln zu zuweisen.

1. RIC V.II 108 weist dieses Stück auf S. 396 der Münzstätte "Cologne" zu. Desgl. Cohen 34.
2. Carl-Friedrich Zschucke (Die römische Münzstätte Köln, Trier 1993) weist diesen Antoninian ebenfalls der Münzstätte Köln, 2. Emission, 2. Offizin oder 3. Emission, 2. Offizin zu.
3. Und auch die von Ihnen zitierte Referenz Elmer 648 weist diesen Antoninian der 1. Emission, geprägt in der Münzstätte Köln Ende 268 – Anfang 269 zu.

Ihre Zuordnung von Los 392 zur Münzstätte "Augusta Treverorum (Trier) ist also falsch gewesen. Ich möchte daher auf Grund der falschen Beschreibung Ihrerseits vom Kauf dieses Stückes zurücktreten.
Daraufhin schrieb mir Dr. Florian Haymann (Busso Peus):
Zu den Münzen des gallischen Sonderreichs gibt es eine ausufernde und bislang nicht befriedigend dargestellte Forschungsdebatte, insbesondere was die Münzstättenzuweisung betrifft. Generell ist zu sagen, dass die Arbeit von Elmer auch heute noch in weiten Teilen Bestand haben. In Bezug auf die Regierungszeit des Victorinus scheint er sich jedoch getäuscht zu haben, welche dessen Hauptmünzstätte war. Bereits Besly und Bland weisen den von Ihnen ersteigerten Münztyp der Hauptprägestätte „Mint I“ zu. Schulzki vermutet in AGK vorsichtig, dass es sich dabei – aufgrund der politischen Umstände – um Trier handelt. Diese Sicht wird auch von Markus Weder in seinen Rezensionen und Korrekturen zum AGK bestätigt. Jüngere Kontroversen um diese Frage sind mir nicht bekannt.

Aus meiner Sicht besteht also kein Grund zur Rückgabe der Münze. Allerdings möchte ich Sie auch nicht dazu zwingen, sie zu erwerben.

Andere Münzhändler teilen übrigens meine Münzstättenzuweisung: http://www.acsearch.info/search.html?te ... 0&company=. Den Zuweisungen von Zschucke möchte ich hingegen nicht folgen. Sie erscheinen mir oftmals nicht ausreichend begründet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Florian Haymann (Antike Numismatik)
Haymann führt in diesem Link mehrere Auktionen von Paul-Francis Jacquier und Busso Peus Nachf. an, die allerdings wiederum Trier als Münzstätte, aber Elmer (Köln) als Referenz angeben. Also auch dies kein relevanter Münzstättennachweis.

Mir ist natürlich klar, dass bei diesen Stücken aus der Zeit der Gallischen Kaiser dadurch, dass die Münzen kein Münzstättenzeichen aufweisen, genaue Zuordnungen immer strittig sein werden.

Daher folgende Fragen meinerseits:

1. Gibt es eine mehr oder weniger aktuelle Quelle, welche FIDES-MILITVM-Reverse des Victorinus der Münzstätte Trier zuweist? Die folgenden Werke liegen mir nicht vor: Schultz, Hunter, Cunetio, AKG ?
2. Was spricht ev. für eine Trierer, was für eine Kölner Prägung ?
mit freundlichem Gruß

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Mynter » Mo 15.01.18 20:53

Die Trier vs Køln - Frage kann ich mangels Kenntnissen nicht beantworten, aber ich habe mir ueberlegt, dass dieses Stueck durch die Unsicherheit der Zuweisung doch erst recht interessant wird, da sie so verdeutlicht, wie kompliziert die Sachlage bei diesen Praegungen ist. Eine Muenze, die zum Nachdenken anregt. Wuerde ich behalten.
Grüsse, Mynter

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Zwerg » Mo 15.01.18 21:02

Dazu gibt es leider nur unbefriedigene Antworten
1. Gibt es eine mehr oder weniger aktuelle Quelle, welche FIDES-MILITVM-Reverse des Victorinus der Münzstätte Trier zuweist? Die folgenden Werke liegen mir nicht vor: Schultz, Hunter, Cunetio, AKG ?
Nein, aber ich würde mir an Deiner Stelle etwas Literatur zulegen
2. Was spricht ev. für eine Trierer, was für eine Kölner Prägung ?
Das weiß keiner, der Stand der Forschung ändert sich leider manchmal

Und mit ganz viel Pech werden irgendwann einmal einmal aller Trierer Prägungen mit bester Begründung nach Lugdunum verlegt :D

Die von Dir zitierte Literatur ist ein wenig alt und möglicherweise nicht so ganz auf der Höhe der Forschung

Grüße
Zwerg
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von justus » Mo 15.01.18 22:01

Zwerg hat geschrieben:Nein, aber ich würde mir an Deiner Stelle etwas Literatur zulegen.
Nun, ich denke, dass ich zur Münzstätte Trier eigentlich ausreichend Literatur habe, aber was heißt schon genug! Literatur: Schulten, Elmer, Zschucke, Gilles, RIC usw.
Meine Zweifel beruhen auf dem Fakt, dass alle oben genannten Autoren FIDES-MILITVM-Antoniniane für Trier ausschließen.
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Comthur » Di 16.01.18 10:01

Hallo Justus,

ich bin eigentlich eher im Mittelalter beheimatet und einigen antiken Prägungen nur als anlaßbezogener Sammler (ohne tieferen numismatischen Hintergrund) verbunden.

Aber, diese Problematik gibt es auch bei mir (Deutscher [Ritter-]Orden in Preussen), daß einige Leute mehr oder weniger Blind den Angaben der Literatur folgen - mitunter einen Faden weiterspinnen - ohne den Blick auf die Münze selber zu werfen. Was die Dokumentenlage angeht, so weit so gut ! Desgleichen mit sicher zuweisbaren Zeichen auf den Prägungen.

Wo keine entsprechenden Zeichen zu entdecken sind, würde ich auf den Stempelschnitt achten, die Ausführung der Porträts. Letztere werden ja bei den antiken Prägungen ohnehin besonders beachtet.
Und bei zeitlich eng aufeinander folgenden Prägungen (derselben Münzstätte) sollten auch dieselben Stilelemente zum Vorschein kommen. (?) Gelingt Dir hier der kaum zu wiederlegende Nachweis, am besten zwischen Stücken mit und eben ohne entsprechende Münzstättenhinweisen (-Letztere könnten ja auch Beischläge sein ?), hättest Du einen kleinen "Jackpot" erlangt.
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von justus » Mi 17.01.18 05:47

Auch wenn die Rückmeldungen auf meine Fragen äußerst spärlich ausgefallen sind, möchte ich mich doch bei Comthur, Mynter und Zwerg für ihre Meinungen und Tipps bedanken. Insbesondere Zwergs Hinweise haben mich dazu gebracht tiefer in die Materie einzusteigen.

Allerdings führte auch dies nicht unbedingt zum Ziel. Was ich bisher feststellen konnte ist, dass es offenbar zwei "Schulen oder Richtungen" gibt. Die einen ordnen den Großteil aller Münzen von Marius bis Tetricus II der Münzstätte Trier zu, wie z. B. Marcus Weder (vgl. Sebastian Sondermann), die anderen wie z. B. mein Vereinsfreund C.-F. Zschucke, sowie E. Besly, R. Bland und E. Burnett, aber auch die alte Quellen, wie der RIC, Elmer, Schulten etc. wiederum sehen diese Stücke eher als Produkt der Prägestätte Köln. Siehe Abb. unten.
b.jpg

P.S. Ich verstehe, dass das Präsentieren von pekuniären Neuerwerbungen die meisten im Forum interessanter finden als schnöde numismatische Diskurse. :wink:
mit freundlichem Gruß

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von antoninus1 » Mi 17.01.18 08:37

justus hat geschrieben:Auch wenn die Rückmeldungen auf meine Fragen äußerst spärlich ausgefallen sind, möchte ich mich doch bei Comthur, Mynter und Zwerg für ihre Meinungen und Tipps bedanken. Insbesondere Zwergs Hinweise haben mich dazu gebracht tiefer in die Materie einzusteigen.
...
b.jpg

P.S. Ich verstehe, dass das Präsentieren von pekuniären Neuerwerbungen die meisten im Forum interessanter finden als schnöde numismatische Diskurse. :wink:
Es könnte auch sein, dass Du das falsch verstehst, und sich nur die gemeldet haben, die etwas Sinnvolles zu Deiner Frage beitragen können :wink:
Ich z.B. finde den Diskurs interessant, aber ich weiß darüber viel weniger als Du, der Du der Spezialist für Trier bist :wink:
Darum nützt ein Beitrag von mir nichts :wink:
Gruß,
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Comthur » Mi 17.01.18 08:56

Also ich bin der Meinung, daß jeder ernstgemeinte Beitrag durchaus etwas bringt - wenn vielleicht nicht ad hoc zur Lösung der Fragestellung, so doch eventuell einen anderen Blickwinkel oder für den Beitragschreiber eine weitere Erkenntnis.

Aber zurück :

Justus bleibt also lieber bei den theoretischen Auffassungen.

Dann meine Frage nach den Argumenten / Belegen resp. Beweisen(?) für die jeweiligen Auffassungen der genannten Numismatiker ?? Stell doch diese einmal gegenüber (+ dorthin zugewiesene Prägungen anhand von Abbildungen aus deren Standardwerken).
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Redditor Lucis » Mi 17.01.18 11:15

Die Sachlage ist gerade für das Gallische Sonderreich überhaupt nicht klar, besonders ab Ende der Postumus-Herrschaft...
Man schaue sich alleine das "Problem" der Zuordnung der Münzen des Laelianus an: Mainz, Trier, Köln? (beim Stil lacht mich z. B. Köln geradezu an).

Gerade am Ende der Regierungszeit des Postumus haben sich die Ereignisse überschlagen, und je nachdem welche Vermutungen man anstellt, unterscheiden sich dann auch die Schlussfolgerungen der Münzstättenzuweisung.
Mir ist nicht bekannt, dass dieses Problem mittlerweile endgültig gelöst wäre.

Momentan für möglich gehaltene Variante:
Postumus hat die Hauptmünzstätte zum Ende seiner Regierungszeit von Köln nach Trier verlegt, was zu Verunsicherung im Rheinland geführt hat.
Laelianus hat sich zum Gegenkaiser ausrufen lassen und die Münzstätte Köln genutzt. Bei Mainz wurde Laelianus mit seinen Truppen besiegt, Postumus jedoch kurz darauf ermordet.
Marius, vermutlich Oberbefehlshaber der Truppen die gegen Laelianus marschiert sind, hält an Trier als Hauptmünzstätte fest, prägt aber auch in Köln (Victoria-Rückstempel des Laelianus werden weiter benutzt). Er wird jedoch von seinen Truppen nach kurzer Herrschaft ermordet, als Victorinus (der schon unter Postumus hohe Ämter innehatte und wohl die Nr. 2 war) zum Herrscher ernannt wird. Dieser hat seine Residenz zwar in Köln, Hauptmünzstätte bleibt jedoch Trier, wobei beide Münzstätten genutzt werden.
Unter den Tetrici wird es dann ganz wild...


Mit anderen Worten: Eine Wissenschaft für sich und klar ein arbeitsreiches, aber sicher lohnenswertes Feld für Nachwuchs-Numismatiker, die unter Umständen durch Stilvergleiche, Stempelvergleiche, neue archäologische Funde Licht ins Dunkel bringen können und eine der vielen Theorien untermauern können.

Anhand des Stils und dem vollen Namen würde ich (unter Annahme, dass die Zuordnung meiner Münzen aus dem Gallischen Sonderreich passt), klar auf Trier setzen:
1. Emission, Mint I (Trier), Sommer 269.
Hübsche Münze, guter Preis- BEHALTEN!!!


Viele Grüße

Stefan
Zuletzt geändert von Redditor Lucis am Mi 17.01.18 11:41, insgesamt 1-mal geändert.

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Chandragupta
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Chandragupta » Mi 17.01.18 11:36

Genau das mit den "Beweisen" ist so eine Sache. Dazu liegen Köln und Trier - bezogen nur auf die Größe des Gallischen Reiches; erst recht natürlich im gesamten Röm. Reich - räumlich, bzw. auch (in antiken Zeiten) verkehrsmäßig, viel zu nah zusammen: Einfach mal kurz die Mosel und ein Stück den Rhein runter, und von Trier aus war man in Köln. Klar, daß hier die sonst so wichtigen Münzfunde nix ergeben - die Münzen sind eben überall im Gallischen Reich wild durcheinander zirkuliert.

Kommt als nächstes direkt von den Primärquellen (also den Münzen) her erstmal der Stil. Knifflig. Ermessensfrage. Klar sind Unterschiede für Kenner mehr als deutlich sichtbar. Können aber auch nur diverse Offizinen sein. Siehe das Bild von Sondermann oben.

Bleibt also nur noch, "die Geschichte zu befragen". Noch kniffliger. Das brauche ich ja hier nicht auszuführen, wie besch...eiden die Quellenlage zum 3. Jh. aussieht... :roll: Aber ein bißchen was wissen wir schon:
Postumus hat 260 die Mzst. Köln erobert, in der Valerian/Gallienus heftig (und in guter Qualität, insb. mit höherem Feingehalt als im "sonstigen Reichsgebiet" üblich...) prägten. Und wo dann auch die gesuchten Rarissima des Saloninus als Augustus herkamen: Ausdruck des letzten Aufbäumens der Zentralgewalt, kurz bevor Postumus Sieger blieb und sein Teilreich gründete...
Während der ersten, "glücklichen" Jahre des Postumus als Gegenkaiser gab's auch m.E. nur die Mzst. Köln. War immerhin seine Hauptstadt - aber wurde zuletzt wegen der Nähe zu den rechtsrheinischen Germanenstämmen immer gefährdeter, und deshalb gehe ich wie Elmer et. al. davon aus, daß Postumus 268 u.Z. die Mzst. Trier ausgründete: Zuerst parallel mit Köln, aber schon mit der Mittel- bis Langfristperspektive, daß das mal die Hauptmünzstätte seines Teilreiches werden soll. Vielleicht waren es just diese Planungen, die Laelian auf den Plan riefen. Daß der vor Ort seines Aufstandes in Mainz prägte: stilistisch und technisch m.E. ausgeschlossen. Dann müßten seine Prägungen sehr viel plumper wirken, also bleiben auch hier nur Köln oder Trier. (Bzgl. der "Mzst. Mainz" könnte man allenfalls noch die suuuuperseltenen Erstausgaben mit der skurrilen Averslegende "IP C VLP COR LAELIANVS" vermuten - doch auch die sind stilistisch und vor allem von der Machart her eher Köln oder Trier, also Produkte offizieller Mzst.: https://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=124595 )

Quizfrage: Welche Mzst. hat Laelian erobert, Köln oder Trier? Von Mainz aus liegt antik-verkehrsmäßig beides gleich nah. Und Münzfunde geben auch nicht wirklich was her (s.o.). Aber m.E. gibt es da eine etwas höhere Wahrscheinlichkeit für Köln. War eben die Immer-noch-Hauptstadt des Gallischen Reiches. Und Postumus war "nicht zu Hause", er stand mit seinem Heer ja gerade vor Mainz. Hier genügte dann ein wenig Bestechung, um die Kölner zu "überzeugen", daß der neue Kaiser Laelian sei, für den sie dann prägten (inkl. der Superbomben-Aurei a la https://www.acsearch.info/search.html?id=221235 - stilistisch ganz eindeutig Köln...). Damit wären dann die frühen Marius-Prägungen mit der Nachnutzung der Standard-Laelian-Antoninian-Reversstempel auch aus Köln: https://www.cngcoins.com/Coin.aspx?CoinID=258782

Und meinem persönlichen Stilempfinden nach ist die hier diskutierte, frühe Münzserie des Victorinus (mit "PIAV(VONIVS)" in der Averslegende) ebenfalls aus dieser Münzstätte, d.h. Köln.

PS: Aber ich lerne gern dazu - denn genau das obige habe ich schon am 15.01.1983(!) in einem Vortrag im damaligen "Arbeitskreis Antike Münzen des Kulturbundes der DDR" in Dresden erzählt; und dann noch mit nach der Wende deutlich verbesserten Abbildungen und Literatur-Argumenten am 28.11.1992 in Berlin. Also alles "alter Forschungsstand", zugegeben - doch ich bleibe aus o.g. Gründen dabei... Alterssturheit vielleicht... ;)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Chandragupta
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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Chandragupta » Mi 17.01.18 12:16

Redditor Lucis hat geschrieben:Die Sachlage ist gerade für das Gallische Sonderreich überhaupt nicht klar, besonders ab Ende der Postumus-Herrschaft...
[...]
Gerade am Ende der Regierungszeit des Postumus haben sich die Ereignisse überschlagen, und je nachdem welche Vermutungen man anstellt, unterscheiden sich dann auch die Schlussfolgerungen der Münzstättenzuweisung.
Mir ist nicht bekannt, dass dieses Problem mittlerweile endgültig gelöst wäre.

Momentan für möglich gehaltene Variante:
Postumus hat die Hauptmünzstätte zum Ende seiner Regierungszeit von Köln nach Trier verlegt, was zu Verunsicherung im Rheinland geführt hat.
Laelianus hat sich zum Gegenkaiser ausrufen lassen und die Münzstätte Köln genutzt. Bei Mainz wurde Laelianus mit seinen Truppen besiegt, Postumus jedoch kurz darauf ermordet.
Marius, vermutlich Oberbefehlshaber der Truppen die gegen Laelianus marschiert sind, hält an Trier als Hauptmünzstätte fest, prägt aber auch in Köln (Victoria-Rückstempel des Laelianus werden weiter benutzt). Er wird jedoch von seinen Truppen nach kurzer Herrschaft ermordet, als Victorinus (der schon unter Postumus hohe Ämter innehatte und wohl die Nr. 2 war) zum Herrscher ernannt wird. Dieser hat seine Residenz zwar in Köln, Hauptmünzstätte bleibt jedoch Trier, wobei beide Münzstätten genutzt werden.
Unter den Tetrici wird es dann ganz wild...


[...]

Anhand des Stils und dem vollen Namen würde ich (unter Annahme, dass die Zuordnung meiner Münzen aus dem Gallischen Sonderreich passt), klar auf Trier setzen:
1. Emission, Mint I (Trier), Sommer 269.
Hihi, eben - das kann man wirklich drehen und wenden, wie man will. :lol:

Ein bißchen widersprichst Du Dir aber schon selber: Angenommen, Victorinus war der treue Statthalter des Postumus, der - aus altem Trierer Adel stammend, dort residierend und auch eher Trierer Interessen vertretend... - gegen den Usurpator Marius in Köln losmarschierte (soweit bin ich zu 100% bei Dir): Dann ist natürlich dessen Erstemission sowohl in Köln als auch Trier bzw. beiden Orten denkbar. Aber wo hatte es der "Newcomer" Victorinus besonders nötig, sich auf seinen ersten Münzserien mit vollem Namen vorzustellen, weil man ihn dort noch nicht so gut kannte? Na?? Na....?!? ;)

Siehste, deshalb tendiere ich eher zu Köln. So 60:40 etwa ...

PS @Justus: Wie gesagt, Victorinus war ein Trierer, hatte zumindest seine Wurzeln dort und war mutmaßlich sogar die treibende aristokratische Kraft hinter der ab Ende der 260er Jahre zunehmenden Bevorzugung dieser Stadt im Verwaltungsgefüge des Gallischen Reiches. Damit paßt Deine wirklich hübsche Münze doch nun perfekter als perfekt zum Thema "Trier", auch wenn sie vielleicht in Köln geprägt wurde. :angel:
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Redditor Lucis » Mi 17.01.18 13:06

Naja, Victorinus war ja eher ein Getriebener und dürfte kaum eine Stadt als klare Residenz gehabt haben.
Trier nach und nach zum Zentrum des Gallischen Sonderreiches zu machen war ja bereits Postumus´ Plan und eher der Tatsache geschuldet, dass Köln bei Gefahren aus dem rechtsrheinischen Raum mehr und mehr unsicher erschien. Ob dies auch auf Betreiben Victorinus´ geschehen ist, kann natürlich gut möglich sein.
Er wird aber - so denke ich - auch bereits im gesamten Gallischen Sonderreich wohlbekannt gewesen sein.

Stilmässig tendiere ich bei Justus´ Münze dann aber doch eher zu Trier, auch etwa 60:40. Dann sind wir zusammen wieder bei 50:50. :mrgreen:
Argumente pro und contra gibt es jeweils genügend.
Sehr interessant dieses Thema!


Viele Grüße

Stefan

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Chandragupta » Mi 17.01.18 13:18

Redditor Lucis hat geschrieben:Stilmässig tendiere ich bei Justus´ Münze dann aber doch eher zu Trier, auch etwa 60:40. Dann sind wir zusammen wieder bei 50:50. :mrgreen:
Um es noch verrückter zu machen ;) :

Genaugenommen ist mein "60:40" für Köln auch schon der Mittelwert aus
a) Stil: Köln:Trier = 40:60 (Der leicht "flache", und späterhin als "typisch Trier" geltende Stil der Porträts kann aber auch damit zusammenhängen, daß just diese Kölner Offizin dann unter Victorinus (als erste) nach Trier verlagert worden ist, diese Erstemission aber wie gesagt noch aus Köln stammt.)
b) historische Interpretation: Köln:Trier = 80:20 8)
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von Tejas552 » Mi 17.01.18 20:02

justus hat geschrieben:
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Ich habe daher den Händler davon in Kenntnis gesetzt, dass ich auf Grund der falschen Beschreibung vom Kauf zurücktreten möchte, da ich nur Trierer Prägungen sammle und keine Kölner.

Hier der Wortlaut meines Schreibens:
wie ich zu meiner Enttäuschung feststellen musste, ist Ihnen bei der Münzbeschreibung für Los Nr. 392 der E-Auktion 6 ein gravierender Fehler unterlaufen. Da ich als Sammler von Münzen der römischen Münzstätte Trier ausschließlich Trierer Prägungen sammle, ist dieses Stück, nach Ansicht aller von mir konsultierten Vereinsfreunde, eindeutig der Münzstätte Köln zu zuweisen.

1. RIC V.II 108 weist dieses Stück auf S. 396 der Münzstätte "Cologne" zu. Desgl. Cohen 34.
2. Carl-Friedrich Zschucke (Die römische Münzstätte Köln, Trier 1993) weist diesen Antoninian ebenfalls der Münzstätte Köln, 2. Emission, 2. Offizin oder 3. Emission, 2. Offizin zu.
3. Und auch die von Ihnen zitierte Referenz Elmer 648 weist diesen Antoninian der 1. Emission, geprägt in der Münzstätte Köln Ende 268 – Anfang 269 zu.

Ihre Zuordnung von Los 392 zur Münzstätte "Augusta Treverorum (Trier) ist also falsch gewesen. Ich möchte daher auf Grund der falschen Beschreibung Ihrerseits vom Kauf dieses Stückes zurücktreten.
Daraufhin schrieb mir Dr. Florian Haymann (Busso Peus):
Zu den Münzen des gallischen Sonderreichs gibt es eine ausufernde und bislang nicht befriedigend dargestellte Forschungsdebatte, insbesondere was die Münzstättenzuweisung betrifft. Generell ist zu sagen, dass die Arbeit von Elmer auch heute noch in weiten Teilen Bestand haben. In Bezug auf die Regierungszeit des Victorinus scheint er sich jedoch getäuscht zu haben, welche dessen Hauptmünzstätte war. Bereits Besly und Bland weisen den von Ihnen ersteigerten Münztyp der Hauptprägestätte „Mint I“ zu. Schulzki vermutet in AGK vorsichtig, dass es sich dabei – aufgrund der politischen Umstände – um Trier handelt. Diese Sicht wird auch von Markus Weder in seinen Rezensionen und Korrekturen zum AGK bestätigt. Jüngere Kontroversen um diese Frage sind mir nicht bekannt.

Aus meiner Sicht besteht also kein Grund zur Rückgabe der Münze. Allerdings möchte ich Sie auch nicht dazu zwingen, sie zu erwerben.

Andere Münzhändler teilen übrigens meine Münzstättenzuweisung: http://www.acsearch.info/search.html?te ... 0&company=. Den Zuweisungen von Zschucke möchte ich hingegen nicht folgen. Sie erscheinen mir oftmals nicht ausreichend begründet.

Mit freundlichen Grüßen

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Mir ist natürlich klar, dass bei diesen Stücken aus der Zeit der Gallischen Kaiser dadurch, dass die Münzen kein Münzstättenzeichen aufweisen, genaue Zuordnungen immer strittig sein werden.

Daher folgende Fragen meinerseits:

1. Gibt es eine mehr oder weniger aktuelle Quelle, welche FIDES-MILITVM-Reverse des Victorinus der Münzstätte Trier zuweist? Die folgenden Werke liegen mir nicht vor: Schultz, Hunter, Cunetio, AKG ?
2. Was spricht ev. für eine Trierer, was für eine Kölner Prägung ?

Eine Fides Militum-Rückseite von brandneuen Stempeln sieht man selten. Ich würde die Münze behalten.

Gruss
Dirk

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Re: Zuordnungsprobleme – Münzstätte Trier oder Köln ?

Beitrag von justus » Fr 19.01.18 16:23

Redditor Lucis hat geschrieben:Hübsche Münze, guter Preis- BEHALTEN!!!
Tejas552 hat geschrieben:Eine Fides Militum-Rückseite von brandneuen Stempeln sieht man selten. Ich würde die Münze behalten.
Hallo Stefan, hallo Dirk, die Münzen aus der Busso-Peus-Auktion sind heute angekommen, obwohl ich sie noch nicht mal bezahlt hatte (wird am Montag geschehen), da ich erst gestern wieder aus einem Kurzurlaub zurück bin.

Der Victorinus ist wirklich eines der schönsten Stücke, die ich jemals von den gallischen Kaisern gesehen habe. Prägefrisch, absolut prägefrisch und mit einer wundervollen dunkelbraunen Sammlertönung. Dazu zwei alte, handgeschriebene Münzplättchen aus dem Jahre 1950! Das Photo von BP gibt nicht annähernd die Schönheit dieser Münze wieder. Ich werde eurem Rat daher folgen und das Stück behalten. Danke an alle für eure Ratschläge!

P.S. Ref. Nach M. Weder und S. Sondermann aus Trier, nach allen übrigens aus Köln ! :wink:
mit freundlichem Gruß

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